AG Justizpolitik/Justizkonferenz/JuKo2012.2
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Inhaltsverzeichnis
- 1 4. Justizkonferenz in Bochum (Dortmund) 23.11.2012 14.00 Uhr
- 2 Teilnehmer
- 3 Vorschlag Tagesordnung
- 3.1 TOP 1 Begrüßung und Formalia
- 3.2 TOP 2 Fortsetzung der Programmdiskussion
- 3.2.1 Deutsche Richterausbildung: Rechtskunde ersetzt Sachkunde? vorgestellt von Konstantin Rapatinski
- 3.2.2 Rechtswirklichkeit der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen vorgestellt von Jens Stomber
- 3.2.3 Sinn und Unsinn von Widerspruchsverfahren
- 3.2.4 Fazit Antragsberatung BPT
- 3.3 TOP 3 Sonstiges
- 3.4 TOP 4 Zusammenfassung der Ergebnisse der Sitzung / PM
- 3.5 TOP 5 Ende Sitzung/nächste Sitzung
4. Justizkonferenz in Bochum (Dortmund) 23.11.2012 14.00 Uhr
- Ort: Ibis Styles Hotel, Am Apelstück 2, 44388 Dortmund - Lütgendortmund
- Lage
Teilnehmer
- Bastian
- Martina aber erst später (ab 17:30 Uhr!)
- Martin
- Privacy später - da Tagungsort in der Pampa ;-(( Ankunft etwa 17:00
- Emanuel Schach
- Hans Immanuel
- Josef Brüninghoff
- Konstantin Rapatinski
- Jens Stomber
- Malte Sommerfeld
Vorschlag Tagesordnung
TOP 1 Begrüßung und Formalia
- Die Sitzung wird um 15.45 Uhr von Bastian eröffnet.
- Die Versammlung wird von Bastian geleitet.
- Das Protokoll wird von Jens geführt.
- Streaming: NRW-Mumble
TOP 2 Fortsetzung der Programmdiskussion
- Reform der §§ 183, 183a StGB und § 118 OWiG (Privacy/Martina) vertagt
- Ständige Mitgliederversammlung (Privacy) vertagt
- Datenschutz und Bundeskiste vertagt
Deutsche Richterausbildung: Rechtskunde ersetzt Sachkunde? vorgestellt von Konstantin Rapatinski
- Woher bekommt der Richter seine Tatsachen, Tatbestandselemente (Beweise)
- Parteien tragen diese in der Verhandlung vor
- Beweisaufnahme, Würdigung der Beweise
- Woher bezieht ein Richter die Kenntnis, was nach "Lebenserfahrung" relavant ist?
- Beispiel: Wann ist eine gekaufte Sache mangelhaft?
- Annahme: Aus der Vertrragsauslegung kann man nicht ersehen, zu was die Sache geeignet ist.
- Beispiel: Erkrankter Arbeitsnehmer wird gekündigt, die Kündigung wird jedoch erst am letzten Trag der Frist nachmittags ab 18.00h zugestellt (Briefkasten)
- Bundesarbeitsgericht: Kündigung nicht rechtmäßig, da ein Arbeitsgeber ab 18:00 Uhr nicht mehr mit dem Zugang einer Kündigung rechnen musste
- Beispiel: Haftung von nicht autorisierten Abbuchengen mit einer EC-Karte, Frage: Ist das gron fahrlässig?
- Wenn mit der PIN Abbuchungen authorisiert wurden, die Kundin jedoch darlegen konnte, dass sie die PIN sorgsam verwahrt hat, geht es nicht zu ihren Lasten.
- Wenn die EC-Karte verloren / vergessen wurde, ist das nicht grob fahrlässig.
