Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/PA121

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

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Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer PA121
Einreichungsdatum
Antragsteller

Rainer Klute

Mitantragsteller
Antragstyp Grundsatzprogramm
Antragsgruppe Energie„Energie“ befindet sich nicht in der Liste (Arbeit und Soziales, Außenpolitik, Bildung und Forschung, Demokratie, Europa, Familie und Gesellschaft, Freiheit und Grundrechte, Internet und Netzpolitik, Gesundheit, Innen- und Rechtspolitik, ...) zulässiger Werte für das Attribut „AntragsgruppePÄA“.
Zusammenfassung des Antrags Ausstieg aus fossilen Energien und herkömmlicher Kernkraft. Einstieg in nachhaltige, umweltschonende, dezentrale, bezahlbare, versorgungssichere Energien. Erneuerbare Energien + Transmutation zum Atommüllabbau. Netzinfrastruktur in öffentlicher Hand.
Schlagworte CSS, Dezentralisierung, Energie, Erneuerbare, Fossile, Fracking, Kernenergie, Methan, Nachhaltigkeit, Netzinfrastruktur, Ökonomie, Photovoltaik, Pumpspeicher, Regionalisierung, Sonnenenergie, Sozialverträglichkeit, Transparenz, Umwelt, Versorgungssicherheit, Wasserenergie, Windenergie
Datum der letzten Änderung 01.11.2012
Status des Antrags

Pictogram voting keep-light-green.svg Geprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Ausstieg aus der Stromerzeugung durch herkömmliche Kernkraftwerke

Antragstext

Der Bundesparteitag möge beschließen, folgenden Text in das Grundsatzprogramm an der Stelle »Energiepolitik« aufzunehmen:

Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit

Die aktuelle energiepolitische Ausrichtung ist geprägt von Erzeugungs- und Verteilungsstrukturen, die zu einseitig Gewinnorientierung in den Vordergrund stellen. Die verfügbaren Ressourcen sind jedoch endlich und deren Verbrauch ist terminiert. Dies erfordert eine kurzfristige und vollständige Umstellung der Energiewirtschaft auf langfristig verfügbare Energiequellen unter folgenden Prämissen:

  • nachhaltig,
  • umweltschonend,
  • dezentral dort, wo dies sinnvoll und praktikabel ist,
  • transparent,
  • volkswirtschaftlich sinnvoll,
  • sozial und gesellschaftlich verträglich

Wesentlich sind dabei auch Energieeinsparung und Effizienzgewinne bei Erzeugung, Verteilung und Verbrauch.

Ein wichtiger Aspekt der Versorgungssicherheit ist die Dezentralisierung der Energiegewinnung und -verteilung. Wir setzen dabei auf kleinteilige Strukturen, da diese mehr Sicherheit schaffen als große, zentralisierte Einheiten. Zugleich sind die Betriebs- und Ausfallrisiken geringer. Die Energiewirtschaft wollen wir zudem so organisieren, dass Beschaffung, Erzeugung und Verteilung möglichst diversifiziert und transparent erfolgen. Auch die Preisgestaltung wird öffentlich nachvollziehbar vorgenommen. Heterogene Strukturen und fairer Wettbewerb nach den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft unter staatlicher Aufsicht werden dieses Ziel gewährleisten. Unabdingbar ist dabei eine stärkere Bürgerbeteiligung bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Der Schwerpunkt auf Dezentralisierung schließt volkswirtschaftlich sinnvolle Großprojekte – beispielsweise grenzüberschreitende Verbünde von Windkraftanlagen und Verteilungsnetzen sowie internationale Forschungs- und Entwicklungsprojekte – grundsätzlich mit ein, sofern diese vor allem auf Kooperation und Nachhaltigkeit ausgerichtet sind und an realen Bedarfszahlen ermittelt werden. Infrastruktur, Kraftwerke und Netzausbauten zum reinen Zweck der Gewinnmaximierung und Bildung von Infrastrukturmonopolen lehnen wir ab.

Von der dauerhaften Verfügbarkeit einer bezahlbaren Energieversorgung hängt unser aller Zukunft wesentlich ab. Die Piratenpartei Deutschland setzt sich daher für einen mit allen Beteiligten abzustimmenden nationalen Energieplan zur Erreichung der oben genannten Ziele ein.


Energiegewinnung aus langfristig verfügbaren Ressourcen

Die Piratenpartei Deutschland steht für eine langfristig gesicherte Energieversorgung. Daher werden wir die Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen und herkömmlicher, leichtwasserbasierter Kernkraft so schnell wie möglich durch nachhaltig verfügbare und umweltschonende Ressourcen ersetzen. Dazu gehört auch der adäquate Ausbau von Verteilungsnetzen und Energiespeichern. Dies wird ökologisch und ökonomisch durch wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse und wahrscheinliche Szenarios begründet, wobei sich die Planung an der messtechnischen Erfassung des Verbrauchs orientieren wird. In Frage kommen erneuerbare, also praktisch unbegrenzt verfügbare Ressourcen wie Wind, Sonne und Wasser, aber auch Gezeiten und Geothermie, in begrenztem Umfang Biomasse sowie im Zuge der Erforschung und Entwicklung entsprechender Technologien eventuell auch neue Methoden der Kernenergienutzung (z. B. Fusion), die durch Erschließung unkonventioneller Ressourcen Energieversorgung für fast unbegrenzte Zeit ermöglichen. Wir wollen erreichen, dass innerhalb einer Generation der gesamte Energiebedarf in Deutschland aus solchen Quellen gedeckt werden kann.

Wir wissen, dass auch die Umstellung auf erneuerbare Energien Risiken birgt. Dies gilt unter anderem für die exzessive Nutzung von Wasserkraft und Geothermie sowie für die Gewinnung von Biomasse aus Energiepflanzen in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Deswegen setzen wir auf umweltverträgliche Verfahren, welche die Inanspruchnahme von landwirtschaftlich genutzten Flächen und Naturgebieten minimieren. Beispiele dafür sind die integrierte Methanisierung und Kompostierung sowie die Gasgewinnung aus biogenen Abfällen oder auch die Erzeugung von Synthesegas durch Plasmarecycling von Abfällen aller Art.

Bis der Bedarf durch langfristig nutzbare Energiequellen voll gedeckt werden kann, werden für eine begrenzte Zeit auch Leichtwasser-Kernenergie und fossile Energieträger genutzt werden. Um auch dabei die Risiken für die Umwelt gering zu halten, lehnen wir Fracking-Verfahren zur Erdgasförderung sowie die CCS-Methode zur Kohlendioxid-Verpressung ab. Nicht zuletzt, da solche Technologien den Energiebedarf weiter erhöhen, die Macht der Oligopole festigen und die Energiewende verzögern.


Energiespeicherung, Netzausbau und Netzneutralität

Im Sinne der nachhaltigen Versorgungssicherheit und zur Vermeidung einer Konzentration auf wenige Anbieter wollen wir die Hoheit über Strom-, Gas- und Wärmenetze sowie deren Regulierung wieder in die öffentliche Hand übertragen. Unsere Politik wird gewährleisten, dass die Netzinfrastruktur den Systemwandel in der Energiewirtschaft unterstützt.

Der Ausbau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen bedingt eine Anpassung der Netztopologie und zugleich eine ökonomisch und energetisch effiziente Speicherung von Energie. Der gleichberechtigte Netzzugang einer Vielzahl von Erzeugern mit großen regionalen Unterschieden in Erzeugungskapazität und zeitlicher Verteilung erfordert den verstärkten Einsatz intelligenter Managementsysteme. Angebotene und abgenommene Energiemengen werden unter Wahrung des Datenschutzes auf kommunaler Ebene messtechnisch erfasst und optimal aufeinander abgestimmt. Generell soll stärker als bisher der Verbrauch der Energieerzeugung folgen und weniger die Energieerzeugung dem Verbrauch. Zusätzlich werden wir Maßnahmen zur Energieeinsparung fördern sowie eine effiziente Kraft-Wärme-Kopplung aktiv voran treiben.

Vor diesem Hintergrund treten wir für eine unter Partizipation der betroffenen Bürger genossenschaftlich organisierte, dezentrale und diversifizierte Energieerzeugung in kleinteiligen Kraftwerksverbünden und dementsprechend für kurze Netzwege ein. Dieses Ziel wird durch kommunale Energiekonzepte erreicht, die auf einheitlichen Standards basieren.

Zur Sicherstellung des gerechten Netzzugangs aller Marktteilnehmer ist außerdem eine neutrale, rekommunalisierte Netzinfrastukur erforderlich. So lassen sich für regionale Netze auf Stadt- und Landkreisebene im Jahresmittel ausgeglichene Energiebilanzen erzielen. Dazu kommt, dass kleinere, autarke Netze und dezentrale Anbieter die Versorgungssicherheit deutlich erhöhen und die Gefahr von Blackouts verringern. Außerdem wird so der Aufbau einer dezentralen Energiespeicherinfrastruktur neben großen, zentralen Lösungen gefördert. Dadurch werden Monopolstrukturen eingeschränkt und die Investitionen für den Ausbau von Fernleitungsnetzen reduziert. Dies bietet auch insofern ökologische Vorteile, als Seekabel und Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsstrecken (HGÜ) erhebliche Auswirkungen auf Ökosysteme und Landschaft haben können. Die bundesweite Koordination dieser Maßnahmen soll Aufgabe einer in ihren Kompetenzen gestärkten Bundesnetzagentur sein.

Die Konzentration auf rein dezentrale Strukturen erfordert den Ausgleich typischer Fluktuationen in Wind- und Solarenergie sowie das Abfangen von Bedarfs- bzw. Angebotsspitzen. Wir werden daher die lokalen Netze mit Nachbarnetzen und diese wiederum mit größeren regionalen und internationalen Einheiten koppeln und durch jeweils in die Region passende Energiespeicher puffern. Durch diesen Regionenverbund kann der aufwändige und Großanlagen bevorzugende Energietransport über große Entfernungen, etwa von Offshore-Windparks mit HGÜ-Trassen, auf wenige Punkt-zu-Punkt-Verbindungen reduziert werden.

Neben gängigen Speichermethoden sollen auch neue Möglichkeiten genutzt werden. Dazu gehört insbesondere die Erzeugung von Methangas durch Windenergie. Überschüssiger Strom kann so in Methan umgewandelt und in die bereits bestehende Speicher- und Verteilungsinfrastruktur für Gas umgeleitet werden.

In diesem Szenario nutzen alle Regionen Deutschlands ihre Potenziale für erneuerbare Energien weitgehend aus. Es findet bei Bedarf ein deutschlandweiter Stromaustausch statt, so dass nur zu einem geringen Anteil Strom aus Nachbarstaaten importiert oder in diese exportiert werden muss.

Insgesamt ist dieses Konzept kurzfristig umsetzbar. Es bringt zudem sowohl ökologische als auch regional- und volkswirtschaftliche Vorteile. Die Piratenpartei tritt daher für eine entsprechende Anpassung des Energieleitungsausbaugesetzes im Rahmen des nationalen Energieplans ein.


Ausstieg aus der Stromerzeugung durch herkömmliche Kernkraftwerke

Die Piratenpartei Deutschland setzt sich dafür ein, die Stromerzeugung durch Kernspaltung in herkömmlichen Reaktoren zu beenden. Anlagen für medizinische und wissenschaftliche Anwendungen sind davon ausgenommen. Wir begründen dies mit den Risiken bei Uranbergbau, Transport, Anreicherung, Betrieb, Wiederaufbereitung und insbesondere Endlagerung sowie mit der außerordentlichen Ineffizienz von Leichtwasserreaktoren, die nur 0,7 Prozent der Ressource Uran nutzen. Dazu kommt die Gefährdung durch potenzielle Katastrophen und Anschläge. Wir wollen daher die bestehenden Kernkraftwerke Hand in Hand mit dem Ausbau erneuerbarer Energiequellen abschalten. Laufzeitverlängerungen und Neubauten herkömmlicher Kernkraftwerke werden ausgeschlossen.

Wir bleiben offen für zukünftige Entwicklungen auf dem Gebiet der Kerntechnik. Neue Technologien machen eine Neubewertung der Risiken erforderlich. Insbesondere setzen wir uns für Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Transmutation ein. Sie könnte einen Weg eröffnen, die radioaktive Lebensdauer des bereits vorhandenen Reaktorabfalls (bestrahlte Brennelemente) sehr stark zu verringern. Dies würde einen entscheidenden Beitrag zur Lösung der Endlagerproblematik leisten.

Ferner unterstützen wir die Erforschung der kontrollierten Kernfusion.


Förderprogramme

Den Umstieg auf langfristig verfügbare Energiequellen wollen wir weiterhin durch Förderprogramme unterstützen. Damit verbundene Zuschüsse, Einspeisevergütungen, Prämien und Steuervorteile werden in jedem Fall auf ökologisch und volkswirtschaftlich sinnvollen Einsatz hin überprüft. Soziale Ausgewogenheit sowie Wirksamkeit unmittelbar für den vorgesehenen Zweck und die Schonung von Ressourcen sind weitere Bedingungen. Wichtige Förderschwerpunkte sind dabei dezentrale Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung und der Fernwärme, Wärmedämmungsmaßnahmen, Verbesserung der Energieeffizienz sowie Verbrauchsvermeidung. Als flankierende Maßnahme werden kostenlose Angebote zur Energieberatung geschaffen.

Wir halten es für sinnvoll, Förderprogramme langfristig anzulegen und Planungssicherheit zu bieten. Andererseits sehen wir die Notwendigkeit, diese Programme nach Erreichung des Förderzwecks auch konsequent zurückzufahren. Speziell für die Photovoltaik ist eine angemessene Reduzierung der umlagefinanzierten Einspeisevergütung für Solarparks mit hohem Landschaftsverbrauch angebracht.

Grundsätzlich hat die steuerfinanzierte Förderung von Grundlagenforschung und Entwicklungsprojekten gegenüber der reinen Bezuschussung von Investitionsausgaben Vorrang.

Ergebnisse aus staatlich finanzierten Programmen sind der Öffentlichkeit verpflichtend allgemein zugänglich zu machen.

An der Umstellung unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsform auf erneuerbare Energien führt kein Weg vorbei. Mit den hier genannten Maßnahmen wird es gelingen, diese Herausforderung zu meistern.

Antragsbegründung

Dieser Antrag beruht auf dem Programmantrag 055, der für den BPT 2012.1 eingereicht wurde und auf einem Positionspapier der AG Energiepolitik aufbaut. Er wurde von der AG Nuklearia erweitert: Das Hauptziel, die Energierzeugung Deutschlands vollständig auf postfossile Quellen umzustellen, bleibt ohne Wenn und Aber erhalten. Zusätzlich wurde jedoch das Problem der bereits angesammelten Reaktorabfälle (hier bezogen auf bestrahlte Brennelemente) aus Leichtwasserreaktoren berücksichtigt. Diese bringen aufgrund ihrer noch sehr lange (ca. 300.000 Jahre) anhaltenden Strahlung ein Entsorgungsproblem mit sich, das in irgendeiner Weise von der Gesellschaft gelöst werden muss. Auch das Abschalten aller Leichtwasserreaktoren bis 2022 führt nicht zum Verschwinden dieser Abfälle, es werden nur danach keine neuen erzeugt.

Die Suche nach einem Endlager für quasi unendliche Zeit ist eine Möglichkeit. Die AG Nuklearia setzt sich jedoch für Erforschung und Entwicklung von Technologien ein, die die Endlagerung über geologische Zeiträume unnötig machen: Transmutation der langlebigen Abfallkomponenten (Transurane) durch Neutronenbestrahlung. Hierfür sind Schnelle Reaktoren, zum Beispiel der in den USA entwickelte Integral Fast Reactor, oder aber auch beschleunigergetriebene subkritische Anordnungen oder zukünftige Fusionsreaktoren geeignet. Wenn es gelingt, mit einer dieser Technologien die Zeitdauer, die das Material sicher eingelagert werden muss, um den Faktor 1000 zu verringern, wäre ein sehr entscheidender Schritt zur Lösung des Problems der nuklearen Abfälle getan. Zusätzlich kann durch Zerstörung der Transurane viel klimaneutrale Energie erzeugt werden - zur Untermauerung der Erneurbaren und Abdeckung der Grundlast. Solcherart wäre diese Option in doppelter Weise von großem Nutzen für die Gesellschaft.

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: {{{diskussionVorher}}}
  • [{{{antragsdiskussion}}} Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge