Benutzer:Bzapf/Bildung/Gleitzeitschule/1

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Ich möchte zunächst den "dreifachen Lackmustest" beschreiben. Dies sind drei in kurzer Zeit beantwortbare, einfache Fragen, die zu erkennen geben, in welcher Weise eine "Schule" sich zu denen verhält, die an ihr teilnehmen müssen.

Ich bin mir im Klaren darüber, dass der Begriff "Schule" unnötig breit ist, da er viele Einrichtungen umfassen kann, die vielleicht nicht einmal gemeint sind. Daher diese drei Fragen: Sie dienen dazu, das Gemeinte einzugrenzen und zu erklären.

(Hier fehlt noch eine ganze Menge einleitender Text, wenigstens so viel wie auf dieser Seite schon steht, um gewisse Aussagen in einen passenden Rahmen zu rücken)

  1. Wie stark ist der Zwang an der untersuchten Institution, dem Lebensentwurf eines Arbeiters des frühen Industriezeitalters zu gehorchen?
    Beispiele für die gemeinten Umstände sind:
    • Uhrzeitgerasterter und/oder fremdbestimmter Tagesablauf
    • erzwungene Aufenthalte
    • erzwungene Bewegungslosigkeit
  2. Wie häufig ist physische Gewalt an der genannten Institution?
    vgl. Pfeiffer et. al. - durch Befragung wenigstens halbwegs zuverlässig ermittelbar.
  3. Wie häufig ist psychischer Gewalt an der genannten Institution?
    Diese Frage ist wohl die am schwersten zu beantwortende. Letztlich ist aber auch diese zu lösen, beispielsweise indem man offensichtliche Fälle von "Schulphobie" erhebt.

Die Fragen 2 und vor allem 3 sind schwer zu untersuchen. Das soll ihre Nützlichkeit für die Debatte nicht beeinträchtigen. Sie geben über Ursachen für Mängel von Schulen Auskunft.

Dieser Lackmustest ist keine Lösung für alle Probleme. Er macht aber einige Probleme sehr deutlich, und ich halte es für dringend notwendig, alle diese deutlichen Probleme in nächster Zeit merklich zu reduzieren.

Derzeit existierende Schulen versagen bei diesem dreifachen Lackmustest total.

  1. Wer nicht dem Tagesablauf und den Gepflogenheiten folgen mag, die Schule nun einmal vorgeben, wird hart und erbarmungslos bestraft, unabhängig davon, was er sonst macht.
  2. Physische Gewalt besteht unverändert wenigstens seit dem Ende des zweiten Weltkriegs auf einem Niveau, das man vielleicht in Actionfilmen für normal halten könnte.
  3. Die psychische Gewalt, vor allem von Lehrern, ist enorm, was man z.B. an der Debatte "Geisteskrankheit bei Schülern"/"Schulphobie" erkennen kann.

Eine einfache Lösung, das Ergebnis dieses "dreifachen Lackmustest" zu verbessern, wäre die Einführung eines Gleitzeitsystems an Schulen. Ich denke nicht, dass ein solches System alle Probleme an Schulen löst, es ist nur ein Beispiel für eine vermutlich einfach umzusetzende Änderung, die die hier diskutierten Probleme deutlich reduziert.

Gleitzeit, das ist, wenn man sich aussuchen kann, wann man zur Arbeit geht, solange man nur ein gewisses Pensum erreicht und gewissen Vorgaben folgt. Diese Könnten im Fall von Schule sein:

Die Schule findet statt, wann Lehrer sie anbieten wollen - wahrscheinlich von etwa 8 bis etwa 6. Die Behörde kontrolliert, ob das derart gefundene Angebot geeignet ist, theoretischen Vorgaben (z.B. "Lehrplan" - man vergebe mir die Wortwahl) zu entsprechen, oder ob es zu Kollisionen kommt. Diese Aufgabe wird von Schule im Wesentlichen jetzt auch schon erledigt, nur unter anderen Vorgaben, nämlich: die Schulzeit ist festgelegt.
Die Schule kann eine "Kernzeit" festlegen, in der von Schülern gefordert werden kann, anwesend zu sein. Dies dient nur der Erfüllung von Aufgaben, die nur mit der Präsenz der Schüler befriedigend zu lösen sind.
Ansonsten dürfen Schüler die Schule so besuchen, wie es ihnen gefällt, solange sie ihren "Lehrplan" erfüllen

Ich bitte darum, das gesagte nicht falsch zu verstehen: Dass ich von Lehrplänen und verpflichtungen Rede, heißt nicht, dass ich diese Maßnahmen unterstütze. Nur, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie man ein Modell, das auf solche Elemente verzichtet, in der gegebenen Situation Argumentieren könnte, ohne, dass jemand den sofortigen Untergang des Abendlandes beschreit, sollte die Diskussion nicht unterbrochen werden.

Es geht einzig darum, ein Beispiel zu bringen, wie man mit einem völlig selbstverständlichen, offensichtlichen Eingriff in die Funktionsweise von Schule, der mit wenigen Wochen Vorlauf möglich wäre - schon immer möglich gewesen wäre - das Ergebnis dieses "Lackmustests" zu verbessern.

Ich halte auch ein Gleitzeitsystem insgesamt immer noch für entsetzlich altmodisch und für eine Beleidigung für jeden denkenden Menschen. Es wäre aber in der jetzigen Situation eine legitime und vor allem durchsetzbare Forderung. Mir ist klar, dass diese Forderung harmlos klingt und einiges Dynamit enthält. Das ist vermutlich auch der Grund, warum manche Leute so dringend darauf beharrt haben, dass ich sie ausformulieren solle.

An einer Schule, die Gleitzeit praktizieren würde, wäre der erste Teil des Lackmustests für ganze Teilpopulationen der Schüler wesentlich verbessert. Die unmenschliche Ansage, dass, wer nicht um 7.45 fit auf der Matte steht - was viele Kinder einfach anatomisch nicht können - wäre behoben.

Mit einem Gleitzeitsystem erhielte der Begriff "Kurswahl" eine neue Bedeutung. Zu meiner Zeit verlief "Kurswahl" so: man entscheidet sich für seine zweite Fremdsprache. Alle anderen Kurse sind durch "geschicktes" (zynisches) zeitliches Arrangement so gelegt, dass man im Grunde genommen eine einzige Wahl hat, die unverrückbaren Vorgaben einer Behörde zu erfüllen. Da gleichartige Kurse gleichzeitig Angeboten werden, hat man vielleicht noch die Möglichkeit, sich zwischen dem einen Lehrer oder dem anderen - meistens stehen "Herr Pest" und "Frau Cholera" zur Wahl - zu entscheiden.

Ein Gleitzeitsystem würde, geeignet gestaltet, derartige Strukturen aushebeln und ein "Kurswahlsystem" zulassen, das Schülern tatsächlich eine Wahl läßt.

Es würde Lehrern die Möglichkeit lassen, der Konkurrenz innerhalb der Lehrerschaft zu entgehen. "AG Chemie" wäre dann nicht mehr die spaßige Chemiestunde des lieben Chemielehrers, die leider, leider, leider keine formale Bedeutung hat, nein, es wäre schlicht der ganz normale Chemieunterricht. Die institutionelle psychische Gewalt, die heutige Schulen ausüben, beruht zu einem großen Teil auf der Kontrolle des Tagesablaufs der Schüler.

Es würde Schülern die Möglichkeit geben, chronisch gewalttätigen Mitschülern zu entgehen. Sie wären nicht mehr gezwungen, diesen zwei Busfahrten und einen Schultag lang ins Gesicht zu sehen.

Es geht mir einfach darum, dass man mit ganz wenigen, ganz einfachen Ideen grundlegende, offensichtliche Probleme von Schule lösen kann.

Und es geht mir darum, dass diese einfachen Ideen schon lange offensichtlich sind, und dass ihre Lösung auf der Hand liegt, und dass die Schulbehörden dies seit Jahrzehnten offensichtlich erfolgreich verdrängen.

Und dass das zum absehbaren Schaden der Schüler gereicht.

Und dagegen etwas zu unternehmen, ist Demokratie.

Mein Anliegen ist, die genannten Probleme zu einer Lösung zu führen, nicht ein weiteres "theoretisch hervorragendes" Modell (sind sie alle nicht - jede Schule hat ihre Unzulänglichkeiten) oder eine gewisse Ideologie in eine endlose Bildungsdebatte hineinzuquälen. Es geht um Feuerwehr: wo Menschen leiden, müssen wir helfen. Und da ist das einfachste Mittel vielleicht kein schlechter Vorschlag.