Antrag:Bundesparteitag 2013.2/Antragsportal/WP019

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2013.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

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Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer WP019
Einreichungsdatum
Antragsteller

Malte Seidler (MCS)

Mitantragsteller
  • Jens Stomber
  • Mia Utz
  • Thomas Ganskow
  • Frank Giebel
Antragstyp Wahlprogramm
Antragsgruppe Keine der Gruppen
Zusammenfassung des Antrags Kernthemen (Netzpolitik, Datenschutz, Transparenz, Open Data, Bürgerrechte) + europäische Energiepolitik und Drogenpolitik. Dies ist eine Sammlung der Texte, die in der 2. Limesurveyumfrage die höchste Zustimmung erhalten haben.
Schlagworte Europawahlprogramm, Kernthemen, Netzpolitik, Bürgerrechte, Energiepolitik, Drogenpolitik
Datum der letzten Änderung 31.10.2013
Status des Antrags

Pictogram voting keep-light-green.svg Geprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

EU-Wahlprogramm: Best of

Antragstext

Der Bundesparteitag möge über den folgenden Text (modular) abstimmen. Die Ergebnisse sollen anhand der Modulüberschriften ins Wahlprogramm einsortiert werden.

Modul 1: Digitales Leben

Digitale Agenda für Europa

Die Digitale Revolution verändert die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen in ganz Europa. Der freie und gleichberechtigte Zugang zum Internet ist Grundvoraussetzung für die Teilhabe am digitalen Leben. Wir PIRATEN wollen daher das Recht auf Digitale Teilhabe an der Gesellschaft in der europäischen Grundrechtecharta verankern und den europaweiten Ausbau einer leistungsfähigen Kommunikationsinfrastruktur durch die EU stärker fördern. Ziel ist es, in den nächsten Jahren eine lückenlose Breitbandversorgung in der EU zu gewährleisten. Um einen dauerhaften Investitionsanreiz, einen fairen Wettbewerb und die Gleichbehandlung der Akteure im digitalen Raum sicherzustellen, muss das Prinzip der Netzneutralität europaweit gesetzlich verankert werden. Im Zuge des europaweiten Ausbaus der Netze und ihrer Modernisierung darf es nicht zu einer Monopolisierung der Kommunikationsinfrastruktur kommen. Das Internet als Kommunikationsraum kennt keine Grenzen. Wir PIRATEN betrachten daher die künstlichen nationalen Barrieren für Kulturgüter innerhalb des Europäischen Binnenmarktes als Hindernis für die weitere europäische Integration und fordern deren Aufhebung.

Darüber hinaus setzen wir uns für ein europaweit einheitliches Datenschutzrecht ein, das höchste Standards, insbesondere dem Verbraucher gegenüber, garantiert. Dieses muss mindestens den bestehenden nationalen Schutzniveaus entsprechen. Die Reform des europäischen Datenschutzrechts muss der Datensparsamkeit und informationellen Selbstbestimmung Vorrang geben. Das gilt insbesondere für die Datenerhebung, -verwertung und -weitergabe durch öffentliche Stellen. In diesem Zusammenhang fordern wir PIRATEN die Einführung wirksamer einheitlicher Sanktionierungsbefugnisse für den EU-Datenschutzbeauftragten und die Datenschutzbehörden der Mitgliedstaaten, unter anderem in Form von abschreckenden Geldstrafen. Die Unabhängigkeit der Datenschutzbehörden muss jederzeit gegeben sein. Wir PIRATEN lehnen internationale Handelsabkommen wie ACTA ab, die unseren Prinzipien zu Immaterialgüterrechten und Datenschutz widersprechen. Wir fordern ein Ende jeglicher Pläne und Gesetze, die darauf abzielen, die Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen. Bereits beschlossene Regelungen wie die Vorratsdatenspeicherung sind abzuschaffen.


Netzneutralität EU-weit schützen

Netzneutralität als Grundpfeiler eines diskriminierungsfreien Zugangs zum Internet muss für die gesamte EU gelten. Maßnahmen der Telekommunikationsunternehmen, die den freien Zugang bedrohen, wie die ungleiche Behandlung von Dienstanbietern, sind abzulehnen. Wir wenden uns insbesondere gegen die derzeitigen Vorschläge der EU-Kommission ("Kroes Telecoms Package"), die aufgrund der Lobbyarbeit von Providern und Telekommunikationsunternehmen auf eine starke Festschreibung des Prinzips der Netzneutralität verzichten.

Alle Endpunkte des Internets müssen ohne irgendeine Form ungesetzlicher Einschränkungen erreichbar sein. Maßnahmen zum Traffic Management sollen nur in klaren, transparent einsehbaren und technisch begründeten Ausnahmen möglich sein. Die Qualität und Offenheit des ungefilterten und unblockierten Internets muss ständig von einer unabhängigen Stelle überprüft werden. Wir sagen Nein zu Drosselung, Deep-Packet Inspection und Netzsperren!


Freie, rechtskräftige digitale Signaturen und E-Mail-Verschlüsselung für alle Menschen

Die PIRATEN setzen sich dafür ein, jedem Menschen kostenlos die Möglichkeit zu geben, elektronische Kommunikation für eine abhörsichere Korrespondenz zu verschlüsseln und rechtskräftig digital zu signieren.

Dabei ist sicherzustellen, dass unberechtigte Dritte (z. B. Unternehmen und Behörden) nicht in der Lage sind, diese verschlüsselten Inhalte zu entschlüsseln.


Gesetzliche Garantie für den anonymen, sowie autonymen und pseudonymen Zugang zu Netzdiensten

Ein Zwang zur Verwendung von amtlich erfassten Namen im Internet ist abzulehnen.

Die PIRATEN setzen sich dafür ein, den Bürgern den anonymen Zugang zum Internet und den Nutzern von sozialen Netzwerken und ähnlichen Diensten den pseudonymen sowie autonymen Zugang zu diesen Diensten gesetzlich zu garantieren. Die freie Meinungsäußerung und die Selbstdefinition eines Menschen darf nicht aus Gründen scheinbarer Sicherheit beschnitten werden.

Modul 2: Bürgerrechte und Innenpolitik

Privatsphäre wahren, Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung stärken

Die PIRATEN setzen sich für einen starken Datenschutz und das Prinzip der informationellen Selbstbestimmung ein. Dies umfasst nicht nur die sparsame Erhebung, zweckgebundene Verarbeitung und Nutzung sowie die eingeschränkte Weitergabe von personenbezogenen Daten, sondern ebenso die Stärkung der Rechte des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung personenbezogener Daten zu bestimmen. Im Sinne des Prinzips der Informationssicherheit muss die Vertraulichkeit bei Übertragung und Zugriff sowie die Integrität der gespeicherten Daten gewährleistet sein. Die PIRATEN lehnen die verdachtsunabhängige Durchleuchtung der Bürger und den gläsernen Kunden ab. Im digitalen Zeitalter liegen immer mehr personenbezogene Informationen in elektronischer Form vor, werden automatisiert verarbeitet und verknüpft oder weitergegeben – auch über Länder und Kontinente hinweg und zwischen den öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereichen. Ohne Wissen der Betroffenen kann die wachsende Datenflut automatisiert zu Persönlichkeitsprofilen zusammengefügt und im schlimmsten Fall gegen sie verwendet werden – z. B. durch das so genannte Kreditscoring oder die Erstellung von Surf- und Bewegungsprofilen.

Damit auch in der Informationsgesellschaft die Privatsphäre gewahrt bleibt, streben die PIRATEN die Umsetzung der folgenden Maßnahmen an:

Informationelle Selbstbestimmung stärken, Medienkompetenz fördern

Damit die effektive Anwendbarkeit des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung nach Artikel 1, 7 und 8 der EU-Grundrechtscharta und den Äquivalenten in den Verfassungen der Mitgliedsstaaten auch in Zukunft sichergestellt ist, fordern die PIRATEN ein europäisches Datenschutzrecht, welches die höchsten bestehenden europäischen und mitgliedsstaatlichen Schutzniveaus nicht nur bewahrt sondern ausbaut.

Der Gesetzgeber muss den Einzelnen in die Lage versetzen, sich der Möglichkeiten, Chancen und Risiken der Informationsverknüpfungen im Internet bewusst zu werden und selbstbestimmt zu entscheiden, welche Daten er frei gibt – z. B. in sozialen Netzwerkdiensten oder über Treue- bzw. Bonusprogramme. Der Bürger muss sich darauf verlassen können, dass Behörden und Unternehmen in der dem Grundrecht gebührenden Art und Weise, transparent und nachvollziehbar mit den personenbezogenen Daten umgehen und dass Verstöße und mangelnde Sorgfalt entsprechend sanktioniert werden. Der Einzelne muss einen durchsetzbaren und unentgeltlichen Anspruch auf Selbstauskunft, Korrektur, Sperrung oder Löschung der eigenen personenbezogenen Daten haben und über ungewollte Datenabflüsse aus Unternehmen und Behörden unverzüglich und lückenlos informiert werden. Um das bestehende Auskunftsrecht zu einer Mitteilungpflicht weiterzuentwickeln, fordern die PIRATEN die Einführung eines Datenbriefes und die Verankerung desselben im Datenschutzrecht. Firmen, Behörden und Institutionen, die personenbezogene Daten verarbeiten, übermitteln oder speichern sollen dazu verpflichtet werden, die betroffenen Personen jährlich mit einem Datenbrief über die Art, den Zweck und – im Fall von Behörden und mit hoheitlichen Aufgaben beliehenen Institutionen – die rechtliche Grundlage der Speicherung zu informieren. Die Weitergabe von Daten an Dritte soll kommuniziert und begründet werden.

Um im Sinne der informationellen Selbstbestimmung eine echte Wahlfreiheit bei der Nutzung des Internets zu garantieren, müssen alle Produkte und Dienstleistungen, die für die Verarbeitung personenbezogener Daten vorgesehen oder geeignet sind, datenschutzfreundlich voreingestellt sein (Privacy-by-Default). Datenschutz soll darüber hinaus von Anfang an in die Entwicklung neuer Kommunikations- und Informationstechniken eingebaut werden (Privacy-by-Design).

Datenschutzbehörden stärken

Die PIRATEN setzen sich für eine Stärkung der Selbstständigkeit und der Kontroll- bzw. Sanktionsbefugnisse der Datenschutzbeauftragen auf allen Politikebenen ein, um gegenüber öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen die Durchsetzbarkeit der Individuellen Datenschutzrechte zu verbessern, Missbrauch von personenbezogenen Daten zu verhindern und Schutzmaßnahmen vor Verlust oder Manipulationen sicherzustellen. Zu diesem Ziel soll die völlige Unabhängigkeit der Kontrollstellen entsprechend der EU-Datenschutzrichtlinie und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) sichergestellt werden. Die Kontrollbehörden müssen entsprechend ihren Aufgaben ausgestattet werden, damit sie ihre Aufsichts- und Kontrollfunktion auch ausüben können. Für Unternehmen sowie öffentliche Stellen fordern die PIRATEN darüber hinaus rechtlich anerkannte freiwillige Datenschutz- und Datensicherheitsprüfungen (Audits) sowie Zertifizierungen durch die unabhängigen Behörden.

Verantwortungsvollen Umgang mit Daten sicherstellen, Datenhandel eindämmen

Die Verwendung personenbezogener Daten für Adresshandel, Werbezwecke oder Markt- bzw. Meinungsforschung darf nur mit Einwilligung der Betroffenen möglich sein. Daher fordern die PIRATEN die ersatzlose Abschaffung jeglicher privater Zugriffsprivilegien auf behördlich erhobene Daten. Das europäische Datenschutzrecht muss dem Rechnung tragen und einen zwingenden Einwilligungsvorbehalt beinhalten.

