Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/PA301
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Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich
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Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag. |
Antragsübersicht | |
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Antragsnummer | PA301 |
Einreichungsdatum | |
Antragsteller | |
Mitantragsteller |
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Antragstyp | Wahlprogramm |
Antragsgruppe | Transparenz„Transparenz“ befindet sich nicht in der Liste (Arbeit und Soziales, Außenpolitik, Bildung und Forschung, Demokratie, Europa, Familie und Gesellschaft, Freiheit und Grundrechte, Internet und Netzpolitik, Gesundheit, Innen- und Rechtspolitik, ...) zulässiger Werte für das Attribut „AntragsgruppePÄA“. |
Zusammenfassung des Antrags | Die Entscheidung des Bundestags zum "Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses" muss geprüft und ggf. revidiert werden |
Schlagworte | Transparenz, Bauten der öffentlichen Hand, Schonung der Ressourcen, Bewahrung kultureller Vielfalt |
Datum der letzten Änderung | 01.11.2012 |
Status des Antrags | |
Abstimmungsergebnis |
AntragstitelSchloss-Freiheit AntragstextEs wird beantragt, im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 (an geeigneter Stelle in den Themenfeldern Umwelt, Kultur und Finanzen) folgendes zum Thema „Bauten der öffentlichen Hand“ einzufügen: Im Sommer 2002 wurde das Bauvorhaben “Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses” vom Deutschen Bundestag beschlossen. Die Planungen zur Umsetzung der parlamentarischen Entscheidung sind inzwischen vorbereitet. Der Baubeginn ist für das kommende Jahr 2013 vorgesehen, das Bauvorhaben muss aber nach heutigem Kenntnisstand dringend in Frage gestellt werden. Aufgrund des geplanten Baubeginns in 2013 schließt sich in den nächsten Monaten das Zeitfenster, die Entscheidung des Bundestags von 2002 zu prüfen und ggf. zu revidieren. Daher soll so schnell wie möglich ein Moratorium für alle Planungen und Vergaben ausgesprochen werden. AntragsbegründungAm prominenten Beispiel des Vorhabens „Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses” zeigt sich in exemplarischer Form Bevormundung, Intransparenz, Unwirtschaftlichkeit und Irrationalität staatlichen Handelns. Die stark beschädigte Schlossruine wurde im Jahr 1950 aus ideologischen Gründen gesprengt und restlos beseitigt. Ab 1974 wurde auf der Fläche ein zeitgemäßer Repräsentationsbau, der „Palast der der DDR“ für etwa 500 Millionen Mark (oder mehr) errichtet, der nach der Wende 1989 wiederum aus ideologischen und wirtschaftlichen Gründen vollständig abgetragen wurde. Da der Abriss ohne Beschluss des Eigentümers, der Bundesrepublik, in Gang gesetzt worden war, versuchte der Bundestag im Jahr 2002 mit der Entscheidung zum „Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses“ nachträglich eine Begründung zu finden, um die Zerstörung der DDR-Baugeschichte an diesem Ort zu rechtfertigen. Nach zehn Jahren Vorbereitung sind im Jahr 2012 die Bauausführungen für den U-Bahn-Bau unter dem geplanten Neubau beauftragt worden. Im Verlauf der nächsten Monaten sollen die Bauleistungen vergeben werden, danach wird jede Änderung des Vorhabens sehr kostenintensiv. Zum Zeitpunkt der Entscheidung im Bundestag war davon auszugehen, dass der “Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses” durch freiwillige Spenden finanziert wird. Nach heutigem Kenntnisstand hat im Wesentlichen die Allgemeinheit die Kosten zu tragen, direkt durch die Finanzierungszusagen vom Bund und vom Land Berlin oder indirekt durch Steuerausfälle in Höhe der absetzbaren Spenden. Die geschätzten und als Kostenrahmen gesetzten Baukosten in Höhe von 590 Millionen EUR sollen verteilt werden wie folgt: Anteil Bundeshaushalt 478 Mio. EUR Finanzierungsbeteiligung des Landes Berlin 32 Mio. EUR Private Spenden für historische Fassade 80 Mio. EUR
1. Verstoß gegen Gebote der Wirtschaftlichkeit 2. Verstoß gegen Gebote der Transparenz 3. Verstoß gegen die Verpflichtung zur schonenden Verwendung endlicher Ressourcen 4. Verstoß gegen die Förderung der kulturellen Vielfalt
Das Vorhaben “Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses” muss überprüft werden, weil es gegen das Gebot der sparsamen Mittelverwendung verstößt, an das die öffentlichen Haushalte gebunden sind. Nach Angabe des BBR (Bundsamt für Bauwesen und Raumforschung) entsteht ein Neubau mit einer Nutzfläche von 41.000 qm für kulturelle und wissenschaftliche Zwecke, für dessen Bau Mittel in Höhe von 590 Millionen Euro bereit zu stellen sind. Kostenvergleich Die geschätzten und als Kostenrahmen gesetzten Baukosten in Höhe von 14.390,- EUR je qm Nutzfläche (NF) liegen weit über den veröffentlichten Richtwerten von Gebäuden vergleichbarer Nutzung: Gebäude für wissenschaftliche Lehre und Forschung Baukonstruktion und technische Anlagen 2.070,- EUR bis 3.750,- EUR je qm NF
Baukonstruktion und technische Anlagen 2.040,- EUR bis 3.410,- EUR je qm NF
Baukonstruktion und technische Anlagen 2.910,- EUR bis 5.920,- EUR je qm NF
Für Außenanlagen und Baunebenkosten sind die oben genannten Summen etwa um weitere 20 bis 30% zu erhöhen. In den Kostenangaben für das Berliner Schloss ist die Nachbildung der historischen Fassade mit einem Kostenanteil von 80 Millionen EUR angegeben. In den Baukosten sind weiterhin über 70 Millionen EUR für die Ersteinrichtung und den Umzug der Museen enthalten. Aber auch nach Abzug dieser Summen ergibt sich ein Wert von etwa 10.000,- EUR je qm NF, der weit über vergleichbaren Gebäuden liegt. Inflationsbedingte Erhöhungen der Baukosten ab März 2007 sind bereits vorab bewilligt. Zukünftige Kostensteigerungen gemäß Baupreisindex sind also nicht mehr durch den Haushaltsausschuss des Bundestages kontrollierbar.
Nutzwert vs. Repräsentationswert Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines öffentlichen Bauvorhabens ist zu prüfen, ob der zu ermittelnde Nutzwert die Investition für einen Neubau rechtfertigt. Als Nutzungen werden angegeben (BBR Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung): Stiftung Preußischer Kulturbesitz/Staatliche Museen zu Berlin 22.500 qm Zentral- und Landesbibliothek 4.000 qm Ausstellung Humboldt-Universität Berlin 1.000 qm Zentraler Veranstaltungsbereich "Agora" 13.500 qm Geeignete Flächen für die benannten Nutzungen sind an anderen Standorten in Berlin ausreichend vorhanden. Für die Zentral- und Landesbibliothek Berlin plant die Berliner Landesregierung derzeit einen Neubau auf dem Tempelhofer Feld. Für ein Bauwerk ohne Nutzung, z.B. für ein Denkmal, ist nicht der Nutzwert, sondern der sog. Repräsentationswert Grund für die Aufwendungen zu Errichtung und Unterhalt. Für das Vorhaben “Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses” ist zu erwarten, dass der Repräsentationswert den Nutzwert deutlich übersteigt. In einer Zeit, in der den öffentlichen Haushalten der Bundesrepublik und ihrer Nachbarstaaten erhebliche Risiken und Lasten aufgebürdet werden, die starke Verwerfungen in den Volkswirtschaften Europas nach sich ziehen, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser repräsentativen Rekonstruktion in aller Schärfe neu. Es ist allgemein bekannt, dass die Verschuldung der öffentlichen Hand, aber auch die Verpflichtungen aus Kreditbürgschaften, ein Ausmaß erreicht haben, das im Jahr 2002 nicht vorherzusehen war. Weiterhin ist bekannt, dass die Sammlung von Spenden bisher weit hinter den Zielen zurückgeblieben ist.
zu 2. Verstoß gegen Gebote der Transparenz Das Vorhaben “Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses” muss überprüft werden, weil es gegen die Forderung nach Transparenz des staatlichen Handelns verstößt. Die Initiative zum Wiederaufbau ging von einer Privatperson und von einem engagierten Verein aus, der seit dem Jahr 2004 Spenden für das Projekt sammelt, inzwischen knapp 1.500 Mitglieder zählt und nach eigenen Angaben bis zum Sommer 2012 zwanzig Millionen Euro als Spenden eingenommen hat. Das durch den Verein aufgebrachte Spendenvolumen hat zweckgebunden der Rekonstruktion des Schlosses zur Verfügung zu stehen. Das Berliner Schloss wird aber nicht aus überkommenen Resten rekonstruiert, auch wenn der Wortlaut des Bundestagsbeschlusses dies vermuten lässt. Geplant wird ein Neubau nach den heutigen Regeln der Technik. Die von Mitgliedern des Bundestages geäußerte Behauptung, dass der „Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses“ ein wichtiges nationales Vorhaben ist, wurde bisher nicht durch eine repräsentative Befragung der Wählerschaft bestätigt. Die vom Bund gegründete gemeinnützige Stiftung Berliner Schloss - Humboldtforum ist Bauherrin der Baumaßnahme: Sie bündelt die Interessen der Nutzer als koordinierender Partner und wirbt um Spenden für die Wiedererrichtung der historischen Fassaden und für den Bau des Gesamtprojektes (lt. BBR). Diese vom Bund getragene Stiftung ist bisher nicht verpflichtet, die Transparenz des Spendenaufkommens zu gewährleisten. Es ist zu fordern, dass sowohl die Höhe wie auch Herkunft und Verwendung aller Spenden öffentlich einzusehen sind. Die Stiftung als Bauherrin muss jederzeit darlegen können, warum und in welcher Höhe Spendenmittel, Kredite, Steuermittel und/oder Fördermittel eingesetzt werden sollen. Im Übrigen ist bekannt und dokumentiert, dass die bisherigen Auftragsvergaben bereits mehrfach durch juristisch angreifbare Konstruktionen verteidigt wurden.
zu 3. Verstoß gegen die Verpflichtung zur schonenden Verwendung endlicher Ressourcen Bei der Entscheidung des Bundestags im Jahr 2002 wurden die Baukosten, aber auch die Folgekosten nicht erörtert. Bis heute wurden die Gesamtkosten nicht hinreichend erfasst. Errichtung, Betrieb, Modernisierung und Rückbau des geplanten Vorhabens sind einer vollumfänglichen und gewissenhaften Lebenszyklusbetrachtung zu unterziehen, um die Lasten für die nachfolgenden Generationen vorausschauend zu bewerten.
zu 4. Verstoß gegen die Förderung der kulturellen Vielfalt Errichtung und Betrieb der zentralen Einrichtung des geplanten „Humboldtforums“ in der Mitte Berlins konterkarieren alle Bemühungen um Förderung der kulturellen Vielfalt auf Bundes- wie auf Landesebene. Das Selbstverständnis der Bundesrepublik lebt mit der Erkenntnis, dass eine föderalistische Organisationsstruktur mehr Gerechtigkeit, Partizipation und Demokratie gewährleistet als zentralistische Strukturen. Die großen Herausforderungen der Zukunft liegen in der Aufgabe, den erkennbaren existentiellen Bedrohungen der vielfältigen menschlichen Existenz mit angemessenen technischen und wirtschaftlichen Optionen entgegenzutreten. Dafür ist die Unterstützung einer Vielzahl von kulturellen Institutionen notwendig, in der Bundesrepublik, in Europa wie auch im außereuropäischen Raum. Diskussion
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