Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/PA109

Aus Piratenwiki
Wechseln zu: Navigation, Suche

<- Zurück zum Antragsportal


Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

Wende dich bei Fragen und (als Antragsteller) Änderungswünschen an ein Mitglied der Antragskommission.

Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer PA109
Einreichungsdatum
Antragsteller

PirateJoker für die AG Psyche

Mitantragsteller
Antragstyp Wahlprogramm
Antragsgruppe Psyche„Psyche“ befindet sich nicht in der Liste (Arbeit und Soziales, Außenpolitik, Bildung und Forschung, Demokratie, Europa, Familie und Gesellschaft, Freiheit und Grundrechte, Internet und Netzpolitik, Gesundheit, Innen- und Rechtspolitik, ...) zulässiger Werte für das Attribut „AntragsgruppePÄA“.
Zusammenfassung des Antrags Forderung nach besserer Qualität in der psychiatrischen Diagnostik, Unterstützung des Konzeptes des Persönlichen Budget, nach freiem Zugang zu den eigenen Patientenunterlagen und weniger bürokratische Hürden.
Schlagworte Psychiatrie, Psychologie, Psychotherapie, Persönliches Budget, Diagnostik, Qualität, Patientenakten, Patientenrechte
Datum der letzten Änderung 31.03.2013
Status des Antrags

Pictogram voting keep-light-green.svg Geprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Psychiatrie 3.0: Verrückt ist auch normal - Antrag 5

Antragstext

Der Bundesparteitag der PIRATEN möge im Teilprogrammbereich "Psychiatrie 3.0: Verrückt ist auch normal" diesen Antrag als fünften Programmpunkt dieses Teilbereiches beschließen:

Rechte der psychiatrischen Patienten
Persönliches Budget
Seit dem 1. Januar 2008 haben Menschen mit Anspruch auf Teilhabeleistungen einen Rechtsanspruch auf das Persönliche Budget. Die PIRATEN unterstützen dieses Konzept als Teilschritt zur Verwirklichung der Inklusion von Menschen mit gesundheitlichen Erkrankungen bzw. Störungen und wirken an seiner stetigen realitätsgerechten Verbesserung mit. Antragsstellungen sollen unabhängig vom Leistungsträger einfach und unbürokratisch ermöglicht werden. Des weiteren fordern die PIRATEN, dass Menschen mit Anspruch auf Teilhabeleistungen umfassend über diese Rechtsansprüche und das Beantragungsverfahren informiert werden.

Qualität in der Diagnostik
Die PIRATEN fordern eine Reform der Richtlinien, die eine sorgfältigere psychiatrische Diagnostik sicherstellen. Psychiatrische Diagnosen müssen ausreichend begründet und gesichert sein, bevor sie gestellt werden dürfen. Die Diagnosen sind mit dem Patienten zu besprechen. Die wissenschaftlichen Fachverbände und Betroffenenverbände sollen gemeinsam eine Reform der Richtlinien erarbeiten, die die notwendige Gewissenhaftigkeit bei der Diagnosestellung sicherstellen, aber auch den Anforderungen des klinischen Alltags gerecht werden. Zusätzlich soll ermöglicht werden, nicht oder nicht mehr zutreffende Diagnosen auf Antrag des Betroffenen löschen zu lassen. Dafür erforderliche Richtlinienänderungen sollen von den wissenschaftlichen Fachverbänden und Betroffenenverbänden gemeinsam erarbeitet werden.

Freier Zugang zu Patientenakten
Jeder Patient hat das Recht, seine Patientenakte in vollem Umfang zu lesen. Die PIRATEN fordern für alle Patienten den freien, uneingeschränkten Zugang zu ihren Patientenakten. Die Einsichtnahme soll unbürokratisch, kostenfrei, zeitnah und in therapeutischer Umgebung (Begleit-Pflicht) ermöglicht werden.

Weniger bürokratische Hürden für Patienten
Die PIRATEN setzen sich dafür ein, dass Patienten, die sich in psychiatrischer Behandlung befinden oder sich in eine solche begeben wollen, ab dem Zeitpunkt der Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit den Anspruch darauf erhalten, von einem Sozialarbeiter oder -pädagogen Unterstützung zu bekommen, wenn sich abzeichnet, dass der Patient mittel- bis langfristig nicht in der Lage sein wird, eigenständig seinen Alltag zu bewältigen. Diese Unterstützung soll dem Patienten alltagspraktische Hilfestellung bieten, ohne dass dafür ein Betreuungsverfahren eingeleitet werden muss.