Verdachtsunabhängige Datenspeicherung verhindern

Die PIRATEN lehnen die Vorratsdatenspeicherung (VDS) von Telekommunikations-Verbindungsdaten grundsätzlich ab. Zweck und Mittel dieser Überwachungsmaßnahme stehen aus Sicht der PIRATEN nicht in einem ausgewogenen Verhältnis. Die anlasslose Speicherung ist ein weiterer Schritt in Richtung schrankenloser Telekommunikationsüberwachung und stellt die Bevölkerung unter Generalverdacht.

Das Bundesverfassungsgericht hat die deutschen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung bereits im März 2010 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. In vielen EU-Mitgliedsstaaten gab es ähnliche, teils erfolgreiche, Verfassungsklagen, etwa in Tschechien oder Rumänien. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof ist im Gange. Auch wenn das Urteil einer möglichen Neuregelung enge Grenzen setzt, lässt sich aus Sicht der PIRATEN keine Ausgestaltung der zu Grunde liegenden EU-Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie umschreiben, die eine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und der Europäischen Grundrechtecharta sicherstellen würde. Auch eine Einführung durch die Hintertür lehnen wir ab.

Die PIRATEN treten daher dafür ein, die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung endgültig aufzugeben, die EU-VDS-Richtlinie ersatzlos abzuschaffen und, im Sinne des Schutzes der Privatsphäre der Bürger, bis dahin möglicherweise anfallende Strafzahlungen seitens der EU-Kommission in Kauf zu nehmen. Das Recht, die unverzügliche Löschung von Abrechnungsdaten verlangen zu können, muss wieder wirksam gelten. Das Recht auf anonyme Bezahlung im Internet und auf anonyme Kommunikation muss verteidigt werden.

Die PIRATEN lehnen die Bestrebungen der EU zum Aufbau und zur Unterhaltung einer Fernverkehrsdatenspeicherung ab. Die verdachtsunabhängige Sammlung und Speicherung von Reisedaten sowie die Umkehr der Unschuldsvermutung sind nicht vereinbar mit unserer Vorstellung von einem freiheitlich-demokratischen Staatswesen.

Auch andere Formen der verdachtsunabhängigen Datenerfassung, wie z. B. die Hotelmeldepflicht oder das Nachfolgeprojekt des elektronischen Entgeltnachweis-Verfahrens ELENA, OMS (Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung), beurteilen die PIRATEN kritisch. Wir lehnen die anlasslose Erfassung, Speicherung und den Abgleich biometrischer Daten aufgrund des hohen Missbrauchspotenzials ab. Grundsätzlich soll die Erhebung biometrischer Merkmale freiwillig erfolgen und durch unabhängige Stellen kontrolliert und bewertet werden. Der Aufbau zentraler Biometriedatenbanken für polizeiliche Zwecke oder die Versicherungswirtschaft muss unterbleiben. Ausweis- und Passdokumente müssen auch ohne biometrische Merkmale gültig sein – in- und außerhalb der EU.

Gegen Überwachungssoftware: Transparenz und Quellcode-Offenlegung

Die PIRATEN sprechen sich deutlich gegen die Herstellung, Wartung, Betreuung und Erhaltung von Überwachungssoftware aus. Wir verurteilen den kommerziellen Handel mit Überwachungssoftware, einschließlich Dienstleistungen für Überwachungssoftware. Überwachungssoftware ist jede Software, die Dritten Zugang zu nicht-öffentlichen Daten, Kommunikationen und Aktivitäten eines Rechensystems verschaffen kann, ohne dass die eigentlichen Nutzer des Rechensystems darüber Kenntnis haben. Der Grund für diese Position ist, dass Überwachungssoftware sowohl in vielen EU-Staaten sowie weltweit eingesetzt wird, um Menschenrechte wie das Recht auf Privatsphäre auszuhebeln. Häufig werden die so erhaltenen privaten Daten genutzt, um Regimegegner zu verfolgen und sogar zu foltern, und um Bewegungen für mehr Demokratie zu bekämpfen.

Um aktiv gegen Überwachungssoftware vorzugehen, fordern die PIRATEN eine gesetzliche Pflicht bei Herstellern und Dienstleistern von Überwachungssoftware, volle Transparenz über alle Produkte, und über alle Vertragspartner und Kunden, die Überwachungssoftware und Dienstleistungen nutzen, herzustellen. Desweiteren fordern wir die gesetzliche Pflicht zur Offenlegung des vollständigen Quellcodes von Überwachungssoftware. Die Offenlegung all dieser Informationen hat an die Öffentlichkeit zu geschehen, das bedeutet: nicht nur an ein parlamentarisches Kontrollgremium.


Sicherheit in Freiheit

Sicherheit in Freiheit

Bewahrung und Ausbau unserer Bürger- und Freiheitsrechte sind für uns zentrale politische Herausforderungen. Die steigende Zahl von Überwachungsmaßnahmen unter Verweis auf den 'internationalen Terrorismus' und andere 'Bedrohungen' und der mangelnde Bestand solcher Gesetze vor den Gerichten belegen gravierenden Handlungsbedarf.

1. Privatsphäre jedes Menschen achten

Zur Bewahrung unseres historischen Erbes an Freiheitsrechten und zur Sicherung der Effektivität der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung treten wir dafür ein, dass eine staatliche Informationssammlung, Kontrolle und Überwachung künftig nur noch gezielt bei Personen erfolgt, die der Begehung oder Vorbereitung einer Straftat konkret verdächtig sind. Zum Schutz unserer offenen Gesellschaft und im Interesse einer effizienten Sicherheitspolitik wollen wir auf anlasslose, massenhafte, automatisierte Datenerhebungen, Datenabgleichungen und Datenspeicherungen verzichten. In einem freiheitlichen Europa ist eine derart breite Erfassung beliebiger unschuldiger Personen nicht hinnehmbar und schädlich.

2. Systematische Evaluierung bestehender Überwachungsbefugnisse und -programme

Ein angemessener Schutz vor Kriminalität ist eine wichtige staatliche Aufgabe. Er ist nach unserer Überzeugung nur durch eine intelligente, rationale und evidenzbasierte Sicherheitspolitik auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu gewährleisten. Um kluge Sicherheitsmaßnahmen fördern und schädliche Maßnahmen beenden zu können, wollen wir, dass die Europäische Grundrechteagentur alle bestehenden europäischen Befugnisse und Programme der Sicherheitsbehörden systematisch und nach wissenschaftlichen Kriterien auf ihre Wirksamkeit, Kosten, schädlichen Nebenwirkungen, auf Alternativen und auf ihre Vereinbarkeit mit unseren Grundrechten untersucht (systematische Evaluierung). Die Europäische Grundrechteagentur wollen wir so ausstatten, dass sie diese Aufgabe erfüllen kann.

3. Exzessive Überwachung aufheben

Unnötige und exzessive Überwachungsmaßnahmen der EU wollen wir wieder aufheben, darunter • die verdachtslose, flächendeckende Vorratsspeicherung aller Telefon-, Handy-, E-Mail- und Internetverbindungen • die Aufnahme biometrischer Merkmale in Reisepässe und Visa sowie von Asylsuchenden • die Übermittlung von Fluggast- und Zahlungsverkehrsdaten an Drittstaaten wie die USA sowie allgemein die Auslieferung von Personendaten an Staaten ohne wirksamen Grundrechtsschutz • die zwangsweise Einführung digitaler Verbrauchserfassungsgeräte ("Smart Meter") ohne Wahlrecht der Betroffenen • die verschärfte Überwachung der Außengrenzen ("Eurosur") • den grenzüberschreitenden Zugriff auf Polizeidaten ("Verfügbarkeitsprinzip") ohne einen starken und wirksamen europäischen Daten- und Grundrechtsschutz.

4. Neue Überwachungspläne stoppen

Wir wollen den fortschreitenden Abbau der Bürgerrechte aufhalten, der seit 2001 dramatische Ausmaße angenommen hat. Wir treten für ein Moratorium für weitere Eingriffe in unsere Menschenrechte im Namen der inneren Sicherheit ein, solange nicht die systematische Überprüfung der bestehenden Befugnisse abgeschlossen ist. Zur Gewährleistung unserer Sicherheit brauchen wir keine neuen Gesetze; die vorhandenen Gesetze reichen aus. Insbesondere lehnen wir ab • die Einführung einer elektronischen Flugpassagierakte ("EU PNR") • die elektronische Erfassung aller Personen aus Nicht-EU-Staaten, die nach Europa ein- und ausreisen, und die Einführung eines Genehmigungssystems für visumsbefreite Personen ("Smart Borders") • die automatisierte Profilerstellung von Personen, um sie in Risikoklassen einzuteilen ("Profiling"), oder eine sonstige Massendatenanalyse • eine systematische Überwachung des Zahlungsverkehrs oder Einschränkungen des identifizierungsfreien Zahlungsverkehrs mit Bargeld oder elektronischem Bargeld • ein EU-US-Datenabkommen auf der Grundlage des vollkommen unzureichenden Mandats des Europäischen Rates. • 5. Grundrechts-TÜV für neue Sicherheitsmaßnahmen

Wir wollen, dass die Europäische Kommission und der Rat künftig jeden Vorschlag für neue Sicherheitsmaßnahmen noch im Entwurfsstadium von der Europäischen Grundrechteagentur auf seine Vereinbarkeit mit unseren Grundrechten, seine Wirksamkeit, seine Kosten, seine schädlichen Nebenwirkungen und auf Alternativen begutachten lassen. Nur durch einen solchen „Gesetzes-TÜV“ kann der fortschreitenden Erosion unserer Grundrechte und dem Fehleinsatz von Sicherheitsressourcen wirksam entgegen gewirkt werden.

6. Sicherheitsforschung demokratisieren

Die europäische Sicherheitsforschung aus Steuergeldern wollen wir demokratisieren und an den Bedürfnissen und Rechten der Bürgerinnen und Bürger ausrichten. In beratenden Gremien wie dem Europäischen Forum für Sicherheitsforschung und Innovation (ESRIF) sollen künftig neben Verwaltungs- und Industrievertretern in gleicher Zahl auch Volksvertreter sämtlicher Fraktionen, Kriminologen, Opferverbände und Nichtregierungsorganisationen zum Schutz der Freiheitsrechte und Privatsphäre vertreten sein. Eine Entscheidung über die Ausschreibung eines Projekts soll erst getroffen werden, wenn eine öffentliche Untersuchung der Europäischen Grundrechtsagentur über die Auswirkungen des jeweiligen Forschungsziels auf unsere Grundrechte (impact assessment) vorliegt.

Die Entwicklung von Technologien zur verstärkten Überwachung, Erfassung und Kontrolle von Bürgerinnen und Bürgern lehnen wir ab. Stattdessen muss die Sicherheitsforschung auf sämtliche Optionen zur Kriminal- und Unglücksverhütung erstreckt werden und eine unabhängige Untersuchung von Wirksamkeit, Kosten, schädlichen Nebenwirkungen und Alternativen zu den einzelnen Vorschlägen zum Gegenstand haben. Weil auch die gefühlte Sicherheit eine wichtige Voraussetzung für unser Wohlbefinden ist, wollen wir zudem erforschen lassen, wie das öffentliche Sicherheitsbewusstsein gestärkt und wie verzerrten Einschätzungen und Darstellungen der Sicherheitslage entgegen gewirkt werden kann.


Keine öffentlichen Gelder für grundrechtsgefährdende Sicherheitsprojekte

Die PIRATEN sprechen sich grundsätzlich für Forschungsförderung durch die Europäische Union aus. Jedoch darf diese Förderung nicht als Quersubvention einer Sicherheits- und Rüstungsindustrie missbraucht werden, deren Geschäftsmodell immer weiter entwickelte Technologien zur verdachtsunabhängigen Überwachung sind. Die häufige Beteiligung von Behörden an Überwachungs- und Zensurprojekten wie INDECT oder CleanIT belegt den Willen zur Anwendung dieser Technologien und macht derartige Projekte faktisch zum öffentlich finanzierten Grundrechteabbau. Deswegen setzt die Piratenpartei sich dafür ein, dass die EU künftig keine grundrechtlich problematische Sicherheitsforschung mehr fördert.


