Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/PA333

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

Wende dich bei Fragen und (als Antragsteller) Änderungswünschen an ein Mitglied der Antragskommission.

Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer PA333
Einreichungsdatum
Antragsteller

Marc Hellweg

Mitantragsteller
Antragstyp Wahlprogramm
Antragsgruppe Keine der Gruppen
Zusammenfassung des Antrags Die Piratenpartei lehnt die Erteilung von Patenten auf Saatgut für den Geltungsbereich deutschen Rechts ab.
Schlagworte
Datum der letzten Änderung 01.11.2012
Status des Antrags

Pictogram voting question.svg Ungeprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Verbot von Saatgutpatenten

Antragstext

Der Bundesparteitag möge beschliessen, folgenden Text an geeigneter Stelle in das Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 aufzunehmen:

Die Piratenpartei lehnt die Erteilung von Patenten auf Saatgut für den Geltungsbereich deutschen Rechts ab.

Sie wird sich auch auf europäischer Ebene und bei der Umsetzung europäischer Normen in nationales Recht dafür einsetzen, sowohl die Patentierung von Saatgut als auch den Einsatz patentierter Saatgüter dauerhaft auf das Minimum bei gleichzeitig nachgewiesener Risikofreiheit einzuschränken. Der rechtliche Rahmen für das Erheben von Patenten auf Saatgut ist genau und nachvollziehbar festzulegen.

Die Piratenpartei befürwortet Massnahmen zur Erforschung und Reparatur bereits durch patentierte Saatgüter direkt oder indirekt geschädigter Betriebe, Anbauflächen und Genome in der Landwirtschaft. Sie setzt sich für eine Politik ein, die den Schutz natürlich gezüchteter neuer und alter Pflanzenarten und ihre allgemeine Verfügbarkeit zum Wohl aller Menschen stärkt.

Die Piratenpartei wird durch ihre Arbeit im Bundestag, sowohl durch Mitarbeit in Ausschüssen als auch durch parlamentarische Mittel wie etwa sogenannte Kleine Anfragen, auf Transparenz bei der Entscheidungsfindung betreffend Saatgutpatente hinwirken, und die Ergebnisse ihrer Arbeit den davon betroffenen Bauern und Verbrauchern zugänglich machen. Die Piratenpartei wird die Lobbyarbeit der Inhaber von Saatgutpatenten für die Betroffenen transparent machen und die öffentliche Diskussion zu diesen Themen vorantreiben. Dies bedeutet auch eine genauere Beobachtung der Arbeit des Bundessortenamtes, das de facto Zulassungen für neue und alte Saatgüter (genverändert oder nicht) erteilen oder versagen kann.

Antragsbegründung

Unabhängig von den ungelösten ethischen Fragen zur Patentierung von Leben können im Bereich der Patentierung speziell von Saatgut folgende Entwicklungen beobachtet werden:

Geschichtlich nachweisbar sind Patente auf genetisch veränderte Organismen 1983 - der erste Patententrag stammt von Monsanto und betrifft eine genetisch veränderte Petunie.

Es gibt einen Widerspruch zwischen absolutem Besitzanspruch der Patentinhaber auf das veränderte Saatgut und den biologischen Abläufen, die zur natürlichen Durchmischung der veränderten Pflanzen mit dem genpool der Umgebung führen.

Die Überordnung der aus dem Patent abgeleiteten Eigentumsrechte über die Bedürfnisse der Bauern, die das Saatgut nutzen, steht im Widerspruch zur Ableitung des für die Patenterlangung genutzten Materials aus den natürlichen Ressourcen, die von Bauern weltweit seit Beginn des Ackerbaus genutzt werden. Dieses Genom ist Teil der menschlichen Geschichte und der Geschichte des Lebens auf der Erde.

Der Einsatz spezialisierter Sekundärprodukte (Dünger und Herbizide), der im Zusammenhang mit patentiertem Saatgut auftritt, bringt für Anwender und Konsumenten bislang nicht übersehbare Risiken mit sich. Eine saubere Abwägung von Nutzen und Schaden fehlt bislang.

