Bundesparteitag 2012.1/Antragsportal/Programmantrag - 087

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den/die Bundesparteitag 2012.1. Die Antragsseiten werden kurze Zeit nach Erstellen durch die Antragskommission zum Bearbeiten gesperrt. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich
Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den/die Bundesparteitag eingereichter Antrag. Jedes Mitglied ist dazu berechtigt, einen solchen Antrag einzureichen.

Version Antragsformular: 1.05

Antragsnummer

P087

Einreichungsdatum

Antragstitel

Weitergehender Antrag zur EURO - Schuldenkriese

Antragsteller

Antragstyp

Programmantrag

Art des Programmantrags

Wahlprogramm

Antragsgruppe

Wirtschaft und Finanzen

Antragstext

Es wird beantragt ins Wahlprogramm zur kommenden Bundestagswahl / ins Wahlprogramm zur kommenden Europawahls, an geeigneter Stelle folgendes aufzunehmen:

Die Piratenpartei setzt sich für die Schaffung von Gesetzen, oder die Änderung bestehender Gesetze, dahingehend ein, dass unser Geld wieder zur Funktion als nützliches Tauschmittel zurückfindet und die Staatschulden abgebaut werden. Dies soll durch nachfolgende Punkte erreicht werden.

1. Geschäftsbanken dürfen nur noch Geld als Kredit vergeben welches vorher jemand bei Ihnen angelegt hat. Die nahezu unbegrenzt mögliche Kreditvergabe, mittels von den Banken selbst geschaffenen Giralgeldes, grenzt an einer Gelschöpfung aus dem Nichts. Diesem inflationsfördernden Treiben muss Einhalt geboten werden!

2. Die Piratenpartei fordert in diesem Zusammenhang die Abschaffung der Regelung zum Mindestreservesatz, wobei dieser Satz erst zum 18.01.2012 vom Rat der Europäischen Zentralbank von 2 % auf 1 % abgesenkt wurde. Banken sollen nur noch das Geld “1:1“ verleihen dürfen welches vorher jemand bei ihnen angelegt hat und welches bezüglich der Laufzeit der Kapitalanlagen der Laufzeit der gewährten Kredite entspricht.

3. Im Eurowährungsraum sind derzeit (Anfang 2012) ca. 12 Billionen Euro an Buchgeld im Umlauf welches nie von der Zentralbank ausgegeben wurde. Dieses von den Geschäftsbanken geschaffene Giralgeld ist Bestandteil des Wirtschaftskreislaufes. Ein etwaiger inflationärer Einfluss, welcher mit der Schaffung dieses Geldes in Verbindung steht, hat längst stattgefunden und geht nicht mehr umzukehren. Dieses sich im Umlauf befindliche Buchgeld muss im Sinne einer nachhaltigen Finanzpolitik in „echtes Geld“, von der Zentralbank erstelltes Geld, umgewandelt werden. Um dies umzusetzen wirken die Piraten in ihrer Politik auf einen Drei Punkte Plan hin:

a. Die Europäische Zentralbank generiert 12 Billionen EUR neues Geld, welches vorerst in ihrem Hause verbleibt.

b. Die momentan 17 Mitgliedsstaaten des EUR – Währungsraumes legen alle Schulden ihrer öffentlichen Haushalte, von Bundeshaushalt, über die Länder, Landkreise, Kommunen, bis hin zu den öffentlichen Sozialkassen, gegenüber der EZB offen.

c. Zu einem bestimmten Stichtag soll es den Geschäftsbanken nur noch erlaubt sein Geld als Kredit zu vergeben welches vorher in ihrem Hause angelegt wurde. Zum selben Stichtag soll die EZB die ca. 10 Billionen Staatsschulden der 17 Mitgliedsstaaten an die jeweiligen Gläubiger auszahlen.

Die Gläubiger werden das Geld in den meisten Fällen auf ein Bankkonto überwiesen bekommen. Die Banken werden dieses Geld auf Grund der am selben Stichtag greifenden gesetzlichen Regelung zur Deckung der bisherigen Giralkredite verwenden. Das an die Gläubiger zurückgezahlte Geld ist das Geld welches die Banken vorher in „Eigenregie“ als Kredite vergaben. Wo Banken direkt als Gläubiger des Staates Geld zurückbekommen werden diese das Geld zur Auflösung der Giralkreditposition nutzen, genauso wie bisher diese Positionen durch Rückzahlungen aufgelöst wurden.

Die Positionen der Giralkredite wären somit aufgelöst. Kein einziger Cent würde sich mehr an Geld im Umlauf befinden als dies vor der Umstellung der Fall war, was unter dem Aspekt einer zu verhindernden Inflation wichtig ist. Kein Mensch müsste einen Vermögensverlust verbuchen und die Staaten währen ihrer Staatsschulden entbunden.

4. Die restlichen 2 Billionen EUR welche sich noch bei der EZB befinden und welche ebenfalls zur Auflösung der gesamten Giralkredite benötigt werden, sollen von der EZB als Darlehen, in Form der bekannten Offenmarktgeschäfte, an die Geschäftsbanken vergeben werden, welche nach der oben geschilderten Auflösung weniger Guthaben in Ihrem Hause halten als sie zur Deckung der bisherigen Giralkredite nun brauchen.

5. Weiterhin soll sich an der Praxis, wonach sich die Geschäftsbanken untereinander mit liquiden Mitteln „aushelfen“ können, nichts ändern.

6. Da sich auch in Zukunft das gesamte materielle Volksvermögen mehren wird, muss eine unabhängige Kommission, welche bei der Zentralbank angesiedelt sein soll, klären, wie sich das materielle Volksvermögen entwickelt. Statistische Erhebungen gibt es dazu heute bereits. Im gleichen Maße wie das materielle Volksvermögen wächst soll die EZB neues Geld generieren und dies den Mitgliedsstaaten nach einem Schlüssel, welcher sich allein an der Zahl der Einwohner bemessen soll, zur Deckung der Haushalte zur Verfügung stellen. Die Wirtschaft boomt nur wenn frisches Geld in Umlauf kommt. Auf diese Weise kommt so viel frisches Geld in den Wirtschaftskreislauf wie neue Werte geschaffen werden. Gleichzeitig wird verhindert, dass die Staaten neue Schulden machen müssen.

7. Der Europäische Fiskalpakt der Euromitgliedsstaaten soll dahingehend geändert werden, dass sich jeder Staat verpflichtet keine neuen Schulden aufzunehmen. Entsprechende „Schuldenbremsen“, welche bei dem bestehenden Finanzsystem sowieso nicht eingehalten werden können, sind durch einen geeigneten Passus zu ersetzen, welcher die Aufnahme von Schulden der öffentlichen Hand zukünftig verbietet.

Bei Umsetzung der obigen Punkte wird das Geld wieder als nützliches Tauschmittel den Wirtschaftskreislauf beeinflussen. Geld wurde einst von Königen und Kaisern, welche den Staat verkörperten, in Umlauf gebracht. Wenn wir zu einem System zurückfinden, in welchem die Zentralbanken in die alte Rolle des Staates eintreten und neues Geld den Staaten zur Verfügung stellen, werden wir für die Zukunft gut gewappnet sein.

Antragsbegründung

Die Schuldenkreise der Eurostaaten spitzt sich immer mehr zu. Mit Schuldenbremsen und Einsparungen ist dem nicht mehr „Herr“ zu werden. Bei einer Staatsquote von 50 % führt jeder Euro welchen der Staat weniger ausgibt zu Mindereinnahmen von 50 Cent. Der erste Haushalt der Bundesrepublik für 2012 weist eine Neuverschuldung von 26 Mrd. EUR auf. Jeder kann sich ausrechnen wie hoch die eigentliche Einsparung zur Erreichung eines ausgeglichenen Haushalts sein muss wenn von jedem eingesparten Euro 50 Cent auf der Einnahmenseite wegbrechen. Was durch solche Sparmaßnahmen des Staates in der Bevölkerung geschieht sehen wir am Beispiel Griechenlands.

Weiterhin sind in dem benannten Bundeshaushalt 38 Mrd. Euro für Zinsen der alten Schulden eingeplant. Ohne die alten Schulden hätten wir also sogar einen Haushaltsüberschuss.

Wir Deutschen brauchen nicht mit erhobener Nase gegenüber den anderen Mitgliedsstaaten des Euroraumes auftreten, weil wir die einzigen sind welche noch ein „AAA“ – Rating von den amerikanischen Agenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch bekommen. Dieses gute Rating ist einzig und allein unserem Exportüberschuss geschuldet.

Ein Exportüberschuss kann nur dann entstehen wenn es andere Länder gibt welche diesen nicht aufweisen und welche die Waren und Dienstleistungen von den Ländern mit Exportüberschuss einkaufen.

Im Jahr 2009 betrug das deutsche Exportvolumen in die verschuldeten Staaten Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien etwa 75 Milliarden Euro, das waren immerhin gut 11 Prozent der gesamten Ausfuhren.

Sobald die ersten Bürgschaften der Rettungsschirme von Deutschland eingefordert werden, was unweigerlich geschehen wird, werden auch wir Deutschen mit unserem „Latein am Ende sein“.

Diesem Umstand kann man meiner Meinung nach nur durch oben genanntes Vorgehen entgehen.

Ich nenne euch drei Beispiele wie heute schon Banken ohne selbst gemachtes Giralgeld auskommen.

1. Bausparkassen geben seit je her nur das Geld an Kreditnehmer heraus welches vorher von Sparern oder Rückzahlern eingezahlt wurde.

2. Seit einigen Jahren gibt es die Smava Bank. http://www.smava.de/ Diese Plattform erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Dort werden nur Kredite vermittelt welche vorher durch eine Einlage zur Verfügung gestellt werden.

3. Islamische Banken dürfen laut Koran nichts erwerben was nicht existiert. So dürfen sie auch keine Giralgeldschöpfung aus dem Nichts betreiben. Da diese Banken auch nicht mit Geld spekulieren welches es eigentlich nicht gibt, sind diese Banken von der derzeitigen Finanzkriese nicht betroffen.

Weiterhin benenne ich euch zwei Beispiele welche die Umstellung verdeutlicht.

1. Herr Mayer bekam zum Kauf eines Autos 20.000,00 EUR von seiner Bank als Giralkredit zur Verfügung gestellt. Die Zinsen für den Kredit betragen 8 %. Herr Müller ist Kunde bei der gleichen Bank und hat eine Staatsanleihe für 20.000,00 EUR gekauft. Er bekommt dafür 3 % Zinsen. Herr Müller bekommt nun seine 20.000,00 EUR, zuzüglich der bis dahin angefallenen Zinsen von der Bundesschuldenverwaltung auf das Konto seiner Hausbank überweisen. Die Hausbank macht Herrn Müller ein Angebot das Geld weiter in ihrem Hause anlegen zu wollen. Die Bank bietet Herrn Müller dafür ebenfalls 3 % Zinsen an. Auf Grund der neuen gesetzlichen Regelung ist die Bank verpflichtet den vorher ausgegebenen Giralkredit nun durch „echtes Geld“ abzudecken. Die Bank macht immer noch einen Gewinn von 5 % auf Geld was ihr nicht gehört. Damit muss sie das Ausfallrisiko und ihre Verwaltungskosten abdecken.

Selbst wenn Herr Müller sein Geld nicht bei der Hausbank anlegt und zu einer anderen Bank trägt geht die Rechnung auf. In diesem Fall sollten sich die Banken untereinander Geld leihen, wie es heute zur gängigen Praxis gehört. So könnte die neue Bank des Herrn Müller der alten Bank für 5,5 % diese 20.000,00 EUR zur Abdeckung des Kredites an Herrn Mayer leihen. Beide Banken hätten somit immer noch 2,5 % Zinsen verdient.

2. Im nächsten Fall hat die Bank selbst, mit selbst geschaffenem Giralgeld, dem Staat 1.000.000,00 EUR geliehen. Die Bank bekommt das Geld von der Bundeschuldenverwaltung überwiesen. Die Position des Giralkredites wird in der Bank auf „Null“ gestellt. Giralgeld und „echtes Zentralbankgeld“ werden gegeneinander aufgelöst.

Ich bin mir bewusst, dass es andere gute Ideen bezüglich der Gestaltung von Geldsystemen gibt. Die Palette reicht vom „Freigeld“ ohne Zinsen bis hin zu anderen Verrechnungseinheiten. Diese wären auch besser als das was ich hier vorstellte. Sie haben nur einen Haken. Sie funktionieren nur im abgeschotteten Raum und harmonieren nicht mit den Systemen der anderen Staaten. Um solche Systeme einzuführen müssten wir wieder eine Art „Eisernen Vorhang“ errichten, was wohl keiner von uns fordern möchte.

Auf Grund des bisherigen staatlich erlaubten Treibens der Banken verdoppelte sich die Geldmenge M3 im Euroraum die letzten 10 Jahre von ca. 5 Billionen Euro auf ca. 10 Billionen Euro.

Die Geldmenge M3 definiert sich dadurch, dass sie alle Geldbestände welche 3 Jahre oder kürzer angelegt sind, erfasst.

Die Verdopplung der Geldmenge innerhalb 10 Jahren entspricht einer Erhöhung von 7,5 % im Jahr.

Falls sich diese Erhöhung im wirtschaftlichen Rahmen bewegen sollte, so würde sich die Geldmenge dieses Jahr wieder um 750 Milliarden EUR erhöhen können, ohne das eine hohe inflationäre Entwicklung zu befürchten währe. Wir haben 300 Millionen Einwohner im Eurowährungsgebiet. Dies wiederum entspricht 2.500,00 EUR pro Einwohner.

Nach meinem Vorschlag müssten diese 2.500,00 EUR pro Einwohner an die Mitgliedstaaten überwiesen werden, was entweder zu einer erheblichen Entlastung der öffentlichen Haushalte führen würde, oder als erste Grundlage für ein Bedingungsloses Grundeinkommen dienen könnte. Wobei ich die Erhöhung der Geldmenge einer Kommission überlassen möchte, welche vorher die gesamtwirtschaftliche Lage und die Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Volksvermögens analysiert.

Der Mindestreservesatz, welchen die Bank laut jetzt geltenden Gesetzen vorhalten müssen, wurde erst zum 18.01.2012 von 2 % auf 1 % abgesenkt, was den Geschäftsbanken diese "Geldschöpfung aus dem Nichts" weiter erleichtert.

Die Banken verlangen momentan Zinsen auf Geld welches sie verleihen, welches es vorher nicht gab. Die Zinsen wurden niemals in Umlauf gebracht. Sie können, gesamtwirtschaftlich gesehen, nur durch neue Kredite, mit neuem von den Geschäftsbanken auf gleiche Weise geschaffenem Geld, bezahlt werden, was für alle Beteiligten wiederum nur neue Schulden bedeuten kann.

Die einzelnen Kredite werden im Normalfall an die Banken inklusive der Zinsen zurückgezahlt, womit der ausgegebene Giralkredit erst mal aufgelöst erscheint. Die Rückzahlung kann allerding nur erfolgen wenn gesamtwirtschaftlich dieses Geld zur Verfügung steht. Es steht nur dann zur Verfügung wenn im Gegenzug zur Rückzahlung neue höhere Kredite ausgegeben werden.

Diese Spirale hat die Angewohnheit immer schneller zu werden. Sie steigt im gleichen Maße an wie die Staatschulden steigen. Ab einem bestimmen Punkt bekommen die Staaten ein schlechteres Rating. Dann müssen für die ohnehin schon hohen Schulden noch höhere Zinsen gezahlt werden. In diesem Stadium sind, außer Deutschland, alle Staaten der Eurozone.

Bei Bedarf kann ich alle von mir genannten Zahlen mit amtlichen Quellen belegen. Sie stammen alle aus den Quellen der EZB, der Deutschen Bundesbank und dem Deutschen Bundestag.

Ich würde mich freuen wenn mein Vorschlag zur Eindämmung der Schuldenkriese als der am weitest gehende angesehen wird und wir ein positives Abstimmungsergebnis erhalten würden.

Vielen Dank an alle welche sich mit meinem Vorschlag beschäftigen.

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Antragsfabrik

Datum der letzten Änderung

31.03.2012

Status des Antrags

Pictogram voting keep-light-green.svg Geprüft