Antragsbegründung

Zu Persönliches Budget
Das Persönliche Budget ermöglicht Menschen mit einem Anspruch auf Teilhabeleistungen (Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung), anstatt einer traditionellen Sachleistung oder Dienstleistung Geld oder in Ausnahmefällen Gutscheine zu erhalten. Sie können so theoretisch selbst entscheiden, wann welcher Dienst und welche Person die Unterstützung erbringen soll und diese als „Kunde“ unmittelbar selbst bezahlen. Quelle: Persönliche Budget Angebote wie Ergotherapie, Musiktherapie, Tanztherapie und Sport und Gespräche werden in den Tageskliniken und Tagesstätten angeboten. Das Persönliches Budget ist seit 2008 eine neue Form der Finanzierung. Menschen mit Behinderung erhalten Geld, um Hilfe- und Assistenzleistungen einzukaufen. Quelle: Sozialpsychiatrie Den Menschen mit psychischen Störungen und niedrigen Einkommen Therapieangebote, wie eben Ergotherapie oder Musiktherapie zu ermöglichen, durch das Persönliche Budget, trägt dazu bei, die Lebensqualität und den Therapieerfolg zu stärken bzw. zu befördern. Das Persönliche Budget ist quasi eine Mehrbedarfsleistung über den normalen Bedarf hinaus, anders als bei einem Menschen ohne Mehrbedarf. Bestehende Instrumente des Sozialsystems zu bejahen und konstruktiv an seiner Weiterentwicklung und Verbesserung mitzuwirken, sollte Ziel der Piratenpartei sein, wenn solche Instrumente hilfreich sind und effektiven Nutzen aufzeigen. Das Persönliche Budget als kleiner Teil des Konzeptes der gemeindenahen psychiatrischen Versorgung sollte hier bejaht und seine realitätsgerechte Weiterentwicklung gefordert werden.

Zu Qualität in der Diagnostik
Aktuell werden psychiatrische Diagnosen noch zu oft gestellt, ohne dass sich der Arzt ausführlich mit dem Patienten und seinen Beschwerden befasst hätte. Das führt auch dementsprechend zu Fehldiagnosen oder zu einer voreiligen Pathologisierung, was zum einen eine unpassende Behandlung nach sich ziehen, zum anderen allein durch die Etikettierung für den Patienten belastend sein kann. Eine Diagnose kann für den Betroffenen und für die Behandelnden hilfreich sein, dafür muss sie aber auf einer gründlichen Exploration der gesamten Symptomatik beruhen. Aktuell herrscht noch verbreitet die Annahme, dass alle psychischen Störungen chronisch und unheilbar wären. Das trifft aber bei vielen Störungen gar nicht zu. Deshalb ist es auch von großer Bedeutung, dass nach Diagnosestellung auch regelmäßig kontrolliert wird, ob diese Diagnose immer noch auf den Patienten zutrifft.

Zu Freier Zugang zu Patientenakten
Das Recht auf Einsicht in die Patientendokumentation als eine besondere Form der Auskunftserteilung beruht nicht nur auf Datenschutzrecht bzw. dem "Recht auf Selbstbestimmung und der personalen Würde des Patienten" (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG; BVerfG NJW 1999, 1777 = ArztR 1999, 52 = MedR 1999, 180), sondern besteht auch als Nebenrecht aus dem Behandlungsvertrag und zivilrechtlich zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen (§ 810 BGB). Eine weitere Grundlage dieses Recht findet sich in den ärztlichen Berufsordnungen (§ 10 Abs. 2 MBO-Ä). Im Rahmen eines Arztprozesses kommt noch ein prozessuales Einsichtsrecht des Patienten hinzu (§ 422 ZPO). Die Akteneinsicht ist ein Holrecht für den Patienten. Die Art und Weise der Einsichtsgewährung (Ort, Zeitpunkt, Umstände) liegt ebenso wie die Auskunftserteilung im Ermessen des Arztes. Einschränkungen des Einsichtsrechtes können sich aus speziellen Gesetzen ergeben. Therapeutische Gründe können einer Einsicht grds. nicht entgegenstehen. Auch dem psychisch Kranken steht ohne ein besonderes Interesse geltend machen zu müssen das Recht auf Akteneinsicht zu (BVerfG NJW 1999, 1777). Es gibt hier aber außerhalb des strengen Anwendungsbereiches der Datenschutzgesetze spezifische Ausnahmen. Hinsichtlich Unterlagen aus psychiatrischer Behandlung kommt der ärztlichen Entscheidung, ob eine Aushändigung an den Patienten medizinisch verantwortbar ist, besonderes Gewicht zu. Allerdings darf der Arzt die Einsicht nicht pauschal unter Hinweis auf ärztliche Bedenken verweigern. Er hat vielmehr die entgegen stehenden therapeutischen Gründe im Einzelfall nach Art und Richtung näher zu kennzeichnen, ohne dabei ins Detail gehen zu müssen. Es muss eine Abwägung zwischen dem aus dem Persönlichkeitsrecht abgeleiteten Anspruch des Patienten auf Wissen über Diagnose und Behandlung einerseits und medizinisch begründeten Patientenschutzinteressen andererseits erfolgen. Solche Schutzinteressen sind insbesondere gegeben, wenn infolge der Einsicht in die gesamte Akte eine Selbstgefährdung des Patienten droht. Darüber hinaus sind Interessen Dritter zu berücksichtigen, die in die Behandlung einbezogen worden sind. Der Arzt kann auch eigene Interessen an der Erhaltung der therapeutischen Handlungsfähigkeit oder des Eigenschutzes berücksichtigen. Bei noch nicht abgeschlossener Behandlung kann eine Verweigerung eher begründet werden als bei Befund-, Prognose- und Planungsdaten vor einer Behandlung und als in den Fällen einer u.U. seit Jahren abgeschlossenen bzw. abgebrochenen Behandlung. Wegen des "objektiven Charakters" von Arztbriefen, Befunden und Epikrisen können diese auch im Bereich der Psychiatrie nicht vom Einsichtsrecht ausgeschlossen werden. Bestehen die medizinischen Verweigerungsgründe bei Anwesenheit des behandelnden oder eines anderen Arztes bei der Akteneinsicht nicht, so muss vor der Verweigerung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden. In jedem Fall, auch bei psychiatrischen Unterlagen, muss bei der Einblicksverweigerung ein Informationsparadox verhindert werden. Da das Einsichtsrecht auch ein Kontrollrecht ist, muss ausgeschlossen werden, dass der kontrollierte Arzt den Umfang seiner Kontrolle selbst bestimmen kann. Dies führt dazu, dass in jedem Fall eine unabhängige Instanz oder ein Arzt oder eine Person des Vertrauens durch Einsicht in relevante Arztakten eine Kontrolle durchführen darf.

Zu Weniger bürokratische Hürden für Patienten
Menschen mit psychischen Störungen können teilweise durch ihre Symptomatik in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt sein. So kann es für sie schwer sein, für viele Handlungen den notwendigen Antrieb oder die Konzentration aufzubringen, oder mit Menschen Kontakt aufzunehmen. Andererseits kommt gerade auf diese Menschen, sofern sie eine Therapie machen wollen, eine Reihe an Aufgaben zu - Termine bei Ärzten und Psychotherapeuten ausmachen, mit Krankenkassen und evtl. Kliniken kommunizieren. Aktuell können Betroffene, die von der Situation überfordert sind und den genannten Pflichten nicht nachkommen können, Hilfe entweder nur von Angehörigen erhalten oder wenn sie sich einen gesetzlichen Betreuer geben lassen. Im Falle einer Betreuung kommt es allerdings de facto zu einer Entmündigung des Klienten, was von den meisten nicht erwünscht ist. Im stationären Bereich, sowohl bei somatischen als auch bei psychiatrischen Patienten, ist es in Deutschland inzwischen üblich, dass Sozialarbeiter angestellt sind, die sich um die Reha-Beantragung, sozial- und arbeitsrechtliche Fragestellungen und den Übergang des Patienten in die ambulante Behandlung kümmern. Mit diesem Antrag wird gefordert, dass es für diese Aufgaben auch im ambulanten Bereich Stellen gibt. Konkrete Aufgabenbereiche, in denen sie ihren Klienten helfen würden, wären die Kontaktaufnahme zu Therapieangeboten, die Planung von Terminen, die Kommunikation mit der Krankenkasse und das Einleiten sozialjuristischer Prozesse zum Erhalt der Wohnung und des Arbeitsplatzes.

Auf dem BPT in Bochum wird dieser Antrag voraussichtlich durch Xenia Wagner und Friedhelm Tropberger vorgestellt.

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: {{{diskussionVorher}}}
  • [{{{antragsdiskussion}}} Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge