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Quelle: Plenarprotokolle

Stand: Dezember 2014

Finanzen

Verschuldung

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2012/18-012_11-12.pdf

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen über zwei Punkte: über die Neuregelung der Konsolidierungshilfe sowie der Gemeindeund Kreisordnung. Was die Konsolidierungshilfe angeht, teilen wir in vielen Punkten die Kritik von CDU und FDP. Als Ausgangspunkt ist es natürlich positiv, dass man den stark überschuldeten Kommunen unter die Arme greift, um eine Rückführung zu ermöglichen. Auch ist es positiv, dass Sie über den Änderungsantrag im Ausschuss jetzt wieder die Parlamentsbeteiligung vorgesehen haben. Das Instrument der Konsolidierungshilfe steht und fällt aber letztendlich damit, ob das Ziel der Entschuldung auch wirklich erreichbar ist. Genau das war Gegenstand der Anhörung. Ich habe große Zweifel, ob das der Fall ist, zum einen habe ich sie wegen der Dauer, die jetzt von zehn auf sieben Jahre abgesenkt werden soll. Sicherlich mindert das den Eingriff in die Selbstverwaltung, aber eben doch auch die Tauglichkeit, um das Ziel zu erreichen. Darüber sind wir uns, denke ich, alle einig. (Vereinzelter Beifall CDU) Zum anderen fordern Sie nach Ihrem neuen Modell weniger Eigenleistung. Das bedeutet, weniger Druck auf die Kommunen aufzubauen, dieses Angebot anzunehmen. Auch hierbei ist der Eingriff in die Selbstverwaltung wiederum verringert worden; aber aus meiner Sicht muss Selbstverwaltung auch mit Eigenverantwortung einhergehen. (Vereinzelter Beifall CDU und FDP) Es kann nicht angehen, dass sich die Kommunen unbegrenzt verschulden können und dann andere dafür einspringen müssen. Irgendwo muss das seine Grenze haben. Ich stimme völlig mit den Kommunen überein, dass die finanzielle Ausstattung so sein muss, dass man sich selbst mit seinen Aufgaben auch finanzieren kann. Wo das nicht der Fall ist, muss man durchaus auch über neue Einnahmemöglichkeiten nachdenken. (Beifall Lars Harms [SSW]) Wo aber die Eigenfinanzierung nur daran scheitert, dass man in der Vergangenheit eine so hohe Überschuldung hat auflaufen lassen, dass die Zinsen so hoch sind, dass man die erforderlichen Mittel nicht mehr aufbringen kann, kann es nicht bis ewig so weitergehen. Deswegen bringen wir Piraten auch die Möglichkeit einer begrenzten Insolvenzfähigkeit von Kommunen ins Gespräch, die es in einigen ausländischen Staaten schon gibt. Das würde in extremen Fällen helfen, eine Entschuldung herbeizuführen, die anderweitig nicht möglich wäre. (Dr. Kai Dolgner [SPD]: Das reduziert aber nicht die Zinslast!) - Das würde den Anreiz erhöhen, weniger Schulden aufzunehmen. Die Zinslast ist ja sozusagen ein Mittel, um vor einer Überschuldung zu warnen. Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Herr Abgeordneter, gestatten Sie einen Wortbeitrag des Herrn Abgeordneten Kai Dolgner? Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Immer gerne.746 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 11. Sitzung - Donnerstag, 15. November 2012 Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Herr Dolgner, Sie haben das Wort. Dr. Kai Dolgner [SPD]: Herr Kollege Breyer, gestehen Sie mir zu, dass Ihre Argumentation einen logischen Bruch enthält, wenn Sie einerseits richtigerweise beklagen, dass einige Kommunen die Zinsen nicht mehr aufbringen können, wenn Sie aber andererseits, weil das Ausfallrisiko für den Kreditgeber höher ist, über ein Insolvenzrecht und eine damit verbundende dramatische Zinssteigerung gerade erst zu diesem Zustand erheblich beitragen? Die Probleme der Staatsschuldenkrise und die erhöhten Zinssätze in den südeuropäischen Ländern sollten Ihnen da eigentlich eine Mahnung sein. Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Entschuldigung. Ich sehe gerade, dass Ihre Zeit weitergelaufen ist. Wir geben deshalb Zeit hinzu. Wir sind großzügig. Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Lieber Kollege Kai Dolgner, es stimmt, dass ein Insolvenzrecht, das heißt, keine unbegrenzte Haftung der anderen, dazu führen würde, dass die Zinsen ansteigen. Dieser Effekt ist aber durchaus erwünscht. Er führt nämlich dazu, dass man als Kommune mehr von den Folgen spürt, die die eigene Verschuldung hat. Deswegen wäre mein Vorschlag, diese höheren Zinsen einerseits in Kauf zu nehmen, andererseits aber die Kommunen zu entlasten, damit sie mit dem Status Quo, mit den höheren Zinsen, zunächst einmal arbeiten können, dadurch aber einen Anreiz haben, nicht noch höhere Schulden auflaufen zu lassen, weil sie das an den Zinsen spüren würden. Das ist durchaus gewollt und beabsichtigt. Das finde ich positiv. Ich finde, es kann nicht angehen, dass man durch niedrige Zinsen zu einer Überschuldung verführt wird, die auf Dauer nicht tragbar ist. Mir als Vertreter der jüngeren Generation ist insbesondere wichtig, dass wir nicht dauerhaft auf Kosten unserer Kinder und Kindeskinder leben. Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Herr Kollege, gestatten Sie einen weiteren Beitrag des Herrn Abgeordneten Dolgner? Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Immer gern. Dr. Kai Dolgner [SPD]: Herr Kollege Breyer, wie Sie sicherlich wissen, sind die größten Teile der Haushaltsausgaben der Kommunen vom Gesetzgeber festgelegt, hauptsächlich bei den größeren vom Bundesgesetzgeber. Das sind Ansprüche aus dem Sozialgesetzbuch. Wenn Sie schon das Insolvenzrecht hernehmen: Können Sie mir sagen, wie Sie es mit Ihrem Rechtsverständnis vereinbaren wollen, dass diejenigen, die gegenüber der Stadt eine Forderung auf Sozialleistung haben, mit einer Insolvenzquote von 40 % leben sollen, wo Ihre Partei doch eher das bedingungslose Grundeinkommen favorisiert? Das wird dann in Lübeck nur noch mit einer Insolvenzquote von 30 % ausgezahlt? Oder wie darf ich mir das in Ihrem System vorstellen? (Beifall SPD und FDP) Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Lieber Kollege Dr. Dolgner, wenn Sie genau zugehört haben, werden Sie bemerkt haben, dass ich von einer begrenzten Insolvenzfähigkeit gesprochen habe. Das Modell, was in Deutschland zum Beispiel auch vom Bund der Steuerzahler vertreten wird - es wird aber durchaus auch in anderen Staaten umgesetzt, unter anderem in den USA -, sieht natürlich vor, dass es weiterhin trotz Insolvenz möglich sein muss, die Pflichtaufgaben zu erfüllen. Es ist Ihnen sicherlich bekannt, dass eine Privatperson, wenn sie in Deutschland in Insolvenz geht, weiter leben kann. Ich glaube, dass das bei Kommunen, die sich in einer beschränkten Insolvenz befinden, nicht anders wäre. Das schließt sich nicht aus. Es wäre durchaus machbar. Darüber sollten wir, denke ich, diskutieren. Im Übrigen bin ich, was diesen Gesetzentwurf zur Konsolidierungshilfe angeht, auch besorgt, dass es hier Fehlanreize bezüglich einzelner Kommunen geben könnte, die sich nämlich sparsam gezeigt haben, dadurch vielleicht keine Fehlbeträge mehr aufweisen, trotzdem aber noch eine hohe Verschuldung haben. Weiter bin ich besorgt, dass es eine Fehlsteuerung bezüglich der Umstellung auf die Doppik geben könnte. Wir haben sie gewollt, sie hat Vorteile. Sie darf nicht dazu führen, dass bei Kommunen deswegen Nachteile auftreten. Deswegen kann ich diesen Gesetzentwurf zur Neuregelung der Konsolidierungshilfe nicht befürworten. Was den zweiten Entwurf zur Änderung der Gemeinde- und Kreisordnung angeht: Auch hier istSchleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 11. Sitzung - Donnerstag, 15. November 2012 747 (Dr. Patrick Breyer) positiv zu bewerten, dass die Teilnahme an nicht öffentlichen Sitzungen für alle Mitglieder der Gemeindevertretung jetzt wieder zugelassen wird. Ich denke, es war wohl auch ein Versehen, dass das anders geregelt war. Ich kann die Neuregelung bezüglich Spenden und Geschenken nicht befürworten. Der Ansatz am Ausgangspunkt war gut, eine Bagatellgrenze einzuführen. Sie hatten diese auf 50 € festgesetzt. Ich finde aber nicht gut, dass jetzt die Höhe dieser Grenze völlig freigegeben werden soll. Das heißt, Sie geben das den Kommunen in die Hand, diese im Extremfall bei 10 Millionen € festzulegen. Damit können die Gemeindevertretungen überhaupt nicht mehr über Spenden, Geschenke und Sponsoring entscheiden. Was den Missbrauch von Sponsoring angeht, kann ich sowohl aus dem Bereich der FDP Beispiele nennen, die sich zum Beispiel Parteitage von der Glücksspielindustrie sponsern lässt, als auch aus dem Bereich der SPD, wo ich ebenfalls unrühmliche Beispiele nennen könnte. Ich glaube, es ist nicht gut, dass wir es den Kommunen ermöglichen, Entscheidungen über Sponsoring in unbegrenzter Höhe auch von durchaus anrüchigen Unternehmen - sage ich einmal - zu treffen. Sie meinen auch, dass Glücksspiel ein anrüchiges Unterfangen ist, was wir an der Stelle anders sehen. Es ist nicht gut, das die Exekutive einfach in unbegrenzter Höhe entscheiden zu lassen, statt es öffentlich debattieren zu lassen, wie es bisher geregelt war. Ich meine, dass mit Ausnahme von Bagatellfällen - durchaus öffentlich und transparent beraten werden muss, von wem man Geld annimmt. (Beifall PIRATEN) Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will die drei Minuten nicht in Anspruch nehmen, damit wir später beim Mittagessen noch genügend Gesprächsstoff haben. Nur kurz zur Klarstellung: Erstens. Wir unterstellen niemandem Korruption, aber es gibt auch im Bereich der Legalität Spenden, die man nicht annehmen sollte. Zweitens. Sie haben uns dafür kritisiert, dass wir Leistungen zulasten der Kommunen forderten wie zum Beispiel einen fahrscheinlosen Nahverkehr oder ein Grundeinkommen, ohne Finanzierungskonzepte vorzulegen. Das ist nicht richtig. Wir haben - zum Beispiel, was den fahrscheinlosen Nahverkehr angeht - gesagt, dass man eine Nahverkehrsabgabe einführen könnte. Was das Grundeinkommen angeht, so haben wir auch verschiedene Finanzierungsmodelle vorgelegt, die nicht zulasten der Kommunen gehen. Das will ich klarstellen. Dort, wo wir etwas vorschlagen, machen wir auch Gegenfinanzierungsvorschläge. Das wird auch im Rahmen der Haushaltsberatungen so sein. (Vereinzelter Beifall PIRATEN - Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2013/18-016_01-13.pdf

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass die heutige Haushaltsdebatte eine parlamentarische Sternstunde ist, kann - glaube ich - keiner von uns behaupten. (Dr. Heiner Garg [FDP]: Doch! - Weitere Zurufe) Ich bedaure, dass es hier sehr unsachlich abläuft, aber ich will einmal versuchen, ein bisschen Sachlichkeit in die Haushaltsdebatte hineinzubringen. (Hans-Jörn Arp [CDU]: Na! - Zuruf SPD: Gott sei Dank!) Die erste Frage, die wir uns beim Landeshaushalt stellen müssen, ist natürlich, welches Volumen dieser Landeshaushalt haben soll. Wie viel Geld nehmen wir in die Hand? Wie viel wollen wir ausgeben? Einerseits haben wir vom Fraktionsvorsitzenden der SPD heute gehört, dass die letzte Landesregierung ein Kaputtsparen betrieben habe, und vom Ministerpräsidenten, dass sie Schleswig-Holstein zum Einsparland gemacht habe. Andererseits spielt sich Herr Garg von der FDP als Sparkommissar auf. (Christopher Vogt [FDP]: Das ist ja unsachlich!) All das muss man zurechtrücken. Fakt ist erst einmal, dass dieser Haushaltsplan vorsieht, fast ebenso viele Schulden neu aufzunehmen, wie es verfassungsrechtlich gerade noch möglich und zulässig ist, und das in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen und niedrigster Zinsen. Bei dieser Sachlage ist eines klar: Sobald sich eine Bedingung verändert, das kann noch dieses Jahr passieren - ich will gar nicht auf die HSH Nordbank anspielen, es kann auch eine Zinsänderung reichen -, droht dieser Haushalt, wie ein Kartenhaus zusammenzufallen. Allerspätestens zum nächsten Jahr, wenn es um den Landeshaushalt 2014 geht, wird ein großes Heulen und Zähneklappern durch das Land gehen. Das kann ich jetzt schon sagen. Da werden Sie Einschnitte vornehmen müssen, die so extrem ausfallen, weil ganz viele Sachen zusammenkommen werden: erstmals der Einstieg in die Konsolidie-1160 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 16. Sitzung (neu) - Mittwoch, 23. Januar 2013 (Dr. Patrick Breyer) rung, dann geringere Steuereinnahmen, dann vielleicht höhere Zinsen. Das wird eine Anstrengung erfordern, die wir den Menschen nicht zumuten wollen. Das Schlimmste daran ist, dass das vor dem Hintergrund laufender Wahlen geschieht. Man will hier offensichtlich die Kommunalwahlen und die Bundestagswahl überbrücken und in der Zeit nicht die notwendigen Konsolidierungsanstrengungen entfalten, obwohl die Bedingungen dafür optimal wären. Das ist der Koalition vorzuwerfen. (Beifall PIRATEN) Vor diesem Hintergrund der letzten Landesregierung einfach das Wort des Kaputtsparens an den Kopf zu werfen, ist platte Polemik. (Beifall PIRATEN und CDU) Es kommt doch darauf an, an welchen Punkten wirklich konsolidiert wird. Von Sparen kann schon keine Rede sein, wenn man Geld nicht ausgibt, das man nicht hat. Das ist kein Sparen. Der Vater unserer sozialen Marktwirtschaft, Ludwig Erhard, hat einmal ganz klar gesagt: Nur ein Lump gibt mehr, als er hat. Ich glaube, das kann jeder Bürger verstehen. Dagegen verstoßen wir leider permanent. Herr Ministerpräsident, Sie haben das alte Konzept der staatsfinanzierten Investitionen wieder ins Spiel gebracht. Das ist doch schon während der SPD-Regierungen in den 70er-Jahren gescheitert und hat sich als Irrweg herausgestellt. (Beifall PIRATEN, CDU und FDP) Das Ergebnis war: keine Auswirkungen auf Konjunktur und Wirtschaft, aber ein riesiger Schuldenberg, der sich damals aufgebaut hat. Da wurde Keynes völlig missverstanden, das, was man damals betrieben hat, ist inzwischen als falsch erkannt worden. Das kann nicht funktionieren. darauf einlassen, das gegeneinander ausspielen und uns darstellen zu lassen, als ob wir gegen sinnvolle Maßnahmen sind, obwohl wir nur gegen die Finanzierung dieser Maßnahmen sind. Ich glaube, dass die Menschen in diesem Land dieses Spiel längst durchschaut haben und sich nicht mehr von Wohltaten und Wahlgeschenken blenden lassen. Eine Umfrage im April des letzten Jahres zeigt, dass 61 % der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner gesagt haben, dass neue Einnahmen zum Schuldenabbau genutzt werden sollen und eben nicht für weitere Ausgaben. Die Menschen verstehen das. Eine weitere Einnahme ist, dass sich zum Beispiel die Zinsausgaben reduziert haben. Warum werden die auch wieder neu ausgegeben? Wir sollten stattdessen das tun, was die Mehrheit der Menschen inzwischen als richtig erkannt hat, nämlich für unsere Zukunft daran zu arbeiten, dass dieser Haushalt wegen immer steigender Zinszahlungen nicht versteinert, sondern für die Zukunft Bewegungsspielräume erhalten bleiben. Genauso unglaubwürdig ist es allerdings, wenn sich die FDP als Sparkommission aufführt. Der Blick nach Berlin genügt, um zu sehen, was SchwarzGelb als Bundeshaushalt für 2013 aufgetischt hat. Eine Neuverschuldung von 17 Milliarden € ist geplant, keine Konsolidierung, sondern ungefähr dieselbe Höhe, die seit 2010 vorhanden ist. (Christopher Vogt [FDP]: Leider werden Sie nie in den Bundestag kommen!) Es ist keine Rede von Konsolidierungspfaden, und das trotz Rekorden bei den Steuereinnahmen, trotz rekordverdächtigt niedriger Zinsen, und das alles wegen völlig unsinniger bis sogar schädlicher Wahlgeschenke, Straßenbauprogrammen oder sogar Betreuungsgeld aka Herdprämie. Das zeigt, wie unglaubwürdig Sie sind, wenn Sie hier Sparen predigen und das Gegenteil in einem Wahljahr tun. (Christopher Vogt [FDP]: Sie verstehen das ja prima!) (Beifall PIRATEN) Unredlich ist es auch, Wohltaten für Witwen und Waisen zu versprechen und dann mit dem Argument einzeln darüber abstimmen zu lassen: Sind Sie etwa dagegen, diesen und jenen Gruppen zu helfen? Das ist unredlich, weil es doch darum geht, wie Sie das bezahlen wollen. Keiner will Fördermittel ablehnen, die natürlich gut und wichtig wären. Die Frage ist doch, um welchen Preis und wie es bezahlt wird. Deswegen ist es extrem schlecht, dass hier verschiedene Haushaltsanträge einzeln abgestimmt werden sollen, die dadurch aus dem Zusammenhang gerissen werden. Wir werden uns nicht Präsident Klaus Schlie: Herr Abgeordneter Dr. Breyer, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Abgeordneter von Kalben? Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Gern. Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Breyer, bei Ihren Ausführungen ist mir eines überhaupt nicht klar geworden. Wenn Sie selber, was ich ja begrüße, eineSchleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 16. Sitzung (neu) - Mittwoch, 23. Januar 2013 1161 (Dr. Patrick Breyer) bessere Ausstattung der Frauenhäuser beantragen und andererseits sagen, alle Mehreinnahmen, alle Sparmöglichkeiten sollen genutzt werden, um die Schuldenverpflichtung zu senken, dann verstehe ich nicht, warum Sie uns Unglaubwürdigkeit vorwerfen und selber für sich in Anspruch nehmen, dass Sie glaubwürdige Haushaltspolitik machen. (Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW) - Liebe Frau von Kalben, Ihnen ist sicherlich bekannt, wenn Sie unsere Haushaltsanträge gelesen haben, dass wir alle unsere Vorschläge und auch die beabsichtigte Stärkung der Frauenhäuser gegenfinanziert haben. Uns geht es nicht darum, zusätzliche Einnahmen gleich wieder auszugeben, sondern dass wir die Ausgaben, die wir ohnehin vorhaben, anders organisieren wollen, zum Beispiel indem wir unsinnige IT-Projekte oder auch nicht konzeptionierte Marketingprojekte streichen wollen, ebenso Baumaßnahmen und Energiesparmaßnahmen, bei denen der Bedarf nicht ermittelt ist. Wir haben alles gegenfinanziert. Deswegen ist es durchaus glaubwürdig, wenn wir argumentieren, dass sich mit einer guten Zielerreichung eine trotzdem deutlich geringere Neuverschuldung hätte erreichen lassen. (Beifall PIRATEN und Barbara Ostmeier [CDU]) Präsident Klaus Schlie: Herr Abgeordneten Dr. Breyer, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki? Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Auch das gern. Wolfgang Kubicki [FDP]: Herr Kollege Dr. Breyer, habe ich Sie dahin gehend richtig verstanden, dass Sie der FDP des SchleswigHolsteinischen Landtags vorwerfen, dass wir im Deutschen Bundestag bestimmte Sachen nicht verhindert haben. Habe ich Sie da richtig verstanden? Wenn ich Sie richtig verstanden habe, nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich dem Bundestag noch nicht angehöre, dass sich das aber ändern wird. (Heiterkeit - Christopher Vogt [FDP]: Zweitstimme FDP!) - Verehrter Herr Kollege Kubicki, ich habe darauf angespielt, dass Sie sich nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf Bundesebene als Sparkommissar darstellen, sowohl die FDP, als auch Sie persönlich. Es ist unglaubwürdig, wenn man auf Bundesebene, wo man wirklich an der Regierung ist, und dort sind Sie es, solche Wahlversprechen macht - in Zeiten, wo man wirklich hätte konsolidieren können und auf diesem Weg überhaupt nicht vorankommt. Wer so eine Politik macht, der kann nicht glaubwürdig in den Ländern, in denen man keine Verantwortung trägt, das Gegenteil sagen. (Christopher Vogt [FDP]: Das machen wir auf Bundesebene!) - Das habe ich ja dargestellt. Ich gehe noch kurz auf Einzelpunkte ein: Herr Ministerpräsident, Sie haben zu dem Projekt PROFI gesagt, es ginge darum, morgen Investitionskosten zu vermeiden. Das Problem ist doch: Selbst wenn wir durch diese Investitionen einsparen können, fließen diese Einsparungen nicht in die Tilgung dieser Projekte zurück. Das ist der Unterschied zu dem, was ein Unternehmer machen würde. Er würde Energie einsparen, aber er würde auch die entsprechenden Kredite tilgen. Das ist bei uns nicht der Fall. Herr Stegner, Sie haben davon gesprochen, dass mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz gegen Dumpinglöhne vorgegangen werden soll. Das ist richtig, das wollen wir auch. Es geht doch aber bei diesem Gesetz um viel mehr. Da steckt doch noch viel mehr darin, nämlich die sogenannten vergabefremden Aspekte, bei denen von Unternehmern Bescheinigungen abgefordert werden, die kaum mehr wert sind als ein Stück Papier. Das schafft unnötige Bürokratie, bei der sogar unser Wirtschaftsminister vor einem Bürokratiemonster warnt. Das Tariftreue- und Vergabegesetz, das Sie vorgelegt haben, geht so weit über die Vermeidung von Dumpinglöhnen hinaus, dass es sich damit nicht mehr rechtfertigen lässt. (Beifall CDU und vereinzelt FDP) Herr Dr. Stegner, Sie haben gesagt, dass der öffentliche Personennahverkehr gestärkt werden soll. Genau das haben Sie aber nicht getan, wenn es um den Bau von Verkehrswegen geht. Sie haben pro forma 5 Millionen € für den Radwegebau ausgewiesen, die schon vorher in dieser Größenordnung dafür ausgegeben worden sind. Sie haben sich keinen Schritt in Richtung dessen bewegt, was im Koalitionsvertrag groß angekündigt wurde, dass man künftig Schienenwege ausbauen will, statt Straßen-1162 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 16. Sitzung (neu) - Mittwoch, 23. Januar 2013 (Dr. Patrick Breyer) wege auszubauen. Sie haben nur diese Symbolik getan. Das ist keine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs, so wie wir sie anstreben oder sogar so visionär, wie wir PIRATEN das wollen, nämlich Projekte eines fahrscheinlosen Nahverkehrs zu evaluieren. (Beifall PIRATEN und Barbara Ostmeier [CDU]) Verehrte Kollegin von Kalben, Sie haben davon gesprochen, dass die Lebensmittelüberwachung gestärkt werden soll. Ich frage mich, was eine verstärkte Lebensmittelüberwachung bringt, wenn die Bürger überhaupt nicht