Archiv:2011/AG Gender/Output und Mehrwert

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Das virtuelle Geschlecht

Vielleicht hilft ein einfaches Bild. Wir alle kennen das Internet. Wo wir früher einen Brief geschrieben haben, den ein Bote von A nach B transportieren musste, um eine Nachricht zu übermitteln, gibt es heute E-Mail. Die Botschaft wird als Signal übermittelt. Ein paar flüchtige Elektronen oder Photonen. Die Botschaft existiert nicht mehr auf handfestem Papier. Wir sehen nur ein Abbild dieser Information, die uns auf dem Bildschirm oder sonstwo sichtbar gemacht wird.

Wir könnten jetzt sagen "Aber ein Bildschirmabbild ist und bleibt keine geschriebene Nachricht, die ich hier auf Papier in der Hand halten kann!". Das ist natürlich richtig. Und vielleicht drucken wegen dieses Griffs ins Leere viele Menschen das Internet immer noch aus.

Menschen, die viel mit moderner Kommunikationstechnologie arbeiten haben aber begriffen, dass es völlig ausreicht, die Nachricht in virtualisierter Form zu haben. Man kann ihren Inhalt genauso begreifen, und kann genauso "real" Aktionen aus ihr ableiten.

Ganz ähnlich verhält es sich mit Geschlecht (sex) und Gender. Das biologische Geschlecht begreifen wir nur, wenn wir die Hardware anfassen. Also uns selbst, oder unser gegenüber. Die mit Tinte auf Papier geschriebene Nachricht in der Hand halten. In genau diesem Kontext ist sie relevant. Genauso wie wir eine Vorliebe für Papier oder Tinte haben in unserer Kommunikation, haben wir auch eine Vorliebe für ein Geschlecht. Oder auch mehrere. Es begründet unsere Orientierung.

Wenn wir mit anderen kommunizieren jedoch, dann reicht uns die virtuelle Kommunikation völlig aus. Um sie möglichst lebendig zu gestalten, müssen wir auf vielen Kanälen senden. Also Text, Ton- und Bildspur. All die Kanäle, die außerhalb der "Griff- und Riechweite" fungieren, außerhalb der private zone. Die Art und Weise, wie wir kommunizieren möchten, legt unsere Identität fest. Das virtuelle Geschlecht. So, wie wir uns selbst in der Interaktion mit anderen begreifen (und welche Rollenspiele sich daraus ableiten). Es existiert in unserer Psyche, und muss nicht damit übereinstimmen, was uns die Biologie im Nahkampf glauben macht. Dieses virtuelle Geschlecht nennt man Gender. In der sozialen Interaktion, außerhalb der privaten Zone, tritt nur das virtuelle Geschlecht in Erscheinung.

Sprechen wir also über Interaktion im sozialen Raum, ist es notwendig, auf der Gender-Ebene über geschlechtliche Identitäten und deren gegenseitigen Austausch zu sprechen. Dieser Dialog ist öffentlich. Also nicht Internet ausdrucken, Gender verwenden.

Sprechen wir dagegen über Interaktion im privaten Raum, ist es notwendig, über die primären Geschlechtsmerkmale und unsere Präferenzen, unsere Orientierung zu sprechen. Dieser Dialog ist privat, und geht den öffentlichen Raum nichts an.

Genauso wie eine Person bezüglich ihrer Information im virtuellen Raum einen Schutzbedarf hat, so hat sie auch bezüglich ihrer Biologie im öffentlichen Raum, einen Schutzbedarf.

Wie dieser Schutzbedarf in der modernen Informationsgesellschaft gesichert werden kann, darum kümmert sich diese Arbeitsgruppe. --Gwenn