Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/PA555
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Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich
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Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag. |
Antragsübersicht | |
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Antragsnummer | PA555 |
Einreichungsdatum | |
Antragsteller |
Eric Manneschmidt |
Mitantragsteller |
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Antragstyp | Grundsatzprogramm |
Antragsgruppe | Drogen„Drogen“ befindet sich nicht in der Liste (Arbeit und Soziales, Außenpolitik, Bildung und Forschung, Demokratie, Europa, Familie und Gesellschaft, Freiheit und Grundrechte, Internet und Netzpolitik, Gesundheit, Innen- und Rechtspolitik, ...) zulässiger Werte für das Attribut „AntragsgruppePÄA“. |
Zusammenfassung des Antrags | Die Bereiche Drogen- und Suchtpolitik sollen zusammengefasst werden. |
Schlagworte | Drogenpolitik, Suchtpolitik, Jugenschutz, Aufklärung |
Datum der letzten Änderung | 19.02.2013 |
Status des Antrags | |
Abstimmungsergebnis |
AntragstitelSuchtpolitisches Programm der Piratenpartei Deutschland AntragstextDer Bundesparteitag möge beschließen, dass die beim BPT 2011.2 beschlossenen Abschnitte zur Drogen- [1] und Suchtpolitik [2] durch den folgenden Text zusammengefasst bzw. ersetzt wird: Von alters her sind Rausch und Sucht Bestandteile unserer kulturellen Realität. Wir sind daher gezwungen, uns vorurteilsfrei mit den Rahmenbedingungen von Sucht und dem Konsum von psychoaktiven Substanzen und seinen Folgen auseinanderzusetzen, um mit einer pragmatischen Suchtpolitik Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Die bisherige Drogenpolitik zeichnet sich dadurch aus, dass auf der einen Seite mit hohem Aufwand äußerst repressiv gegen bestimmte Substanzen, ihre Konsumenten und Produzenten vorgegangen wird. Andererseits werden andere Substanzen weitgehend gesellschaftlich akzeptiert, wird ihr Konsum und ihre Produktion teilweise sogar aktiv von der Politik gefördert. Grundlage für diese Unterscheidung ist jedoch keineswegs eine nüchterne Analyse des jeweiligen Schädigungs- bzw. Gefahrenpotentials, die Unterscheidung ist vielmehr höchst willkürlich. Das Ergebnis dieser widersprüchlichen Politik ist die völlige Unglaubwürdigkeit der staatlich organisierten Suchtprävention, die Existenz von illegalen Märkten, aus denen vermeidbare und erhebliche zusätzliche Gesundheitsrisiken für Konsumenten entstehen, die Überlastung der Strafverfolgungsbehörden und die Förderung der organisierten Kriminalität, sowie die Schädigung des Gesundheitssystems, der Volkswirtschaft und des gesellschaftlichen Zusammenhalts, sowie nicht zuletzt der betroffenen Menschen. Die Piraten folgen einer auf wissenschaftlichen Fakten beruhenden Suchtpolitik. Basis dieser Suchtpolitik sind: 1. Frühzeitige und umfassende Aufklärung, Jugendschutz Manche Lust oder Begierde kann zu Abhängigkeit führen. Dieser Kontrollverlust über die eigenen Bedürfnisse soll durch frühestmögliche Prävention vermieden werden. Grundlage eines risikoarmen Konsumverhaltens ist das Wissen über Wirkung, Nebenwirkung und mögliche gesundheitliche Schäden nicht nur von psychoaktiven Substanzen, sondern von allem, was in irgendeiner Weise zur Sucht führen kann. Dieses Wissen muss von Kindheit an in Schulen und Freizeiteinrichtungen vermittelt werden, denn ein bereits im Kindesalter gezielt vermitteltes selbstbestimmtes Verhalten ist der beste Weg, den damit verbundenen Herausforderungen und Reizen charakterstark zu begegnen. Prävention muss dabei immer ehrlich und sachlich sein, um nachhaltig überzeugen zu können. Zur Finanzierung dieser Aufklärung sollen psychoaktive Substanzen mit einer entsprechend zweckgebundenen Abgabe belegt bzw. bereits bestehende Steuern in eine solche umgewandelt werden. Kinder und Jugendliche müssen darüber hinaus vor interessengeleiteter einseitiger Information geschützt oder im Umgang mit dieser geschult werden. Die Piraten sprechen sich ausdrücklich für sinnvolle und notwendige Gesetze oder Verordnungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen aus, insbesondere dürfen sie auch im Rahmen der Familie niemals direkt oder indirekt psychoaktiven Stoffe oder ihren schädlichen Wirkungen ausgesetzt werden. 2. Rausch, Eigenverantwortung und Genusskultur Nur wer seine Bedürfnisse zu reflektieren und Gruppenzwängen zu widerstehen gelernt hat, kann selbstbewusst und selbstbestimmt handeln. Rausch ist Bestandteil unserer Gesellschaft und erfüllt wichtige soziale Funktionen. Der Respekt vor dem Individuum und das Vertrauen in seine Vernunft und seine Begabung zur Lebensfreude sind die Voraussetzungen zur Etablierung einer Genusskultur, die den Rausch als schöpferische Möglichkeit zu nutzen versteht. Wir Piraten sind uns dabei der Tatsache bewusst, dass weder Genuss noch Rausch zwingend an den Konsum psychoaktiver Substanzen gebunden ist. Insbesondere der Genuss ist für uns immer eine Frage des individuellen und zudem subjektiven Erlebens, welches wir niemandem vorschreiben können oder wollen. Daher halten wir den Begriff „Genussmittel“ im Zusammenhang mit psychoaktiven Substanzen für unwissenschaftlich und irreführend, das Ausbilden individueller Genussfähigkeit soll dagegen bereits Ziel der frühkindlichen Aufklärung sein. Zur Eigenverantwortung gehört für uns auch, dass sich über eine suchtpolitische Abgabe die Schädigungspotentiale verschiedener Substanzen in ihrem jeweiligen Marktpreis widerspiegeln und diese vom Konsumenten getragen werden. Diese Abgabe soll ausschließlich zur Finanzierung von Prävention/Aufklärung und Entwöhnungs-/Therapieangeboten verwendet werden. 3. Zerschlagung der illegalen Märkte Die Piraten stehen für eine rationale Drogenpolitik. Repression gegen bereits abhängige Konsumenten geht völlig fehl und treibt dem organisierten Verbrechen nicht nur verlässliche Abnehmer, sondern auch extrem risikobereite Helfer zu (Beschaffungskriminalität). Darüber hinaus ist die Kriminalisierung von psychoaktiven Stoffen, deren Gefährlichkeit unter dem der legalen Volksdrogen Tabak und Alkohol liegt, sinnlos und heuchlerisch. Auch hier werden Probleme nur geschaffen, die es in dem Ausmaß nicht geben müsste. Allerdings bleiben Anreize zum illegalen Handel aufgrund der Steuer- und Abgabenlast selbstverständlich bestehen (wie auch heute beim Schmuggel von legalen Substanzen wie Zigaretten oder Alkohol). Durch die Beschränkung der Strafverfolgung auf diese Bereiche, in denen sie sinnvoll und angeraten ist, werden jedoch Polizei und Justiz ihre Ressourcen stärker konzentrieren und besser zur Geltung bringen können. Wir Piraten wollen zudem darauf hinwirken, dass der Bevölkerung ärmerer Länder, in denen heute psychoaktive Substanzen oder ihre Grundstoffe für den europäischen Markt produziert werden, ein Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe garantiert wird, um auch sie der wirtschaftlichen Erpressbarkeit durch die Drogenkartelle zu entziehen. 4. Qualitätskontrolle und Verbraucherschutz Der Konsum und der Erwerb psychoaktiver Substanzen darf nicht unter Bedingungen stattfinden, die den Gesundheitsbehörden die Möglichkeit nehmen, regulierend einzugreifen. Einerseits stiehlt sich der Staat durch Prohibition fahrlässig aus der Verantwortung und überlässt seine Bürger einem unkontrollierbaren Schwarzmarkt, der nichts als gewissenlose Gewinnoptimierung kennt - auf Kosten von Jugend- und Verbraucherschutz. Andererseits werden aber auch die Probleme mit den legalen psychoaktiven Substanzen, an erster Stelle stehen hier Tabak, Alkohol und Medikamente, weitgehend ignoriert oder schöngeredet. Psychoaktive Substanzen müssen einer weitgehenden staatlichen Qualitätskontrolle unterliegen, außerdem muss bei jedem Produkt die Information über Gefahren, Schädigungspotential und Hilfsangebote (Beipackzettel) Priorität haben gegenüber den Marketinginteressen der Verkäufer. Der Vertrieb aller gefährlichen legalen Substanzen muss auf zertifizierte Fachgeschäfte, zu denen nur Erwachsene Zutritt haben, beschränkt sein, Werbung und Sponsoring den Produzenten ausnahmslos verboten werden. Ein barrierefreier und unzensierter Zugriff auf alle Informationen zu psychoaktiven Substanzen ist jedem Bürger zu gewährleisten. 5. Hilfe für Abhängige und Risikokonsumenten Nicht jeder kann mit psychoaktiven Substanzen verantwortungsvoll umgehen. Abhängige und Risikokonsumenten brauchen unser Verständnis und niedrigschwelligen Zugang zu allen Ebenen der Suchthilfe. Die Piraten werden schadensminimierende Sofortmaßnahmen wie Spritzenabgabe, Drug Checking und die kostenlose Abgabe von Originalsubstanzen unter ärztlicher Aufsicht bundesweit umsetzen. Der flächendeckende Ausbau des Netzes an Beratungs- und Hilfseinrichtungen wird nicht nur die größte Not lindern, sondern Angehörige und Co-Abhängige mit einbeziehen. Krankenkassen und Gesundheitssysteme werden so entlastet. Notwendige Regelungen im Rahmen einer neuen Suchtpolitik bedürfen der Einbeziehung aller Beteiligten und Betroffenen zur Gestaltung praxistauglicher Konzepte. 6. Schutz von Nichtkonsumenten Der Staat muss wirksame Maßnahmen dafür treffen, dass Dritte durch den Konsum psychoaktiver Substanzen nicht geschädigt werden. Es sind die Freiheitsrechte aller Bürger zu achten. Dazu gehört ausdrücklich auch das Recht aller Menschen auf gesellschaftliche Teilhabe, niemand darf zur Aufnahme von Substanzen gezwungen werden, auch nicht über die Atemwege. Wie Treppen für Rollstuhlfahrer ist Tabakrauch für Atemwegsbehinderte eine Barriere und schliesst diese nach wie vor von Teilen des öffentlichen Lebens aus. Außerdem muss die Schädigung Dritter unter Einfluss psychoaktiver Substanzen durch gewalttätiges oder fahrlässiges Verhalten, z.B. durch Alkohol im Straßenverkehr, ein Ende haben. In diesem Zusammenhang, nicht zuletzt aufgrund der Verantwortung des erwachsenen Konsumenten, stellen wir die Minderung der strafrechtlichen Schuldfähigkeit bei Taten unter Einfluss psychoaktiver Substanzen in Frage. Allgemeine Drogentests lehnen die Piraten ab. Sie sind auf gefährliche Berufe und Tätigkeiten zu begrenzen. 7. Forschung und Medizin Drogenpolitische Scheuklappen dürfen die medizinische Versorgung von z.B. Schmerzpatienten nicht beeinträchtigen. Die Piraten befürworten die Erforschung derzeit illegaler Stoffe zu therapeutischen Zwecken. Eine weitere Blockade wissenschaftlicher Arbeit lediglich aufgrund dogmatischer Argumente ist nicht hinnehmbar. Patienten sollen in der freien Wahl der Behandlung nicht eingeschränkt werden. Welche Substanzen zur Behandlung verwendet werden können, soll alleine Sache des geschulten, behandelnden Arztes und des aufgeklärten Patienten sein. Dabei muss umfassend über die Gefahren aller verwendeten Mittel aufgeklärt werden. Zusammenfassung Diese sieben Punkte sind die Grundlage einer Suchtpolitik, in deren Mittelpunkt nicht das finanzielle Interesse des Staates oder der Privatwirtschaft, sondern der Mensch steht. Im Zusammenspiel aufeinander abgestimmter Maßnahmen werden erhebliche Ressourcen mobilisiert sowie die vorhandenen zielgerichtet eingesetzt. Dadurch, dass die Steuereinnahmen aus dem Geschäft mit psychoaktiven Substanzen dem allgemeinen Staatshaushalt entzogen werden, entsteht einerseits zum ersten Mal ein wirkliches Interesse des Staates an möglichst objektiver Aufklärung, andererseits wird erst durch die Zweckbindung dieser Mittel eine belastbare Grundlage für eine langfristig und breit angelegte Prävention und Suchthilfe geschaffen. AntragsbegründungDie bisherige Beschlusslage ist weder faktenbasiert noch "unideologisch", auch wenn dies immer wieder behauptet wird. Sie ist auch nicht stringent, z.B. werden offensichtlich verschiedene Definitionen von "Droge" wild durcheinander gebraucht (im Zusammenhang mit z.B. Kaffee oder auch Zigaretten von "Prohibition" zu reden ist vollkommen absurd, siehe unten). Sätze wie "Die deutsche Drogenpolitik setzt seit 40 Jahren fast ausschließlich auf das Mittel der Prohibition und verfolgt damit das unrealistische Ziel einer drogenfreien Gesellschaft." sind sachlich unzutreffend. Die deutsche und europäische Politik hat im Gegenteil in den letzten Jahrzehnten immer wieder Maßnahmen zur Förderung des Drogenkonsums unterstützt, internationale Abkommen blockiert und im Rahmen der Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik dafür sogar Subventionen ausgeteilt, freilich sehr einseitig auf bestimmte psychoaktive Substanzen bezogen (beispielhaft: http://www.rlp.de/no_cache/einzelansicht/archive/2012/april/article/beck-bei-japan-tobacco-international/) . Dass Politiker in Sonntagsreden andererseits immer wieder den Drogenkonsum allgemein oder den Konsum bestimmter Substanzen im Besonderen verdammen, ist ein eigentlich leicht durchschaubares Täuschungsmanöver.
Diskussion
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