Spezielle Arten von Saatgut bedingen spezielle Arten von wirtschaftlicher Überwältigung der Abnehmer. Beispiele:

Terminatorsamen - das Saatgut erbringt Feldfrüchte, die selber keine fruchtbaren Samen mehr hergeben

Herbizidresistente Pflanzen - das Saatgut erbringt Feldfrüchte, die nur unter Einsatz von zusätzlichen Chemikalien Erträge erbringen

das Saatgut erzeugt Pflanzen, die einheimische Kulturen dauerhaft von den Anbauflächen verdrängen, und so alternative Einkommensquellen verschliessen.

Die Patentierung vorgenannter Techniken auf dem Weg der Patentierung des Saatguts verschliesst den Weg zur Weiterentwicklung von Feldfrüchten auf natürlichem Weg, etwa durch Zuchtwahl oder Kreuzung.


Unter wirtschaftlichem Druck werden patentierte Saatgüter ausgebracht, deren Verträglichkeit mit dem umgebenden Ökosystem und Genom nur auf kurze Sicht erprobt wurde. Die unkontrollierte Durchmischung von patentiertem und nicht patentiertem Genom führt für die Bauern zu Rechtsunsicherheit beim Einsatz des "eigenen" Saatguts.

Es gibt Anhaltspunkte für einen Gebrauch des Patentrechts durch die Rechteinhaber zur Steuerung der wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklung im Umfeld der Nahrungsmittelproduktion. Auf den patentierten Saatgütern aufbauende Produktlinien können von den Erzeugern und anderen wissenschaftlichen Teilnehmern nicht rechtlich abgesichert entwickelt werden.

Am Finanzmarkt wird Spekulation auf Unternehmenswerte wegen gehaltener Patentzahlen beobachtet. Dies führt zu einer inflationären, vom tatsächlichen Wert der Erkenntnisse / Erfindung abgekoppelten Patentierung von Genomen der Saatgüter. Es entstehen grosse, für Forschung und Erzeuger abgeschottete Bereiche, in denen kein Fortschritt bei der Entwicklung von angepassten Pflanzenarten mehr stattfindet.

Preisdiktate unter Berufung auf das Patentrecht machen die wirtschaftliche Situation der Bauern zusätzlich unsicher.

Abschneiden alternativer wissenschaftlicher Entwicklungspfade - das Erforschen neuer Methoden und Pflanzenarten, auch abseits der patentierten Entwicklungslinien, wird in eine rechtliche Grauzone verdrängt, da auch das Vorkommen patentierter Gensequenzen alleine in neuen Züchtungen eine Verletzung von Saatgutpatenten darstellen kann.

Verringerung der Artenvielfalt bei Feldfrüchten - der Einsatz zahlreicher Pflanzen mit identischem, patentiertem Genom in einer Region steht im Widerspruch zu der natürlichen Fluktuation des Genpools bei Feldfrüchten und verringert die Chance, dass andere vorhandene Arten auf unterschiedliche Weise mit den Feldfrüchten wechselwirken. Die Entstehung von Monokulturen wird begünstigt, wobei die Monokulturen viel strenger "mono" sind als beim klassischen Anbau.

Es ist eine Machtverschiebung auch im politischen Bereich zu Gunsten der Patentinhaber zu befürchten. Die politische Erpressbarkeit ganzer Staaten oder Regionen über die Versorgung / Nichtversorgung mit patentiertem Saatgut steht in Widerspruch zum Selbstbestimmungsrecht der Nationen.

Saatgutpatente bedingen eine Verrechtlichung des globalen Genoms und überführen das natürlche Erbe des Planeten in privates Eigentum. Das Naturerbe wird ins Rechtliche hineingezogen und in ein Instrument gesellschaftlicher Machtausübung transformiert.


Weiterführende Links:

http://www.testbiotech.de/taxonomy/term/124 http://www.no-patents-on-seeds.org/images/documents/report_future_of_seed_de.pdf http://www.testbiotech.de/node/183

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: {{{diskussionVorher}}}
  • [{{{antragsdiskussion}}} Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge