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Breitbandausbau und "digitalen Dividende"

Haushalte und Firmen ohne Breitbandzugänge sind nicht nur wirtschaftlich benachteiligt, sie drohen auch von der kulturellen, politischen und technischen Entwicklung abgehängt zu werden. Die Piratenpartei Bayern setzt sich dafür ein, öffentliche und private Ressourcen dahingehend auszubauen, um die Breitbandversorgung in Bayern flächendeckend zu gewährleisten.

Internetzugänge

Wir Piraten setzen uns daher dafür ein, Breitbandzugängen den selben Stellenwert einzuräumen wie grundlegende Infrastruktur (Energie, Verkehr, Ver- und Entsorgung). Wir wollen diese flächendeckend verfügbar machen.

Dabei ist die vom Bundeswirtschaftsministerium genannte untere Grenze der Breitbandgeschwindigkeit kein zielführendes Mittel, um diesen Benachteiligungen entgegen zu wirken. Eine Zielvorgabe muss vielmehr dauernd den aktuellen technischen Entwicklungen angepasst werden und sich nicht nur durch die Geschwindigkeit selbst, sondern auch durch deren Qualität und die örtliche Marktsituation kennzeichnen.

Wir wollen unterversorgte Gebiete finanziell stärker fördern, um den Breitbandausbau voranzutreiben. Hierzu wollen wir prüfen, ob eine geringe Abgabe auf bestehende Breitband-Anschlüsse die nötigen finanziellen Mittel über bestehende Haushaltsmittel hinaus bereit stellen kann, um die Förderung von unterversorgten Gebieten zu gewährleisten. Diese Abgabe muss nicht zwingend vom Staat erhoben werden, vielmehr kann sich auch ein privates Konsortium zu umlagefinanzierten Modellen verpflichten, in dem möglichst alle Anbieter von Internetzugängen mitwirken. Zuschüsse von Land, Bund und Europäischer Union wollen wir hierfür bereit stellen.

Beim Ausbau breitbandiger Internetanschlüsse müssen leitungsgebundene Lösungen Prioriät haben, da diese eine besonders hohe Verbindungsqualität erreichen. Werden Alternativen wie Funk- und Mobilfunklösungen gefördert, dürfen diese Zugänge nicht vertraglich in der Nutzung beschränkt werden, insbesondere darf auch keine Drosselung der Geschwindigkeit bei Überschreiten einer Downloadgrenze stattfinden. Satelliten-Lösungen für Internet-Breitbandzugänge wollen wir nicht zum Ausbau unterversorgter Gebiete fördern, da solche Zugänge zu hohe Latenzzeiten und eine relativ hohe Störanfälligkeit durch Umwelteinflüsse (Regen, Schnee) aufweisen.

Neue Datenleitungen zwischen Gebäuden und dem unmittelbar nächsten Verteiler sollen in Zukunft dem Eigentümer des jeweiligen Gebäudes gehören. Die derzeitige Situation, dass Hauseigentümer zwar für die Herstellung der Leitung allein über 350 EUR zahlen müssen (zuzüglich Erdarbeiten), die Deutsche Telekom für diese "letzte Meile" dennoch Gebühren kassiert, ist nicht länger hinnehmbar. Der Verteiler soll möglichst Anschluss zu allen Netzbetreibern bieten, sodass sich die Verbraucher den Netzvermittler (Provider) frei wählen können. Diese Vorgehensweise soll sicher stellen, dass kein Provider die Möglichkeit hat, Wechsel zu blockieren oder durch Prozess- oder Personalmängel zu verzögern. Dazu wäre es sinnvoll wenn die Verteiler - sofern die Aufstellung mit öffentlichen Mitteln bezuschusst wurde - in der öffentlichen Hand bleiben. In Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur wollen wir hierfür Grundlagen schaffen, welchen den bestehenden Grundversorgungsauftrag der deutschen Telekom entzieht und die Grundversorgung dennoch garantiert. Piraten sehen hier öffentliche Fördergelder, auch finanziert aus der o.g. Breitbandabgabe, für eine mögliche Lösung, damit die Kosten für besonders aufwändige Neuanschlüsse nicht allein auf den betroffenen Vebrauchern lastet.

Neben der monetären Förderung wollen wir auch die Art, wie Infrastrukturmaßnahmen geplant, genehmigt und durchgeführt werden dahingehend optimieren, dass diese gleichzeitig für den Breitbandausbau genutzt werden können. Beispielsweise sollen beim Bau und der Sanierung von Straßen oder anderen Maßnahmen im Tiefbau vorausschauend Leerrohre gelegt werden, um einen kostengünstigen und leitungsbasierten Breitbandausbau zu ermöglichen.

Für uns steht der Ausbau unverversorgter Gebiete im Vordergrund, jedoch gehört auch die weitere Entwicklung und die damit einhergehende Geschwindigkeitserhöhung von Breitbandzugängen in Ballungsgebieten zum strategischen Ziel des Breitbandausbaus.

Damit auch sozial benachteiligte Personen nicht von der kulturellen, politischen und technischen Entwicklung abgehängt werden, müssen Lösungen gefunden werden, ihnen breitbandige Internetzugänge zur Verfügung zu stellen. Hierzu setzen wir auf Sozialtarifmodelle der Internetzugangsanbieter in Kombination mit Kostenübernahmen der Sozialhilfe. Langfristig streben Piraten so die Ermöglichung eines Versorungsrechts für jeden Bürger mit einem breitbandingem Internetzugang an.

Kabelanlagen

Breitbandige Zugänge umfassen aber nicht nur Internetzugänge, sondern auch Kabelanlagen zur primären Verbreitung von Fernseh- und Rundfunkprogrammen.

Die Regulierung der Fernsehverbreitung in diesen Netzen durch das Bayerische Mediengesetz und die Bayerische Landesmedienanstalt wollen wir reduzieren um die digitale Verbreitung und die damit einhergehende Diversifizierung des Programmangebots zu fördern. Insbesondere sollen Genehmigungspflichten zur Einspeisung von Programmen in Kabelnetze und die Pflichteinspeisung privater Programme abgeschafft werden. Einzig der Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Programme soll durch eine Einspeisepflicht als digitale Programme gestärkt werden. Entsprechende Regelungen zur analogen Verbreitung sollen entfallen.

Digitale Dividende, Digital-Umstellung

Um die Umstellung von analoger auf digitale Frequenznutzung zu fördern, wollen Piraten die öffentliche Finanzierung der analogen Nutzung schrittweise einstellen, um die digitale Verbreitung um so stärker zu fördern. Insbesondere die Umstellung der (analogen) öffentlich-rechtlichen Radioprogramme aber auch des BOS-Funks erschließen so weitere Frequenzbänder für digitale Dienste.

Für diese Umstellung wollen wir keinen festen Umschalttermin festlegen, der die Vebraucher überfordern würde. Vielmehr streben wir einen fließenden Übergang an. Erreicht werden soll dieser beispielsweise dadurch, dass neue Radio-Sendeplatzzuweisungen nur im digitalen Rundfunk erteilt werden, die öffentliche Förderung des analogen Rundfunks zugunsten des digitalen schrittweise abgebaut wird, es Anreize oder Verpflichtungen gibt, digitale Radioempfänger in Neufahrzeugen ab Werk einzubauen und bei notwendigen Modernisierungsarbeiten an Sendeanlagen Digitaltechnik verbaut wird.

Die durch Umstellung der analogen auf digitalen Frequenznutzung frei werdenden Frequenzen ("digitale Dividende") wollen wir sowohl für marktgerechte Internetzugänge aber auch für ein erweitertes digitales Rundfunkprogramm und neue Anwendungsfelder nutzen.

Während die Verteilung der Frequenzen in einem fairen Wettbewerbsverfahren stattinfden muss, sollen auch nicht-kommerziellen Rundfunkbetreibern Möglichkeiten eingeräumt werden, ihre TV- und Radioinhalte regional zu verbreiten. Ebenso soll auch anderen, nicht-kommerziellen digitalen Diensten ein fairer Zugang gegeben werden; denn Frequenzen sind öffentliche, nicht primär private Resourcen, die es zu verteilen gilt.

Beschluss

Dieser Antrag wurde auf dem Landesparteitag Bayern 2012.1 in Straubing als P29 angenommen (Protokoll).