Diskussion:AG Migration/IntegrationskurseZwangAbschaffen

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Lob und Kritik

Ich finde diesen Antrag schwierig.

Ich finde diesen Antrag schwierig. Ja, Zwang und das Recht zur Selbstbestimmung eingrenzen ist immer doof, und wenn das doch passiert (was ja durch Gesetze häufiger der Fall ist) dann sollte es sinnvoll sein. Und an dieser Stelle muss ich sagen: Ich sehe den Sinn.

Ich habe mich mal schlau gemacht und die entsprechenden Gesetzestexte rausgesucht.

Hier die Links: Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler (Integrationskursverordnung - IntV)

und das Gesetz zur verpflichtenden Teilnahme: § 44a Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs

Wie sich schon aus diesen Gesetzestexten hervorgeht wird bei weitem nicht jeder Ausländer zu den Integrationskursen verpflichtet, sondern vorallem diejenigen, bei denen die Befürchtung besteht, dass sie sich nicht integrieren werden, wenn kein Zwang besteht - ob aus freien Stücken oder aus schierer Unwissenheit, sei dahingestellt. Ein zentraler Punkt bei diesem Integrationskurs ist in meinen Augen vorallem der Sprachkurs. Das Beherrschen der Landessprache ist in meinen Augen essentiell, wenn man sich dauerhaft in einem Land niederlässt. Nicht nur um die Kultur kennen zu lernen; das ist ein schönes Extra, aber nicht zwingend nötig. Nein, es geht mir um Umgang mit Behörden, Verständigung im Notfall, Kommunikation mit der Schule der eigenen Kinder, usw.

In dem Vorschreiben dieser Kurse für bestimmte Menschen stellt der Staat vorallem auch sicher, dass diese Menschen in der Lage sind die Ihnen hier gegebenen Rechte auszuüben. Dafür sind zwei Dinge vorallem Notwendig:

  • Die Möglichkeit diese Rechte sprachlich zu verstehen.
  • Die Kenntnis über diese Rechte.
  • Genauso auch die Aufklärung über Pflichten

Viele Menschen in diesem Staat können ein Lied davon singen, wie sehr man, vorallem auch systemisch, diskriminiert wird, wenn man die Landessprache nicht spricht und keine Ahnung über die hisigen Rechte, Pflichten und Geflogenheiten hat. Ein wichtiger Punkt ist dabei auch die Freiheit des Einzelnen; so paradox das scheinen mag. Jemand der sozusagen von staatswegen sein nötiges Wissen erhält, ist nicht mehr komplett abhängig von Freunden und Verwandten, um sich hier einzugliedern.

Man könnte also auch argumentieren, dass der Staat durch das verpflichtende Erlernen der Landessprache die Emanzipation des Einzelnen sicherstellt.

- Das nur als kurzer Abriss, ich kann das bei Bedarf gerne noch unterfüttern. -

Gruß, Rebecca


Hallo Rebecca. Vielen Dank für deinen Kommentar. Es mag sein, dass meine Meinung in dieser Hinsicht etwas radikal erscheint aber ich bin der Meinung, dass der Staat nicht das Recht haben sollte Ausländer zum Besuch eines Kurses zu zwingen. Keine Frage, Sprachkurse sind auch meiner Meinung nach hilfreich und nützlich und wer hier längere Zeit leben möchte ist auch selbst Schuld wenn er es versäumt Deutsch zu lernen, da ihm dadurch vieles verwehrt bleiben wird.

Jeder Ausländer, der hier Deutsch lernen möchte sollte auch weiterhin die Möglichkeit haben diese Integrationskurse zu besuchen und dies auch (auf Kosten der Steuerzahler) verbilligt tun zu können. Wer es jedoch vorzieht lieber nur Kontakt zu seinen Landsleuten zu halten und keinerlei Anstalten zur Integration zeigt, ist in meinen Augen zwar bemitleidenswert aber dennoch sollte er das Recht haben vom Deutschen Staat in Ruhe gelassen werden.

Gerne bin ich übrigens bereit den Antragstext etwas zu entschärfen und so vielleicht schon mal einige Kontroversen von vornehinein auszuschließen. Für Vorschläge bin ich immer offen! :-) LukasBrausch 21:39, 7. Feb. 2012 (CET)


Hallo Rebecca und Lukas,

das Problem bei Integrationskursen ist nicht so sehr, dass Menschen da reingezwungen werden, sondern dass diejenigen, die diese Kurse leiten, nicht von dem Geld leben können. Man verdient ugf. 12 bis 18 € pro Unterrichtseinheit als "Selbstständiger", viele Lehrkräfte müssen deshalb mit Hartz IV aufstocken, können nicht in die Rentenkasse einzahlen und werden später kaum Rente bekommen. Wir haben eine Art Selbsthilfegruppe namens "Initiative Bildung Prekär" gegründet, die auf facebook und unter www.mindesthonorar.de zu finden ist. Wir sind bisher 270 Lehrkräfte und schreiben gerne Mails an die Abgeordneten des Bundestages. In 2 Wochen sind wir zu einem Gespräch mit Abgeordneten der SPD eingeladen, in dem es um die Frage geht, wie die Lehrkräfte in Integrationskursen zukünftig bezahlt werden sollen.

Warum fordern die Piraten nicht, dass die Lehrkräfte in Integrationskursen als abhängig Beschäftigte, und nicht mehr als Selbstständige bezahlt werden sollen, denn das ist genau die Forderung, die wir stellen. Neben den Meinungen von CDU, CSU, FDP, SPD, Grünen und Linken möchten wir auch gerne eure Meinung hören, obwohl ihr noch nicht im Bundestag seid. Alleine die Lehrkräfte in Integrationskursen und die Lehrbeauftragten an den Unis, die ebenfalls prekär beschäftigt sind, stellen zusammen schon ca. 100.000 Wählerinnen und Wähler dar.

Wir würden uns freuen, wenn ihr euch der Forderung nach einer vernünftigen Bezahlung der Lehrkräfte anschließen würdet. Unser aktueller offener Brief geht in den nächsten Tagen an den Bundestag. Wir freuen uns über jede Unterschrift.

Viele Grüße

Georg Niedermüller - Initiative Bildung Prekär -


Hier ist unser offener Brief an den Bundestag:

Sehr geehrte Damen und Herren des Bundestages,

Die sogenannte Erfolgsgeschichte der Integrationskurse geht weiter. Im Juli letzten Jahres berichtete Report Mainz darüber, dass einige Bildungsträger das BAMF um geschätzte 100 Millionen Euro betrogen haben, indem sie zu viele Kreuze auf die Anwesenheitslisten gesetzt haben. Nun ist herausgekommen, dass einige Träger die B1-Zertifikate verkauft haben. Das Landeskriminalamt NRW ermittelt.

Die Lehrkräfte lehnen solche kriminellen Machenschaften ab, wir sehen aber auch, dass sie vom System der permanenten Unterfinanzierung begünstigt werden. Der Staat hat sich aus seiner Verantwortung für die öffentliche Weiterbildung weitgehend verabschiedet. Er meint, dass mit der Zahlung einer Pauschale sämtliche Zuständigkeiten auf den Träger übergegangen sind.

Die Träger sind für die Höhe und die Auszahlung der Honorare und der Fahrtkosten der TeilnehmerInnen zuständig, stufen die TeilnehmerInnen selber ein usw. Dahinter steht die Idee: je weniger Staat, desto besser für den Markt. Tatsächlich leidet darunter die Qualität der Kurse und die Motivation der Lehrkräfte. Auch die Träger sind damit nicht glücklich.

Da der Staat die Träger finanziell an der ganz kurzen Leine hält ist es nicht verwunderlich, dass einige Träger die Grenzen des Legalen überschreiten. Wir wissen auch von Fällen, in denen die Träger keine Fahrtkosten an die TeilnehmerInnen ausgezahlt haben, obwohl den TeilnehmerInnen das Geld zusteht. Fast immer wurden die Fahrtkosten erst mit einer monatelangen Verspätung ausgezahlt, weil nach Angaben der Träger das Geld viel zu spät vom BAMF überwiesen wurde. Es gibt heute auch Träger, die von den KursteilnehmerInnen für jeden Fehltag eine Strafgebühr erheben, mit dem Argument, dass ein Fehltag für den Träger einen Verdienstausfall bedeutet. Es gibt weiterhin Träger, die Dumpinghonorare von 12 € pro Unterrichtseinheit zahlen.

Für uns Lehrkräfte ist die Frage von besonderem Interesse, ob wir in den Kursen selbstständig oder abhängig beschäftigt arbeiten. Wir sind der Meinung, dass wir gemäß § 7 SGB IV abhängig beschäftigt sind, weil wir in den Betriebsablauf des Trägers eingegliedert sind und nach Anweisungen arbeiten. Das bedeutet, dass nach unserer Auffassung alle Träger dazu verpflichtet sind, rückwirkend und zukünftig die hälftigen Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Die Bundesregierung hat auf die Anfrage der Linksfraktion, ob sie sich daran beteiligen würde, schon geantwortet, dass sie keine Arbeitsverträge mit den Lehrkräften abgeschlossen hat. Nach Ansicht der Bundesregierung ist das ein alleiniges Problem der Träger. Die Bundesregierung lässt Lehrkräfte, Träger und KursteilnehmerInnen im Stich und erzeugt dadurch Armut mit all ihren negativen Auswirkungen wie z.B. der künftigen Altersarmut.

Den Lehrkräften steht dieselbe Bezahlung wie den Lehrkräften an öffentlichen Schulen zu. Sie haben die gleiche Qualifikation (Hochschulstudium) und Zusatzqualifizierungen. Jede Lehrkraft aus den Integrationskursen kann ohne Probleme eine Vertretungsstelle an einer öffentlichen Schule antreten und wird dort selbstverständlich als abhängig Beschäfte/r bezahlt. Die Erfahrungen aus den Integrationskursen werden einkommenssteigernd berücksichtigt. Manche Schulen suchen ausdrücklich Lehrkräfte mit DaZ-Erfahrung.

Einige Gerichte beschäftigen sich mit der Frage, ob es einen Unterschied zwischen der methodisch-didaktischen Freiheit der Unterrichtsgestaltung in Integrationskursen und der methodisch-didaktischen Freiheit von Lehrkräften an öffentlichen Schulen gibt. Sie beschäftigen sich auch mit der Frage, ob die Auswahl von Lehrbüchern "in Abstimmung" zwischen den kursleitenden Lehrkräften und der Programmbereichsleitung erfolgt, und was genau unter "in Abstimmung" zu verstehen ist. Es wird auch gerichtlich untersucht, ob die Pflicht zur Führung von Kursheften mit Eintragung der Unterrichtsthemen sowie fehlender SchülerInnen vergleichbar mit der Führung von Klassenbüchern ist. Der Sinn hinter alldem ist, Indikatoren dafür zu finden, ob es sich um ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 SGB IV handelt oder nicht, und ob die Arbeit in Integrationskursen mit der Arbeit an öffentlichen Schulen vergleichbar ist.

Wir Lehrkräfte wissen, dass bei fast allen Trägern die Arbeitszeiten, der Arbeitsort und die Unterrichtsinhalte vorgegeben sind und die Lehrkräfte nach den Anweisungen des BAMF arbeiten. Das BAMF hat in seinem Rundschreiben an alle Träger vom 27.07.2011 geschrieben: "Die Lehrkräfte sind umgehend nochmals anzuweisen, die Anwesenheitslisten korrekt zu führen. Diese Anweisung gegenüber den Lehrkräften ist in Ihren Geschäftsunterlagen zu dokumentieren." Viele Träger veröffentlichen im Internet, wann und wo ihre Integrationskurse stattfinden und welches Lehrbuch verwendet wird. Das Stundenhonorar ist nicht verhandelbar und die Lehrkräfte sind schon deshalb in den Betriebsablauf eingegliedert, weil sie die Anwesenheitslisten erstellen, die der Träger benötigt, um mit dem BAMF abzurechnen. Alles spricht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 SGB IV.

Die Integrationskurse haben sich dem staatlich reglementierten Kontrollsystem in der Praxis angeglichen, was auch durchaus sinnvoll ist. Nun muss die Angleichung in der Bezahlung erfolgen, die Lehrkräfte müssen also gemäß den für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen geltenden Tarifverträgen bezahlt werden.

Mit freundlichen Grüßen

270 Lehrkräfte in Integrationskursen (namentlich aufgeführt)


Hallo Georg, Danke für deinen Diskussionsbeitrag. :-) Gleich mal vorweg aber eine wichtige Information: Diese Wiki-Seite ist eine AG der Piratenpartei. Das bedeutet, dass die Dinge, die hier besprochen werden, (noch) keine offizielle Aussage der Partei sind und noch nicht basisdemokratisch von der Partei legitimiert wurden. Unabhängig davon kann ich mich persönlich aber durchaus mit euren Forderungen anfreunden und würde diese auch bei einer Abstimmung unterstützen. Wenn du willst kannst du gerne einen Antrag auf der Seite der AG Ausländerpolitik verfassen, welcher dann im Liquid Feedback System der Piraten (eine Software zur Abstimmung über politische Inhalte) diskutiert werden kann. Meine Stimme hättest du, auch wenn ich mich nach wie vor gegen den Zwang zu solchen Integrationskursen ausspreche, da man meiner Meinung nach keine Sprache dieser Welt lernen kann, wenn man dazu gezwungen wird. Viele Grüße LukasBrausch 14:15, 21. Feb. 2012 (CET)



Hallo Lukas, sehr gerne würden wir einen Antrag einbringen, und viele Lehrkräfte haben eine Menge guter Ideen zu den Integrationskursen. Hier ist mal ein Text, der das Problem ganz grundsätzlich umschreibt:

"Ich schlage vor, dass im Bildungsbereich keine prekären Arbeitsverhältnisse mehr akzeptiert werden dürfen. In den staatlich geförderten Integrationskursen leisten Deutschlehrer/innen einen Großteil der Integrationsarbeit. Sie haben selber aber kaum/keine soziale Absicherung, sind im Krankheitsfall ohne Einkommen und im Alter ohne ausreichende Rente. Sie arbeiten als freiberufliche Honorarkräfte zu Honoraren, die weder ihre vom Staat geforderte hohe Qualifikation noch ihre wichtige und nicht einfache Arbeit würdigen - und auch keine soziale Absicherung ermöglichen. Deshalb sollten wenigstens in den staatlich geförderten Bereichen der Bildung anständige Honorare und/oder Festanstellungen der Standard sein."

Diesen Text findest du hier: [1] Er ist aus dem "Zukunftsdialog der Bundesregierung und hat bisher 1112 UnterstützerInnen.

Ich würde gerne eine Rundmail an die 300 Lehrkräfte in unserem Verteiler schreiben und sie darauf hinweisen, dass wir hier einen Antrag verfassen können, der dann über Liquid Feedback diskutiert werden kann.

Unsere Forderungen sind: 1. Bezahlung der Lehrkräfte in Integrationskursen nach den Tarifen, die für LehrerInnen an öffentlichen Schulen gelten. 2. Bezahlung direkt durch den Staat, nicht durch die Bildungsträger. 3. Der Staat muss rückwirkend die Sozialversicherungsbeiträge übernehmen, die die Lehrkräfte auf Grund der staatlichen Dumpinglohnpolitik nicht an die Rentenversicherung abführen konnten. (Viele Lehrkräfte sind nämlich gegenüber der Rentenversicherung verschuldet.) 4. Integrationskurse sollten nicht mehr vom Bundesinnenministerium, sondern vom Bundesbildungsministerium organisiert werden. Sie fallen nämlich nicht in den Aufgabenbereich der Inneren Sicherheit, sondern in die Zuständigkeit eines Bildungsministeriums. 5. Die Lehrkräfte sollten als Sachverständige und Experten zu allen inhaltlichen Kommissionen zugelassen werden und ein Stimmrecht haben. Sie sollten insbesondere Zugang zu der "Bewertungskommission" bekommen, deren Aufgabe es ist, die hohe Qualität der Integrationskurse zu sichern. Quelle: [2]

Lukas, wir hätten noch eine ganze Reihe anderer Vorschläge zu den Integrationskursen und würden uns freuen, wenn wir die im Rahmen der Piratenpartei artikulieren könnten.

Beste Grüße, Georg, bmoc85@web.de (Initiative Bildung Prekär) PS: Kann man dich über E-Mail erreichen?


Hallo Georg,
Ich habe mir einmal erlaubt einen Antrag als Diskussionsgrundlage zu erstellen und auf der Startseite der AG zu verlinken. Ich schlage vor, dass er dort eine Weile stehen bleibt, so dass in der Zwischenzeit noch Quellen hinzugefügt werden können und Alle die Chancen haben den Antrag zu diskutieren.
Wenn du den Antrag dann als genügend "gereift" ansiehst, dann gib mir bitte Bescheid. Ich stelle ihn dann gerne ins LQFB ein. Zu beachten ist dabei jedoch, dass der Antrag auch nach einer erfolgreichen Abstimmung im LQFB noch keine offizielle Position der Partei ist. Hierzu muss der Antrag zunächst für einen Bundesparteitag eingereicht und dort von einer Mehrheit der Anwesenden befürwortet werden.
Gerne helfe ich euch jedoch mit diesen Schritten, soweit ich das kann. Viele Grüße LukasBrausch 21:16, 9. Apr. 2012 (CEST) [Lukas (Punkt) Brausch (ÄDD) web (Punkt) de]