Stammtisch Aschaffenburg/OPNV Konzept Teil1
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ÖPNV-Konzept Teil 1Eine Initiative in Aschaffenburg mit überraschenden Antworten der Regierung von Unterfranken!Nach den Städten Hasselt (Belgien), Tallin (Hauptstadt von Estland) gibt es auch in Deutschland Initiativen zur Umsetzung dieses Modells eines fahrscheinlosen Nahverkehrs – auch „Nulltarif“ genannt. In Aschaffenburg wurde mit einem Stadtratsantrag die ersten Weichen gestellt um diesen fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehr Wirklichkeit werden zu lassen. Die Kommunale Initiative (KI) hat zum Nachtragshaushalt 2011 auf das Beispiel Hasselt hingewiesen um eine kostenfreie Ringbuslinie in Aschaffenburg einzuführen und zum Haushalt 2012 einen konkreten Antrag an den Stadtrat gestellt um die Möglichkeit des fahrscheinlosen, umlagefinanzierten ÖPNV in Aschaffenburg untersuchen zu lassen. Hier der Antragstext vom Februar 2012: „In einer eigenen Haushaltsstelle unter 6101-6550 werden 20.000 Euro zur Untersuchung einer fahrscheinlosen Nutzung der städtischen Busse auf dem Hoheitsgebiet der Stadt eingestellt. Mit der Möglichkeit der Nutzung des Stadtbusses zum Nulltarif soll der Umstieg vom individuellen Pkw-Verkehr auf den ÖPNV einen großen Schritt vorankommen. Die Finanzierung kann über die Erhebung einer Verkehrsabgabe für alle Bürgerinnen und Bürger in der Stadt erfolgen.“ Beauftragt wurden die Stadtwerke als Teil der Aschaffenburger Versorgungsgesellschaft (AVG): „Die AVG wird beauftragt, ein Konzept zur Umsetzung eines fahrscheinlosen, unentgeltlichen ÖPNV, in dem die zu erwartenden Fahrgastzahlen, die hierzu benötigten Beförderungsmittel sowie deren Kosten transparent und nachvollziehbar darzustellen sind, zu prüfen. Eine Erweiterung des unentgeltlichen, fahrscheinlosen ÖPNV auf das Aschaffenburger Umland wäre wünschenswert.“ Begründet wurde dies u.a.: „Jedem, der sich in Aschaffenburg aufhält, ist, unabhängig vom Einkommen, die Möglichkeit an der Teilhabe am öffentlichen und kulturellen Leben zu gewähren. Die Mobilität soll sich in Aschaffenburg in Zunkunft vor allem durch die Nutzung des ÖPNV bestimmen. Wir wollen mittelfristig eine unentgeltliche Nutzung des ÖPNV einführen, um das soziale Recht der Mobilität vom Einkommen des Einzelnen abzukoppeln. Ein fahrscheinloser, gemeinschaftlich finanzierter ÖPNV kann einen weiteren Beitrag dazu leisten, den Individualverkehr durch Pkw in der Stadt weiter zu begrenzen und Aschaffenburger und die Gäste unserer Stadt auf die Nutzung des städtischen Nahverkehrs umzulenken. Weniger Pkw-Individualverkehr bedeutet weniger Lärm und Emissionen. Aschaffenburg benötigt weniger Parkflächen in der Innenstadt und gewinnt mehr nutzbare Freiräume.“ Auch wenn die damals genannten Zahlen bei der groben Berechnung noch zu niedrig angesetzt waren wurde anhand des Vorbildes Hasselt eine Kommunalabgabe als Finanzierung in Betracht gezogen. Die Gegenfinanzierung der gesamten Einnahmenverluste der Verkehrsbetriebe in Aschaffenburg von 5,9 Millionen Euro ist dabei ein großes Problem. Alternativen wurden in einem Konzeptvorschlag entwickelt. (Teil 2) Da rein rechtlich aber nur die Aschaffenburger in den Genuss eines solchen Nulltarifes kommen dürfen, - der Stadtrat kann nur Entscheidungen für seine Bürger fällen - blieben immer noch Einnahmen der Busbenutzer in die Landkreise. Damit wäre die Belastung für die Aschaffenburger Bürger etwas geringer. Der Antrag wurde nicht abgestimmt sondern zur Bewertung an die Stadtwerke Aschaffenburg und an die Regierung Unterfranken weitergeleitet. Die Antwort auf diesen Antrag durch die Stadtwerke/AVG und die Regierung Unterfranken liegt nun vor und lassen hier einige positive Schlussfolgerungen zu. So schreibt die Regierung in ihrem Brief vom 10. Juli 2012: „1. Kostenlose Nutzung des ÖPNV („Nulltarif im ÖPNV“) Zur Gegenfinanzierung durch einen Nahverkehrsabgabe schreibt die Regierung, dass die hierfür erforderlichen Mittel nicht durch eine „Nahverkehrsabgabe“ erhoben werden dürfen. Dies würde das Bayerische Kommunalabgabengesetz (KAG) nicht zulassen, da nur Verbrauch- und Aufwandsteuern, Beiträge und Gebühren vorgesehen sind. Die Nahverkehrsabgabe würde nicht unter diese Aufgabenbegriffe fallen. Interessanterweise schreibt aber die Regierung auch, dass „die mit der kostenlosen Nutzung des ÖPNV verbundenen Einnahmeausfälle bei den Verkehrsunternehmen bedürfen der Gegenfinanzierung durch den ÖPNV-Aufgabenträger – hier der Stadt Aschaffenburg – wenn dieser den Nulltarif politisch vorgibt.“ Dies bedeutet: Beschließt der Stadtrat einen „Nulltarif“, dann dürfte er gegenfinanziert werden wenn die Mittel aus dem Haushalt der Stadt kommen und nicht zweckgebunden erhoben wurden. Damit wäre die Einführung des fahrscheinlosen Nahverkehrs laut Aussage der Regierung Unterfranken politisch und rechtlich möglich. Zur Gegenfinanzierung lehnt die Regierung auch die „City-Maut“ ab, da „derzeit weder im bundesrechtlichen Straßenverkehrsrecht (StVO), noch im Landesrecht eine Rechtsgrundlage für die Einführung einer City-Maut,“ ... „besteht“. Um sowohl „City-Maut“ wie auch eine „Nahverkehrsabgabe“ überhaupt möglich zu machen, sind deshalb politische Weichenstellungen bei Bundes- und Landesregierungen nötig. Hier andere politische Mehrheiten zu bekommen wird Sache der nächsten Wahlen im Herbst 2013 sein. Die Einwände der Aschaffenburger Verkehrsbetriebe (Stadtwerke/AVG) – Brief vom 10. August 2012 - gegen die Einführung des fahrscheinlosen ÖPNV beziehen sich vor allem auf die Bestimmungen der Gemeindeordnung. Hier wird dr Art. 62 GO zitiert, in dem geregelt ist, dass die Gemeinden für ihre Leistungen „soweit vertretbar und geboten“ Entgelte zu verlangen hätten. Aber allein die Dehnbarkeit des Begriffes läßt auch die Gebotenheit und Vertretbarkeit für die Einführung sprechen. (Alle Texte im Anhang) Die Behandlung dieses Themas im Stadtrat Aschaffenburg – zuerst im Werksenat und danach im Plenum - ist demnächst geplant (November/Dezember 2012 bzw. Januar 2013) Wie soll es nun weitergehen? Unter Verwendung von Texten der Piraten Nürnberg wurde nun ein Konzept entworfen, dass die Einführung des fahrscheinlosen Nahverkehrs für Aschaffenburg genauer ausgearbeitet hat. Das Konzept ist als Teil 2 den Ausführungen angehängt. Hier anschließend die Orginaltexte des Antrages und die Schreiben der Stadtwerken und der Regierung von Unterfranken. (Anlage 1) Der erste Vorstoß und der Antrag zum Haushalt!Redebausteine zum Nachtragshaushalt am 17. Oktober 2011 (jb - Auszug) Zur Forderung der CSU in der Presse, ... für langfristige Planungen als Reaktion auf den demografischen Wandel: Richtig! Wir brauchen ein ausgebautes öffentliches Personennahverkehrssystem! Das heißt mehr Busse – auch abends, nachts und Sonntagsfrüh! Vor allem in Stadtteile die von den VU-Linien abgenabelt sind. Schweinheim, Damm-West, Strietwald, Aschaffenburg-Ost! Und was die Fahrpreise angeht, können wir uns ein Beispiel nehmen an der belgischen Stadt Hasselt mit ihren 70.000 Einwohnern. Dort gibt es einen Null-Tarif für die Busse, mit höchster Auslastung und niedrigen Kfz-Zahlen in der Innenstadt und das Ganze funktioniert seit 1997! Kommunalrechtlich wäre eine Innenstadt-Ringbuslinie kostenfrei machbar. Wie in Hasselt kann das über eine Art Nahverkehrsabgabe finanziert werden. Für die Finanzierung der 11 Buslinien zahlt dort eine Familie 23 Euro pro Jahr. (Anlage 2) Antrag der KI zum Haushalt 2012 – Mittel für Untersuchung Nahverkehr „Nulltarif für Stadtbusse“!(2. Februar 2012) Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Im Namen der Kommunalen Inititive (KI) stelle ich folgenden Antrag zum Haushalt 2012: In einer eigenen Haushaltsstelle unter 6101-6550 werden 20.000 Euro zur Untersuchung einer fahrscheinlosen Nutzung der städtischen Busse auf dem Hoheitsgebiet der Stadt eingestellt. Mit der Möglichkeit der Nutzung des Stadtbusses zum Nulltarif soll der Umstieg vom individuellen Pkw-Verkehr auf den ÖPNV einen großen Schritt vorankommen. Die Finanzierung kann über die Erhebung einer Verkehrsabgabe für alle Bürgerinnen und Bürger in der Stadt erfolgen. Begründung: Mobilität nach Einkommen – Nicht mit uns! Jedem, der sich in Aschaffenburg aufhält, ist, unabhängig vom Einkommen, die Möglichkeit an der Teilhabe am öffentlichen und kulturellen Leben zu gewähren. Die Mobilität soll sich in Aschaffenburg in Zunkunft vor allem durch die Nutzung des ÖPNV bestimmen. Wir wollen mittelfristig eine unentgeltliche Nutzung des ÖPNV einführen, um das soziale Recht der Mobilität vom Einkommen des Einzelnen abzukoppeln. Mehr Lebensqualität in der Stadt Ein fahrscheinloser, gemeinschaftlich finanzierter ÖPNV kann einen weiteren Beitrag dazu leisten, den Individualverkehr durch Pkw in der Stadt weiter zu begrenzen und Aschaffenburger und die Gäste unserer Stadt auf die Nutzung des städtischen Nahverkehrs umzulenken. Weniger Pkw-Individualverkehr bedeutet weniger Lärm und Emissionen. Aschaffenburg benötigt weniger Parkflächen in der Innenstadt und gewinnt mehr nutzbare Freiräume. Konzept Die AVG wird beauftragt, ein Konzept zur Umsetzung eines fahrscheinlosen, unentgeltlichen ÖPNV, in dem die zu erwartenden Fahrgastzahlen, die hierzu benötigten Beförderungsmittel sowie deren Kosten transparent und nachvollziehbar darzustellen sind, zu prüfen. Eine Erweiterung des unentgeltlichen, fahrscheinlosen ÖPNV auf das Aschaffenburger Umland wäre wünschenswert. Gemeinschaftliche Finanzierung Die Finanzierung erfolgt über die Erhebung kommunaler Abgaben. Das Musterbeispiel für eine Stadt von 70.000 Einwohnern – in der die Einführung des Nulltarifes für städtische Busse in hervorragender Weise geklappt hat - ist die Stadt Hasselt in Belgien. Dort gab es bis in die Mitte der 90er Jahre nur zwei Buslinien. Nach Einführung des Nulltarifs für Busse hat sich die Anzahl der Busbenutzer von 1000 auf 7000 pro Tag erhöht. Jetzt fahren 11 Buslinien. Alle 5 Minuten hält der Bus an den Haltestellen und der verstopfte Stadtring wurde zum „Grünen Boulevard“. Es gibt im Stadtzentrum keinen Stau mehr und die Luftverschmutzung sank deutlich.
Ähnliche Konzepte gibt es bei uns in Deutschland bei den Semestertickets für Studenten. Alle Studenten zahlen einen Semesterbeitrag an der Uni, von dem sie ein Ticket für den öffentlichen Nahverkehr bekommen ob sie es brauchen oder nicht. So nutzen mehr Studenten die Verkehrsunternehmen. Datei:Schreiben Regierung Unterfranken.pdf Eine Einschätzung der Antworten der Regierung Unterfranken vom 10.7.2012 und der Stadtwerke Aschaffenburg vom 8.10.2012Befristete Einführung zum Test!Eine befristete Einführung wird von der Regierung als grundsätzlich geeignet angesehen um zusätzliche Fahrgäste für den ÖPNV zu interessieren. Dies könnte eine geeignete Maßnahme sein, um festzustellen, ob und inwieweit sich das Mobilitätsverhalten durch eine Preisgestaltung der öffentlichen Verkehrsmittel beeinflussen lässt. Befristete Maßnahmen wären Modellversuche z.B. der Einsatz von Pendelbussen von den Park und Ride Parkplätzen, u.a. auch beim Stadtfest und an verkaufsoffenen Sonntagen, dem Volksfest oder Afrikafest und anderen Großveranstaltungen. Die Einführung von Ringbuslinien um die Innenstadt oder zur Verbindung der verschiedenen Stadtteile. Die kleinen Schritte sind vielfältig. „Nulltarif“ auch unbegrenzt umsetzbar?Im Gegensatz zu den Aussagen der Stadtwerke, die ja eine solche Möglichkeit grundsätzlich ablehnen, läßt das Schreiben der Regierung den Schluss zu, dass ein "Nulltarif"/fahrscheinloser Nahverkehr auch als unbegrenzte Maßnahme umsetzbar ist. Siehe auch die Aussagen der Regierung unter Ziff 2 ihres Schreibens. Hier steht wörtlich: "Die mit der kostenlosen Nutzung des ÖPNV verbundenen Einnahmeausfälle bei den Verkehrsunternehmen bedürfen der Gegenfinanzierung durch den ÖPNV-Aufgabenträger - hier der Stadt Aschaffenburg - wenn dieser den Nulltarif politisch vorgibt." Das heißt: Die Stadt kann dies beschließen - muss aber die Kosten dafür aus ihrem Haushalt tragen. (übliche Einnahmen wie Gewerbesteuer und Grundsteuer B) z.Z. keine zweckbestimmte Gegenfinanzierung möglich!Nach dem momentanen bayrischen und bundesdeutschen Rechtsregeln ist laut dem Schreiben der Regierung weder eine zweckgebundene "Nahverkehrsabgabe" noch eine "City-Maut" als Gegenfinanzierung möglich. (Vielleicht ändert sich das bei einer neuen Bundesregierung und anderen Mehrheiten im Landtag ab 2013.) Ein Entgeltverzicht sei kommunalrechtlich nicht zulässig!Die Stadtwerke behaupten, dass sie keinen Entgeltverzicht üben dürften. Einen Entgeltverzicht der Stadtwerke haben wir mit der Forderung nach fahrscheinlosem Nahverkehr (Nulltarif) auch nicht erhoben sondern immer die Gegenfinanzierung durch die Stadt als notwendig erachtet. Damit entfällt auch das Argument der Stadtwerke, dass für sie ein Entgeltsverzicht kommunalrechtlich unzulässig sei. Muss die Stadt Entgelte für Leistungen verlangen?Ob die Stadt bei einer Gegenfinanzierung der Eigenbetrieb gegen Art.62 GO verstößt ist offen. Die Stadt hat für ihre Leistungen "soweit vertretbar und geboten" Entgelte zu verlangen. Es steht aber auch im Art.62 GO, dass die Stadt "zur Erfüllung ihrer Aufgaben ... im übrigen aus Steuern" ihre Gelder beschafft "soweit die sonstigen Einnahmen nicht ausreichen." Die Aussage ob Fahrscheineinnahmen "vertretbar und geboten" seien muss bei der Einführung des Nulltarifs mit der ökologischen aber auch ökonomischen Gegenrechnung für die positiven Aspekte des Umstiegs auf den ÖPNV abgewogen werden. Hier kann man ganz sicher der Meinung sein, dass ein Einnahmeverzicht beim ÖPNV in einer Stadt in seiner Wirkung mehr Vorteile als Nachteile hat und demenstprechend die Nichterhebung von Entgelten „vertretbar und geboten“ ist. VAB-Gemeinschaftstarif und Nulltarif für das StadtgebietDie Stadtwerke schreiben, sie wären im VAB-Verkehrsverbund integriert und hätten einen Gemeinschaftstarif. Hier wird von den Stadtwerken behauptet, "Diese Verkehrskooperation wäre mit dem entgeltfreien Stadtbusverkehr nicht fortsetzbar." Warum? Eine Erklärung erfolgt nicht. Warum ist kein entgeltfreier Nahverkehr im Stadtgebiet möglich wenn gleichzeitig vor den Stadtgrenzen für den VAB bis auf weiteres Entgelte verlangt werden? Ab der Stadtgrenze werden stadteinwärts z.B. keine 1,60 Euro mehr für die Fahrt in der Stadt verlangt bzw. in Richtung Landkreis wird dann ab der Stadtgrenze ein Fahrpreis in der tariflichen VAB-Höhe erhoben.
Wo ist das Problem?
Jb/Okt.2012 Einleitung |