Zensus 2011 Antworten des Statistischen Bundesamtes 02-2011

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Die PG Zensus2011 hat Fragen an das Statisische Bundesamt gestellt.

Diese wurden uns freundlicherweise von Herrn
Thomas Riede
Statistisches Bundesamt
ID Presse, Zentrale Informationsdienste, Bibliothek
65180 Wiesbaden Germany
beantwortet.
Hier nun die Fragen und die Antworten:

Wie werden die zu erhebenden Daten übermittelt? Ruft das Statistische Bundesamt diese Daten ab, oder werden Ihnen diese zugesandt?

Der Zensus 2011 wird vom Statistischen Bundesamt und den 14 Statistischen Landesämtern durchgeführt. Generell haben diese 15 statistischen Ämter keinen direkten Zugriff auf bestimmte Daten, die sie "abrufen" können. Vielmehr bedarf es wie bei jeder amtlichen Statistik auch beim Zensus einer gesetzlichen Grundlage, in der der Gesetzgeber unter anderem die Datenübermittlung an die amtliche Statistik regelt. Beim Zensus sind dies das Zensusvorbereitungsgesetz 2011 und das Zensusgesetz 2011.
Die Regelungen zur Datenübermittlung und zu den Erhebungen im Rahmen des Zensus 2011 finden Sie in den Paragrafen 4 bis 6 und 10 des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 sowie in den Paragrafen 3 bis 8 und 14 bis 17 des Zensusgesetzes 2011 beschrieben. Diese Rechtsgrundlagen finden Sie in unserem Internetangebot:
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Zensus/Rechtsgrundlagen,templateId=renderPrint.psml
Zu den wichtigsten Teilen des Zensus ist zu sagen:
I. Übermittlung von Daten aus Registern:
Da die 15 statistischen Ämter keinen direkten Zugriff auf Daten aus den Registern haben (etwa auf die kommunalen Melderegister), können sie diese Daten aus den Registern auch nicht "abrufen", sondern die Übermittlung der jeweiligen Behörden an das Statistische Bundesamt und die Statistischen Landesämter ist in den beiden genannten Gesetzen detailliert geregelt. Dazu gehört, dass jeweils festgelegt wird, welche Merkmale von welchen Behörden an welches statistische Amt (Statistische Bundesamt oder Statistisches Landesamt) zu übermitteln sind (Paragrafen 4 bis 6 Zensusvorbereitungsgesetz 2011, Paragrafen 3 bis 5 Zensusgesetz 2011).
II. Gebäude- und Wohnungszählung
Da es in Deutschland keine flächendeckenden Verwaltungsregister zum Gebäude- und Wohnungsbestand gibt, bleibt zur Erhebung der gebäude- und wohnungsstatistischen Merkmale nur der Weg einer primärstatistischen Erhebung. Dabei sollen im Unterschied zur Volkszählung 1987 beim Zensus 2011 aber nicht alle Haushalte befragt werden, sondern nur die etwa 17,5 Millionen Gebäude- und Wohnungseigentümer.
Seit dem 1. April 2009 werden auf der Grundlage des Paragrafen 10 Zensusvorbereitungsgesetz 2011 die Eigentümer von Wohnraum recherchiert. Hierzu sind die kommunalen Stellen für Grundsteuer, die für die Führung der Grundbücher und die für die Führung der Liegenschaftskataster zuständigen Stellen sowie die Finanzbehörden und die Versorgungs- und Entsorgungsbetriebe auskunftspflichtig. Die Datenübermittlung durch diese Stellen erfolgt auf Anforderung der statistischen Ämter der Länder. Dabei werden je Gemeinde üblicherweise nur zwei der vorgenannten, möglichen auskunftspflichtigen Stellen kontaktiert, wobei jeweils der gesamte Bestand angefordert wird.
Die Übermittlung der Angaben der Befragten erfolgt auf verschiedenen Wegen.
