Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/PA395

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

Wende dich bei Fragen und (als Antragsteller) Änderungswünschen an ein Mitglied der Antragskommission.

Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer PA395
Einreichungsdatum
Antragsteller

Julitschka für die AG Gesundheitspolitik

Mitantragsteller
Antragstyp Grundsatzprogramm
Antragsgruppe Gesundheit
Zusammenfassung des Antrags Forderung von Wirksamkeitsnachweisen von Therapien und Medikamenten für die Erstattung durch Krankenkassen. Aufklärung der Menschen hinsichtlich der Wirksamkeit von Therapien und Medikamenten durch unabhängige Stellen.
Schlagworte Evidenzbasierte Medizin, Wirksamkeitsnachweis, Aufklärung, Therapien, Medikamente, Kassenleistung, Kostenträger
Datum der letzten Änderung 01.11.2012
Status des Antrags

Pictogram voting question.svg Ungeprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

AG Gesundheitspolitik - Evidenzbasierte Medizin

Antragstext

Der Bundesparteitag der PIRATEN möge diesen Antrag im Grundsatzprogramm der Piratenpartei Deutschland nach dem zu beschließenden Programmbereich Gesundheitspolitik (PA140) mit dem Titel Evidenzbasierte Medizin beschließen und einfügen oder alternativ zwischen den Programmbereichen Für die Vielfalt in der Gesellschaft und Drogenpolitik in einem Programmbereich Gesundheit:

Die Piratenpartei steht für einen rationalen und wissenschaftlichen Umgang mit allen Problemfeldern der Politik. Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass versorgungsrelevante Entscheidungen auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik nach umfangreichen Recherchen in den verfügbaren Quellen des Wissens getroffen werden.

Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass nur belastbare Studien zur Beurteilung der Wirkung von Therapien und Medikamenten Grundlage der Entscheidungen über die Erstattung der Kosten durch die Krankenkassen sind. Die Nachweismethoden sind kritisch zu hinterfragen und geeignete Rahmenbedingungen zu fördern, um die Risiken u.a. ökonomisch motivierter Fehlbewertungen zu verringern. Therapien und Medikamente, deren Wirksamkeitsnachweis nicht erbracht wurde, dürfen nur dann zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden, wenn für das zu behandelnde Krankheitsbild keine kurativen (1) Therapien zur Verfügung stehen oder eine wissenschaftliche Bewertung mit höchster Evidenz (2) sich aus ethischen Gründen verbietet. Therapien zur Linderung sind in die zu erstattenden Versorgungsformen einzubeziehen.

Die Piratenpartei setzt sich für die Aufklärung der Menschen hinsichtlich der Therapien und Medikamente ein, für die ein Wirksamkeitsnachweis nicht erbracht wurde. Dabei geht es ihr darum, die Menschen vor vermeidbarem wirtschaftlichen sowie gesundheitlichen Schaden zu schützen. Die Therapiefreiheit bleibt in den erwähnten Grenzen gewährleistet. Bei der Aufklärung sind stärker vorhandene, von Leistungserbringern unabhängige Angebote zu nutzen sowie diese und weitere dahin zu entwickeln, dass deren Arbeit auch vom Einfluss von Kostenträgern unabhängig wird.

Medizinische Lehren, die nachweislich zu vermeidbaren Schmerzen und Leid bei Patienten führen, sind nicht durch die Therapiefreiheit geschützt.

Antragsbegründung

Statement zum Antrag

Dieser Antrag wurde von der AG Gesundheitspolitik erarbeitet und wird von ihr vertreten.

Begründung

Eine wirtschaftliche Patientenversorgung nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin ist durch das Sozialgesetzbuch (SGB V; unter anderem §§ 12, 70) vorgeschrieben. Kranke haben ein Recht auf Behandlung nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft unter Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien oder nach der jeweils besten, verfügbaren Evidenz.

Die ausdrückliche Beschränkung auf die bestverfügbare Evidenz scheint uns nötig, damit nicht Doppelblindstudien verlangt werden können, wo es keinem Patienten zumutbar ist, zu einer unbehandelten Kontrollgruppe zu gehören. Auch sollen die Anforderung nicht unverhältnismäßig sein, wenn bei Seltenen Erkrankungen weder ein ökonomisches Interesse von Leistungserbringern oder Pharmaindustrie zu Studien führt noch eine genügende Anzahl von Probanden zur Teilnahme erreicht werden kann.

Die Piratenpartei fordert Fachkompetenz als Voraussetzung für das Leistungsgeschehen. Darunter verstehen wir jedoch mehr als die technisch perfekte Anwendung von Apparaten oder Methoden. Ärzte müssen zwar verstärkt angehalten werden Studienergebnisse in der Patientenversorgung zu berücksichtigen, doch Ziel muss es sein, die Bedürfnisse der Patienten und die von ihnen berichtete Ergebnisqualität zu erreichen.

Bei der Abwägung dessen, was vernünftig von Patienten in einem solidarischen Gesundheitssystem gefordert werden kann und von diesem dann zu leisten ist beziehen wir uns auf die "Gesundheitsbedürfnisse" der OECD: A: Gesund bleiben, B: Gesund werden, C: Mit einer Krankheit oder Behinderung leben und D: Das Lebensende bewältigen; (3)

Hinsichtlich der Ansprüche von Patienten auf Aufklärung beziehen wir uns auf die Gutachten der Sachverständigen: „An die Stelle des ‚benevolenten Paternalismus‘ muß als zeitgemäße Form der Arzt-­‐Patient-­‐Beziehung ein ‚Partnerschaftsmodell‘ treten. Darin gibt der Arzt, vermöge seines medizinischen Wissens, den Rahmen vor, innerhalb dessen der Patient mit Hilfe des Arztes seine Entscheidungen trifft.“ Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Jahresgutachten 1992, Ziff. 363 und "Das Leitbild des mündigen, informierten und in seiner Würde und Autonomie respektierten Patienten muss gewahrt werden.“ Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen Band III: „Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit“;2000/2001

Es bleibt ausreichend zu berücksichtigen, dass sich die Interaktion zwischen Ärzten und ihren Patienten nicht erschöpfend durch technische Definitionen beschreiben lässt. Deshalb sei an dieser Stelle auf die Beschreibung der individuellen und krankheitsangepassten Kommunikation verwiesen, wie sie z.B. ausgeführt wird von U. Goldmann-Posch und R.R. Martin: Beziehungsvertrag - Über-Lebensbuch Brustkrebs (Schattauer 2003) Wenn auch die Aufklärung grundsätzlich eine vom Behandler geschuldete Leistung sein und bleiben soll, so haben sich doch zusätzliche Angebote bewährt und sollen ausgebaut werden.

(1) kurativ: wird die Art von Behandlung bezeichnet, die das Ziel verfolgt, die Erkrankung zu heilen bzw. ihr Fortschreiten zu verhindern (2) Evidenz: in diesem Zusammenhang "Nachweis" oder "Beleg"

Quellen:

(3) Arah et al, A conceptual framework for the OECD Health Care Quality Indicators Project (2006)

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: {{{diskussionVorher}}}
  • [{{{antragsdiskussion}}} Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge