SH:Landtagswahl 2012/Wahlprogramm/Kapitel03

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Mehr Transparenz

- Geheimnis war gestern -

»Wissen ist Macht« wird bislang eher als Legitimation dafür verwendet, Wissen für sich zu behalten, abzuschotten und zu monopolisieren. Eine erfolgreiche Gesellschaft des 21. Jahrhunderts muss den Satz erweitern zu »Wissen ist Macht – wenn es allen gehört«. Denn eingesperrtes Wissen ist gesellschaftlich totes Wissen und nutzt zunächst nur dem, der daraus »Kapital« schlägt.

Umweltschutzorganisationen, Bürgerrechtsgruppen, Verbraucherschützer und viele andere Organisationen und Initiativen, die die Interessen der Bürger vertreten, warten z.B. darauf, dass die öffentliche Verwaltung ihre Informationsschätze teilt und nicht versteckt. Die Piratenpartei versteht sich als Vertreterin dieser Gruppen.

Damit der Bürger seiner Kontrollpflicht dem Staat gegenüber nachkommen kann, muss dieser offen und transparent aufgestellt sein. Die Demokratie wird gestärkt, wenn mehr Mitwirkungsmöglichkeiten und Einblicke in die Abläufe von Politik und Verwaltung gewährt werden. Durch Einsicht in die Staatsgeschäfte können Korruption, Bürokratie und Lobbyismus erkannt werden. Inkompetenz und Versäumnisse werden schneller aufgedeckt.

Transparente Gesetzgebung

Um die Entstehung von Gesetzen nachvollziehen zu können, sollen schon die Referentenentwürfe von Gesetzen sowie die Anhörungen dazu öffentlich gemacht werden. Wir wollen, dass sichtbar wird, welche Interessen bei der Entstehung eines Gesetzes eine Rolle spielen.

Transparenter Haushalt

Die Transparenz im Haushalt des Landes und bei der Verwendung von sonstigen Landesmitteln muss dringend verbessert werden. Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sind nicht im erforderlichen Maße gewährleistet. Die Haushalte der überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzierten Stiftungen sollten unter verstärkter parlamentarischer Kontrolle stehen. Für die Haushaltspläne der Kommunen wollen wir die Pflicht zur Veröffentlichung der Entwürfe und der verabschiedeten Haushaltssatzung einschließlich des Stellenplans in der Gemeindeordnung verankern.

Publizitätpflicht der Rechnungsprüfungsämter

Wir setzen uns dafür ein, dass die Prüfungsberichte des Landesrechnungshofes sowie der kommunalen Rechnungsprüfungsamter auf der Internetseite des Landesregierung sowie auf den Internetseiten der jeweiligen Kommune veröffentlicht und damit jedermann unentgeltlich zugänglich gemacht werden. Wir fordern die Schaffung eines straf- und diziplinarrechtlichen Instrumentariums für die neue Position eines Amtsanklägers für Fälle besonders gravierender Geldverschwendung.

Transparenz in der Kommunalpolitik

Wir setzen uns dafür ein, dass die Kreise, Städte und Gemeinden die technischen und personellen Voraussetzungen dafür erhalten, dass von den jeweiligen Sitzungen der Kreistage und der Stadt- und Gemeindevetretungsssitzungen Live-Streams erfolgen sowie Wortprotokolle erstellt werden. Die Kommunen werden verpflichtet, die Live-Streams und die Wortprotokolle auf ihren jeweiligen Internetseiten der Öffentlichkeit ohne Gebührenerhebung zugänglich zu machen.

Transparenz bei Besetzung von Ämtern

Wir fordern eine Verbesserung der Transparenz bei der Besetzung von Ämtern und öffentlichen Aufsichtsgremien. Darunter fallen zum Beispiel Stadträte oder Verwaltungsräte. Diese sollen sich vorab nach dem Muster der Vorstellung von EU-Kommissaren im Europäischen Parlament in den jeweiligen parlamentarischen Gremien öffentlich den Fragen von Abgeordneten und Bürgern stellen müssen. Damit wollen wir vermeiden, dass diese Positionen nur nach Parteiproporz besetzt werden.

Offenlegung der Nebeneinkünfte von Landtagsabgeordneten

Die Höhe und Herkunft aller Einnahmen aus Nebentätigkeiten, die direkt oder indirekt die Tätigkeit eines Abgeordneten beeinflussen könnten, müssen einzeln und in vollem Umfang veröffentlicht werden. Dazu ist ein Modell erforderlich, das über die Regelungen auf Bundesebene hinausgeht. Das dreistufige System reicht nicht aus, da die höchste Stufe von 7.000 Euro nichts darüber aussagt, wie hoch die Nebeneinkünfte tatsächlich ausfallen.

Um mögliche Interessenkonflikte erkennen zu können, sollen alle Funktionen in Verbänden, Vereinen, Kammern, Aufsichts- und Beiräten, Vorständen usw. benannt und Einnahmen aus diesen Tätigkeiten offengelegt werden.

Karenzzeit für Amtsträger

Die Verpflichtung eines Amtsträgers gegenüber dem Gemeinwohl darf nicht durch Zuwendungen aus der Wirtschaft untergraben werden.

Ergänzend zu den existierenden Vorschriften zu Nebentätigkeiten möchten wir nach Ende der Amtszeit eine Karenzzeit von mindestens drei Jahren einführen. In diesem Zeitraum müssen ehemalige Amtsträger eine Erwerbstätigkeit genehmigen lassen, die den ehemaligen Zuständigkeitsbereich betrifft. Ein unabhängiger Ethikrat prüft diese Erwerbstätigkeit und spricht eine öffentliche Empfehlung aus. Falls dem ehemaligen Amtsträger eine Tätigkeit untersagt wird, wird die Zahlung des Übergangsgeldes auf seinen Antrag hin verlängert.

Die Regelung soll für Mitglieder der Landesregierung, politische Beamte einschließlich Staatssekretäre und kommunale Wahlbeamte gelten.

Weisungen öffentlich begründen

Es kommt immer wieder vor, dass Minister und Staatssekretäre in ihrer Eigenschaft als oberste Fachaufsichtsbehörde nachgeordneten Landes- oder Kreisbehörden Weisungen erteilen, die fachlich unzureichend, kaum oder gar nicht begründet werden. Wir fordern, dass Weisungen übergeordneter Behörden grundsätzlich fachlich begründet und veröffentlicht werden müssen, damit in der Öffentlichkeit klar und deutlich wird, wer die handelnden und damit verantwortlichen Personen sind. Das Verwaltungsrecht ist entsprechend zu überarbeiten.

Beibehaltung von Widerspruchsverfahren

Das Widerspruchsverfahren gegen Behördenentscheidungen und -bescheide als Vorstufe zur Klage vor dem Verwaltungsgericht muss in allen Gesetzen und Verordnungen beibehalten bzw. wieder eingeführt werden, um das Justizsystem vor unnötiger Überlastung zu bewahren und ein flexibles und bürgernahes Handeln der Behörden weiterhin zu ermöglichen.

Pauschale Mindestentschädigung bei rechtswidrigen Verwaltungsakten

Durch rechtswidrige Verwaltungsakte entstehen für die Betroffenen immer wieder Nachteile. Wir wollen eine pauschale Mindestentschädigung bei solchen Maßnahmen einführen. So können Betroffene unbürokratisch entschädigt werden. Außerdem ist dies ein Anreiz für Behörden und Gesetzgeber, Verwaltungsvorgänge so zu verbessern, dass weniger Fehler passieren.