BE:Parteitag/2010.2/Beschlüsse/Grundsatzprogramm Bausteine
Beschlüsse zum Grundsatzprogramm der Piratenpartei Deutschland BerlinDie Berliner Landesmitgliederversammlung 2010.2 hat eine Reihe von Anträgen für ein Berliner Grundsatzprogramm beschlossen. Diese Beschlüsse dokumentieren wir auf dieser Seite in der von der LMV beschlossenen Reihenfolge. Beschlussseiten: Grundsatzprogramm Bausteine, Wahlprogramm Bausteine, Positionspapiere, Sonstige Beschlüsse |
Reihenfolge der Punkte im GrundsatzprogrammDie Landesmitgliederversammlung übernimmt die, für das Grundsatzprogramm beschlossenen Punkte,in folgender Reihenfolge in ihr Landesprogramm. Die auf der Landesmitgliederversammlung 2009 beschlossenen Punkte des Berliner Programms werden durch die folgenden Punkte ersetzt. Die Berliner Piraten werden aufgerufen an einer redaktionellen Überarbeitung des beschlossenen Programmes zu arbeiten und diese der nächsten Landesmitgliederversammlung vorzulegen.
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Mehr Demokratie wagen»Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.« Die Legitimation allen staatlichen Handelns ergibt sich aus den Wahlen und Abstimmungen der Bürger. Das gilt direkt für die Legislative, es gilt indirekt für die Exekutive. Die Möglichkeiten für den Bürger, auf die Gestaltung der Politik Einfluss zu nehmen, sind in Berlin allerdings viel zu gering. Notwendig ist daher »mehr Demokratie zu wagen.« Mehr Demokratie beim Wählen setzt mehr Einfluss auf die personale Zusammensetzung der Vertretungskörperschaften voraus. Sie setzt außerdem voraus, dass die Wahlentscheidung nicht von vornherein taktischen Erwägungen unterworfen wird. Erhält der Wähler die Möglichkeit, mehrere Stimmen auf einen Kandidaten vergeben zu können (Kumulieren) oder Kandidaten verschiedener Parteien gleichzeitig wählen zu können (Panaschieren), dann steigert sich so der direkte Einfluss auf die Zusammensetzung der Vertretungskörperschaften. Stimmhürden dürfen nicht davon abhalten, die Stimme für neue oder kleine Parteien abzugeben, zusätzlich zur Hürde ist daher ein Verfahren zu schaffen, auch die Stimmen von Wählern in die Vergabe der Parlamentsmandate einzubeziehen, deren vorrangige Parteiauswahl an der Stimmhürde scheitert (Ersatzstimmen). Demokratie bezieht alle ein: Allen Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Berlin haben, ist die Gelegenheit für demokratische Mitbestimmung in der städtischen Politik zu eröffnen. Dafür ist ein zeitgerechtes Staatsangehörigkeitsrecht erforderlich, das auch ein uneingeschränktes Recht zum Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt im Staatsgebiet vorsieht. Darüber hinaus setzen wir uns für ein bezirkliches Wahlrecht ein, das die EU-Staatsangehörigkeit nicht voraussetzt. Mehr Demokratie durch Dezentralisierung: Berlin ist groß genug, um unterschiedliche Lösungen für politische Probleme in den einzelnen Bezirken zu ertragen. Deshalb setzen sich die Piraten dafür ein, den Bezirken echte und eigene Entscheidungskompetenzen zu sichern. Die Möglichkeiten der Senatsverwaltungen, in die Bezirke hineinzuregieren, wollen wir verringern. Mehr Demokratie durch direkte Demokratie: Auch für direktdemokratische Initiativen ist ein größeres Maß an Verbindlichkeit gesetzlich zu verankern. Die bereits bewährten Möglichkeiten eines elektronischen Petitionswesens sollen auch für Berlin eingeführt werden. Neue Formen der Bürgerbeteiligung mit Hilfe von elektronischen Interaktionsformen sind zu entwickeln und zu erproben. Neue Modelle der partizipativen Demokratie, wie z.B. der Bürgerhaushalt nach dem Vorbild von Porto Alegre, sind zu entwickeln und umzusetzen. |
Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche TeilhabeJeder Mensch hat das Recht auf eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe. Die Würde des Menschen zu achten und zu schützen ist das wichtigste Gebot des Grundgesetzes. Ein Mensch kann nur in Würde leben, wenn für seine Grundbedürfnisse gesorgt und ihm gesellschaftliche Teilhabe möglich ist. In unserer Geldwirtschaft ist dazu ein Einkommen notwendig. Wenn ein Einkommen nur durch Arbeit erzielt werden kann, muss zur Sicherung der Würde aller Menschen Vollbeschäftigung herrschen. Unter dieser Voraussetzung ist Vollbeschäftigung bislang ein großes Ziel der Wirtschaftspolitik. Sie wird auf zwei Wegen zu erreichen versucht: durch wirtschaftsfördernde Maßnahmen mit dem Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen oder durch staatlich finanzierte Arbeitsplätze mit dem vorrangigem Ziel der Existenzsicherung. Beide sind Umwege und verlangen umfangreiche öffentliche Mittel. Wenn jedoch öffentliche Mittel eingesetzt werden, muss dies möglichst zielführend geschehen. Da das Ziel ein Einkommen zur Existenzsicherung für jeden ist, sollte dieses Einkommen jedem direkt garantiert werden. Nur dadurch ist die Würde jedes Menschen ausnahmslos gesichert. So wie heute bereits u.a. öffentliche Sicherheit, Verkehrswege und weite Teile des Bildungssystems ohne direkte Gegenleistung zur Verfügung gestellt werden, soll auch Existenzsicherung Teil der Infrastruktur werden. Wir Piraten sind der Überzeugung, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen eine sichere Existenz als Grundlage für die Entfaltung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Potenziale nutzen wird. Sichere Existenz schafft einen Freiraum für selbstbestimmte Bildung und Forschung sowie wirtschaftliche Innovation. Sie erleichtert und ermöglicht ehrenamtliches Engagement, beispielsweise die Pflege von Angehörigen, die Fürsorge für Kinder, unabhängigen Journalismus, politische Aktivität oder die Schaffung von Kunst und Freier Software. Davon profitiert die ganze Gesellschaft. Die Piratenpartei setzt sich daher für Lösungen ein, die eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe individuell und bedingungslos garantieren und dabei auch wirtschaftliche Freiheit erhalten und ermöglichen. Wir wollen Armut verhindern, nicht Reichtum. |
BildungFür die Berliner Piraten ist Bildung ein lebensbegleitender Entwicklungsprozess, in dem der Mensch seine Fähigkeiten ganzheitlich erweitert. Dies umfasst den Erwerb geistiger, kreativer, kultureller, sozialer und praktischer Kompetenzen. Bildungseinrichtungen sollen ein echter Lern- und Lebensraum sein, der neben Bildungs- und Freizeitangeboten auch Beratung und Hilfestellung bietet. Sie müssen es den Lernenden ermöglichen, sich an den Werten einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft orientiert zu bilden. Recht auf Bildung Jeder Mensch hat das Recht auf freien und selbstbestimmten Zugang zu Wissen und Bildung. Demokratie lebt von der Teilhabe der Menschen. Nur mit freiem Zugang zu Bildung und Wissen können alle Menschen in vollem Umfang am öffentlichen Leben und Diskurs sowie am demokratischen Prozess teilhaben. Bildung und Wissenschaft sind die zentralen Antriebskräfte des sozialen, politischen und wirtschaftlichen Fortschritts, auf dem unser materieller und geistiger Wohlstand beruht. Sie versetzen uns in die Lage, Herausforderungen zu meistern, Problemlösungen zu finden und, wenn nötig, den Kurs zu ändern. Bildung in der Informationsgesellschaft Der Aufbruch in die global vernetzte Informationsgesellschaft ist gekennzeichnet durch eine selbstbeschleunigende Vermehrung der zugänglichen Informationen. In ihr entwickeln sich neue Formen der Informationsverarbeitung, der Kommunikation und der Kollaboration. Inhaltliche