II.I. Wohnungsunternehmen
Hier bieten wir als Statistische Ämter des Bundes und der Länder die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung der Daten an, um die anfallenden Belastungen für die Wohnungsunternehmen möglichst gering zu halten. Das aufwändige Ausfüllen von meist sehr vielen Papierfragebogen für große Wohnungsunternehmen entfällt dadurch. Die Daten können mit dem PC-Programm CORE.reporter übermittelt werden. Dieses IT-Verfahren erlaubt es, elektronisch vorliegende Daten per Internet über eine gesicherte Verbindung an die statistischen Ämter zu übertragen.
II.II. Sonstige Wohnungseigentümer
Generell bekommen alle sonstigen Gebäude- und Wohnungseigentümer postalisch einen Fragebogen im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung zugeschickt, der schriftlich ausgefüllt werden kann. In Planung ist zurzeit zudem, dass alle Befragten, die lieber elektronisch die Fragen zur Gebäude- und Wohnungszählung beantworten wollen, die Antworten online mit einem elektronischen Fragebogen melden können. Dies soll mit dem IDEV-Verfahren erfolgen, das auch heute schon für andere Statistiken eingesetzt wird.
Weitere Informationen zum PC-Programm CORE.reporter und IDEV finden Sie unter:
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/IDEVeCore/IDEVeCore.psml
III. Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis
Diese Haushaltsstichprobe führen die 14 Statistischen Landesämter durch (Näheres siehe Paragraf 7 des Zensusgesetzes). In der Regel werden die in der Zufallsstichprobe ausgewählten Haushalte von einem Interviewer befragt (Erhebungsmethode: Papier und Stift). Wer aber lieber seine Angaben direkt dem jeweiligen Statistischen Landesamt übermitteln will, kann dies entweder schriftlich per Post oder auch mit dem elektronischen Fragebogen erledigen (siehe IDEV).
IV. Erhebungen an Anschriften mit Sonderbereichen
Der Begriff "Sonderbereich" umfasst Gemeinschafts-, Anstalts- und Notunterkünfte sowie Wohnheime und ähnliche Unterkünfte. Man unterscheidet sensible und nicht-sensible Sonderbereiche. Als sensibel gelten Bereiche, bei denen die Information über die Zugehörigkeit für Betroffene die Gefahr einer sozialen Benachteiligung hervorrufen könnte. Die Übermittlung der Angaben unterscheidet sich in den sensiblen und nicht-sensiblen Sonderbereichen.
In den nicht-sensiblen ausgewählten Sonderbereichen wird die Haushaltebefragung wie bei der sonstigen Haushaltebefragung nach Paragraf 7 des Zensusgesetzes durchgeführt, die Übermittlung der Angaben kann genauso gegenüber dem Interviewer (Erhebungsmethode: Papier und Stift), schriftlich per Post oder auch mit dem elektronischen Fragebogen erledigt werden (siehe III).
An Anschriften mit sensiblen Sonderbereichen werden die Personen nicht selbst befragt, sondern es wird die Einrichtungsleitung über die in der Einrichtung lebenden Personen befragt. Die Personen in sensiblen Bereichen werden über die Befragung der Einrichtungsleitung vorab informiert. Die Übermittlung der Angaben kann die Einrichtungsleitung entweder gegenüber dem Interviewer (Erhebungsmethode: Papier und Stift) erledigen oder aber die Einrichtungsleitung kann die Angaben direkt bei der Erhebungsstelle abgegeben. Zusätzlich ist die Möglichkeit der sicheren Übertragung per elektronischen Fragebogen (IDEV) geplant.


Wie stellen Sie sicher, dass die Daten nicht wieder zurückgeführt werden, besonders dann, wenn die Daten aus den unterschiedlichen Quellen bereits zusammengeführt wurden?

Das Zensusgesetz 2011 regelt in Paragraf 22 zwei konkrete Fälle, in denen statistische Einzeldaten von der amtlichen Statistik an andere öffentliche Stellen übermittelt werden dürfen. Zum einen dürfen Tabellen mit statistischen Ergebnissen "für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung" übermittelt werden, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Die zentrale gesetzliche Einschränkung ist hierbei, dass diese Daten nicht "für die Regelung von Einzelfällen" verwendet werden dürfen. Der zweite Fall ist die Übermittlung an die "für statistische Aufgaben zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände (Statistikstellen) auf Ersuchen für deren Zuständigkeitsbereich Einzelangaben zu den Erhebungsmerkmalen sowie zu den Hilfsmerkmalen "Straße" und "Hausnummer" oder nach Blockseiten zusammengefasste Einzelangaben". Das Entscheidende ist hierbei, dass dies ausschließlich für statistische Zwecke erfolgen darf, dazu heißt es in Paragraf 22 des Zensusgesetzes: "Die Übermittlung ist nur zulässig, wenn das Statistikgeheimnis durch gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen, insbesondere zur räumlichen, organisatorischen und personellen Trennung der Statistikstellen von den für nichtstatistische Aufgaben zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände, gewährleistet ist. Die Hilfsmerkmale sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens jedoch zwei Jahre nach Übermittlung zu löschen."
Ansonsten gilt generell für den Zensus wie für jede andere amtliche Statistik, dass die Verwendung statistischer Einzeldaten für exekutive Zwecke gesetzlich verboten ist. Dies regelt das Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke, das Sie komplett in unserem Internetangebot finden (s.o.).
Auch das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht, hat mit dem Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 (BVerfGe 65, 1ff) bestätigt, dass keinesfalls Einzeldaten aus der amtlichen Statistik für exekutive Zwecke verwendet werden dürfen. Damit ist die Weitergabe an private Institutionen, aber auch an andere Behörden streng untersagt. Das bedeutet für den Zensus, dass Daten aus den Melderegistern zwar an die amtliche Statistik weitergeleitet werden dürfen, nicht aber umgekehrt. Diese "Einbahnstraße" hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem Volkszählungsurteil ausdrücklich hervorgehoben.
Die "Einbahnstraße" gilt übrigens nicht nur für den Zensus 2011, sondern für alle amtlichen Statistiken - und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der statistischen Ämter sind entsprechend zu Datenschutz und Datensicherheit unter Strafandrohung verpflichtet. Verstöße gegen die statistische Geheimhaltung werden strafrechtlich verfolgt und können mit Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren geahndet werden.


Wie gewährleisten Sie die Anonymität der erfassten Daten?

Nicht nur beim Zensus 2011, sondern generell gilt: Die amtliche Statistik befasst sich mit Massenphänomenen, nicht mit persönlichen Daten. Das heißt ganz praktisch, dass nur solche aggregierte Daten veröffentlicht werden, die keinerlei Rückschlüsse auf Einzelne zulassen. So werden bei Merkmalsausprägungen, die etwa so selten vorkommen, dass sie Rückschlüsse auf Einzelne Personen oder Unternehmen etc. zuließen, nicht veröffentlicht. Dieser Standard wird seit Jahrzehnten in allen amtlichen Statistiken gewahrt - und wird auch beim Zensus 2011 streng eingehalten werden.
Bei den für die Durchführung wissenschaftlicher Vorhaben zur Verfügung gestellten Mikrodaten werden zudem die gesetzlichen Vorgaben nach Paragraf 16 (6) des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke strikt erfüllt, unter denen die faktisch anonymisierten Mikrodaten weitergegeben werden dürfen.


Wie und durch wen werden Ihre Maßnahmen zum Datenschutz überwacht?

Generell sind wir fortlaufend mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Kontakt, um den hohen Standard von Datenschutz und Datensicherheit der Daten der amtlichen Statistiken fortlaufend zu verbessern. Dies ist keine Sondermaßnahme für den Zensus 2011, sondern gehört zu unserer regelmäßigen Arbeit.
Übrigens hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit gegen das Verfahren des registergestützten Zensus keine grundsätzlichen Einwände:
http://www.bfdi.bund.de/cln_029/nn_531002/sid_383B15DF78A006762208A6FD92B13F0E/DE/Oeffentlichkeitsarbeit/Pressemitteilungen/2006/PM-34-06DatenschutzBeiNeuerVolkszaehlungGewaehrleisten.html
Der Schutz aller persönlichen Einzeldaten ist nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern er ist uns auch ein eigenes zentrales Anliegen. Wir wollen das Vertrauen der Bevölkerung in die amtliche Statistik nicht gefährden. Und ohne dieses Vertrauen kann die amtliche Statistik ihrer Rolle als Teil der informationellen Infrastruktur entwickelter Demokratien nicht gerecht werden.

Noregred 22:49, 21. Feb. 2010 (CET)