Antrag:Bundesparteitag 2018.1/Antragsportal/PP002

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2018.1. Anträge werden 7 Tage nach Erstellen durch die Antragskommission zum Bearbeiten gesperrt und im Forum in der Kategorie Antragsdiskussion zur Diskussion gestellt. Im Forum sollen Argumente für und gegen den Antrag diskutiert werden.

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Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer PP002
Einreichungsdatum
Antragsteller

Michael Ebner

Antragstyp Positionspapier
Antragsgruppe BGE
Zusammenfassung des Antrags Hier wird konkretisiert, wie sich die Piraten ein Grundeinkommen vorstellen.
Schlagworte Grundeinkommen, BGE
Datum der letzten Änderung 10.06.2018
Status des Antrags

Pictogram voting keep-light-green.svg Geprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting keep-light-green.svg Angenommen

Antragstitel

Leitlinien für die Einführung eines Grundeinkommens in Deutschland

Antragstext

Der Bundesparteitag möge nachstehenden Text als Positionspapier "Leitlinien für die Einführung eines Grundeinkommens in Deutschland" beschließen:

Die Piratenpartei Deutschland möchte im Bundestag eine Enquete-Kommission einrichten, die mögliche Wege zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens prüft. Über die Einführung soll ein Volksentscheid stattfinden.

Mit den nachfolgenden Leitlinien möchten wir in Dialog mit der Bevölkerung treten, um für die Idee eines Grundeinkommens zu werben, aber auch unsere Vorstellungen mit denen der Mehrheit abzugleichen.

1. Die Piratenpartei Deutschland bekennt sich zum Ziel des bedigungslosen Grundeinkommens (BGE).

Der Begriff "bedingungslos" ist nicht dahingehend zu verstehen, dass es überhaupt keine Bedingungen geben soll (wie z.B. "soll nur an Menschen ausgezahlt werden"), sondern dass es den vier Kriterien des Netzwerks Grundeinkommen genügt (ohne Gegenleistung, existenzsichernd, individuell berechnet, ohne Bedürftigkeitsprüfung).

Da ein derart großer Umbau der Steuer- und Sozialsystems sich über einen längeren Zeitraum hinziehen wird, sehen wir das BGE als mittel- bis langfristiges Ziel.

Wir wollen jedoch bereits jetzt den Umbau des Steuer- und Sozialsystems in Richtung eines bedingungslosen Grundeinkommens beginnen. Dabei ist als Zwischenschritt die Einführung eines Grundeinkommens denkbar, das noch nicht vollständig den genannten vier Kriterien entspricht. Das nennen wir dann nur "Grundeinkommen" und nicht "bedingungsloses Grundeinkommen". Wir streben einen solchen Einstieg kurzfristig an.

2. Das bedingungslose Grundeinkommen ist für uns kein Selbstzweck, sondern wir wollen damit das Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe sicherstellen. Wir stellen uns gegen keine andere Idee (oder anders benannte Idee), welche die Umsetzung dieses Rechts zumindest gleich gut realisiert.

3. Das bestehende Steuer- und Sozialsystem ist eine maßgebliche Voraussetzung für wirtschaftlichen Wohlstand und sozialen Frieden. Alle Experimente mit ungewissem Ausgang lehnen wir daher entschieden ab. Jeder Schritt bei der Einführung eines Grundeinkommens ist seriös zu finanzieren. Lieber startet man mit vorsichtigen Annahmen und einem geringen Grundeinkommen - sollte die Entwicklung dann günstiger verlaufen als die Annahmen, ist die Erhöhung des Grundeinkommens schnell beschlossen. Die Einführung eines Grundeinkommens darf jedoch nicht zur Schlechterstellung von wirtschaftlich Schwachen führen.

Bei der Einführung eines Grundeinkommens ist auch stets die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu beachten.

4. Wir halten das derzeitige ALG II - System für nicht sinnvoll reformierbar und wollen es baldmöglichst durch ein Grundeinkommenssystem ersetzen. Von daher ist das Grundeinkommen zumindest zunächst primär über die Einkommenssteuer zu finanzieren. Über eine stärkere Finanzierung mittels Umsatzsteuer ("Mehrwertsteuer") kann nachgedacht werden, sobald innerhalb des europäischen Binnenmarktes die Bereitschaft zu einer deutlichen Erhöhung der Umsatzsteuer besteht.

5. Ein Grundeinkommen wird zusätzlich zu Erwerbseinkommen und Renten- oder Pensionsbezug gezahlt. Es wird jedoch nicht anders zu finanzieren sein, als dass diese Einkommen dann stärker besteuert werden. Eine Kombination aus Grundeinkommen und Rentenbezug wird das Problem der Altersarmut wirksam bekämpfen.

6. Die Grundeinkommenssätze für Kinder und Jugendliche können von denen für Erwachsene abweichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kinder nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften. Insgesamt wollen wir eine deutliche Besserstellung der Familien, unabhängig vom Familienmodell.

Die Idee eines Kindergrundeinkommens schließen wir als Schritt auf dem Weg hin zu einem Grundeinkommen für alle nicht aus.

7. Wir wollen vorerst die Arbeitslosen- und die Rentenversicherung als paritätisch finanzierte Sozialversicherung fortführen. Die Rentenversicherung ist wegen der erworbenen Ansprüche ohnehin nicht ablösbar, zumindest nicht kurz- und mittelfristig.

Mit der Arbeitslosenversicherung hat Deutschland ein bewährtes Instrument der Arbeitsmarktpolitik, das wir nicht leichtfertig aus der Hand geben wollen. Sicherlich erlaubt jedoch die Einführung eines Grundeinkommens die Weiterentwicklung der Arbeitslosenversicherung, da dann zunehmend nicht mehr alle ihre Leistungen erforderlich sind.

8. Die Krankenkassen sollen auf ein steuerfinanziertes Gesundheitswesen umgestellt werden, damit alle Einkommmen unabhängig von Einkommensart und Beitragsbemessungsgrenzen herangezogen werden. Dabei muss eine ausreichende Finanzierung des Gesundheitswesens sichergestellt werden. Es darf keine "Behandlung nach Kassenlage" erfolgen.

Mit der Umstellung auf Steuerfinanzierung streben wir auch an, Mittel, die momentan in die Verwaltung fließen, in die Behandlung der Patienten umschichten zu können.

9. In Kombination mit einem Grundeinkommen könnte die Einkommenssteuer mittels einer sogenannten Flat Tax (die wir ohne eine solche Kombination strikt ablehnen) erhoben werden. Durch diese Kombination entsteht faktisch eine progressive Belastung höherer Einkommen, ohne dass diese Progression in den Einzelkomponenten enthalten ist. Dies ermöglicht ein besonders einfaches Steuersystem mit geringem Verwaltungsaufwand und Datensparsamkeit. Auf ähnliche Ergebnisse würde man mittels einer sogenannten negativen Einkommenssteuer kommen. Wir bevorzugen jedoch die Kombination aus Grundeinkommen und Flat Tax als dem Modell mit dem deutlich geringeren Verwaltungsaufwand.

10. Wir streben ein Grundeinkommen auf europäischer Ebene und letztlich global an. Das schließt nicht aus, dass einzelne Staaten schon mal vorangehen. Auf deren Erfahrungen können dann auch die anderen Staaten zurückgreifen.

11. Die Piratenpartei Deutschland legt sich nicht auf ein bestimmtes Grundeinkommensmodell fest, wir wollen dem Ergebnis der geforderten Enquete-Kommission nicht vorgreifen.

Als Beispiel für ein Grundeinkommensmodell, das den hier skizzierten Kriterien genügt, sei das Modell "Sozialstaat 3.0" (derzeit Versionsstand 1.6b) genannt.

Antragsbegründung

In den Begründungen der Grundsatzprogrammanträge GP001 und GP002 wird moniert, "dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht einmal geklärt ist, welches der vielen BGE-Modelle die Piraten umzusetzen gedenken."

Als Alternative zu der Forderung, deswegen die Forderung nach einem Grundeinkommen aus dem Grundsatzprogramm zu streichen oder sie zu verwässern, soll hier eine Eingrenzung auf bestimmte Modelle anhand von Kriterien erfolgen.

Die Festlegung auf ein bestimmtes Modell soll hier nicht erfolgen: Die Piratenpartei fordert eine Enquete-Kommission, welche mindestens einen Vorschlag erarbeitet und dem Wähler zu Abstimmung vorlegen soll. Dem Ergebnis dieser Enquete-Kommission wollen wir nicht vorgreifen. Dennoch können wir konkretisieren, wie ein Grundeinkommen und dessen Einführung nach unserer Vorstellung aussehen soll.

In Punkt 10 wird dann ein konkretes Modell als Beispiel genannt. Damit schließen wir keine anderen Modelle aus, drücken uns aber auch nicht vollständig um konkrete Zahlen.


Zur Begriffsbestimmung

Der Begriff des "bedingungslosen Grundeinkommens" ist nicht unproblematisch, weil es selbstverständlich Bedingungen geben muss (z.B., dass es nur an Menschen ausgezahlt werden soll). Von daher wird gleich zu Beginn klargestellt, dass der Begriff - wie in der Grundeinkommensbewegung üblich - im Einklang mit den vier Kriterien des Netzwerks Grundeinkommen zu verstehen ist, und dass Grundeinkommensmodelle, die - zum Beispiel während einer Einführungsphase - nicht oder nicht vollständig diesen vier Kriterien genügen, dann nur "Grundeinkommen" genannt werden.

Ein vollständig bedingungsloses Grundeinkommen wird hier als mittel- bis langfristiges Ziel genannt, während die ersten Schritte dort hin kurzfristige Ziele sind.


Zum Ziel

Es soll klargestellt werden, welches Ziel wir mit dem Grundeinkommen verfolgen, und dass wir diese Idee gerne aufgeben, wenn dieses Ziel auf anderem Wege besser erreicht werden kann.

Damit ist auch impliziert, dass wir uns nicht gegen Ideen stellen, die lediglich anders benannt werden (zum Beispiel auch, weil das "bedingungslos" für Viele ein Reizwort ist).


Zur Seriosität

Mit diesem Punkt stellen wir klar, dass es "Wolkenkuckucksheim" mit uns nicht geben wird und wir auch kein Schlaraffenland versprechen. Das Grundeinkommen ist für uns kein Marketing-Gag für den Wahlkampf, sondern wir wollen es tatsächlich umsetzen. Von daher gehen wir an das Grundeinkommen nach dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht heran.

In diesem Zusammenhang heben wir hervor, dass die Einführung eines Grundeinkommens - bei aller kaufmännischen Vorsicht - nicht zur Schlechterstellung von wirtschaftlich Schwachen führen darf.


Einkommenssteuer für den ersten Schritt

Wir stellen klar, dass wir das ALG II-System insgesamt für nicht reformierbar halten. Daher müssen Teile des Steuer- und Sozialsystems komplett neu konzipiert werden.

Wenn wir unter anderem ALG II durch das Grundeinkommen ersetzen wollen, muss die Finanzierung kurzfristig umsetzbar sein. Daher scheiden für diesen ersten größeren Schritt primär mehrwertsteuerfinanzierte Modelle aus. In einem gemeinsamen Binnenmarkt kann man nicht im nationalen Alleingang ein Vielfaches der Mehrwertsteuersätze der Nachbarländer erheben.

Die Idee eines überwiegend oder komplett über die Mehrwertsteuer finanzierten Grundeinkommens soll jedoch nicht auf Dauer ausgeschlossen werden (auch wenn erhebliche Skepsis bezüglich der Realisierbarkeit besteht, siehe auch https://computerdemokratie.de/2017/06/22/ueber-konsumsteuerfinanzierte-grundeinkommensmodelle/).


Additives Grundeinkommen

Ein Grundeinkommen wird zwar Sozialleistungen wie ALG II, Kindergeld, und ähnliche Leistungen ersetzen, soll aber grundsätzlich additiv zum normalen Einkommen und zur Rente hinzukommen.

Das additive (zusätzliche) Grundeinkommen bekommt jeder unabhängig von seiner Einkommenssituation. Ein substitutives Grundeinkommen wird bis zu 100 % mit dem Einkommen verrechnet. Ein substitutives (ersetzendes) Grundeinkommen wäre zwar zunächst einfacher zu finanzieren, würde jedoch den Sinn einer Erwerbsarbeit in Frage stellen. Im Bereich der Renten wäre es dazu mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig.

Dass die Kombination aus Grundeinkommen und Altersrente das Problem der Altersarmut weitgehend löst, soll hier noch mal ausdrücklich erwähnt werden - wenn wir mit dem BGE eine überzeugende Lösungen für das Problem der Altersarmut haben, dann sollten wir damit auch Wahlkampf machen.


Grundeinkommen für Kinder und Jugendliche

Schon jetzt werden für Kinder und Jugendliche im Steuer- und Sozialrecht niedrigere Existenzminima angesetzt als für Erwachsene. Die jetzige Berechnung der Bedarfe halten wir in hohem Maße für fragwürdig, sehen aber auch keinen Bedarf in exakt gleicher Höhe. Von daher wollen wir altersabhängige Sätze zulassen, fordern aber auch eine deutliche Besserstellung der Familien.


Sozialversicherungen

Überall dort, wo die Leistung nicht von den Beiträgen abhängt - also Kranken- und Pflegeversicherung - soll komplett auf steuerfinanziert umgestellt werden, so dass sich alle Einkommen in voller Höhe an der Finanzierung beteiligen.


Steuermodelle

Dieser Absatz skizziert die beiden Möglichkeiten, das Grundeinkommen erst einmal in Kombination mit einer Flat Tax (einheitlicher Steuersatz für alle Einkommen) einzuführen, oder durch die negative Einkommenssteuer.

Beide Möglichkeiten führen zu gleichen finanziellen Ergebnissen für den Einzelnen. Für die Flat+GE-Lösung spricht der deutlich geringere Verwaltungsaufwand. Bei der negativen Einkommenssteuer müssen alle Einwohner oder zumindest alle Haushalte steuerlich erfasst werden. Bei der Kombination aus Flat und Grundeinkommen werden nur noch die Unternehmen veranlagt. Es wird jedoch auch hier wieder der Ansatz verfolgt, sich beide Möglichkeiten und auch ganz andere Steuermodelle offen zu halten.

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: {{{diskussionVorher}}}
  • [{{{antragsdiskussion}}} Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge

GP001*GP002