Standards verlieren an Bedeutung gegenüber der Fähigkeit des Lernenden, Informationen zu finden, auszuwählen und zu bewerten. Menschen bilden sich inzwischen dezentral und asynchron. Ein zukunftsfähiges Bildungssystem muss sich diesen neuen Herausforderungen stellen und die damit einhergehenden Chancen erkennen und nutzen. Vielfalt und Wahlfreiheit Jeder Mensch ist ein Individuum mit persönlichen Neigungen, Stärken und Schwächen. Bildung soll den Einzelnen unterstützen, seine Begabungen zu entfalten, Schwächen abzubauen und eigene Interessen und Fähigkeiten zu entdecken. Sie soll befähigen, sich Werte eigenständig anzueignen und kritisch zu hinterfragen. Wir begrüßen den Pluralismus der Begabungen und Fähigkeiten. Heterogenität ist ein Reichtum, den wir würdigen und unterstützen. Ein Bildungssystem kann der Vielfalt an individuellen Fähigkeiten und Lebensplänen nur dann gerecht werden, wenn es selbst eine Vielfalt an Bildungsangeboten und Bildungsformen bereit hält. Es muss insbesondere vielfältig genug sein, um den Lernenden zu ermöglichen, ihren eigenen, individuellen Bildungsinteressen selbstbestimmt zu folgen. Um eine freie und informierte Gestaltung des eigenen Bildungswegs zu unterstützen, müssen Lernenden ausreichend Betreuungs- und Beratungsangebote zur Verfügung stehen, die von Beginn an aktiv auf die Lernenden und ihre Familien zugehen und zur Nutzung des Bildungsangebots in seiner ganzen Bandbreite motivieren. Ein Bildungssystem kann nur dann gerecht sein, wenn Wahlfreiheit herrscht: Jeder Mensch muss unabhängig von sozialer und kultureller Herkunft, finanzieller Lage und sonderpädagogischem Förderbedarf die von ihm bevorzugte Bildungsform frei wählen können. Pauschale Ausschlusskriterien sind grundsätzlich abzulehnen. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Lernende nicht aufgrund ihrer finanziellen Situation gehindert sind, ihren gewünschten Bildungsweg zu verfolgen. Ein Bildungssystem muss so finanziert werden, dass es dabei nicht zu Wartezeiten kommt. In einer freiheitlichen Gesellschaft braucht Bildung nicht allein Staatsaufgabe zu sein: Alternative Bildungseinrichtungen fördern nicht nur die Vielfalt, sondern lassen Menschen selbst Verantwortung für Bildung übernehmen. Der Erwerb von Abschlüssen muss unabhängig davon möglich sein, wie und wo gelernt wurde. Wir erkennen an, dass Bildung auch außerhalb von Institutionen erworben werden kann. Neben herkömmlich erworbenen Abschlüssen muss es alternative Möglichkeiten geben, Zugang zu jeder Art von weiterführender Bildung zu erlangen. Demokratisierung von Bildungseinrichtungen Eine freiheitlich-demokratische, also eine auf den Prinzipien von Selbstbestimmung und Mitbestimmung aufbauende Gesellschaft, muss auch ihr Bildungssystem auf diese Grundlage stellen. Für die Lernenden sind Bildungseinrichtungen ein prägender und umfassender Bestandteil ihres Lebens. Deshalb müssen Bildungseinrichtungen mit originärem Bildungsauftrag demokratisch verfasst und transparent organisiert sein. Sie sind als Lebensraum der Lernenden und Lehrenden zu begreifen, dessen Mitgestaltung und Nutzung ihnen auch bezüglich der Lerninhalte offen stehen muss. Die Entwicklung einer mündigen, kritischen und selbstständigen Persönlichkeit ist ein wesentlicher Aspekt von Bildung, der durch die Demokratisierung von Bildungseinrichtungen unterstützt und gefördert wird; demokratische Werte werden dabei nicht nur vermittelt, sondern auch gelebt. Öffentliche Schulen als Vorbild: Gemeinschaft und Individualität vereinen Der Staat hat nicht bloß gesetzgeberische Funktion, sondern ist auch Träger öffentlicher Schulen. Als solcher hat er ein öffentliches Schulsystem zu gestalten, das mit gutem Beispiel voran geht und dafür Sorge zu tragen, dass die oben gestellten Anforderungen in vorbildlicher Weise umgesetzt werden. In jeder öffentlichen Schule sollen die Lernenden ihre Laufbahn flexibel und individuell planen und absolvieren können. Durch individuell unterstützende Strukturen und Angebote sollen Schulen den unterschiedlichen Interessen und Lerngeschwindigkeiten Rechnung tragen. Ein vorgeschrieben einheitliches Lerntempo lehnen wir ab, da es den individuellen Bedürfnissen der Lernenden nicht gerecht wird. Durch individuelles Lernen verbunden mit intensiver bedarfsorientierter Unterstützung der Lernenden sollen Schulen gerechter werden. Die soziale Herkunft darf nicht über den Bildungserfolg entscheiden. Wir begrüßen die Entwicklung hin zu Gemeinschaftsschulen, da diese Schulform unseren Ansprüchen am ehesten genügt. Im öffentlichen Schulwesen soll Raum sein für alternative Schulkonzepte wie zum Beispiel Demokratische Schulen, reformpädagogische Schulen, mehrsprachige und internationale Schulen. Schulen sollen den Lernenden zu Erfolgserlebnissen und nicht zur Erfahrung des Scheiterns verhelfen. Bewertungen von Lernenden müssen diese als Individuen würdigen und ihre Leistungen als Bestandteil und Ergebnis eines Entwicklungsprozesses unter verschiedenen Aspekten in den Blick nehmen. Sie sollen den Lernenden vorrangig als Rückmeldung über ihre Bildungsfortschritte dienen und nicht der interpersonellen Vergleichbarkeit. Wir setzen uns für eine ganztätige Öffnung der Schulen und für ein breitgefächertes schulisches Angebot von Aktivitäten ein, die gebührenfrei sind und allen Lernenden offenstehen. |
WissenschaftWissenschaft ist die Erweiterung des Wissens durch Forschung, dessen Weitergabe durch Lehre bzw. Veröffentlichung, der gesellschaftliche, historische und institutionelle Rahmen, in dem dies organisiert betrieben wird, sowie die Gesamtheit des so erworbenen Wissens. Bildung und Wissenschaft sind die zentralen Antriebskräfte des sozialen, politischen und wirtschaftlichen Fortschritts, auf dem unser materieller und geistiger Wohlstand beruht. Sie versetzen uns in die Lage, Herausforderungen zu meistern, Problemlösungen zu finden und, wenn nötig, den Kurs zu ändern. Die Freiheit von Wissenschaft, das heißt von Lehre und Forschung, ist ein Individualrecht. Freier Zugang zu Wissenschaft Die Vielfalt der Forschungseinrichtungen in Berlin und die Breite ihres wissenschaftlichen Spektrums bilden die Grundlage für freies und fruchtbares Forschen. Der Wert wissenschaftlicher Erkenntnisse hängt in erheblichem Maße von ihrer freien und öffentlichen Zugänglichkeit ab. Deshalb ist ein freier Zugang zu wissenschaftlicher Tätigkeit, wissenschaftlichen Diskursen und Forschungsergebnissen unabdingbar. Der Wert von Wissenschaft lässt sich nicht auf wirtschaftliche oder infrastrukturelle Aspekte reduzieren. Um ihre Vielfalt und Freiheit zu wahren, darf wissenschaftliche Tätigkeit keinen politischen, kulturellen oder wirtschaftlichen Zwängen unterliegen. Die Vernetzung von Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen muss gezielt gefördert werden. Forschungseinrichtungen sollen Kooperationen mit Bildungsinstitutionen anstreben und sich für Lernende aus allen anderen Bildungsbereichen öffnen. Freier Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen Die technische Entwicklung hat die praktischen und wirtschaftlichen Bedingungen für die Verbreitung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und kulturellem Erbe grundlegend verändert. Insbesondere das Internet ermöglicht erstmals eine umfassende und interaktive Repräsentation des menschlichen Wissens, einschließlich des kulturellen Erbes, bei gleichzeitiger Gewährleistung eines weltweiten Zugangs. Wir fühlen uns verpflichtet, die