Europäische Datenschutz-Grundverordnung mit hohem Datenschutzniveau

Wir PIRATEN fordern einheitlich hohe Datenschutzstandards in ganz Europa.

Die entstehende EU-Datenschutz-Grundverordnung darf nicht zu einer Absenkung des Datenschutzes führen, sondern muss die Rechte europäischer Bürger in allen europäischen Ländern stärken. Es muss Schluss sein damit, dass sich beispielsweise Facebook in Irland einer wirksamen Aufsicht und Kontrolle entziehen kann.

Der direkte Zugriff auf persönliche Daten und Live-Kommunikation europäischer Bürger im Internet durch amerikanische Geheimdienste zeigt deutlich, dass auch auf internationaler Ebene ein großer Handlungsbedarf hinsichtlich des Schutzes von personenbezogen Daten und damit der Privatspähre der Bürger und ihrer freien Persönlichkeitsentfaltung besteht.

Die Piratenpartei setzt sich für einen europaweit einheitlichen Datenschutz ein, der mindestens das hohe Niveau des deutschen Datenschutzes erreicht.


Open Data stärken

Offene Verwaltungsdaten (außer dem Datenschutz und der Sicherheit unterliegenden Daten) müssen auch auf der EU-Ebene stärker als bisher gefördert werden. Wie setzen uns dafür ein, eine EU-Agenda zu offenen Daten ähnlich wie der Open Data Agenda des Landes Berlin zu schaffen.

Auch in der EU gilt: Gebt die Daten frei (und säubert sie von persönlichen Daten). Unsere Definition von Open Data folgt der "Open Definition": frei zugänglich, beliebig nutzbar und verteilbar, und ausgerichtet auf eine voll umfängliche Teilhabe und Transparenz.

Neben der Schaffung von Anreizen von mehr offenen Daten streben wir ein EU-Informationsfreiheitsgesetz mit niedrigeren Hürden an, das insbesondere die kritischen Aspekte der bisherigen EU-Regelung (Definition von "Dokument", Einspruchsfristen) beseitigt.


Politische Transparenz und Antikorruption, organisierte Kriminalität und deren Bekämpfung

Korruption im Wirtschaftsleben offenlegen und wirksam bekämpfen Die PIRATEN setzen sich auf europäischer Ebene für gesetzliche Grundlagen zur systematischen Korruptionsprävention und -verfolgung ein. Bestechung und Vorteilsnahme mindern das volkswirtschaftliche Wohlstandsniveau und führen jedes Jahr zu hohen materiellen und immateriellen Schäden – für die letztendlich die Steuerzahler und Verbraucher aufkommen.

Einflussnahme auf politische Entscheidungen offenlegen Die PIRATEN fordert die Offenlegung der Einflussnahme von Interessensverbänden und Lobbyisten auf politische Entscheidungen, um den demokratischen Prozess zu schützen und die Grundlagen von Entscheidungen transparent zu machen.

Einrichtung eines verpflichtenden Lobbyregisters auf allen europäischen Ebenen Die PIRATEN erkennen die Konsultation von Interessenvertretern – zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Umweltschutz-, Bürgerrechts- und Unternehmensverbänden – als integralen Bestandteil des politischen Willensbildungsprozesses der Gesellschaft an – solange dieser Austausch hinreichend offen und transparent ist. Die überproportionale Einflussnahme einzelner Gruppen durch die Verlagerung der politischen Willensbildung in informelle Beziehungsnetzwerke außerhalb des formalen Gesetzgebungsprozesses lehnen wir ab. Die PIRATEN fordern ein verbindliches Lobbyregister für die Institutionen der Europäischen Union (EU), in das sich Interessenvertreter und Interessenvertretungen verpflichtend eintragen müssen, um die Möglichkeit zu bekommen, bei Gesetzesvorhaben durch das Europäische Parlament angehört zu werden. Dieses Register muss regelmäßig von autorisierten, unabhängigen Stellen überprüft werden.

Erweiterung und Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung Die PIRATEN fordern ein wirksames Vorgehen gegen Abgeordnetenbestechung, um die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) schnellstmöglichst umzusetzen.

Einführung von Karenzzeiten für Spitzenpolitiker

Die PIRATEN lehnen es ab, dass ausgeschiedene Spitzenpolitiker im Bereich ihrer ehemaligen Zuständigkeiten kurzfristig Tätigkeiten der politischen Interessenvertretung für Unternehmen und Verbände übernehmen. Damit Mandatsträger und Regierungsbeamte weniger Anreiz haben, ihr politisches Handeln von den Interessen möglicher zukünftiger Arbeitgeber abhängig zu machen, fordern die PIRATEN die Einführung von Sperrfristen (sogenannter „Karenzzeiten“) für Mitglieder der Europäischen Institutionen und leitende EU-Beamte, sofern dem kein höherrangiges Recht entgegensteht. Sperrfristen müssen für die Politikfelder gelten, für die Entscheidungsträger in ihrer bisherigen politischen Funktion zuständig waren und bei denen es Zusammenhänge zwischen den im Amt getroffenen Entscheidungen und der nach dem Ausscheiden beabsichtigten Tätigkeit geben könnte.

