Diskussion:LiquidFeedback/Themendiskussion/3539
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Satzungsänderungsantrag Zweck Piratenpartei
Es gibt mehrere Gründe, warum Michael den von mir (Monika Belz) vorgeschlagenen Text für den SÄA Zweck der Piratenpartei Zweck der Piratenpartei für keine Verbesserung hält:
Grund 1 Immaterialgüterrecht fehlt
Michael: Die Piratenpartei wurde einst mit dem Ziel einer Modernisierung des Immaterialgüterrechts gegründet, der Name kommt auch aus dieser Tradition. Ich habe ja nichts dagegen, den Zweck weiter zu fassen. Wenn das aber jetzt gar nicht mehr zum Zweck der Piratenpartei gehören soll, dann hätte ich dafür gerne zumindest mal eine plausible Begründung gehabt (und nicht so subtil untergeschoben, dass ich es während der Anregungsphase noch nicht mal gemerkt habe).
Moni: Ja, sie wurde 2006 daher gegründet, im Abs. 3 wird auf die Vorbildwirkung der Partei diesbezüglich hingewiesen und weil ich jetzt nicht exblizit erwähnt habe, dass die Piratenpartei den freien Zugang zu Bildung ermöglichen will, ist es falsch? Es war nie die Absicht das Parteiprogramm dort zu spiegeln, ich halte es dort für gut aufgehoben. Es geht um uns selbst, jeden einzelnen von uns, wie jeder dazu beitragen kann, dass diese Welt ein wenig besser wird. Schade, dass es so wenig verstanden haben, warum sollte ich es sonst in die Satzung schreiben, alles was da steht, sind Anforderungen an die Piratenpartei, sind Grundsätze, die sie verbinden, auch wenn sie keine Urheberrechtsexperten sind.
Mit Gleichbehandlung gibt es keine Bevorzugung von benachteiligten Gruppen
Michael: Zu den "programmatischen Leitplanken" habe ich ja bereits Anregungen geschrieben. So würde die Forderung nach Gleichbehandlung auch einschließen, dass wir der kompensatorischen Bevorzugung von Behinderten (die ja nach Art 3 GG erlaubt ist) entgegentreten. Nun ja, die Anregung blieb mit der Argumentation "nicht beabsichtigt" unberücksichtigt. Der Gleichheitsgrundsatz in der hier formulierten Fassung würde auch eine Ungleichbehandlung von Rassisten oder Sexisten ausschließen. Auch darauf habe ich in der Anregungsphase hingewiesen, auch das hat nicht dazu geführt, dass es anders formuliert wurde.
Moni: Gleichbehandlung setzt voraus, dass keine Benachteiligung vorhanden ist, einer der Punkte, der - das ist mir bewusst - erst in ferner Zukunft erfüllt werden kann. Selbstverständlich erfordert dieses Ziel zunächst eine Gleichstellung, wenn Gruppen benachteiligt werden. Das was da steht, ist das was wir erreichen wollen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass solange wir benachteiligte Gruppen als Gruppen behandeln und nicht als Mitmenschen, wird das mit auf einer Stufe stehen, sehr schwierig. Wahrscheinlich ist das alles zu visionär für die Piratenpartei.
Nein, gerade weil Satzungen und in jedem Fall einzelne Paragraphen im Zusammenhang zu sehen sind, ist die Behauptung, dass durch diese Formulierung Rassisten und Sexisten geschützt werden, nur einfach eins, nicht zutreffend. Rassismus wird explizit ausgeschlossen und warum Sexismus durch die Formulierung nicht ausgeschlossen wird, vielleicht liest jeder, der das denkt einfach den Satz ... Kein Mensch wird aufgrund einer tatsächlichen oder unterstellten Eigenschaft oder aufgrund von tatsächlicher oder unterstellter Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit einer tatsächlichen oder unterstellten Eigenschaft ungleich behandelt. ... mehrmals, es könnte sein, dass ein Licht aufgeht.
Erst einmal mit Strafrecht explizit auseinandersetzen, bevor man es ändern will
Michael: Zum Thema Strafrecht: Auf meine Anregung wurde ja sehr detailliert eingegangen. Ich hätte mir gewünscht, dass vorher mal ein Strafrechtskommentar konsultiert wird, was Schutzziel der einzelnen Regelungen sind. Bisweilen hätte es schon ausgereicht, überhaupt mal das StGB oder meinetwegen auch Wikipedia zu konsultieren. Hochverrat zB. ist etwas ganz anderes als Geheimnisverrat. Auch scheint mir der Unterschied zwischen Bedrohung und Gefährdung nicht klar zu sein.
Moni: Grundgesetz, Art. 2, Abs. 2 lautet: (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden. - Artikel 1 kennt jeder. Die Frage, die besteht, aus welchen Gründen wir im Rahmen von Gesetzen dort eingreifen. Im Art. 2., Abs. 1 steht etwas von Sittengesetz wenn man sich die Erklärung ansieht, bemerkt man unschwer, dass dass es hier keine Festlegungen gibt und das Sittengesetz stark abhängig von Rechtsempfinden und moralischen Vorstellungen der Gesellschaft ist. Ich bin ein Verfechter davon, Recht und Moral zu trennen, kann man anders sehen, ist ja auch so ein Grundrecht.
Weiter wird im Art. 2, Abs. 1 erwähnt, dass nicht die Rechte anderer verletzt werden dürfen, was nachvollziehbar ist, daher findet auch immer eine Abwägung zwischen den verschiedenen Rechten statt. Das ist das, was tagtäglich auf Gerichten erfolgt, es werden Rechte gegeneinander abgewägt. Bin ich grundsätzlich dafür, wenn man bei dieser Abwägung nur von Art. 1 und von Art. 2, Abs. 2 ausgehen würde, aber das ist nicht der Fall. Wirtschaftsrecht, Baurecht, Familienrecht, Zivilrecht, Strafrecht, EU-Recht etc. pp. - Wir regeln und regeln und schaffen immer neue Gesetze, Vorschriften, um die Spanne der Abwägungen zu erhöhen, selten um sie zu verringern. Aus welchem Grund soll das nicht auf den Prüfstand?
Weiterer Bestandteil des Art. 2, Abs. 1 ist die verfassungsmäßige Ordnung, ich glaube es ist mehr als Zeit uns intensiv damit zu beschäftigen, welche Macht hier hinter verborgen ist. Ich sage es mal gerade heraus, wenn 1988/1989 die verfassungsgemäße Ordnung der DDR interessiert hätte, würde ich jetzt hier nicht sitzen und im Wiki schreiben. Die Frage die sich mir, die in einer Diktatur aufgewachsen ist, stellt, was macht man mit einem Staat, der sich verselbstständigt, der immer mehr in die Freiheit von Bürgern eingreift, in dem ein Machtvakuum Gesetze entsprechend ändert, alles nur zur Sicherheit, zur Sicherheit, dass die Ziele der Regierung erfüllt werden? - Ist das so schwer nachzuvollziehen, anlässlich der Zustände, die in USA und Großbritannien im Rahmen der Überwachung bereits vorhanden sind. Wenn eine Behörde jegliche Rechte der Bevölkerung aussetzen kann, hinter dem Deckmantel, dass man ja diese schützen will, läuft etwas schief. Ich bin da vielleicht pessimistischer, aber die Anzeichen, dass dies immer weiter getrieben wird, sind unübersehbar und die Aufgabe mit der Daseinsfürsorge kann man da gern ein wenig vergessen.
Diktatur und Totalitarismus
Michael: Und dann haben wir noch die Ablehnungspassage. Bislang hieß das "Totalitäre, diktatorische und faschistische Bestrebungen jeder Art lehnt die Piratenpartei Deutschland entschieden ab". Jetzt soll das heißen "Die Piratenpartei Deutschland tritt allen faschistischen, rassistischen und nationalistischen Bestrebungen und allen Formen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegen." Dass jetzt Nationalismus hinzukomt, mag ich ja noch mittragen, auch wenn ich in "folkloristischem Nationalismus" (wie wir ihn z.B. im Umfeld von Fußballweltmeisterschaften beobachten) nicht das primäre Problem sehe (und ja, da steht "alle"...). Totalitäre und diktatorische Bestrebungen soll die Piratenpartei aber nicht mehr ablehnen. Wenn also irgendwer "real existierenden Sozialismus" einführen möchte, oder Scientology die Politik unterwandert, oder opus dei (um jetzt weillkürlich eine religiöse Gruppierung herauszugreifen) einen Gottesstaat errichten will, dann soll das kein Problem mehr sein? Auch da hätte ich gerne zumindest eine nachvollziehbare Begründung dafür, warum das wegfallen soll.
Moni: Es ist ein Problem, wenn man jeden Satz für sich sieht und nicht die bestehenden Zusammenhänge. Wenn wir uns im Abs. 1 für die demokratische Gestaltung des Rechtsstaates einsetzen, wie sollten wir dann uns nicht gegen Diktaturen wenden. Totalitarismus ist eine andere Form der Diktatur, daher wäre die Doppelnennung ohnehin nicht erforderlich. Diktatur setzt man im allgemeinen mit der Machtausübung einer Gruppe mit uneingeschränkter politischer Macht gleich. Eigentlich wendet sich jeder Satz dieses Satzungsänderungsantrages dagegen, dass eine Gruppe uneingeschränkte Macht erhält und ausübt.
Die Logik, dass wenn Begriffe in einer Regelung nicht vorhanden sind, sie diese explizit ausschließt, mag ich nicht nachzuvollziehen, so lange man das ableiten kann und das ist der Fall im Text des Satzungsänderungsantrages.
Fazit
Den Zweck der Piratenpartei zu definieren, sollte dazu führen, dass es eine Grundlage gibt, was diese Partei eigentlich will, was sie für ein Zukunftsmodell hat. Wenn die Zukunft darin gesehen wird, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren, dann stimmt es, dann werden Visionen nie den Zweck einer Partei bestimmen können. Nur was macht ihr eigentlich, wenn der eigentliche Zweck, den Michael erwähnt hat, das Immaterialgüterrecht, erfüllt ist, löst sich dann die Piratenpartei auf?
Es wäre Zeit zu verstehen, dass sich diese Partei in den letzten Jahren sehr verändert hat und das die Piraten mit den Regelungen von 2006 / 2009 nicht auskommt. Was wir brauchen ist, eine Definition, was sind Piraten und kommt mir jetzt nicht mit "vorne" - das ist beliebig auslegbar. Allein der Begriff "vorne" würde z.B. alle Kritikpunkte von Michael belegen.
Ach ja, ich bin in eine politischen Partei eingetreten, um Visionen mittel- bis langfristig in Realität umzusetzen, dafür sind Änderungen von bestehenden Gesetzen unabdingbar. Nein, sich nur auf die Gegenwart zu konzentrieren, kann ich nicht hinnehmen. Das führt im Übrigen dazu, dass wir nur reagieren, statt zu agieren. Was sollten wir auch agieren, wir haben ja keine Definition, was diese Piratenpartei eigentlich ist und was sie will.