Chancen neuer technischer Möglichkeiten, insbesondere des Internets als dem zunehmend an Bedeutung gewinnenden Medium der Wissensverbreitung, aufzugreifen. Die genannten Entwicklungen werden das Wesen wissenschaftlichen Publizierens erheblich verändern und einen Wandel der bestehenden Systeme wissenschaftlicher Qualitätssicherung einleiten. Die Zugänglichmachung des wissenschaftlichen und kulturellen Erbes der Menschheit nach dem Prinzip des Open Access ist unerlässlicher Bestandteil gegenwärtigen und zukünftigen Wissenschaftsbetriebs. Wir sehen es als Aufgabe des Staates an, für dieses Prinzip zu werben, sämliche Umsetzungshürden zu beseitigen und die nötige Infrastruktur zu fördern oder gegebenenfalls bereitzustellen. Die hierfür aufzuwendenden Mittel dürfen nicht zu Lasten sonstiger Wissenschafts- und Forschungsförderung gehen. Maßnahmen zur Förderung von Open Access sind mit der Unabhängigkeit der Universitäten und der Forschungsfreiheit vereinbar. Medizintechnik, Impfstoffe, essentielle Medikamente und existenzsichernde Technologien müssen auch für bedürftige Menschen in Ländern geringer Wirtschaftsleistung verfügbar sein. Die Berliner Forschungseinrichtungen müssen alle Optionen prüfen, um dieses Ziel zu erreichen: von freien Lizenzen bis hin zu positiven Handlungspflichten der Industrie. |
Kunst- und KulturpolitikWie ein demokratisches Gemeinwesen verfasst ist, wird treffend durch die Worte Friedrich Schillers beschrieben: „Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit.“ Durch die Kulturförderung werden nicht nur die Kreativen geschützt, sondern auch unsere Haltung und Freiheitsrechte. Eine verantwortliche, transparente, anregende und nachhaltig gestaltende Kulturpolitik kräftigt eine zukunftsorientierte, vielfältige und humane Gesellschaft. Diese Politik muss die notwendigen Rahmenbedingungen für eine freie Entfaltung von Kunst und Kultur schaffen – sie darf diese nicht bewerten oder vereinnahmen. Die kulturelle Freizügigkeit, der subversive Charakter und die Vielfalt Berlins sollen durch geförderten Freiraum und einer Verhältnismäßigkeit bei der Wahrung der Rechte der Anwohner verteidigt werden. Behörden sollen ihre Ermessensspielräume nutzen, um zugunsten von Kunst- und Kulturinitiativen entscheiden. Das Kulturleben Berlins soll sich auch als Wirtschaftsfaktor und Vernetzungsplattform lebendig weiterentwickeln. Kulturentwicklungsplanung ist vielschichtig und muss die kulturelle Bildung, Betätigung und Mitwirkung des Bürgers sowie die Künste und die Kulturwirtschaft aufeinander abstimmen und die dafür notwendigen Ressourcen und Verfahren definieren. Die Piratenpartei ist bestrebt, die Förderstruktur von Kunst und Kultur möglichst stabil zu halten. Bei einzelnen Sparten sollte auch in Wirtschaftskrisen nicht so stark gekürzt werden, dass ihre jeweilige Existenz gefährdet ist, denn im Gegensatz zu materiellen Werten kann eine verlorene kulturelle Infrastruktur nur langsam wieder aufgebaut werden. Der Zugang zu Kultureinrichtungen muss für alle Gesellschaftsschichten offen gehalten werden, damit diese Institutionen gesellschaftlich verankert sind. Desweiteren müssen größtenteils öffentlich finanzierte Einrichtungen auch für die Bevölkerung zugänglich sein. |
Für eine transparente Politik und VerwaltungDemokratie steht und fällt mit der Möglichkeit der Bürger, sich frei zu informieren, politische Arbeit zu prüfen und sich auf dieser Grundlage aktiv am demokratischen Prozess zu beteiligen. Ebenso können stete Verbesserungen der administrativen Prozesse nur angeregt und eingefordert werden, wenn diese gegenüber dem Bürger transparent und verpflichtend verlaufen. Die Einsicht in die Arbeit von Politik und Verwaltung ist ein fundamentales Bürgerrecht, das auch zum Funktionieren dieser Institutionen durchgesetzt werden muss. Im Gegensatz dazu untergräbt der bisher praktizierte Geheimhaltungsgrundsatz die demokratische Kontrolle und Legitimation, erschwert notwendige Kritik und leistet Filz und Korruption Vorschub. Die Piraten schlagen daher einen grundsätzlichen Wechsel zum Prinzip der größtmöglichen Öffentlichkeit von Politik und Verwaltung vor. Dies schließt eine allgemeine Veröffentlichungspflicht von Aufgabenübertragungen und Verträgen mit privaten und öffentlichen Unternehmen, gerade in Bereichen der Daseinsvorsorge, ausdrücklich mit ein. Die Piraten meinen, dass eine Reformierung des Informationsfreiheitsgesetzes mit Prüfung der Bereichsausnahmen und Schaffung der Gebührenfreiheit nur ein Anfang sein kann. Vielmehr müssen Politik und Verwaltung zur unaufgeforderten, öffentlichen Information der Bürger in den sie betreffenden Belangen verpflichtet werden. Elektronische Technologien ermöglichen heute prinzipiell die strukturierte Veröffentlichung aller Daten, Dokumente und Prozesse, die in Regierung und Administration erarbeitet werden. Diese müssen durch einfach nutzbare Strukturen erschlossen werden, die jedem Bürger zeitnah und auf Wegen seiner Wahl den Zugriff auf benötigte Informationen ermöglichen. |
Für eine zeitgemäße und bürgernahe VerwaltungDigitale Kommunikations- und Informationstechniken (E-Government) ermöglichen eine koordinierte Abwicklung von Verwaltungsaufgaben, die sich an den Bedürfnissen der Bürger orientiert. Anträge müssen auf digitalem Wege gestellt werden können und der Status ihrer Bearbeitung muss online abrufbar sein. Dabei ist ein einheitliches Online-Portal dem Ressortprinzip vorzuziehen. Der Schutz personenbezogener Daten und die informationelle Selbstbestimmung müssen unbedingt sichergestellt werden. Außerdem muss freie Software eingesetzt werden, und deren Weiterentwicklungen müssen ebenfalls unter einer freien Lizenz zur Verfügung stehen. Alle angebotenen Dienste müssen barrierefrei und plattformunabhängig nutzbar sein. |
Für die Förderung der Open Culture in Politik und VerwaltungDie Piraten meinen, dass mit öffentlichen Mitteln produzierte und finanzierte Güter uneingeschränkt der Allgemeinheit zustehen. Wir sehen keinen einleuchtenden Grund dafür, dass das Open-Access-Prinzip auf den Bereich der Wissenschaftskommunikation beschränkt bleiben sollte. Daten, Dokumente und Prozesse, die durch Regierung und Administration erarbeitet werden, sollten nicht nur generell veröffentlicht werden, sondern gemeinfrei sein. Hierfür soll eine Infrastruktur bereitgestellt werden, die kostenlosen und barrierefreien Zugang zu den Daten sowie deren Nutzung ermöglicht. Für öffentliche Daten und Dokumente sind mehrere parallel vorliegende Datenformate, besonders aber freie und maschinenlesbare Formate, anzustreben. Ebenso müssen sonstige, in öffentlichen Zusammenhängen geschaffene digitale Güter wie Software, Datenbanken, und andere Werke der Allgemeinheit frei zur Verfügung gestellt werden. Bei der externen Beschaffung oder Beauftragung solcher Werke müssen generell freie Alternativen den Vorrang erhalten. Dies gilt insbesondere für den kostenintensiven Bereich der EDV. Der Einsatz von Freier und Open-Source-Software in den öffentlichen Infrastrukturen darf nicht nur die wohlwollende Ausnahme, sondern muss die Norm sein. |
Für die Trennung von Staat und ReligionFreiheit und Vielfalt der kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Einstellungen kennzeichnen die modernen Gesellschaften. Diese Freiheiten zu garantieren, ist Verpflichtung für das Staatswesen. Dabei verstehen wir unter Religionsfreiheit nicht nur die Freiheit zur Ausübung einer Religion, sondern auch die Freiheit von religiöser Bevormundung. Wir erkennen und achten die Bedeutung, die individuell gelebte Religiosität für den einzelnen Menschen erlangen kann. Die weltanschauliche Neutralität des Staates herzustellen, ist daher eine für die gedeihliche Entwicklung des Gemeinwesens notwendige Voraussetzung. Ein säkularer Staat erfordert die strikte Trennung von religiösen und staatlichen Belangen; finanzielle und strukturelle Privilegien einzelner Glaubensgemeinschaften, etwa im Rahmen finanzieller Alimentierung, bei der Übertragung von Aufgaben in staatlichen Institutionen und beim Betrieb von sozialen Einrichtungen, sind höchst fragwürdig und daher abzubauen. Im Sinne der Datensparsamkeit ist die Erfassung der Religionszugehörigkeit durch staatliche Stellen aufzuheben, ein staatlicher Einzug von Kirchenbeiträgen kann nicht gerechtfertigt werden. |
Geschlechter- und FamilienpolitikDie Piratenpartei steht für eine zeitgemäße Geschlechter- und Familienpolitik. Diese basiert auf dem Prinzip der freien Selbstbestimmung über Angelegenheiten des persönlichen Lebens. Die Piraten setzen sich dafür ein, dass Politik der Vielfalt der Lebensstile gerecht wird. Jeder Mensch muß sich frei für den selbstgewählten Lebensentwurf und für die individuell von ihm gewünschte Form gleichberechtigten Zusammenlebens entscheiden können. Das Zusammenleben von Menschen darf nicht auf der Vorteilnahme oder Ausbeutung Einzelner gründen. Freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität bzw. Orientierung Die Piratenpartei steht für eine Politik, die die freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität bzw. Orientierung respektiert und fördert. Fremdbestimmte Zuordnungen zu einem Geschlecht oder zu Geschlechterrollen lehnen wir ab. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Geschlechterrolle, der sexuellen Identität oder Orientierung ist Unrecht. Gesellschaftsstrukturen, die sich aus Geschlechterrollenbildern ergeben, werden dem Individuum nicht gerecht und sind zu überwinden. Die Piratenpartei lehnt die Erfassung des Merkmals "Geschlecht" durch staatliche Behörden ab. Übergangsweise kann die Erfassung seitens des Staates durch eine von den Individuen selbst vorgenommene Einordnung erfolgen. Freie Selbstbestimmung des Zusammenlebens Die Piraten bekennen sich zum Pluralismus des Zusammenlebens. Politik muss der Vielfalt der Lebensstile gerecht werden und eine wirklich freie Entscheidung für die individuell gewünschte Form des Zusammenlebens ermöglichen. Eine bloß historisch gewachsene strukturelle und finanzielle Bevorzugung ausgewählter Modelle lehnen wir ab. Freie Selbstbestimmung und Familienförderung Die Piratenpartei setzt sich für die gleichwertige Anerkennung von Lebensmodellen ein, in denen Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Unabhängig vom gewählten Lebensmodell genießen Lebensgemeinschaften, in denen Kinder aufwachsen oder schwache Menschen versorgt werden, einen besonderen Schutz. Unsere Familienpolitik ist dadurch bestimmt, dass solche Lebensgemeinschaften als gleichwertig und als vor dem Gesetz gleich angesehen werden müssen. |
Integration und MigrationDas Ziel von Integration ist das friedliche Zusammenwachsen zu einer Gemeinschaft, in der die demokratische, kulturelle und wirtschaftliche Teilhabe jedes Einzelnen nicht von Herkunft, Geschlecht, sexueller Identität, Lebensalter, religiöser Überzeugung, körperlichen und geistigen Fähigkeiten oder finanzieller Lage abhängt. Die Verantwortung für Gelingen oder Scheitern dieses Prozesses obliegt der Gesamtheit unserer Gesellschaft und damit jedem Einzelnen. Solidarität und Verständigung zwischen allen Menschen, unabhängig von ihrem rechtlichen Status und ihrer Herkunft, sind