Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/PA537

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

Wende dich bei Fragen und (als Antragsteller) Änderungswünschen an ein Mitglied der Antragskommission.

Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer PA537
Einreichungsdatum
Antragsteller

Tin-Te/BettinaGünter; ArtePovera/Lena Rohrbach

Mitantragsteller
Antragstyp Grundsatzprogramm
Antragsgruppe Bildung und Forschung
Zusammenfassung des Antrags Chancengleichheit ist in der BRD zwar in aller Munde, trotzdem ist der Anteil der Kinder aus Nicht-Akademikerhaushalten, die ein Studium beginnen, konstant niedrig. Es geht darum, von den Lippenbekenntnissen wegzukommen und Mechanismen der sozialen Selektion aufzuzeigen und anzugehen. In diesem Antrag werden eine Reihe von konkreten Maßnahmen genannt, die sich in erfolgreichen PISA-Ländern und auch in Deutschland in Reformschulen und Pilotprojekten bewährt haben.
Schlagworte Bildungspolitik; Bildung; Chancengleichheit; Schule
Datum der letzten Änderung 01.11.2012
Status des Antrags

Pictogram voting question.svg Ungeprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Mehr Chancengleichheit im Bildungssystem

Antragstext

Es wird beantragt, folgenden Text an geeigneter Stelle ins Grundsatzprogramm aufzunehmen.

Mehr Chancengleichheit im Bildungssystem

Im europäischen Vergleich fällt Deutschland durch Bildungsbenachteiligung und eine besonders hohe soziale Selektion im Bildungssystem auf. Diese werden durch "harte" organisatorische Mechanismen und "weiche" kulturelle Mechanismen verursacht. Die Piratenpartei Deutschland setzt sich für mehr Chancengleichheit ein: Die soziale Herkunft darf nicht mehr über den Bildungserfolg entscheiden.

Abschied von einem einseitigen Verständnis vermittelnswerter Bildung

Bildungsinhalte sollen sich nicht mehr einseitig an der Norm eines bildungsbürgerlichen Kanons orientieren, sondern andere Perspektiven und ein interessegeleitetes Lernen zulassen. Den unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen der Lernenden soll mit Achtung begegnet werden. Schulen sollten einen Bildungsbegriff vertreten, der junge Menschen nicht benachteiligt, weil ihr Elternhaus sie nicht mit bildungsbürgerlichem Vorwissen, Codes und Spielregeln ausgestattet hat. Lehrkräfte müssen in Aus- und Weiterbildung dafür sensibilisiert werden, wie sich Selektionsmechanismen auswirken.

Langes gemeinsames Lernen

Um mehr Chancengleichheit zu erreichen, treten wir für ein langes gemeinsames Lernen von Kindern mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund ein. Je früher eine Selektion in verschiedene Schultypen stattfindet, desto stärker hängt das Ergebnis davon ab, mit welchen finanziellen Mitteln, welchem Bildungskapital, welchen Erfahrungen, Kompetenzen und Strategien für Bildungswege die Kinder von ihrem Elternhaus ausgestattet wurden. Daher unterstützen wir Schulformen mit heterogener Schülerschaft, die sich um Binnendifferenzierung und möglichst langes gemeinsames Lernen bemühen. Die Piratenpartei Deutschland fordert für diese Schulformen eine angemessene Ausstattung, Experimentierklauseln und die Möglichkeit eigene Oberstufen aufzubauen, damit sie sich als attraktive Schulen behaupten können.

Binnendifferenzierung und individuelles Coaching

Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass kein Kind Schule lediglich als Ort des Scheiterns oder der Unterforderung erlebt und unterstützt daher individuelle Lernwege. Das erfordert eine Abkehr vom Frontalunterricht und von detailliert festgelegten Lehrplänen. Lehrpläne werden zu Eckpunkten, Frontalunterricht zu einer Lehrmethode unter vielen.

Ein Instrument für den Lernerfolg sehen wir im individuellen Coaching. Förderung hat nichts mit Defiziten zu tun. Jeder Schüler profitiert von individueller Förderung. Vor allem ist gezieltes Coaching aber wesentlich billiger, als Kinder eine Klassenstufe wiederholen zu lassen. Mehrsprachigkeit als Chance begreifen und fördern

Eine zweisprachige Sozialisation wird in Deutschland nur geschätzt, wenn es sich um eine populäre Sprache wie Englisch, Französisch oder Chinesisch handelt. Bei vielen Jugendlichen mit beispielsweise türkischem oder arabischem Migrationshintergrund werden dagegen eventuelle Defizite beim Erwerb der deutschen Sprache hervorgehoben. Darin sehen wir eine Diskriminierung.

Studien aus erfolgreichen PISA-Ländern wie Kanada und Finnland belegen: Es erhöht die Bereitschaft, die Zweitsprache zu erwerben, wenn die Muttersprache einbezogen wird. Bilingualität soll bedeuten, in beiden Sprachen einen sicheren Stand zu erwerben. Dafür müssen die vorhandenen pädagogischen Erkenntnisse aus erfolgreichen bilingualem Unterricht für alle Schulen verfügbar gemacht werden, die Kinder mit Deutsch als Zweitsprache unterrichten.

Wir begrüßen muttersprachlichen Unterricht zur Festigung der Muttersprache und zum leichteren Erwerb des Deutschen. Dies darf jedoch nicht mit Selektion der Lernenden in verschiedenen Klassen anhand von Sprache und Herkunft einhergehen. Gezielte muttersprachliche Förderung ist auch für mehrsprachige Kinder in einigen Stunden pro Woche möglich.

Die Anforderungen und Bewertungskriterien für Kinder mit Migrationshintergrund dürfen nicht den Muttersprachler als Maßstab nehmen, sondern müssen dem individuellen Startpunkt Rechnung tragen, um Fortschritte im Spracherwerb wirklich zu würdigen.

Rechtschreibung als Werkzeug, nicht als Dogma betrachten

Über den rigiden Umgang mit der Rechtschreibung findet in der Schule nach wie vor soziale Selektion statt, die sich vor allem gegen Lernende mit Rechtschreibschwächen und mit Migrationshintergrund richtet. Wir möchten einen Diskussionsprozess in Gang setzen, Rechtschreibung als Werkzeug, nicht als Dogma zu betrachten und den realen Gegebenheiten der Erwachsenenwelt anzupassen. Die Zero-Fehlertoleranz-Regel gehört auf den Prüfstand.

Antragsbegründung

Chancengleichheit ist in der BRD zwar in aller Munde, trotzdem ist der Anteil der Kinder aus Nicht-Akademikerhaushalten, die ein Studium beginnen, konstant niedrig. Es geht also darum, von den Lippenbekenntnissen wegzukommen und Mechanismen der sozialen Selektion aufzuzeigen und anzugehen. Dabei kann es nicht darum gehen, Kindern nichtdeutscher Herkunft und aus bildungsfernen Elternhäusern dem vorherrschenden Bildungsbegriffen anzupassen, sondern persönliche Potenziale, Lernwege und –Inhalte zu erschließen und wertzuschätzen.

In diesem Antrag werden eine Reihe von konkreten Maßnahmen genannt, die sich in erfolgreichen PISA-Ländern und auch in Deutschland in Reformschulen und Pilotprojekten bewährt haben. Es gilt, sie in das erstarrte deutschen Bildungssystem zu überführen und den Schulen die Möglichkeit zu geben neue Wege zu beschreiten, die nicht an Bürokratie und engen Rahmenplänen scheitern sollen. Dazu sind Schulversuche, Experimentierklauseln und eine wissenschaftliche Begleitung notwendig.

Die Umsetzung einiger dieser Überlegungen kostet Geld. Doch liegt Deutschland weit hinter den von der OECD geforderten Investitionen in die Bildung zurück. Es geht also nicht um unverschämte Forderungen, sondern um einen enormen Nachholbedarf, um das Niveau anderer Industriestaaten zu erreichen. Weiterhin spart ein Teil der Vorschläge sogar Geld, berücksichtigt man die Kosten, wenn Klassenstufen wiederholt werden müssen, geschweige denn die gesellschaftlichen Kosten, wenn Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen.

Ein auf Berlin bezogenes, ähnliches Positionspapier wurde auf den LMV Berlin 12.2 mit großer Mehrheit verabschiedet: http://wiki.piratenpartei.de/BE:Antragskommission/LMV_2012.2/Antragsportal/Programmantrag_-_057

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: {{{diskussionVorher}}}
  • [{{{antragsdiskussion}}} Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge