AG Wirtschaft/Themengruppen/Staatsverschuldung/konsensfähiger Programmantrag mit Notenbankkrediten und piratiger Schuldenbremse
Inhaltsverzeichnis
Notenbankkredite und piratige Schuldenbremse
Das Ziel dieses Antrages ist, einen konsensfähigen, AG-übergreifenden, realpolitischen und dennoch progressiven Antrag zum Bundesparteitag 12.2 zu stellen. Dieser Antrag wird eine wesentlich bessere Maßnahme zur Eurokrise und Weiterentwicklung unseres Euroraumes darstellen, als dies der Europäische Statilitätsmechanismus (ESM) und Fiskalpakt leisten kann.
Immer größere Rettungsschirme und rigoroses Sparen sind die derzeitigen Grundbausteine mit der die Eurokrise bekämpft und Staaten wie z.B. Griechenland vor der Pleite gerettet werden sollen.
Aus der Sicht der PIRATEN werden hiermit Symptome und nicht die eigentlichen Ursachen bekämpft. Dazu kommt noch, dass das was als Rettungspaket für Griechenland bezeichnet wird, bei sachlicher Betrachtung nicht den Griechen, sondern den betroffenen Banken zugute kommt. Hand in Hand mit ebenso verantwortungslosen Regierungen haben diese Banken bereits vor 10 Jahren, anstatt zu einer Haushaltskonsolidierung beizutragen, die Staatsverschuldung weiter angeheizt. Diese Banken haben mit verhindert, dass nach der Einführung des Euros nicht die notwendigen Reformen durchgeführt wurden und nicht die Gunst der Zeit genutzt wurde.
Grundbausteine
Resolvenz statt Insolvenz
Egal aus welchem Grund ein Land in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, sollte wir im Interesse der betroffenen breiten Bevölkerung und im eigenen Interesse helfen und Lösungen aus der Krise unterstützen.
Natürlich könnte man argumentieren, dass jedes Land die Regierung bekommt, die es verdient. Und natürlich ist in einer Krise zuerst und in erster Linie das betroffene Land selbst gefordert. Aber gerade die deutsche Geschichte hat gezeigt, dass es Situationen gibt, aus denen ein Land kaum oder nur sehr schwierig ohne fremde Hilfe herauskommen kann.
Die solidarische Hilfe sollte aber durch europäische Institutionen erfolgen, um nicht unnötige nationale Ressentiments zu schüren.
Solidarität gehört zur Identität der PIRATEN.
In einer sich wechselseitig beeinflussenden Weltwirtschaft ist solidarisches Verhalten häufig auch im wohlverstanden eigenen Interesse. Es kann uns nicht egal sein, was um uns herum passiert. Der Euro ist nicht nur Ausdruck der europäischen Integration; er ist genauso ein wichtiger Baustein unserer wirtschaftlichen Entwicklung und unseres wirtschaftlichen Erfolges.
Resolvenz im Sinne der PIRATEN bedeutet die Beseitigung der Ursachen, die zur Zahlungsunfähigkeit eines Landes geführt haben.
Mittel- und langfristig ausgeglichene Leistungsbilanz
Niemand kann der Schuldenspirale entgehen, wenn mittel- und langfristig die Kosten höher sind als die Erlöse. Dies gilt für Volkswirtschaften als Ganzes genau so wie für Körperschaften. Spätestens wenn die Substanz aufgebraucht ist, führt ein solches Ungleichgewicht in der Leistungsbilanz dazu, dass die Ausgaben größer sein werden als die Einnahmen.
In Ländern wie Griechenland kann und sollte der hierfür notwendige Ausgleich aber nicht durch radikale Sparmaßnahmen auf dem Rücken der breiten Bevölkerung erfolgen, sondern durch die Bevölkerungsschicht, die bisher keinen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Staates geleistet hat.
Der oberste griechische Steuerfahnder, Nikolaus Lekkas, sagte in einem ARD-Interview hinsichtlich der Steuerhinterziehung: „Wir gehen von etwa 25% des Bruttoinlandsproduktes aus, von 40 bis 45 Mrd. Euro jährlich“.
Selbst wenn die gesamte griechische Staatsverschuldung durch eine einmalige Abgabe von den 10% reichsten Griechen bezahlt werden würde, würde diese Abgabe diese Bevölkerungsschicht nicht arm machen, sondern wäre lediglich ein Teil des Gewinns, den diese Bevölkerungsschicht durch und seit der Einführung des Euros erhalten hat.
Laut Steuerstatistik der Europäischen Kommission fielen die konjunkturbereinigten Gesamteinnahmen aus Steuern und Sozialabgaben in Griechenland von 2000 bis 2009 von 35,1% auf 28,8% des Bruttoinlandsprodukts. In Deutschland lag der Wert relativ konstant bei durchschnittlich 39,6%. Allein diese Differenz bedeuten für den griechischen Staat Mindereinnahmen von ca. 160 Mrd. Euro oder die Hälfte der derzeitigen Staatsverschuldung.
Hätte man diesen Vergleich mit Schweden oder Dänemark gemacht, dann würde man über Mindereinnahmen von 315 – 330 Mrd. Euro reden. Mit anderen Worten: Griechenland könnte schuldenfrei sein.
Warum sollte eine Steuerbelastung, die in anderen Ländern selbstverständlich ist, für Griechenland eine unzumutbare Härte sein?
Was Griechenland also braucht ist nicht unser Geld, sondern unsere Intoleranz gegenüber einer Geld- und Fiskalpolitik, die es den 10% reichsten Griechen ermöglicht sich nicht angemessen an der Finanzierung des Staates zu beteiligen und darüber hinaus den Bankensektor subventioniert.
Piratige Schuldenbremse und intelligentes Sparen
Unqualifiziertes Sparen ist genau so verheerend wie unqualifiziertes Verschulden.
Volkswirtschaften sind zu komplexe Organismen, als dass man glauben darf, dass selbst rigoroses Sparen zu einem ausgeglichenen Haushalt führen könnten.
Um zu unterscheiden, wann sparen sinnvoll und Schulden u.U. notwendig sind wird zwischen guten und schlechten Schulden und gutem und schlechtem Sparen unterschieden.
Gute Schulden, sind Schulden, die folgende zwei Kriterien erfüllen:
- Die Staatsausgeben/Investitionen aus der Kreditaufnahme müssen auf der Leistungsebene die Erlöse (= Steuern, Gebühren, etc.) erhöhen und/oder Kosten senken bzw. entgegengesetzte Entwicklungen aufhalten oder abfedern.
- Diese Änderung (= Nettoeffekt) muss höher sein als die Kosten aus den entsprechenden Staatsausgaben/Investitionen.
Wenn diese beiden Kriterien erfüllt sind, dann führen diese Schulden mittel- und langfristig zu weniger Schulden und einer Haushaltskonsolidierung.
Und unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Lage, sind in diesem Fall z.B. in einer Rezession mehr Schulden besser als weniger.
Nur Kredite für solche Projekte sollten zulässig sein. Diese Projekte müssen die Tilgung der Schulden mit einbeziehen.
Schulden, die diese Kriterien nicht erfüllen sind schlechte Schulden und daher abzulehnen. Sie führen mittel- und langfristig zu noch mehr Schulden und den bekannten Problemen einer Überschuldung.
Beispiele:
- Die griechische Regierung nimmt Schulden für die Modernisierung der Finanzverwaltung auf und nimmt dadurch erheblich mehr Steuern ein, als die Modernisierung kostet.
- Eine energetische Sanierung von Immobilien, die unterm Strich mehr Betriebskosten spart, als die Investition einschließlich der Finanzierung kostet.
- Ein Konjunkturprogramm, das den Zusammenbruch eines Wirtschaftszweiges verhindert oder abfedert. Wie z.B. die Abwrackprämie.
Für's Sparen gelten die gleichen Kriterien.
Wer meint, er könnte dadurch sparen, dass er sich z.B. nicht mehr die Zähne putzt, denkt sehr kurzfristig. Natürlich werden kurzfristig Ausgaben für Zahnpasta gespart aber mittel und langfristig ist ein Zahnsanierung oder ein Zahnersatz erheblich kostspieliger, als die Zahnpasta.
Und was die Zähne für den Menschen sind, sind die Straßen und Gebäude für den Staat. Rechtzeitiges Instandsetzen ist immer kostengünstiger als ein heruntergekommenes Gebäude oder Straße zu sanieren.
Zum guten Sparen gehören auch alle Einsparungen, die die im weitesten Sinne Steuergelder verschwenden.
Wenn Staatsschulden, dann über die Europäischen Zentralbank
Aufgrund der Architektur unserer Währungssysteme ist jede Kreditvergabe einer Bank an eine Nichtbank eine sog. Geldschöpfung. Erst durch die Rückzahlung des Kredits wird dieses neu geschaffene Geld wieder vernichtet.
Bezogen auf den wichtigsten Aspekt der Geldschöpfung, der Geldmenge, besteht kein Unterschied, ob eine Zentralbank oder eine Geschäftsbank einen Kredit an einen Staat vergibt. Die Geldmenge steigt im gleichen Umfang.
Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass alle Zinsen, die Staaten für Kredite von der Zentralbank bezahlen, in fast gleicher Höhe zu Gewinnen bei der Zentralbank werden. Diese Gewinne fliesen dann – zwar in einer anderen Verteilung – an die Euro-Länder zurück. Möglich wäre auch, dass diese Zinsen in den europäischen Haushalt fließen und so indirekt die einzelnen Staaten entlasten.
Die gängige Praxis, die Staatsverschuldung über die Finanzmärkte und Geschäftsbanken zu finanzieren führt dazu, dass die Zinsen und daraus resultierenden Gewinne bei den Geschäftsbanken und privaten Investoren landen. Anschaulich gesprochen ist das so, wie wenn ein Bauer die eigenen Kartoffel auf dem Acker verrotten lässt oder zum Schleuderpreis an Aldi verkauft, um sie anschließend netzweise zu einem deutlich höheren Preis zurückzukaufen, um damit seine Schweine zu füttern.
Bei nüchterner Betrachtung entpuppt sich die Staatsverschuldung auch als ein gigantischer Subventionsmechanismus zugunsten des Bankensektors.
Solange der Normalbürger diese Zusammenhänge nicht erkennt, wird sich an dieser Praxis nichts ändern.
Würde man die Staatsverschuldungen über die europäische Zentralbank finanzieren, dann wäre jeder Spekulation gegen ein Land die Grundlage entzogen, weil es keine nationalen Schuldverschreibungen auf den Finanzmärkten mehr gäbe.
Gleichzeitig könnte die europäische Zentralbank die geldpolitischen Instrumente in vollem Umfang einsetzen: Sowohl hinsichtlich der Zinsen als auch der zu leistenden Sicherheiten könnte auf die individuelle Situation eines Landes eingehen werden. Zu den Sicherheiten könnte man auch Bedingungen zählen, die Staaten von einer Überschuldung abhalten oder die Überschuldung abbauen. Solche Bedingungen gibt es bereits bei den Rettungspaketen und sind auch bei den Eurobonds vorgesehen. Auf diese Weise könnte der notwendige Druck für Reformen aufgebaut werden. Ein Druck, den aufzubauen Finanzmärkte und Banken weder in der Lage noch willens sind. Bekannt in diesem Zusammenhang sind z.B. die US-Banken Goldman Sachs und JPMorgan, die Griechenland bei der Verschleierung seiner desolaten Finanzsituation geholfen und damit ein stückweit die Krise im europäischen Finanzsystem mit verursachten.
Vorteile
- ESM wird überflüssig
- Staatsfinanzierung bleibt stabil
- Schuldenbremse verhindert Missbrauch
- Schuldenbremse wahrt Geldwertstabilität
- Free Lunch der Banken wird verhindert
- Koordination zur Verbesserung der Handelsbilanzen wird verstärkt
- piratige Schuldenbremse bewältigt auch hartnäckige Bilanzrezessionen
politischer, parteiinterner Vorteil
Großer Konsens möglich, da keine polarisierenden Themen wie Steuern, Eigentumsrecht, oder gänzlich andere Geldsysteme beinhaltet sind.
Bisheriger Antragstext
1. Die europäische Zentralbank erweitert ihr Mandat, neben der Geldwertstabilität, um das folgende: Die Staatsfinanzierung der Eurostaaten in Höhe der Schuldenbremse. Die EZB kauft inflationsneutral Staatsanleihen in Höhe der vom Parlament ausgegebenen Anleihen, jedoch maximal in Höhe der Schuldenregeln.
2. In der Eurozone wird folgende Schuldenbremse eingeführt: Die Finanzierung aus Krediten darf das durchschnittliche nominelle Wachstum des Bruttoinlandprodukts, auf die letzten 5 Jahre berechnet, nicht überschreiten. Zusätzlich sind bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung, symmetrisch zu berücksichtigen. Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahme von der nach den Sätzen 1 bis 2 zulässigen Kreditobergrenze, insbesondere im Falle von Naturkatastrophen, außergewöhnlichen Notsituationen oder Bilanzrezessionen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, bedürfen einer absoluten Mehrheit im europäischen Parlament. Die Einnahmen und Ausgaben werden um finanzielle Transaktionen sowie die konjunkturelle Entwicklung bereinigt, was eine antizyklische Makropolitik ermöglicht.
3. Die Staaten der Eurozone verpflichten sich zur verbesserten Koordination ihrer Fiskal- und Wirtschaftspolitik. Inbesondere ist das Ziel der ausgeglichenen Handelsbilanzen innerhalb der Eurozone sowie zu den Nicht-Euro-Staaten anzustreben. Dabei ist ist den Staaten bewusst, dass sowohl schwächere als auch stärkere Volkswirtschaften ihren Beitrag leisten müssen, sei es im Bereich der Lohnkosten, Steuer-, Kohäsions- oder Arbeitsmarktpolitik.
Begründung:
Die Eurokrise basiert auf der wirtschaftlichen Divergenz der Mitgliedsländer und mangelnder monetäre Souveränität. Durch eine piratige Schuldenbremse, verbesserte Koordination und inflationsneutrale Staatsfinanzierung über die EZB werden diese Probleme behoben. Positiver Nebeneffekt dabei ist die Aufhebung des leistungslosen Geldschöpfungsgewinns der privaten Geschäftsbanken bei der Staatsfinanzierung. Ebenso wird der ESM Vertrag komplett überflüssig.
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Fragen und Antworten zur Staatsverschuldung
Fragen und Antworten zur Staatsverschuldung
prominente Ökonomen und Experten die Notenbankkredite unterstützen
- Prof. Dr. Heiner Flassbeck Chef-Volkswirt UNO für Welthandel und Entwicklung UNCTAD
- Prof. Dr. Hans Christoph Binswanger Uni St Gallen (Er ist der Doktorvater von Josef Ackermann)
- Dr. Klaus von Dohnanyi Bundesminister a.D
- Irving Fisher US amerikanischer Ökonom
- Dirk Müller (Mister DAX)
- Rolf Gocht ehemaliges Mitglied im Direktorium der Deutschen Bundesbank
- Prof.Dr. Joseph Huber Wirtschaftssoziologe
- Prof. Richard Werner Universität Southampton
- Milton Friedman Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften
- Walter Eucken Ökonom
- ...
Wo kann ich mitarbeiten?
Piratenpad: http://piratenpad.de/p/konsensf%C3%A4higerprogrammantrag
Mumble:
Mittwoch 19:30Uhr AG Wirtschaft oder AG Geldordnung
Wer möchte mitarbeiten?
- Benedikt Weihmayr
- Nicolas Hähnle
- Daniel Worofka
- Arne Pfeilsticker
- Karlsruher
- Axel Grimm
- Pieter Hogeveen
- Brigitte (katzama)
- Viktor
- xman
Literatur und Medien
- | Schuldenbremse im Grundgesetz
- | Bundesministerium der Finanzen, Fragen und Antworten zu Fiskalpakt und ESM
- | ESM Vertrag
- | Fiskalpakt Vertrag
- | Bundesministerium der Finanzen, Euro Plus Pakt
- | Bundesministerium der Finanzen, Fragen und Antworten zum Stabilitäts und Wachstumspakt
- | Bundesbank zur Schuldenbremse
- | Sachverständigenrat zur Schuldenbremse
- | Apell von Ökonomen gegen die Schuldenbremse
- | Policy Brief IMK
- | SPD Fraktion Präsentation Schuldenbremse
- | Klaus von Dohnanyi und Dirk Müller bei Maybritt Illern Ausschnitt
- | Grundwissen Partialsatz-Globalsatz (Wirtschaftsweiser Wolfgang Stützel)
- | durchschnittliches Wirtschaftswachstum der europäischen Staaten auf mehrere Zeitreihen gesehn
- | Öffentlicher Schuldenstand des Euroraums verringerte sich auf 87,4% des BIP