- Wie sieht die Richterausbildung aus:
- Deutschland: Richter sind meist jung und verfügen nur über geringe Lebenserfahrung, Berufseistieg als Richter mit mitte 20 bis Anfang 30, Richter sind dann zumeist Karrieremenschen
- England: Abitur mit 18, 3 Jahre Jura Studium, dann Einstieg als beratender Rechtsanwalt ("Solicitor"), nach ca. 10 Jahren mit Anfang 30 Prüfung "Barrister", Ernennung zum Richter durch die Krone als gestandener Mann mit wesentlich mehr Lebenserfahrung als ein deutscher Richter
- Wie bekommt der Richter das entsprechende Tatsachenwissen:
- Im germanischen Recht im Mittelalter: 7 Männer mussten schwören, dass die Tatsachen wahr sind
- Gerichte waren im Mittelalter nach Handwerkszweigen aufgeteilt (Zunftgerichte), also ein Richter am "Maurer Gericht" hatte Fachkenntnisse im Mauern
- Warum hat man die ständespezifischen Gerichte abgeschafft?
- Keine einheitliche Juristenausbildung
- Entwicklung zum Standesrichter zum rechtsgelehrten Berufsrichter
- Ob ein Richter soziale Tatsachen in seine Rechtssprechung einbaut hängt vom Zufall ab, es wird nicht systematisch erlernt, dieses Problem wurde auch erkannt
- Lösungsansatz: Beteiligung der Bürger an der Rechtsprechung
- Laien stellen kein ausrechendes Korrektiv dar
- Freirechtslehre, Ernst Fuchs
- Richter soll gar kein Recht studiert haben müssen
- Einrichtung von Rechtskliniken
- Referendar wie ein Amtsarzt vernimmt Zeugen, unter Anleitung des Richters
- "Richterkönig" = Richter ist frei in Entscheidung
- anderer Lösungvorschlag
- Wie in GB: Solicitor
- Lebensweisheit über Alter
- Hält Konstantin für zu weit gehend
- Abkehr vom Karriererichter
- keine Beförderung mehr
- Richter werden alle gleich behandelt, egal welche Stelle
- alles gleich wichtig
- Wenn Richter das nicht mehr machen will, dann soll er sich auf andere Stelle versetzen lassen
- Problem Karriererichter: Haben Karriereziele
- Lösung : zuerst 15 Jahre Rechtsanwalt
- K. gegen Änderung der jetzigen Ausbildung
- keine Karriererichter
- Langjährige Berufserfahrung als Voraussetzung für Richterernennung
Rechtswirklichkeit der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen vorgestellt von Jens Stomber
- PA122 - Verhinderung jeglicher staatlicher Überwachung der Privatsphäre durch das Grundgesetz (Wahlprogramm)
- Übersicht des Trojanereinsatzes
- 2 Regelkreise
- Ex ante
- nur in 0,4% der Fälle wird der abgelehnt
- 95% gehen durch
- weil es für den Richter höherer Aufwand ist das abzulehnen
- Begründung erfolgt durch Kriminalbeamte
- StA übernimmt
- Richter auch copy & paste
- Ex post
- Auswertung
- Benachrichtigung
- in 66 % keine Info darüber, ob benachrichtigt
- in 27 % Benachrichtigung erfolgt
- Privacy wirft ein, es betrifft nicht nur die Beschuldigten
- Die Zahlen spiegeln aber nur die Verfahren wider
- Wenn man Behörden darauf anspricht, dann sagen die, dass ihnen viele Personen nicht bekannt sind.
- Und Vorverurteilung, wenn die anderen auch informiert werden.
- daher soll Beschuldigter selbst informieren.
- Abhörung betrifft
- Beschuldigte
- Gesprächspartner
- Problem also: Es wird überhaupt nicht bekannt, wie stark die Überwachung statt gefunden hat.
- Vorbereitende Begleitmaßnahme: Polizei pflanzt Wanze in Wohnung
- Zutritt zu Wohnung
- Vorbereitende Begleitmaßnahme nicht im Gesetz geregelt
- Dasselbe bei Telefonierung über Computer
- Wanze in Computer
- Problem digital: Einfacher für Strafverfolgungsbehörden
- §100a StPO: Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation
- Erkenntnisse aus TKÜ gering
- 2/3 der Erfolge sind nur mittelbare Erfolge
- 1/3 unmittelbare Erfolge
- https://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2012.2/Antragsportal/PA122
- Art 10 Abs.2 GG streichen
- Art 13 Abs.3 bis 6 GG
- will nicht eine Wohnungsdurchsuchung abschaffen
- 1998 Großer Lauschangriff Art 13 Abs.3- 6 GG wurden eingefügt
- 3 Richter treffen Entscheidung, ob abgehört werden darf
- Manolo stimmt bezügl Art. 13 Abs.3 -6 GG zu
- bzgl Art. 10 Abs.2 GG hat er große Bauchschmerzen
- Strafverfolgungsmöglichkeiten bei schweren Straftaten würde das unmöglich machen
- TKÜ hat in letzten entsprechenden Verfahren fast überall eine Rolle gespielt
- Durch TKÜ wurden Beweise mittelbar gefunden
- Abschaffung der TKÜ würde Kriminalität ein Feld komplett eröffnen
- freier Raum
- Abwägung
- Bastian: Problem sind die Stempelrichter
- Diskussion
- Privacy will Genehmigungspflicht umdrehen. Genehmigung geht zu einfach. Genehmigung muss Arbeit machen. Richter, der entscheidet, muss im Nachhinein seine Entscheidung bewerten. Wieviele Leute tatsächlich betroffen? Hat es was gebracht?
- Joe: Problem für Anwalt: aus TÜ kommen gewisse Erkenntnisse
- es reicht dann, dass der RIchter sich damit beschäfitgt hat.
- auch gegen Art. 10 Abs.2 GG Wegfall
- ZombB: Abwägung zwischen Sicherheitsgewinn und Verlust der Rechte
- bei Übergang von Regelkreis I auf II : Point of no return.
- Konstantin: Gibt es Schadensersatz bei Überwachung? Wohl nicht.
- Manolo: Wirksame Kontrolle gibt es nicht. Art.10 Abs.2 GG Kontroll und Regelungsvorbehalt nicht gut geregelt.
- Möglichkeit: Folgen für Verstöße
- USA: Fruit of the poisonous tree doctrine.
- Auch in Deutschland gut.
- Beweis weg, und auch alle Beweise, die darauf basieren weg
- ZombB: FOTPTD löst Problem nicht. Denn was ist, wenn der Betroffene nichts verbrochen hat.
- Joe: Begründung muss ordentlich gemacht werden. Wenn bereits die richterliche Begründung nicht in Ordnung, dann fallen auch die Beweise, die sich aus Überwachung ergeben.
- Bastian: Begründung schon fehlerhaft, weil der Anlass, der in Begründung steht nicht ausreicht für Überwachung.
- Manolo: Art und Weise der beschlussfassung muss verbessert werden. Macht normaler Weise nicht mal die StA, sondern die Polizei -> Textbausteine -> dann an StA -> dann an Ermittlungsrichter -> verfügt an Geschäftsstelle
- Beschluss darf keine formelhaften Züge haben. Sonst fehlerhaft. Dann würde die Kripo sich bereits intensiv schon mal selbst damit beschäftigen.
- ZombB: TKÜ bringt keine Beweise
- sondern TKÜ erst mal nur, um Täterkreis einzugrenzen.
- danach bessere Erkenntnisse
- TKÜ Erkenntnisse werden gar nciht direkt angewendet
- P: TKÜ nur Mittel zum Zweck.
- Malte: FOTPTD: Alle Folgebeweise weg! daher bringt das schon was.
- Ziel von TKÜs jemanden zu überführen. Wenn Beweise unverwertbar, dann machen die Strafverfolgungsbehörden das auch nicht.
- Manolo: Zeile 152 stimmt nicht mit seinen Erfahrungen überein:
- "sondern TKÜ erst mal nur, um Täterkreis einzugrenzen."
- TKÜ erst wenn man bereits gewisse Erkenntnisse hat. Denn TKÜ kostet auch Geld. Budget verblasen.
- Joe: Fruit of the poisonous tree doctrine brächte was. Problem: Allgemein Polizeikontrolle: kiloweiser Drogenpfund.
- Bastian: backen: Art. 13 Abs.3 - 6 GG weg
- Art. 10 Abs.2 GG : Wenn TKÜ sich im Nachhinein als rechtswidrig heraus stellt: Beweise weg.
- Martina: FOTPTD bringt nichts für die 10 unschuldig Betroffene, freunde des Beschuldigten.
- Berichtspflicht.
- Entschließung:
- Der große Lauschangriff muss rückgängig gemacht werden (Art 13 Abs 3-6) GG sind ersatzlos zu streichen
- Da nur 0,4% aller TKÜ Anträge vom Ermittlungsrichter abgelehnt werden [1] und in vielen Fällen die Betroffenen über die durchgeführten TKÜ-Maßnahmen entgegen den gesetzlichen Vorschriften auch nicht benachrichtigt werden, bedarf es hier dringender Reformen.
- Zur Beschränkung des Risikos grundrechtswidriger Eingriffe durch rechtsfehlerhafte Maßnahmen der Ermittlungsbehörden empfehlen wir nach amerikanschen Vorbild ("Fruit-of -the-Poisonous-Tree-Doctrine") ein zwingendes, absolutes Beweisverwertungsverbot. Dies gilt insbesondere für Erkenntnisse aus einer zu Unrecht angeordneten oder rechtsfehlerhaft durchgeführten TKÜ. Hiervon betroffen sind ebenso alle Erkenntnisse, die nur aufgrund der TKÜ ermittelt wurden, auch wenn sie sich auf Taten beziehen, die nicht Grund für die Anordnung der TKÜ waren.
- Ergänzend sollte der Ermittlungsrichter für jede TKÜ-Anordnung eine eigenständige, nicht formelhafte Begründung abgeben.
- Zudem sollte eine unabhängige Stelle die TKÜ-Anordnungen auswerten und jährlich einen Bericht über Erfolg dieser Ermittlungsform erstellen, dessen Ergebnisse ausgewertet und Grundlage für die zukünftige Ermittlungsarbeit der Ermittlungsbehörde sein sollten.
- Quellen:
- [1] Meyer-Wieck, Hannes: Rechtswirklichkeit und Effizienz der akustischen Wohnraumüberwachung, S.177
- http://www.forum.mpg.de/archiv/veranstaltung13/hintergrund/gutachten_lauschangriff.pdf
- So konsent und kann als Forderung veröffentlicht werden.
Sinn und Unsinn von Widerspruchsverfahren
- Widerspruchspapier
- Widerspruchsverfahren - Waffe des Bürgers oder bürokratischer Kropf?
- Pro & Contra siehe Tischvorlage. Wird als Datei nachgeliefert.
- § 15 Abs. 3 VwKostG NRW sieht eine Kostenpflichtigkeit für ablehnende Entscheidungen zu Widersprüchen des Bürgers vor:
- § 15
- Gebühren in besonderen Fällen
- (3) Wird gegen eine gebührenpflichtige Sachentscheidung Widerspruch erhoben, so sind für den Erlass des Widerspruchsbescheides Gebühren und Auslagen zu erheben, wenn und soweit der Widerspruch zurückgewiesen wird. In diesem Falle ist die gleiche Gebühr wie für die Sachentscheidung zu erheben. Richtet sich der Widerspruch nur gegen einen Teil der Entscheidung, so ermäßigt sich die Gebühr entsprechend. Das Vorstehende gilt nicht, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift geheilt wurde oder unbeachtlich ist. Wird der Widerspruchsbescheid der nächsthöheren Behörde von einem Verwaltungsgericht ganz oder teilweise aufgehoben, so sind die für den Widerspruchsbescheid bereits gezahlten Gebühren und Auslagen der Behörde, die die Kosten des Verfahrens einschließlich des Vorverfahrens zu tragen hat, auf Antrag zu erstatten.
- Dikussion wird auf der mächstzen Sitzung der AG Justizpolitik fortgeführt.
Fazit Antragsberatung BPT
- vertagt
TOP 3 Sonstiges
- keine Beiträge
TOP 4 Zusammenfassung der Ergebnisse der Sitzung / PM
- Problematik der Sachfremdheit von Richtern
- TKÜ-Beschluss
- Alternativen und Lösungsansätze für die Reform des Widerspruchsverfahrens (Verwaltungsakte)
TOP 5 Ende Sitzung/nächste Sitzung
- Nächste Sitzung: BPT 2013.1 / Ansonsten wird auf die Sitzungen der AG Justizpolitik verwiesen.
- Schluss der Sitzung um 20.10 Uhr.