Tobin-Steuer

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Die Tobin-Steuer, ist eine niedrige Finanztransaktionssteuer auf internationale Devisengeschäfte. Mit ihrer Hilfe sollen Spekulationsgeschäfte auf Währungsschwankungen eingedämmt werden.

Geschichte

Die Idee einer Besteuerung von Finanztransaktionen wurde von Keynes bereits Mitte der 1920er Jahre formuliert, um die exzessiven Wertpapierspekulationen einzudämmen. Er hatte wohl bereits die Gefahren für die damalige Wirtschaft gesehen. Auch damals trieb technische Innovation, hier das Telefon, die Entwicklung der Kapitalmärkte rasant voran. Da er noch keinen großen Einfluss auf die Politik hatte, war er mehr oder weniger ein einsamer Rufer im Walde. Im Oktober 1929 kam es dann zum Crash, dem "schwarzen Freitag". Die große Depression und ihre weltweite Ausdehnung hatten in der Folge auch schreckliche politische Konsequenzen.

Als es bereits 1944 in Bretton Woods um eine neue Weltwirtschaftsordnung ging, war er in einer wesentlich besseren Position und sein Vorschlag ging über eine Transaktionssteuer weit hinaus. Sein Vorschlag war die Einführung einer Art Verrechnungswährung, des sogenannten Bancor. Diese Währung sollte von einer eigenen Institution, der "Clearing Union", ausgegeben und von Zentralbanken als Währungsreserve benutzt werden. An diese Idee hat in der aktuellen Krise auch Joseph Stiglitz wieder angeknüpft und den "Global Greenback" ins Gespräch gebracht. In Bretton Woods konnte sich Keynes mit dem Bancor nicht durchsetzen, aber es wurde ein System fester Wechselkurse zwischen den wichtigsten Währungen beschlossen.

Dieses Festkurssystem war wahrscheinlich die wichtigste Komponente des Bretton Woods Systems, das auch eine Steuer auf Devisentransaktionen unnötig machte. Die anderen Zutaten waren erstens die Vereinbarung, das Festkurssystem an eine Leitwährung, den US-Dollar zu koppeln und zweitens die Stabilität des Dollars durch eine Gold-Deckung zu garantieren.

Die Idee einer Devisentransaktionssteuer tauchte etwa um 1972 wieder auf, als sich das Ende des Bretton Woods Systems abzeichnete. Formuliert wurde dieser Gedanke von James Tobin (Tobin-Steuer), dem späteren "Nobelpreis"träger (s. Wikipedia). Im Jahr 1973 verabschiedete sich die USA vom Bretton Woods System und es kam zu einem System der freien Wechselkurse. Tobin hat damals bereits vor unkontrollierbaren Währungsspekulationen gewarnt, die zu ungerechtfertigten Wechselkursen und damit z.B. zu großen Belastungen der betroffenen Volkswirtschaften führen könnten. Aber ähnlich wie Keynes fand er kein Gehör.

Zum Thema wurde die Tobin-Steuer erst wieder Anfang der 1990er Jahre und zwar im Rahmen des Entwicklungsprogramms der UN (UNDP). Im Vordergrund stand vermutlich, eine neue Finanzierungsquelle für Entwicklungsarbeit zu finden. Die USA zeigten sich darüber überhaupt nicht amüsiert und übten massiven Druck aus, auch finanzieller Art. In diese Zeit fällt ein Gesetz, das die Besteuerung von US-Bürgern durch internationale Steuern und außerhalb ihres Landes untersagt. (Letztere Aussage findet man bei Wahl/Waldow; Todo: der konkrete US Gesetzestext scheint im Netz nicht verfügbar zu sein) Damit war die Tobin-Steuer zumindest politisch wieder tot.

Die Diskussionen um die Steuer wurden in den 90er Jahren aber nicht mehr abgebrochen, weil es zu einer ganzen Reihe von Crashereignissen kam. Da waren Mexiko, die Asienkrise (Indonesien, Thailand, Südkorea, Malaysia), Russland, Brasilien und etwas später die Türkei und Argentinien. Was bei uns noch als ein vergleichbar mildes Lüftchen ankam, war aber in den betroffenen Ländern eine extrem bittere Geschichte. In vielen der genannten Länder hat der IWF seinen Ruf nachhaltig ruiniert.

Untersucht wurde auch die Machbarkeit einer nur auf die Eurozone beschränkten Einführung der Tobin-Steuer (Jörg Huffschmid u.a.). Nach Huffschmid muss dann die Besteuerung bereits bei Überweisungen von inländischen Devisen in das Ausland einsetzen ("Exit-Steuer") und nicht erst bei einem Devisentausch. Für ihn war die Tobin-Steuer bzw. Spahn-Steuer ohnehin nur ein Instrument unter vielen, um die Finanzmärkte besser zu kontrollieren. Die Steuer soll in erster Linie zu einer Stabilisierung der Wechselkurse beitragen. Ob die Steuer eine große Lenkungswirkung haben kann wird bezweifelt, da der Steuersatz relativ gering ist und nicht beliebig erhöht werden kann. Huffschmid sah die Tobin-Steuer im Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen: Entschleunigung der Wertpapiermärkte (z.B. Verbot des OTC-Derivatehandels, Diskriminierung kurzfristiger Transaktionen usw.) und Beschränkung des Kreditsystems (Kreditbeschränkung für Hedge-Fonds, bessere Risikoabsicherung usw.) Ähnliche und noch darüber hinaus gehende Vorschläge wurden unter dem Eindruck der aktuellen Krise auch von Sebastian Dullien gemacht. Einige Vorschläge der beiden, wie eine Reform des IWF und eine stärkere Rolle der SZR (Sonderziehungsrechte) sind auf der G20-Ebene in der Diskussion.

Aspekte

Nebeneffekt Transparenz

Ein wichtiger Nebeneffekt des Systems Transaktionssteuer ist, dass ein hohes Maß an Transparenz als "Nebenprodukt" anfällt. Gerade fehlende Transparenz im Finanzsystem ist eines der größten Probleme unserer Zeit und würde so quasi "nebenbei" zwar nicht gelöst, aber zumindest entschärft. [1]

Freiwilligkeit

Man könnte durch Kopplung von Rechtsansprüchen bei Transaktionen die Steuer "freiwillig" machen. Finanzmarktteilnehmer würden so nur dann die Möglichkeit haben, ihre Transaktionen gerichtlich durchzusetzen (womit auch Ansprüche bei Insolvenz beinhaltet wären) , wenn sie die Transaktionen melden und somit Steuern zahlen, somit gäbe es starke Anreize, Transaktionen zu melden und freiwillig die Steuer zu zahlen. [1]

Fußnoten


Literatur

  1. Wahl, Waldow, Tobin-Steuer, VSA Verlag 2002
  2. Jörg Huffschmid, Politische Ökonomie der Finanzmärkte, VSA Verlag 2002
  3. Joseph Stiglitz, Die Roaring Nineties, Goldmann 2005
  4. Joseph Stiglitz, Die Chancen der Globalisierung, Siedler Verlag 2006
  5. Helmut Wagner, Einführung in die Weltwirtschaftspolitik, Oldenbourg 2003

Weblinks

  1. http://de.wikipedia.org/wiki/Tobin-Steuer
  2. http://londonbanker.blogspot.com/2011/09/transaction-taxes-and-transparency.html
  3. http://www.campact.de/finanzkrise/info/5min