für uns ein hohes Gut. Rassismus jeder Art und andere Formen der Ausgrenzung lehnen wir ab. Berlin lebt von der Vielfalt seiner Einwohner und übt dabei auch eine bundesweite Vorbildfunktion aus. Die Grundrechte sind auf alle Menschen auszudehnen, die in Berlin ihren Lebensmittelpunkt haben. Bestehende Benachteiligungen, die diese Menschen unverhältnismäßig einschränken, müssen beseitigt werden. Demokratische Beteiligung Menschen sollen an Entscheidungen, von deren Folgen sie unmittelbar betroffen sind, und den vorbereitenden demokratischen Prozessen möglichst umfassend beteiligt werden. Deshalb haben alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Berlin haben, das Recht auf umfassende demokratische Mitbestimmung auf allen Ebenen der städtischen Politik. Das bezirkliche Wahlrecht sollte nicht den Besitz einer EU-Staatsangehörigkeit voraussetzen. Darüber hinaus ist die Möglichkeit des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit deutlich zu erleichtern. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt in Deutschland ist anzustreben. So wird das Wahlrecht auch auf Landes- und Bundesebene ermöglicht. Freizügigkeit Die im Grundgesetz verankerte Freizügigkeit soll für alle Menschen in unserer Gesellschaft gelten. Jeder hat das Recht zur freien Wahl des Wohn- und Aufenthaltsortes, daher sprechen wir uns gegen Maßnahmen aus, die Migration verhindern, die innerhalb der Grenzen unseres Bundeslandes stattfindet oder diese überschreitet. Freier Zugang zu Bildung und Wissen Der freie Zugang zu Informationen, Wissen und Bildung ist Grundlage für die Teilhabe jedes Einzelnen an unserer Gesellschaft. Dieser Zugang ist für alle Menschen, die in Berlin ihren Lebensmittelpunkt haben, gleichermaßen zu gewährleisten. Hierfür sind eventuelle Hindernisse wie Schülerdatenübermittlungen oder Ausbildungsverbote für Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge zu beseitigen. Das Beherrschen der deutschen Sprache ist eine Schlüsselqualifikation für Austausch, Verständigung und demokratische Beteiligung. Mehrsprachigkeit ist jedoch ein zusätzlicher Gewinn für die Gesellschaft. Daher sind im Bildungssystem der Spracherwerb in der jeweiligen Erstsprache und in weiteren Sprachen zu fördern. Außerdem sind umfangreiche Möglichkeiten für einen mehrsprachigen Unterricht zu schaffen. In öffentlich finanzierten Einrichtungen sollte der kostenfreie Zugang zu traditionellen und neuen Medien gewährleistet werden. Dies gilt auch für die so genannten Gemeinschaftsunterkünfte und Erstaufnahmeeinrichtungen. Zugang zum Arbeitsmarkt Die Beteiligung am sozialen und kulturellen Leben steht und fällt mit der Möglichkeit, sich im Arbeits- und Wirtschaftsleben zu etablieren. Daher setzen wir uns für einen gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt ein. Dies schließt die Gewährung einer uneingeschränkten Arbeitserlaubnis für Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge und die weiterreichende Anerkennung von Qualifikationsnachweisen aus dem Heimatland mit ein. |
SuchtpolitikVon alters her sind Rausch und Sucht Bestandteil jeder Kultur. Diese Tatsache erfordert es, sich vorurteilsfrei mit dem Konsum von Genussmitteln und dessen Folgen auseinanderzusetzen, um mit einer pragmatischen Suchtpolitik Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Die bisherige, repressive, fast einseitig auf Abstinenz abzielende Drogenpolitik ist offensichtlich gescheitert: Sie schuf einen Schwarzmarkt, der weder Jugend- noch Verbraucherschutz kennt und überdies die Rechte von Nichtkonsumenten ignoriert. Die Piraten folgen einer auf wissenschaftlichen Fakten beruhenden Suchtpolitik. Basis dieser Suchtpolitik sind:
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