Sperrklausel

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Update vom 28.03.2021: Ich habe aus Bundestagskreisen erfahren, dass die Sperrklausel zur Europawahl erst einmal wieder vom Tisch ist. Vielen Dank fürs Mitmachen!

Patrick

Piraten müssen im Europaparlament bleiben – Hilf die Sperrklausel zu verhindern!

Liebe Piraten,

aus Abgeordnetenkreisen haben wir erfahren, dass im Bundestag wieder die Einführung einer 2%-Sperrklausel für Europawahlen im Gespräch ist. Kleine Parteien wie die Piratenpartei hätten dann keine Chance mehr auf einen Sitz im Europaparlament, ihre Sitze würden auf größere Parteien umverteilt werden.

Unsere Arbeit und Erfolge im Europaparlament für den Schutz der Menschenrechte im digitalen Zeitalter sind so wichtig, dass wir dies nicht hinnehmen dürfen! Dass das Bundesverfassungsgericht wiederholt Sperrklauseln zur Europawahl gekippt hat, soll über eine EU-Vorgabe ausgehebelt werden. Noch steht nicht fest, ob in Bundestag und Bundesrat die dafür erforderliche 2/3-Mehrheit zustande kommt, insbesondere weil sich die Grünen noch nicht entschieden haben. Deswegen rufen wir euch (ebenso wie ÖDP und Volt) zum Handeln auf: Schreibt den Parlamentarischen Geschäftsführern der Bundestagsfraktionen und euren Wahlkreisabgeordneten und fordert sie dazu auf, diese undemokratische Sperrklausel zu verhindern!

Für das Anschreiben könnt ihr auf diesen vorgefertigten Brief zugreifen: https://www.patrick-breyer.de/wp-content/uploads/2021/03/21.03.03_Brief_Sperrklausel_v3.docx

Die zuständigen Parlamentarischen Geschäftsführer sind: michael.grosse-broemer@bundestag.de (CDU/CSU) carsten.schneider@bundestag.de (SPD) bernd.baumann@bundestag.de (AfD) marco.buschmann@bundestag.de (FDP) jan.korte@bundestag.de (Linke) britta.hasselmann@bundestag.de (Grüne) franziska.brantner@bundestag.de (Grüne, stv.) katharina.droege@bundestag.de (Grüne, stv.) steffi.lemke@bundestag.de (Grüne, stv.)

Auch eine Kontaktaufnahme über soziale Medien kann helfen.

Erfahrungsgemäß haben individuelle Formulierungen, besser noch ein Anruf im Abgeordnetenbüro den größten Erfolg.

Die Antworten/Reaktionen können wir auf dieser Wikiseite sammeln.

Danke schon im voraus fürs Mitmachen!

Antworten

Jan Korte (LINKE) 26.03.

Sehr geehrtx xxxx xxxxxxx,

vielen Dank für Ihre Mail. Die Fraktion DIE LINKE hat von Anfang an auf die Verfassungswidrigkeit dieser Sperrklausel hingewiesen. Ein Verfahren in Karlsruhe wäre uns jedoch erspart geblieben, wenn die anderen bei der Einführung der Dreiprozenthürde im Bundestag vertretenen Fraktionen, also Union, FDP, SPD und Grüne, auf DIE LINKE gehört hätten. Unabhängig von den Urteilsgründen ist es weiterhin eine politische Frage, wie mit der Sperrklausel bei Bundestagswahlen umzugehen ist. DIE LINKE fordert den völligen Verzicht auf derartige Hürden. Die Wählerinnen und Wähler allein sollen über die Zusammensetzung des Parlaments entscheiden. Zu einer freien Wahl und zur Chancengleichheit gehört, dass man jede Partei wählen kann ohne Angst haben zu müssen, dass die Stimmen wegen einer Sperrklausel verloren gehen. Die Funktionsfähigkeit des Parlaments kann kein Grund zur Einschränkung der freien Wahl sein, denn nicht die Wählerinnen und Wähler haben sich nach der Arbeitsweise der Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu richten, sondern die Arbeitsweise des Parlaments nach ihrem Votum.

Unter folgendem Link finden sich unsere Vorschläge für ein starkes Parlament, welche über die Sperrklausel hinausgehen.

https://www.linksfraktion.de/themen/nachrichten/detail/streitbar-buergernah-sachorientiert/ <https://www.linksfraktion.de/themen/nachrichten/detail/streitbar-buergernah-sachorientiert/>

Mit freundlichen Grüßen Jan Korte


Konstantin Kuhle (FDP) 03.04.

Sehr geehrtx xxxx xxxxxxx,

vielen Dank für Ihre Nachricht zur Umsetzung des europäischen Direktwahlakts. Als innenpolitischer Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag möchte ich Ihnen gerne antworten.

Der Europäische Direktwahlakt sieht eine verbindliche Sperrklausel in Höhe von 2-5 % vor. Wenn der Rechtsakt durch alle Mitgliedstaaten ratifiziert wird, muss also auch Deutschland eine solche Sperrklausel einführen. Aus nationaler Perspektive existieren hinsichtlich der Höhe einer Sperrklausel Vorgaben durch das Bundesverfassungsgericht. Es hatte in seinem Urteil vom 9. November 2011 die bis dahin bei Europawahlen geltende 5 %-Sperrklausel wegen eines nicht gerechtfertigten Eingriffs in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit für verfassungswidrig erklärt. In der Urteilsbegründung legte das Gericht dar, dass die Parlamentsqualität des Europäischen Parlaments nur eingeschränkt gegeben sei und dass eine Sperrklausel auf europäischer Ebene nicht erforderlich sei, um die Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments zu gewährleisten. In der Folge verabschiedete der Deutsche Bundestag im Juni 2013 eine 3 %-Sperrklausel. Diese wurde am 26. Februar 2014 vom BVerfG mit ähnlicher Begründung ebenfalls für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht deutete jedoch an, dass der europäische Gesetzgeber seinerseits zu der Einschätzung gelangen kann, eine Sperrklausel sei für die Funktionsfähigkeit des EP erforderlich. Genau das ist mit dem Direktwahlakt jetzt gewollt.

Auch die FDP hält eine Stärkung des Europäischen Parlaments für sinnvoll. Dabei ergibt es auch Sinn, statt einer Fragmentierung der europäischen Parteienlandschaft klare Mehrheitsverhältnisse anzustreben. Angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Wahlsysteme in Europa gibt es sicher keinen Zusammenhang zwischen Sperrklausel und „echter“ Parlamentsqualität. Aber solange das Wahlrecht ein nationales ist und man sich auf die Begründung des BVerfG einlässt, lässt sich durch eine Ratifikation des Direktwahlakts eine Aufwertung des EP erreichen. Das wäre in meinem Sinne.

Wir Freie Demokraten sind daher gerne bereit, uns ergebnisoffen an interfraktionellen Gesprächen zu beteiligen. Unserer Ansicht nach dürfte am ehesten eine 2-%-Sperrklausel den Vorgaben des Verfassungsrechts entsprechen. Bei solchen Gesprächen sollten aber weitere Themen eine Rolle spielen. Beispielsweise sollte das Wahlalter für die Wahl zum Europäischen Parlament auf 16 Jahre herabgesenkt werden. Zudem sollte ein Ausbau der Beteiligung des Deutschen Bundestages durch eine Anpassung des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) diskutiert werden. Auch der neue Direktwahlakt selbst enthält wichtige Anregungen, denen man folgen könnte. Ich finde vor allem Artikel 3b spannend: "Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass die Stimmzettel den Namen oder das Logo der europäischen politischen Partei, der die nationale politische Partei oder der Einzelbewerber angehört, tragen."

Bis zur nächsten Wahl zum Europäischen Parlament ist noch genug Zeit ist, eine Einigung in diesen Punkten zu erzielen. Ich hoffe, ich konnte Ihrer Bitte nach einer Stellungnahme nachkommen. Sollten Sie noch Rückfragen haben, stehe ich Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen Konstantin Kuhle

--

Konstantin Kuhle Mitglied des Deutschen Bundestages

Innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion Sprecher der Jungen Gruppe der FDP-Fraktion


Peter Bleser (Union)

Antwort von Peter Bleser


Ansgar Heveling Justiziar / CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Sehr geehrter Herr xxx,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 24. März 2021 an den Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Michael Grosse-Brömer MdB. Seiner Bitte an mich, Ihnen, als dem zuständigen Berichterstatter unserer Fraktion für das Wahlrecht zu antworten, komme ich gerne nach.

Der Rat der Europäischen Union hat bereits am 13. Juli 2018 einstimmig eine Änderung des Europäischen Direktwahlaktes beschlossen. Zuvor hatte das Europäische Parlament am 4. Juli 2018 seine Zustimmung erteilt. In einem neuen Artikel 3 des Direktwahlaktes ist für Länder ab einer bestimmten Mindestzahl an Abgeordneten des Europäischen Parlaments, zu denen auch Deutschland zählt, die Einführung einer sogenannten Sperrklausel zwischen zwei und fünf Prozent zwingend vorgesehen. Diese Änderung bedarf der Ratifizierung durch die einzelnen Mitgliedsländer. Zwischenzeitlich haben aber alle Länder bis auf Deutschland, Spanien und Zypern ihre Zustimmung erteilt.

Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag beabsichtigt eine alsbaldige Zustimmung Deutschlands, um die Arbeitsfähigkeit des Europäischen Parlaments zu erhalten. Für diese Zustimmung ist eine 2/3 Mehrheit im Deutschen Bundestag und im Bundesrat erforderlich. Derzeit lässt sich nicht absehen, ob eine solche Mehrheit zustande kommen wird.

Nach der Zustimmung aller Mitgliedstaaten ist Deutschland verpflichtet, zwingend eine Sperrklausel zwischen zwei und fünf Prozent in das Europawahlgesetz einzuführen. Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag sieht eine Sperrklausel von zwei Prozent für ausreichend an. Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2011 eine Sperrklausel in Höhe von fünf Prozent und im Jahr 2014 eine Sperrklausel in Höhe von drei Prozent für verfassungswidrig angesehen. Bei einer europarechtlichen Verpflichtung zur Einführung einer solchen Sperrklausel, wie sie in Artikel 3 des geänderten Direktwahlaktes vorgesehen ist, wäre dagegen die Einführung einer Sperrklausel im deutschen Europawahlgesetz verfassungsgemäß.

Mit freundlichen Grüßen