BE:Squads/Bildung/Fragen zu Schulpflicht und Bildungsrecht

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Hier geht es um die Umwandlung der Schulpflicht in ein Recht auf Bildung oder eine Bildungspflicht. Eine Reihe von Ländern, darunter Dänemark, Frankreich, Österreich, Australien, Großbritannien und in Teilen die Schweiz haben die Schulpflicht eingeschränkt, abgeschafft oder ersetzt. In Deutschland ist die Schulpflicht weitestgehend unhinterfragt und wird als selbstverständlich akzeptiert. Ähnlich wie beim BGE oder beim Kinderwahlrecht gibt es viel Unbekanntes und eine Reihe von Mißverständnissen, die es aufzuklären gibt. Es folgen Fragen und Sorgen, die sich zur Umwandlung der Schulpflicht aufdrängen, selbstverständlich samt Antworten :)

Wer noch Fragen vermißt: Bitte einfach ergänzen. Korrekturen bitte auch jederzeit anbringen.

Eine bereits umfangreiche Fragensammlung zum Thema schulfreies Lernen gibt es hier als PDF. Weitere Fragen und Antworten gibt es hier:

Schulpflicht/Zwang schränkt Grundrechte ein

In Deutschland muss jedes Kind in die Schule! Schulpflicht wird hier als Pflicht des Schülers verstanden, ein Schulgebäude aufzusuchen und am Unterricht teilzunehmen. Der Staat hat sowohl im Inhaltlichen (Bildungspläne, Standard) als auch im Formalen (Zulassung, Kontrolle) ein im Grundgesetz, Artikel 6, verankertes Kontrollrecht. Eine Schulbesuchspflicht muss sich daraus aber nicht zwingend ableiten, auch wenn das so in den Länderverfassungen formuliert und über die Schulgesetze Praxis ist.

Da die Schulpflicht auch die Grundrechte berührt, wurden diese im Schulgesetz eingeschränkt: Die Schulpflicht schränkt Grundrechte ein,

  • im Berliner Schulgesetz heißt es explizit:
    "§ 127 Einschränkung von Grundrechten. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, Artikel 8 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung von Berlin) wird nach Maßgabe des § 52 Abs. 2 (Untersuchungen), das Grundrecht der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes, Artikel 8 Absatz 1 Satz 2 der Verfassung von Berlin) nach Maßgabe des § 46 Abs. 2 (Schulverhältnis) und der §§ 41 bis 45 (Schulpflicht) eingeschränkt."
  • Die Verletzung der Schulpflicht gilt als Ordnungswidrigkeit, die gemäß §126 Abs. 3 des Berliner Schulgesetzes mit einer Geldbuße bis zu 2.500,- EUR geahndet werden kann. Die zuständige Schulbehörde entscheidet gemäß §45 im Benehmen mit der Schulleiterin oder dem Schulleiter ... über die Zuführung durch unmittelbaren Zwang.
  • Bayern verfolgt den Schulzwang nach Artikel 118 in seinem Erziehungs- und Unterrichtsgesetz. Dort heißt es: (1) Nimmt eine Schulpflichtige oder ein Schulpflichtiger ohne berechtigten Grund am Unterricht oder an den sonstigen verbindlichen Schulveranstaltungen (Art. 56 Abs. 4 Satz 2) nicht teil, so kann die Schule bei der Kreisverwaltungsbehörde die Durchführung des Schulzwangs beantragen. Die Kreisverwaltungsbehörde kann durch ihre Beauftragten die Schulpflichtige oder den Schulpflichtigen der Schule zwangsweise zuführen. Eine Vorladung der oder des Schulpflichtigen ist nicht erforderlich. (2) Zur Durchführung des Schulzwangs dürfen die Beauftragten der Kreisverwaltungsbehörde Wohnungen, Geschäftsräume und befriedetes Besitztum betreten und unmittelbaren Zwang ausüben.

Menschenrechtsdeklaration der UNO

  • In der von 1948, von der BRD in den 1980er-Jahren ratifiziert, heißt es in Artikel 26 (3): Eltern haben das vorrangige Recht, die Art der Bildung und Erziehung, die ihre Kinder erhalten sollen, zu wählen.
  • Im ebenfalls von Deutschland ratifizierten Zusatzprotokoll Nr. 1, Artikel 2 (2) der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) heißt es: Der Staat hat bei der Ausübung der von ihm auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.
  • Die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren eigenen religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen geachtet, welche ihre Ausübung regeln (Artikel 14 (3) Grundrechte EU).

Was sagt die UN zur deutschen Schulpflicht?

  • Der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung Vernor Muñoz äußerte sich in seinem in Berlin veröffentlichten Bericht vom 21. Februar 2006 besorgt darüber, dass die restriktive deutsche Schulpflicht die Inanspruchnahme des Rechtes auf Bildung mittels alternativer Lernformen wie Hausunterricht kriminalisiert. (Quelle: wikipedia:https://de.wikipedia.org/wiki/Schulpflicht_(Deutschland) ). Originalquelle (http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/UN-Dokumente/Sonderberichterstatter/report_Munoz_mission_Germany_2006.pdf , Punkt 62.) : "62. According to reports received, it is possible that, in some Länder, education is understood exclusively to mean school attendance. Even though the Special Rapporteur is a strong advocate of public, free and compulsory education, it should be noted that education may not be reduced to mere school attendance and that educational processes should be strengthened to ensure that they always and primarily serve the best interests of the child. Distance learning methods and home schooling represent valid options which could be developed in certain circumstances, bearing in mind that parents have the right to choose the appropriate type of education for their children, as stipulated in article 13 of the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights. The promotion and development of a system of public, government-funded education should not entail the suppression of forms of education that do not require attendance at a school. In this context, the Special Rapporteur received complaints about threats to withdraw the parental rights of parents who chose home-schooling methods for their children.”

Alle Kinder müssen zu Schule – überall?

  • In den meisten Ländern der Welt (USA, Kanada, Südafrika, Israel, Australien, Neuseeland sowie in zahlreichen weiteren Schwellen- und Entwicklungsländern in Afrika, Asien und Südamerika)
  • und in allen europäischen Ländern (außer Deutschland, Schweden) ist -Schulfreie Bildung- (Unschooling und Home Education) als Bildungsalternative legal und meist üblich oder zumindest unter Auflagen möglich. Siehe Auflistung der -Schulfreien Bildungsalternativen aller Europäischen Länder weiter unten.
  • In diesen Ländern sind die Eltern nicht verpflichtet, ihre Kinder in die Schule, d. h. in ein Schulgebäude zu schicken. Sie haben jedoch für eine entsprechende Bildung zu sorgen. Dabei orientieren sich die Bildungsinhalte in den jeweiligen Ländern unterschiedlich stark an einem vorgegebenen Curriculum.
  • In vielen Ländern wird es zudem zunehmend staatlich gefördert. In Kanada erhalten Familien finanzielle Zuwendungen vom Staat, wenn sie sich bei einer Betreuungsorganisation als »Distant Learner«. registrieren lassen.
  • Wo es formal noch ‚Schulpflicht’ gibt (wie z. B. in Spanien oder Griechenland) wird sie sehr großzügig im Sinne der Kinder und der Freiheit der Bildung gehandhabt.
  • In vielen Staaten besteht keinerlei Registrierungspflicht für Schulfreie Bildung. Vorhandene Zahlen beruhen auf Schätzungen. Oft werden eingeschriebene Fernschüler, die nicht zur Schule gehen irrtümlicherweise als an Schulen angemeldete Schüler geführt.

Weitere Informationen auf: www.leben-ohne-schule.de, www.homeschooling.de, www.schuzh.de

Sind deutsche Schulkinder gebildeter?

  • Es ist bemerkenswert, dass in Ländern ohne Schulpflicht/Zwang nicht mehr Schulversager oder verwahrloste Kinder als in Deutschland zu finden sind.
  • Junge Menschen in Deutschland zwischen 6. und 17. (Schulpflicht/Zwang) sind nachweislich nicht klüger, intelligenter, kreativer oder besser gebildet, als gleichaltrige junge Menschen aus den Ländern in denen -Schulfreie Bildung- praktiziert wird. Im Gegenteil, der Anteil von Schulkindern mit Lern- und Verhaltensproblemen, Schulversagen liegt über denen anderer Länder.
  • junge Menschen zwischen 6. und 17. Jahren, aus den Ländern in denen -Schulfreie Bildung- praktiziert wird, sind nicht dümmer, ungebildeter, weniger sozialisiert, weniger integriert, fanatischer, politisch oder religiöse extremistischer, als gleichaltrige junge Menschen in Deutschland.

Eine Mutter formulierte es einmal so: "Als Frau bin ich frei. Ich kann tun, lassen, entscheiden - was ich für das beste für mich halte. Als Mutter bin ich gar nicht mehr frei zu tun, lassen und entscheiden, was ich für das beste für meine Familie halte. Es ist DISKRIMINIEREND."

Schulpflicht vs. Bildungspflicht in den EU Ländern

  • Belgien: Seit den 1970er- Jahren, eine Bildungs- bzw. Unterrichtspflicht vom 6. bis 18. Lebensjahr. Die Eltern haben das vorrangige Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteil werden soll. Die Erziehungsberechtigten entscheiden sich für den Unterricht ihrer Kinder in einer Schule oder für den Hausunterricht (Artikel 23 des Dekrets über den Auftrag an die Schulträger und das Schulpersonal sowie über die allgemeinen pädagogischen und organisatorischen Bestimmungen für die Regelschulen). Lernen die Kinder zu Hause, muss dies der Bildungsbehörde angezeigt werden. Die Eltern haben dafür zu sorgen, dass die Kinder einen Unterricht erhalten, der dem des Schulniveaus gleicht. Die Schulinspektion führt Kontrollen des Studienniveaus durch.
  • Bulgarien: In Bulgarien beginnt die Schulpflicht mit dem 7. Lebensjahr und endet mit 16 Jahren. Es liegen keine Erkenntnisse über Rechtslage und Praxis der Schulfreien Bildung vor. Die Schulpflicht besteht und ist schwer zu umgehen. Ist des Kind beim Eintritt in das schulpflichtige Alter nicht bei der Schulbehörde angemeldet, wird in der Regel nicht nachgeforscht. Ist das Kind einmal an einer Schule gemeldet, ist es schwieriger, es wieder abzumelden (mündliche Überlieferung von befragten Eltern).
  • Dänemark: Die gesetzlich geregelte Unterrichtspflicht beginnt im 7. Lebensjahr und dauert 9 Jahre. Alle Kinder im unterrichtspflichtigen Alter haben ein Recht auf kostenfreien Unterricht in der Grund- und weiterführenden Schule. Es gibt keine sehr strengen vorgegebenen Lehrpläne an Regelschulen. Eltern, die selbst dafür sorgen, dass ihre Kinder Unterricht bekommen, sind nicht verpflichtet, die Kinder in der öffentlichen Schule unterrichten zu lassen. Der Unterricht muss sich an dem messen können, was normalerweise in den Schulen gefordert wird (Grundgesetz, Kapitel 8 § 76). Obwohl es in Dänemark keine Schulpflicht gibt, wird das Recht auf Bildung zu Hause nur wenig genutzt. Es gibt eine große Diversität freier Schulen.
  • Finnland: Spitzenreiter der PISA-Studien. Lernpflicht statt einer Schulpflicht, die im 7. Lebensjahr des Kindes beginnt und neun Jahre dauert. Schulfreie Bildung ist zugelassen Die öffentliche Gewalt hat durch Gesetz geregelt, für jeden eine gleiche Möglichkeit sicherzustellen, entsprechend seinen Fähigkeiten und besonderen Bedürfnissen auch anderen Unterricht als den Grundunterricht zu erhalten und sich weiterzuentwickeln (Verfassung seit 11. Juni 1999). Die Kommune kontrolliert, ob das Kind ausreichend lernt. „Das erlaubt allen Eltern, unabhängig von ihrem Beruf, ihr Kind in eine andere Schule zu versetzen oder es zu Hause selber zu unterrichten“, so lautet die offizielle Erklärung dazu.
  • Frankreich: Bildungspflicht vom 6. Lebensjahr bis 16. Lebensjahr. Die Bildungspflicht kann in öffentlichen oder privaten Lehranstalten oder Schulen, aber auch durch Schulfreie Bildung erfüllt werden. Ein öffentliches Fernschulwesen unterstützt die Schulfreie Bildung (§ L. 131-2 des Bildungs- Gesetzbuches). Kinder die nicht an Fernschulen eingeschrieben sind, bekommen zweimal jährlich Besuch von der Bildungsbehörde. Diese kontrolliert den Bildungs- und Gesundheitszustand der Schulfreien Bildungskinder. In Frankreich lernen ca. 20.000 Kinder durch Schulfreie Bildung. Die Tendenz ist laut Fernschulen und Schulfreie-Vereinigungen stark steigend.
  • Großbritannien: Schulpflicht zwischen 5. und 16. Lebensjahr. In der Praxis besteht eine Bildungs- und Unterrichtspflicht: Die Eltern haben die Pflicht, für die Bildung ihrer Kinder zu sorgen. Ein Schulbesuch ist keine Pflicht. Die Eltern jedes schulpflichtigen Kindes haben dafür zu sorgen, dass es eine effektive Schulbildung erhält, die: a) seinem Alter, seinen Fähigkeiten und seiner Neigung, und b) jeglichen ihm eigenen besonderen Bedürfnissen entspricht, entweder durch den regelgerechten Besuch einer Schule oder in anderer Weise. Es besteht keine Pflicht, die Behörden zu informieren, wenn ein Kind sich für eine Schulfreie Bildung entscheidet. Das Bildungsniveau wird nicht kontrolliert. Stattdessen verschafft sich das Welfare Office (quasi das Schulamt) durch Hausbesuche einen Gesamt- überblick. Andererseits kann aber beispielsweise in England die Forcierung des Schulbesuchs auf Wunsch der Eltern sehr hart durchgesetzt werden. Dazu berufen sich die Schulen auf die mit den Eltern vertraglich geregelten Möglichkeiten: Haben die Eltern den Schulvertrag für ihre Kinder einmal unterschrieben, werden von manchen Schulen, ganz im Sinne der Eltern, auch Zwangsmittel oder z. B. elektronische Fußschellen in Erwägung gezogen, um die Schulschwänzer zum vorgesehenen Unterricht in die Schule zu bringen.
  • Irland: Schulpflicht vom 6. bis 16. Lebensjahr, sie meint jedoch eine Unterrichtspflicht. Das Recht auf Schulfreie Bildung ist in der irischen Verfassung seit 1937 geregelt. Dort heißt es in Artikel 42: (1) Der Staat erkennt an, dass die Bildung eines Kindes in erster Linie und natürlicherweise der Familie obliegt; er verbürgt sich, das unveräußerliche Recht und die unveräußerliche Pflicht der Eltern zu achten, je nach ihren Mitteln für die religiöse, moralische, geistige, körperliche und soziale Bildung und Erziehung ihrer Kinder Sorge zu tragen. (2) Es steht den Eltern frei, für diese Bildung in ihrer Privatwohnung, in Privatschulen oder in staatlich anerkannten Schulen zu sorgen. Umgesetzt wird dieser Grundrechtsartikel durch eine entsprechende Gesetzgebung, dem Education (Welfare) Act, dessen letzte Fassung im Sommer 2000 in Kraft trat. Neu geregelt wurde dadurch die Einrichtung eines National Education Welfare Board, demgegenüber Eltern auskunftspflichtig sind, wenn sie ihre Kinder nicht in staatlich anerkannte Schulen schicken. Es wird dann offiziell geprüft, ob der verfassungsmäßig gesicherte Anspruch der Kinder auf eine Mindestbildung gewährleistet ist. Danach wird das Kind als entsprechend registriert.
  • Italien: Die ‚Schulpflicht’ ist eine Bildungspflicht. Diese müssen Kinder im Alter von sechs bis vierzehn Jahren erfüllen. Schulfreie Bildung ist vom Staat genehmigt. Dem italienischen Grundgesetz Artikel 111 kann entnommen werden: (1) Die Schulpflicht ist erfüllt, indem eine staatliche Grund- und Mittelschule bzw. eine staatlich nicht anerkannte nicht-staatliche Schule besucht wird oder auf privatem Weg, sofern die Regeln des vorliegenden Einheitstextes eingehalten werden. (2) Eltern eines schulpflichtigen Kindes bzw. dessen gesetzliche Vertreter, die für die Bildung der Schulpflichtigen durch Privatunterricht bzw. persönlich sorgen möchten, haben gegenüber der zuständigen Behörde jährlich nachzuweisen, dafür fachlich befähigt zu sein bzw. über entsprechende finanzielle Möglichkeiten zu verfügen.
  • Luxemburg: Die Schulpflicht beginnt im Alter von vier Jahren in einer so genannten Spielschule und dauert bis zum 15. Lebensjahr. Die Schulpflicht ist eine Bildungspflicht. Im Schulgesetz von 1912 ist eine Schulfreie Bildung genehmigt. Im Artikel 23 der luxemburgischen Verfassung heißt es seit 1948: Der Staat trägt Sorge dafür, dass jeder Luxemburger den Primär-Unterricht erhalte, der obligatorisch und unentgeltlich ist. Für eine Schulfreie Bildung beantragen die Eltern eine Genehmigung beim Unterrichtsministerium und unterliegen der Schulaufsicht. Diese schreibt die Bücher wie im öffentlichen System vor und kann gegebenenfalls Tests durchführen.
  • Malta: Die Bildungspflicht beträgt elf Jahre, vom 5. bis 16. Lebensjahr. Auf den Inseln Maltas, bis 1964 unter britischem Mandat und noch heute Mitglied des Common Wealth of Nations, gelten bis heute die englischen Einstellungen zu freier Bildung. Laut Education Act von 1949 ist Bildung für Kinder und Jugendliche durch den Besuch einer Schule oder ‚other-wise’ (‚auf andere Weise‘, siehe Gesetzes- text für England) vorgesehen.
  • Niederlande: Die Schulpflicht beginnt mit dem 5. Lebensjahr und endet mit dem 16. Lebensjahr. Diese wird im Schulpflichtgesetz geregelt. Das regelt auch die Legalität der Schulfreien Bildung, (Artikel 5, Absatz b), denn Ausnahmen von der Schulpflicht können auf Antrag von der Gemeinde erteilt werden. Ist diese erteilt, haben die Behörden keine gesetzliche Grundlage mehr, die Bildung des Kindes zu überwachen. Das Gesetz ist Anfang 2006 zu Gunsten der Schulfreien Bildung verbessert worden, die rein aus pädagogische Gründe statt Glaubens- und Gewissensgründe sich dafür entscheiden wollen. Rein rechtlich herrscht in den Niederlanden Schulzwang: Kinder können von der Polizei in die Schule gebracht werden. Jedoch sind keine derartigen Fälle bekannt, obwohl es Schulfreie Bildung in den Niederlanden gibt. Die Niederlande haben eine große und ausgewogene Landschaft freier Alternativschulen.
  • Norwegen: Schulpflicht ab dem 6. Lebensjahr für zehn Jahre. Die Schulpflicht meint die Unterrichtspflicht. Schulfreie Bildung als Alternativ-Unterrichtung ist ganz eindeutig und explizit schon im Grundgesetz geregelt (Schulgesetz § 2). In Norwegen, einem Nichtmitglied der EU, ist es einfach geworden Schulfreie Bildung zu betreiben: Die Familie teilt ihren Entschluss in Form eines Briefes der Kommune mit. Dieser Entschluss muss nicht begründet werden. Die Kommune muss für Lehrmaterial sorgen und zweimal im Jahr einen Aufsichtsbesuch durchführen. Kinder die einen Schulfreie Bildungsweg gehen, können komplikationslos an weiterführende Schulen wechseln. Dem Lehrplan sollte gefolgt werden, aber nicht in jedem Detail. Heute betrachtet die ehemalige norwegische Bildungsministerin Kristin Clemet den Elternwillen als zentral: „Schulfreie Bildung ist ein Menschenrecht.“
  • Österreich: Die Unterrichtspflicht beginnt mit dem 6. Lebensjahr und dauert neun Jahre. Diese kann durch Schulfreie Bildung erfüllt werden. Im Schulpflichtgesetz § 11 (2) heißt es dazu: Die allgemeine Schulpflicht kann ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule, ausgenommen die polytechnische Schule, mindestens gleichwertig ist. Werden Kinder durch Schulfreie Bildungswege unterrichtet, so werden diese an jedem Schuljahresende einer ‚Feststellungsprüfung’ unterzogen, in der festgestellt werden soll, ob das Lernziel des entsprechenden Schuljahres erreicht wurde. Bei negativem Prüfungsergebnis wird dem Kind für das nächste Jahr der Besuch einer öffentlichen oder privaten Schule zur Pflicht gemacht.
  • Polen: Seit der Bildungsreform 1999 besteht eine Schulpflicht vom 6. bis 18. Lebensjahr. Nach der Verfassung (Artikel 70 Absatz 1) und garantiert Eltern, die Schule für ihre Kinder frei zu wählen (Artikel 70 Absatz 3). Alles Weitere sowie die Praxis der Schulfreien Bildung regelt das Gesetz über das Bildungssystem und wird von den lokalen Schulen überwacht, deren Anweisungen Eltern Folge zu leisten haben. Die jetzige Regierung ist sehr an schulfreien Bildungskonzepten interessiert.
  • Portugal: Die Schulpflicht ist in der Praxis eine Bildungspflicht und besteht in Portugal vom 7. bis 16. Lebensjahr. In der portugiesischen Verfassung von 1982 besagt der Artikel 43: Die Lern- und Lehrfreiheit ist gewährleistet. Damit ist die freie Wahl der Art der Erlangung von Bildung gesetzlich geregelt. Die Familien, die Schulfreie Bildung praktizieren, können behördlich überprüft werden und müssen bei der örtlichen Schule registriert werden.
  • Rumänien: Die Schulpflicht gilt vom 7. bis 15. Lebensjahre. Es gibt noch keine gesetzliche Grundlage für schulfreies Lernen. Diese Konzepte werden dort aber unter bestimmten Auflagen geduldet und erfolgreich praktiziert.
  • Russland: Die Schulpflicht beginnt mit sechs bis sieben Jahren. Das genaue Schulanfangsalter ist von den klimatischen Bedingungen, zu lernen abhängig. Die neunjährige Schulpflicht ist eine Bildungspflicht: Laut Verfassung können die Eltern die Institution und die Art der Schulbildung wählen, also auch Schulfreie Bildung. In Artikel 67e der russischen Verfassung heißt es dazu: Die grundlegende allgemeine Bildung ist obligatorisch. Die Eltern oder die ihre Stelle einnehmenden Personen müssen sicherstellen, dass die Kinder in den Genuss der grundlegenden allgemeinen Bildung gelangen. Dies gilt auch auf allen Ebenen der weiterführenden Schulen. Individuelle Bildung ohne Schulbesuch wird teilweise sogar finanziell ausgeglichen, denn ab vier Schülern wird eine Klasse vom Staat finanziert. Es wird überwacht, dass die staatlichen Richtlinien eingehalten werden.
  • Schweden: Schulpflicht vom 7. bis 16. Lebensjahr. Bis 2011 meint dies in der Praxis eine Unterrichtspflicht. Das schwedische Schulgesetz (Kapitel 10 § 4) sagt dazu, dass einem schulpflichtigen Kind die Option gegeben werden soll, seine Schulpflicht in einer alternativen Art zu erfüllen, wie in diesem Gesetz beschrieben, wenn die Alternative qualitativ gleichwertig mit der dem Kind in diesem Gesetz sonst angebotenen Bildung ist. Die Genehmigung soll auf ein Jahr gegeben werden. Während dieses Jahres wird die Qualität der Bildung überprüft. Wenn das Kind bei dieser Überprüfung ‚versagt‘, kann die Genehmigung sofort entzogen werden. Die Verantwortung dafür liegt im Bereich der kommunalen Behörden. Schweden hat kürzlich wieder den Schulzwang eingeführt.
  • Schweiz: Das Bildungswesen wird in jedem Kanton individuell geregelt. Dadurch hat die Schweiz 26 unterschiedliche Schulsysteme. Die Schulpflicht beginnt im Alter von sechs bis sieben Jahren – je nach Kanton – und dauert in allen Kantonen neun Jahre. In den meisten Kantonen ist Schulfreie Bildung erlaubt. Beispielhaft führt der Kanton Glarus an: Kinder, die ihrer Schulpflicht in Privatschulen oder durch eine Schulfreie Bildung nachkommen, sind vom Besuch der öffentlichen Schule befreit. (Artikel 14). Durch Hausbesuche in der Familie wird er Bildungsstand des Kindes kontrolliert. In einigen wenigen Kantonen herrscht allerdings noch echte Schulpflicht, die unter Androhung von Geldbußen, Polizei und staatlicher Bevormundung des Kindes eingehalten werden muss. In der Praxis sind derartige Berichte nicht bekannt. Schulfreie Bildung wird geduldet.
  • Slowakei: Schulpflicht besteht vom 6. bis 16. Lebensjahr und wird als Bildungspflicht praktiziert. Schulfreie Bildung ist seit 2008 durch ein neues Gesetz erlaubt und geregelt. Damit hat die Slowakei als vorletztes Land der EU den Schulbesuchszwang abgeschafft. Im Bereich der Grundschule entscheidet der Direktor der zuständigen Grundschule über den Antrag auf Schulfreie Bildung. Dieses darf nach Bewilligung unter Beachtung gesetzlicher Regelungen stattfinden.
  • Spanien: Schulpflicht vom 6. bis 16. Lebensjahr. Die Gesetzeslage ist allerdings nicht eindeutig. Einerseits gilt die so genannte Unterrichtsfreiheit. Dazu heißt es in der Verfassung Artikel 27: (1) Alle haben das Recht auf Erziehung. Die Freiheit des Unterrichts wird anerkannt. Andererseits ist in Spanien der Grundschulunterricht laut selbigem Artikel 27 unter Absatz 4 obligatorisch: (4) Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und kostenlos. Dadurch ist es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Eltern gekommen, die ihre Kinder Schulfreie Bildung zu kommen lassen wollten. Diese Fälle wurden zu Gunsten der Eltern entschieden, wenn es dem Kindes- wohl entsprach.
  • Tschechin: Unterrichts- und Schulbesuch ab dem 6. Lebensjahr für die Dauer von neun Schuljahren obligatorisch. Unter dieser Art Schulpflicht darf die Schulleitung individuelle Unterweisung nur dann genehmigen, wenn die unterrichtende Person den Schulabschluss einer weiterführenden Schule hat (Artikel 41 des tschechischen Schulgesetzes). In der Praxis werden Kinder die sich schulfreie Bilden zweimal jährlich an einer von drei vorher festgelegten Patenschulen geprüft.
  • Ungarn: Schulpflicht vom 6. bis 16. Lebensjahr. Laut ungarischem Schulgesetz § 7 (1) haben Eltern die Wahl, die Schulpflicht durch Schulbesuch oder Privatunterricht zu gewährleisten, Bildungspflichtvariante. Jeder Schüler hat das Recht, die Aufhebung der Schulbesuchspflicht zu beantragen, und zwar beim Direktor der örtlichen Schule. Wenn dieser der Meinung ist, dass Schulfreie Bildung nachteilig für den Schüler sei, oder den Verdacht hat, dass kein Bildung stattfinden wird, muss er das örtlich zuständige Notariat der kommunalen Selbstverwaltung benachrichtigen. Dieses entscheidet dann, wie der Schüler der Schulpflicht nachkommen muss (§ 7 (2)). Kinder mit Schulfreier Bildung müssen dem staatlichen Lehrplan folgen und werden zweimal jährlich überprüft

Wie viele Kinder bilden sich ausserschulisch?

  • In den meisten Ländern mit Bildungsfreiheit machen nur ca. 1% der schulpflichtigen Bevölkerung von dieser Möglichkeit gebrauch. 160.000 Kinder (bis zu 2 % der Schüler) in Großbritannien gingen nach Schätzungen in 2004 nicht zur Schule. In den USA waren es bis zu 2,2 Mio. (knapp 4 %) mit immer stärker steigenden Zahlen. In Kanada sind es 34 % Prozent aller Schüler. In Italien und Japan ist Home Education erlaubt, jedoch kaum bekannt. Eine stark ansteigende Tendenz ( teilweise 10-15%) zur schulfreien Bildung ist jedoch in allen Teilen der Welt zu verzeichnen.
  • Viele Länder mit Bildungsfreiheit schneiden in den PISA-Studien besser ab als Deutschland.
  • Viele Bürger von Ländern mit Bildungsfreiheit sind darüber oft wenig oder nicht informiert. Da die Behörden mit diesbezüglichen Informationen zurückhaltend und oft selbst sehr schlecht informiert sind. Nur wer sich für diese Form der Bildung interessiert und sich kundig macht, erfährt, welche Möglichkeiten es gibt.

Wie wird der Bildungsstand in Ländern abgefragt, in denen Kinder nicht zur Schule müssen?

Die Länder üben unterschiedliche Modelle zur Überprüfung und Feststellung der Bildungsstandards von Kindern die sich über Unschooling und Home Education bilden aus.

  • (vgl. Wikipedia)
  • Großbritannien: Ist das Kind in keiner staatlichen Schule angemeldet, gibt es auch keine Prüfungen. Ist es in staatlicher Schule angemeldet, unterliegt es Prüfungen und Bestrafungen, falls es nicht zur Schule geht. Meldet man es wieder ab, fällt Prüfung und Bestrafung weg; die Verantwortung liegt wieder bei den Eltern. In Extremfällen von Verwahrlosung kann der Staat selbstverständlich eingreifen. Auch, wenn etwa deutlich wird, dass sich die Eltern überhaupt keine Gedanken dazu machen, wie Bildung bei ihren Kindern stattfindet.
  • Frankreich: Ist ein Kind vom öffentlichen Schulsystem abgemeldet, kommt alle zwei Jahre ein staatliche Inspekteur ins Haus des Kindes. Es ist Pflicht des Inspekteurs sich bei den Prüfungen danach zu richten mit welchem Lernstoff sich das Kind in den zwei Jahren befasst hat. Er darf nicht einfach staatliche Lehrpläne zugrunde legen.
  • Belgien: Nur zwei Prüfungen über die gesamte Schulzeit. Im 12. - oder 13.Lebensjahr einer Prüfung die dem der Stoff der 6-jährigen Primarschule abfragt wird. Die Prüfungen sind so zu gestalten, dass auch von Schüler von Demokratischen Schulen oder Freilernen diese absolvieren können. Bei Nichtbestehen wird Unterstützung angeboten. Bei wiederholten nicht bestehen, gibt es eine Verpflichtung zum Schulbesuch. Schulämter haben das Recht auf bis zu vier Hausbesuchen pro Jahr. In denen jedoch weder Leistungs- noch Unterrichtsproben gefordert werden dürfen.
  • Österreich / Polen: Einmal im Jahr eine Prüfung. Grundlage ist der staatliche Lehrplan. Es gibt spezielle Schulen die diese Prüfungen durchführen. Das Kind kann sich die Schule aussuchen. Fällt es durch, ist im Jahr drauf Nachprüfung. Fällt es wieder durch, wird es zum Besuch einer staatliche Schule verpflichtet. Das Lernen im häuslichen Unterricht ist im österreichischen Schulpflichtgesetz § 11 geregelt.

Was passiert, wenn Eltern dem Bildungsauftrag (des Staates / des Kindes) nicht gerecht werden?

  • Kriminalisierung von Eltern: Gegenwärtig ist es Eltern, auf Grund der in Deutschland herrschenden Schulpflicht, verboten das ihr Kinde von Vorschulalter bis zur Volljährigkeit seine Bildung selbst bestimmen kann. Eltern, die gegen die Schulpflicht verstoßen, werden mit Zwangsmaßnahmen wie Strafgeldern oder polizeilicher Zwangszuführungen der Kinder, bis hin zum Entzug des Sorgerechtes verfolgt. „Dies widerspricht Artikel 26.3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 in dem festgehalten ist: „Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteilwerden soll.“

Wie bekommen Kinder aus bildungsfernen Familien und Strukturen Zugang zur Bildung?

  • Die überwiegende Zahl der Eltern kümmert sich verantwortungsvoll um die Bildung ihrer Kinder. Bei den allermeisten muss wahrscheinlich niemand befürchten, dass sie durch Vernachlässigung irgend einen Nachteil erleiden. Sorgen bereiten lediglich eine kleine Minderheit überforderter Eltern. Eine generelle Misstrauenserklärung gegen alle Väter und Mütter ist abzulehnen.

Wie kam es in Deutschland zum Schulzwang?

  • In der Weimarer Republik gab es Bildungsauftrag und Hausunterricht. Mit der NS Zeit wurde 1938 der Hausunterricht verboten und der Schulanwesenheitszwang als gezieltes Mittel zur Indoktrination von der nationalsozialistischen Reichsregierung eingeführt. Mit dem Ziel, jedes Kind mit dem vom Staat für richtig befunden Überzeugungen und Wissen zu infizieren. Sie Obrigkeitsgläubig und Abhängig zu machen. Schule wurde zu Staat im Staat. Mit Autoritären Strukturen um Menschen fügsam zu machen und Ihren freien Willen und eigenes Denken zu brechen.
  • Nach dem Krieg wurde dieses Schulsystem und der Schulanwesenheitszwang durch den Bundestag bestätigt und bis zum heutigen Tag beibehalten.

Sozialisierung: Ein junger Mensch braucht Kontakt zu Gleichaltrigen.

  • Ein junger Mensch braucht Kontakte zu Menschen allen Alters – wie es im realen Leben der Fall ist. Die künstliche, erzwungene Gleichaltrigengruppierung hat verschiedenen negative Auswirkungen (Konformismus/Anpassungsdruck, Hierarchienbildung, Mobbing) und schafft Probleme, die es ohne diese nicht geben würde (z.B. neg. Auswirkungen der Normierung am Alter auf Selbstwertgefühl und Fähigkeitsselbstkonzept oder Altersbarrieren: Vorurteile, Intoleranz und Entfremdung gegenüber anderen Altersgruppen)