Benutzer:XXR/Austritt

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Ich habe eine Entscheidung getroffen, welche obwohl ich über einen sehr langen Zeitraum darüber nachgedacht habe, nicht einfach gefallen ist. Per E-Mail habe ich meine Mitgliedschaft bei der Piratenpartei gekündigt.

Wie es dazu kam

Lassen wir die Zeit einmal Revue passieren. Nachdem ich seit meiner Jugend politisch interessiert war, begann ich im Jahr 2009 wieder, mich verstärkt für eine Mitgliedschaft in einer Partei zu interessieren. Eine erste Kontaktaufnahme mit der Partei Die Linke im KV Baden-Baden/Rastatt führte zu keinem Ergebnis. Auf der Demo gegen das Zensursula-Gesetz in Karlsruhe konnte ich erstmals Kontakt zum Umfeld der Piratenpartei aufnehmen. Nach reichlicher Überlegung bin ich schließlich einige Monate später, kurz vor der Bundestagswahl 2009 in die Piratenpartei eingetreten.

Gerade in der ersten Zeit war ich noch sehr motiviert und habe sehr viel Zeit für meine Arbeit in der Partei investiert. Etablierung des Stammtisches Rastatt/Baden-Baden, welchen ich zeitweise parallel zum Karlsruher Stammtisch besucht habe und die Erledigung vieler mit der Landtagswahl 2011 zusammenhängender Aufgaben. Vor der Landtagswahl führte die Art, wie mich einige Parteimitglieder im Umfeld behandelt haben zu einer größeren Demotivation. Nachdem erste Austrittsgedanken wieder abgeflacht sind, habe ich mich wieder meinen Themen gewidmet. Die verantwortlichen Personen sollten ohnehin wieder von der Bildfläche verschwinden.

Meine Interessengebiete waren schon immer die Themen, welche eher als links eingestuft wurden. Neben den Themen, welche man in der Piratenpartei unter „Kernthemen“ verstand, interessierten mich von Anfang an soziale Aspekte und Umweltschutz. Bald sollten die Queerthemen hinzu kommen und zu dem Thema aufsteigen, mit dem ich mich am Meisten beschäftigt habe. Ich sah mich mit meinen Standpunkten in der Piratenpartei bis 2014 ganz gut aufgehoben und auf einer Skala eher in der Mitte als an einem der Ränder.

Die Spaltung einer Partei in zwei Flügel ist keine einfache Sache, wenn man sich keinem der Flügel uneingeschränkt zugehörig fühlt. Beim Bundesparteitag 2013.2 wurde in der Halle in einem Bereich eine Antifa-Flagge aufgestellt. Auf der Suche nach Anti-Nazi-Aufklebern hatte ich nette Gespräche mit den Piraten, welche dort Platz genommen hatten. Auf dem darauf folgenden Bundesparteitag 2014.1 wurde wohl die Kandidatur zum Glück chancenloser rechtsextremer Kandidaten zum Anlass genommen, über der Bühne eine Antifa-Flagge aufzuhängen. Aus meiner Sicht ein richtiges Zeichen. Aus dem Flügel, welcher sich als sozialliberal bezeichnete, nahm ich dagegen eine Empörung war. Einen Monat später sollte es durch das Bombergate und das Botschaftsgate erneut zu einer Empörung kommen. Da ich Gewalt ablehne, wollte ich mich von den Aktionen distanzieren. Seitdem lag ich mit einigen Piraten des progressiven Flügels im Clinch. Für mich wäre es eigentlich mit einer Entschuldigung getan gewesen. Zwei Wochen nach dem Bombergate gab es tatsächlich eine Entschuldigung, welche jedoch vom sozialliberalen Flügel ignoriert wurde. Später hatte ich den Blogartikel doch gefunden und Parteimitglieder, welche noch immer vom Fehlen einer Entschuldigung gesprochen haben, damit konfrontiert. Man machte es sich einfach und stufte die Entschuldigung als nicht ernst gemeint ein.

Durch den mit den Ereignissen Anfang 2014 verbundenen BuVo-Rücktritten, kam es zu einem kommissarischen Bundesvorstand. Dieser plante bald darauf, den PShop zu schließen. Das war für uns als AG Queeraten etwas frustrierend, da wir es als bundesweite AG mit der Materialbeschaffung schwieriger haben, als lokale Gliederungen. Schließlich sollte beim Bundesparteitag 2014.2 in Halle ein neuer BuVo gewählt werden.

Die kommenden beiden Vorstandszeiten sollten eine schwierige Zeit für die AG Queeraten werden. Ein Bundesvorsitzender, welcher Themen blockiert und die Pressesprecherin anweist, PMs nicht zu veröffentlichen, passt nicht zur Piratenpartei wie ich sie kannte. Doch einer der Vorstandskollegen hat in seinem Tätigkeitsbericht über solche Vorgänge geschrieben. Wir von der AG Queeraten haben Stunden investiert, um PMs zu verfassen und sie wurden immer wieder mit anderen Begründungen nicht veröffentlicht. Es kam zu weiteren Tiefpunkten meiner Motivation.

Im Laufe der Zeit habe ich mich entschlossen, meine Arbeit in anderen Organisationen fortzuführen. Die Wahl von Patrick Schiffer als 1V, der unkomplizierte Kontakt zu ihm und seine Unterstützung für unsere Themen haben meinen Austritt hinaus gezögert. Die Situation in der Piratenpartei empfand ich dennoch immer unangenehmer. Nach den Austrittswellen fühlte ich mich mit meinen Ansichten nicht mehr in der Mitte der Partei, sondern irgendwo am linken Rand. Enttäuschend fand ich auch den Verlauf der CSD-Saison 2017 mit der Piratenpartei, der nicht mehr an die schönen Ereignisse in den vorherigen Jahren anknüpfen konnte. Die Zusammenarbeit mit dem LV empfand ich seit längerem als schwierig. Reaktionszeiten, Art der Kommunikation und Probleme mit der Landes-IT führten dazu, dass ich meine Arbeit als Themenbeauftragter Queer seit Monaten ruhen ließ. Im Kreisverband Mittelbaden pflegen wir ein freundschaftliches Miteinander. Größere thematische Gemeinsamkeiten sehe ich allerdings auch hier mit den Stammtisch-Besuchern nicht mehr. Auffallend ist, dass der Generationen-Wechsel hier andersherum als gewöhnlich lief. Die Besucher von 2010 sind jünger, als die Derzeitigen. Sitzungen der AG Queeraten mit nur zwei Mitgliedern waren auch frustrierend, so dass wir zuletzt gar keinen neuen Termin mehr vereinbart hatten.

Angesichts der aktuellen Situation der Piratenpartei, in der man in einigen Bundesländern die Unterstützerunterschriften für die Bundestagswahl nicht mehr zusammen bekommen hat, in anderen Bundesländern erst kurz vor der Deadline die Unterschriften zusammen hatte und schließlich auch am Wahltag nicht punkten konnte, sollte man sich überlegen, wie man die Situation wieder verbessern kann. Dazu gehört aus meiner Sicht als erstes, dass man inaktiv gewordene, vielleicht sogar ausgetretene Mitglieder wieder dazu bewegt, etwas für die Partei zu machen, in manchem Fall kann schon ein UU-Formular helfen. Stattdessen beschäftigt man sich damit, wie man am besten Dinge aus den Programmen bekommt, welche von vermeintlich progressiven Ex-Mitgliedern geschrieben wurden. Damit kann man viel Zeit für etwas verschwenden, was die Partei keinen Meter vorwärts bringt. Auch werden uns die erfreulichen Wahlerfolge in Island oder Tschechien wenig weiter bringen. Da wäre nicht nur die Tatsache, dass es sich um eigenständige Parteien mit anderem Personal handelt, welches manchen Fehler nicht gemacht hat. Der durchschnittliche Wähler nimmt die dortigen Wahlergebnisse hierzulande kaum zur Kenntnis.

Zum Bundesparteitag 2017.2 ist Patrick Schiffer nun nicht mehr angetreten. 1V und Schatzmeister nun aus dem in Halle gewählten Vorstand, 2V aus dem Team vom 1V. Mir fehlt es am Glauben, dass die Partei so auf einen zukunftsfähigen Kurs gebracht wird. Ich sehe keinen Sinn darin, die Partei noch mit meiner Arbeitskraft oder finanziell zu unterstützen und gehe den dafür notwendigen Schritt.

Im Gegensatz zu anderen ausgetretenen Piraten werde ich aber nicht ab morgen unerreichbar sein und sämtliche Kommunikation mit der Partei abblocken oder ständig darüber twittern, wie doof die Partei doch sei. Ich bin noch der selbe Mensch und setzte mich weiterhin für die Dinge ein, für die ich mich zuvor eingesetzt habe. Denjenigen, welche meine Parteiarbeit fortsetzen wollen, biete ich gerne meine Hilfe an. Eine Bitte, die folgende Koordinatorenwahl der AG Queeraten zu organisieren, würde ich auch nicht ablehnen. Mandatsträger auf kommunaler Ebene, mit denen ich in Kontakt stehe, werde ich gerne weiterhin unterstützen.

Während meiner achtjährigen Mitgliedschaft in der Piratenpartei habe ich viel gelernt, es gab auch einige schöne Ereignisse. Dafür will ich mich bei allen Piraten und Ex-Piraten, die dazu beigetragen haben, bedanken. <3