Whistleblower in der öffentlichen Verwaltung und im privaten Sektor gesetzlich schützen Die PIRATEN setzen sich für allgemeine, in allen Mitgliedsstaaten gültige und umfassende gesetzliche Regelungen zum Schutz von Personen ein, die Fälle von Korruption, Insiderhandel oder Ethikverstößen öffentlich machen (sogenannte „Whistleblower“). Das von Deutschland bereits unterzeichnete Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarates muss inkl. des Zusatzabkommens ratifiziert und umgesetzt sowie Hinweisgeber im privaten Sektor durch eine gesetzliche Regelung geschützt werden. Im öffentlichen Sektor muss der im Beamtenrecht verankerte Schutz von Hinweisgebern auf Angestellte ausgeweitet werden. Der Gesetzgeber soll darüber hinaus Unternehmen und öffentliche Stellen verpflichten, Hinweisgebersysteme einzurichten, um einen vertraulichen Kommunikationskanal zur Meldung von Straftaten und Ethikverstößen zu öffnen.


Transparenz der Vergabe öffentlicher Aufträge

Rechtsgeschäfte der öffentlichen Hand müssen transparent sein. Der Staat, die Politik und die ausführenden Organe sind Verwalter der Steuermittel des Bürgers. Eine Einsichtnahme in Verträge der öffentlichen Hand ist aus Sicht der PIRATEN ein grundsätzliches Recht des Bürgers. Die Verwendung der Haushaltsgelder muss für jeden nachvollziehbar und überprüfbar sein. Die Ausschreibungskriterien sind zusätzlich so zu veröffentlichen - z.B. im Internet - dass der Bürger den Entscheidungsprozess begleiten kann. Eine Veröffentlichung der abgegeben Angebote nach Abschluss der Angebotsphase wäre wünschenswert. Die öffentliche Auftragsvergabe und durch Steuermittel geförderte Projekte und Organisationen sind in einer zentralen Datenbank zu speichern und auf einem Online-Portal zu veröffentlichen.

Modul 3: Immaterialgüter

Immaterialgüterrechte im Informationszeitalter

Es bedarf eines Umdenkens im Bereich der Immaterialgüterrechte und einer Abkehr von deren restriktiver Durchsetzung. Einer weiteren Monopolisierung von Information und Kultur muss Einhalt geboten werden. Daher bedarf es einer grundrechtlichen Absicherung, dass der Staat Monopolrechte an Immaterialgütern nur dann einräumen oder aufrechterhalten darf, wenn diese dem Interesse der Allgemeinheit nicht entgegen stehen. Außerdem müssen sie zeitlich begrenzt sein und dürfen rückwirkend weder inhaltlich noch zeitlich erweitert werden. Die Schaffung von Gemeingütern (Commons), wie beispielsweise freie Software, freie Kulturgüter, offene Patentpools und freie Bildungsangebote, muss durch geeignete rechtliche Rahmenbedingungen abgesichert und gefördert werden. Das sich zunehmend in digitalen Räumen abspielende Sozialleben soll nicht von Immaterialgüterrechten beschränkt werden. Dies ist durch Fair-Use-Klauseln sicherzustellen. Wir fordern europaweite Standards für das Urhebervertragsrecht, die die Position der Urheber gegenüber Verwertern stärken und mit dem Interesse der Allgemeinheit ins Gleichgewicht bringen. Umfassende Transparenz und gerechte Mitbestimmung durch ihre Mitglieder muss auch in den europaweiten Regelungen zu Verwertungsgesellschaften hergestellt werden.

Patentwesen im Informationszeitalter

Patentwesen

Im Wandel vom Industriezeitalter zum Informationszeitalter entwickeln sich die weltweit herrschenden Patentregelungen teilweise vom Innovationsanreiz zum Innovationshemmnis. Der Versuch, mit althergebrachten Mitteln die Zukunft zu gestalten, wird den grundlegenden Veränderungen in der Welt nicht nur immer weniger gerecht, er stellt auch beispielsweise in den Bereichen der Patentierung von Erkenntnissen der Genforschung und Biotechnologie und im Bereich der Softwarepatente eine große Gefahr für die Gesellschaft von morgen dar. Schon heute zeigen sich negative Auswirkungen, zum Beispiel durch Saatgutmonopole in der Landwirtschaft oder durch die Patentierung teils trivialer Ideen, die kostenintensive Rechtsauseinandersetzungen zu Lasten der Innovation und auf dem Rücken der Verbraucher zur Folge haben. Grundsätzlich wollen wir einen freieren Markt ohne die Beschränkungen der derzeitigen Patentpraxis erreichen. Wir fordern, dass das Patentsystem reformiert oder durch sinnvollere Regelungen ersetzt wird. Keinesfalls darf es durch innovationsfeindliche Regelungen ergänzt werden.

Abbau privater Monopole und offene Märkte

Generell sind ein zunehmender Abbau von Monopolen und eine Öffnung der Märkte erklärtes politisches Ziel der PIRATEN. Patente als staatlich garantierte privatwirtschaftliche Monopole stellen grundsätzlich eine künstliche Einschränkung der allgemeinen Wohlfahrt dar, die einer ständigen Rechtfertigung und Überprüfung bedarf. Stellt die Patentierung industrieller Güter in der Vergangenheit auch nach allgemeiner Ansicht eine (weder belegbare, noch widerlegbare) Erfolgsgeschichte dar, so haben sich doch die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Erfindens in der nachindustriellen und globalisierten Gesellschaft grundlegend gewandelt. Der zunehmend internationale Wettbewerb führt darüber hinaus vermehrt zu einer zweckentfremdeten Nutzung des Patentsystems, bei der man oft keinerlei Ausgleich für die Gesellschaft mehr erkennen kann. Dem zunehmenden Missbrauch von Patenten wollen wir daher Einhalt gebieten. Patentierung von Trivialitäten oder sogar die Blockierung des Fortschritts durch Patente soll unter allen Umständen verhindert werden. Dies gilt auch und im Besonderen für den Bereich der Pharmaindustrie. Der hohe Geldbedarf und die monopolartige Struktur dieses Marktes bedürfen einer Reorganisation, um die gesellschaftlichen Ressourcen sinnvoll einzusetzen und nicht durch Blockaden und zum Vorteil Einzelner zu vergeuden. Patente auf Pharmazeutika haben darüber hinaus zum Teil ethisch höchst verwerfliche Auswirkungen.

Patente in der Informationsgesellschaft

Wirtschaftlicher Erfolg ist in der Informationsgesellschaft zunehmend nicht mehr von technischen Erfindungen, sondern von Wissen und Information und deren Erschließung abhängig. Das Bestreben, diese Faktoren nun ebenso mittels des Patentsystems zu regulieren, steht unserer Forderung nach Freiheit des Wissens und Kultur der Menschheit diametral entgegen. Wir lehnen Patente auf Lebewesen und Gene, auf Geschäftsideen und auch auf Software einhellig ab, weil sie unzumutbare und unverantwortliche Konsequenzen haben. Sie behindern die Entwicklung der Wissensgesellschaft, sie privatisieren freie Güter ohne Gegenleistung und ohne Not und sie besitzen kein Erfindungspotential im ursprünglichen Sinne. Die gute Entwicklung klein- und mittelständischer IT-Unternehmen in ganz Europa hat beispielsweise gezeigt, dass auf dem Softwaresektor Patente völlig unnötig sind.


Modul 4 Energiepolitik

Europäische Energiepolitik

Europäische Energiepolitik Ein funktionierender europäischer Energiebinnenmarkt muss auf Versorgungssicherheit, Ressourcenschonung, Verbrauchernutzen und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet sein. Die unvollendete Struktur des bestehenden EU-Energiebinnenmarkts muss an die Herausforderungen, denen Europa in den Bereichen Energie und Klimaschutz gegenübersteht, angepasst werden.

Wir setzen uns für die dezentrale Integration der Energiemärkte in der Europäischen Union mit vielen kleinen und mittelgroßen Energieversorgern ein. Damit ein dezentral organisierter Energiemarkt eine erschwingliche und sichere Energieversorgung für die Haushalte und Unternehmen gewährleisten kann, wollen wir die Netzneutralität der europäischen Energieinfrastruktur durchsetzen. Mit Energienetzen in unabhängiger Hand können verbraucherfeindliche oligopolistische Strukturen auf den europäischen Energiemärkten aufgebrochen und die Position der Verbraucher gestärkt werden.

Wir stehen zu den Klimazielen der EU. Dabei setzen wir bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen auf die Erhöhung der Energieeffizienz, ein funktionierendes System für den Emissionsrechtehandel auf europäischer Ebene sowie die Förderung Erneuerbarer Energien. Wir machen uns für eine verstärkte Zusammenarbeit bei den Investitionen in die europäische Energieinfrastruktur stark. Öffentliche Subventionen für die fossile und nukleare Energiegewinnung konterkarieren den von uns angestrebten Wechsel hin zu einer zukunftsfähigen, klimafreundlichen und möglichst autarken Energieversorgung in Europa. Dazu zählen insbesondere indirekte Beihilfen in Form von gesetzlichen Haftungsfreistellungen für Atomkraftwerke. Wir fordern die Abschaffung jeglicher Subventionen und Beihilfen für die Förderung fossiler und atomarer Energiegewinnung.

Für einen funktionierenden Verbraucherenergiemarkt ist eine transparente Preisgestaltung und Offenlegung des Energiequellenmix entscheidend. Nur wenn die europäischen Verbraucher in beides jederzeit Einblick erhalten, können sie informierte Kaufentscheidungen im Sinne ihrer individuellen Präferenzen treffen. Wir fordern eine europaweite Verpflichtung der Energieversorger, den Verbrauchern die entsprechenden Daten barrierefrei bereitzustellen.

Bei der Umsetzung des europäischen Energiebinnenmarkts werden modernste internetgestützte Technologien (SmartGrid) eine Schlüsselrolle spielen. Allerdings birgt die damit verbundene detailgetreue Dokumentation des individuellen Energieverbrauchs erhebliche Missbrauchsgefahren. Hier müssen höchste Datenschutzstandards eingehalten werden.

Modul 5: Verbraucherschutz und Gesundheit

Europäische Drogen- und Suchtpolitik

Europäische Drogen- und Suchtpolitik

Der Genuss von Rauschmitteln ist positiver Bestandteil jeder Kultur. Ebenso ist das Phänomen der Sucht im Wesen des Menschen angelegt. Die Verbotspolitik, bzw. der "Krieg gegen Drogen" ist weltweit gescheitert. Diese Tatsachen müssen wir anerkennen und die Drogenpolitik der letzten Jahrzehnte neu bewerten.

Ohne Vorurteile respektieren wir die Entscheidung jedes Einzelnen zu verantwortungsvollem Genuss von Rauschmitteln. Um aus Missbrauch entstehende Schäden am Einzelnen und an der Gesellschaft abzuwenden, setzen wir auf Aufklärung. Nicht gegen Drogen, sondern für den Menschen setzen wir uns ein!

Die "Europäische Drogenstrategie" zielt zur Zeit auf Verbot und Abdrängung des Drogenkonsums in die Illegalität. Sie muss zu einer akzeptierenden und menschenwürdigen Europäischen Drogen- und Suchtpolitik umgestaltet und weiterentwickelt werden.

Für Aufklärung und Schadensbegrenzung

Ein Drogenkonsument darf niemals bestraft werden für Anbau, Herstellung, Erwerb oder Besitz von Rauschmitteln für den Eigenbedarf oder deren Konsum. Hauptziel der Drogen- und Suchtpolitik muss vielmehr die Vermeidung schädlichen Konsumverhaltens sein. Sie muss Hilfsangebote machen, wenn dies fehlschlägt.

Die PIRATEN fordern daher einen Auf- und Ausbau einer vorurteilsfreien Aufklärung über Suchtstoffe und den Umgang mit ihnen. Diese Forderung bezieht sich ausdrücklich auch auf gesellschaftlich akzeptierte Drogen, wie Alkohol, Nikotin und bestimmte Medikamente. Einbezogen werden sollen auch Verhaltenssüchte, wie z.B. Kaufsucht, Spielsucht oder Arbeitssucht.

Solange Drogen zu einem erheblichen Teil aus illegalen Quellen bezogen werden, müssen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung (harm reduction) hinzukommen. Die PIRATEN fordern insbesondere, dass die breite Verfügbarkeit niedrigschwelliger Prüfmöglichkeiten für Suchtstoffe (drug checking) und von Empfehlungen zu risikoarmem Konsum europaweit verbessert wird. Dazu muss ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden, der dies ermöglicht.

Abhängigkeit muss europaweit einheitlich als Krankheit anerkannt werden. Auch suchtkranke Menschen haben Anspruch auf eine menschenwürdige Behandlung. Gemeinsame Standards für suchtspezifische Therapien bilden eine wichtige Grundlage dafür.

Für Bekämpfung der Drogenkriminalität durch legale Bezugsmöglichkeiten

Die PIRATEN fordern einen Umgang mit Rauschmitteln, der ausdrücklich eine legale Versorgung der Konsumenten zulässt. Sie dürfen dazu nicht, wie heute, in Kontakt mit der organisierten Kriminalität gebracht werden. Jugendschutz und Qualitätskontrollen werden so erst ermöglicht. Suchtkranke Menschen werden vor kriminellen Milieus geschützt und können so wieder ins gesellschaftliche Leben finden.

Um speziell den weit verbreiteten Genuss von Cannabis aus der Illegalität herauszuführen, muss ein offener Umgang mit sogenannten "Cannabis Social Clubs" (Erzeugergemeinschaften) gefunden werden.

Für die Neubewertung internationaler Übereinkünfte

Internationale Abkommen müssen eine Entkriminalisierung von Drogenkonsumenten und die Bereitstellung legaler Bezugsmöglichkeiten erlauben. Nur so kann der organisierten Kriminalität wirksam begegnet werden. Abkommen, die dies nicht zulassen, sind zeitnah aufzukündigen und auch künftig nicht abzuschließen. Europa muss hier eine Vorreiterrolle einnehmen.

Für ein Europa, das Maßstäbe in der Drogen- und Suchtpolitik setzt

Die PIRATEN setzen sich für eine wahrhaft europäische Drogen- und Suchtpolitik ein. Wir wollen die unterschiedlichen Ansätze der europäischen Staaten auf hohem Niveau in eine gemeinsame, akzeptierende Europäische Drogen- und Suchtpolitik zusammenführen. Unsere Forderungen auf nationaler Ebene, insbesondere das Werbeverbot für alle Drogen, einschließlich Alkohol und Tabakprodukte, die freie medizinische Verwendbarkeit cannabinoidhaltiger Medikamente und des Echtstoffes und die hohen Maßstäbe, die an den Datenschutz anzulegen sind, übertragen wir daher auch auf die europäische Ebene.

Antragsbegründung

DER Antrag nicht nur für alle Kernis. Enthalten sind Standpunkte, Ausführungen und Konzepte zu den Kernthemen (Netzpolitik, Datenschutz, Transparenz, Open Data, Bürgerrechte) + europäische Energiepolitik und Drogenpolitik. Dies ist eine Sammlung der Texte, die in der 2. Limesurveyumfrage die höchste Zustimmung erhalten haben.

In der zweiten Limesurveyumfrage der Initiative gemeinsames Europawahlprogramm wurden 180 Texte der Parteibasis zur Abstimmung vorgelegt. Da keiner der Anträge im regulären Verfahren das gewählte Quorum von 75% erreichte beschloss die Initiative keinen Antrag für das Europawahlprogramm einzustellen. Die hier gesammelten Texte sind diejenigen, die in der Umfrage auf über 75% kommen wenn man die Teilnehmer herausrechnet, die "Fundamentalopposition" betrieben haben und alle Anträge mit Nein bewertet haben. Es sind Doppelungen herausgenommen wurden und die Sprache leicht vereinheitlicht, sonst wurden die Texte belassen wie sie sind. Wir erfüllen damit quasi das, was die "Ini" nicht mehr leisten kann und legen die am besten bewertesten Antragstexte dem Parteitag als gebündelten Antrag vor. Dieser Antrag erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Die Texte können selbstverständlich durch weitere ergänzt oder auf einem späteren Parteitag ausgetauscht werden. Der Antrag enthält auch Texte, die bereits im Grundsatzprogramm oder im Bundestagswahlprogramm stehen/standen. Dies ist dem Konzept geschuldet, dass man ein "in sich geschlossenes" Europawahlprogramm anstrebt, das ohne Hinweis auf andere Programme dem interessierten Wähler oder Journalisten zur Information dienen kann und den zukünftigen Parlamentariern der Piraten eine Richtschnur für ihre parlamentarische Arbeit zur Hand gibt.

Dieser Antrag steht somit in "guter alter" Tradition von sogenannten "Sammel- oder Gesamtanträgen" in der "massiven" Form. Viel Text, viel Inhalt, viele Details. Wir sind uns bewusst, dass zur Zeit der Trend, die Meinung, in der Piratenpartei offenbar eher Abstand nimmt von solchen Konzepten. Wir möchten es aber dem Parteitag selber überlassen sich für das eine oder das andere zu entscheiden. Außerdem sei darauf hinzuweisen: Politik ist nunmal viel Arbeit und auch viel Text. Etwas provokativ könnte man sagen: Wer es nicht schafft sich viel Text zu erarbeiten und die Inhalte den Wählern kurz, knapp und verständlich darzulegen, der sollte sich vielleicht auch überlegen ob parlamentarische Arbeit, bei der noch viel mehr Text bewältigt werden muss, für ihn geeignet ist.

Wir möchten betonen, dass die Annahme eines Europawahlprogrammes mit viel Text selbstverständlich der Partei und den Akteuren im Wahlkampf weiterhin die Möglichkeit offen lässt programmatische Aussagen in "kurzer, knapper und allgemeinverständlicher" Form zu erstellen, anzunehmen um mit ihm im Wahlkampf zu agieren und ihn auf Flyer oder Internetseiten zu veröffentlichen.

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: {{{diskussionVorher}}}
  • [{{{antragsdiskussion}}} Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge

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