erfahren, was die Ergebnisse dieser Überwachung sind. Wir haben bis heute in Schleswig-Holstein keine Veröffentlichung der Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen, obwohl es in anderen Ländern wie zum Beispiel Berlin schon lange im Internet nachlesbar ist, wie ein Restaurant getestet worden ist. Warum stecken wir keine Mittel in Internetportale, durch die endlich einmal die Ergebnisse dieser Überwachung für alle Bürger nachlesbar sind, zumal dort, wo Kontrollen Mängel ergeben haben und Gefahren für die Gesundheit der Verbraucher vorhanden sind. (Lars Harms [SSW]: Das macht richtig Arbeit!) Liebe Kollegen von der Koalition, Sie haben gesagt, Ihre Haushaltsschwerpunkte seien Bildung und Klimaschutz. Das ist gut und wichtig, aber das reicht uns PIRATEN nicht. Uns fehlen verschiedene Punkte. Uns fehlt, Mitbestimmung der Bürger zu gewährleisten, zum Beispiel durch einen Bürgerhaushalt, in dem die Bürger mitgestalten können, wie sie das Land haushaltsmäßig aufstellen wollen. Da sind noch gar keine Schritte eingeleitet worden. Wir haben mit unserem Kassensturz-Portal damit angefangen. Ich würde mir wünschen, dass sich die Landesregierung so etwas zu eigen macht und wir den nächsten Haushalt zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern aufstellen können. (Beifall PIRATEN) Uns fehlt ein Signal in Richtung Transparenz, gerade was den Haushalt angeht. Kein Mensch in diesem Land kann diesen Haushaltsplan verstehen. Wir haben einen Antrag eingereicht, wenigstens die Haushaltsdaten öffentlich verfügbar zu machen. Ich würde mir wünschen, dass man das visualisiert, dass man sich so einen Haushalt einmal vor Augen führen kann, um die einzelnen Verhältnisse zueinander einordnen zu können, wofür wie viel ausgegeben wird. Ich glaube, das brauchen wir, um den Bürgern überhaupt verständlich zu machen, worüber wir heute reden. (Beifall PIRATEN) Uns fehlt ein Signal in Richtung Bürgerrechte. Wir wollen eine unabhängige Untersuchungskommission, zum Beispiel bei Problemen mit der Polizei, aber auch bei Problemen der Polizei. Sie haben im Koalitionsvertrag angekündigt, einen Polizeibeauftragten zu schaffen. Was sehen wir davon im Haushalt? - Nichts. Dafür ist kein Ansatz vorhanden. (Zuruf Lars Winter [SPD]) Da frage ich mich schon, wie dieser Haushalt für uns zustimmungsfähig sein soll, wenn er an so zentralen Kernforderungen von uns vorbeigeht. Wir haben das Menschenbild eines selbstbestimmten Menschen, der fit ist für die Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts. Diese Vision findet sich in diesem Haushaltsentwurf nicht wieder. Deshalb können wir ihm nicht zustimmen. (Beifall PIRATEN - Zuruf SPD: Macht nichts! - Heiterkeit)

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2014/18-049_02-14.pdf

Herr Präsident! Hohes Haus! Wir PIRATEN sind schon in unserem Programm zur Landtagswahl für das Ziel eingetreten, ein schuldenfreies SchleswigHolstein zu schaffen. Wir wollen, dass nach Inkrafttreten der Schuldenbremse im Jahr 2020 schrittweise der Abbau des Schuldenbergs angegangen wird und dass dieser Prozess in der Landesverfassung festgelegt wird. Denn einen großen Teil der Einnahmen muss Schleswig-Holstein schon allein an Banken und Finanziers weiterleiten, um seine Schulden aus der Vergangenheit zu bedienen. Diese Mittel fehlen für die Zukunftsaufgaben unseres Landes wie Bildung, was der Generationengerechtigkeit widerspricht, ebenso wie für soziale Zwecke und andere wichtige Landesaufgaben. Außerdem macht dieser Schuldenberg aus der Vergangenheit unser Land von Zinsschwankungen und damit von den Finanzmärkten und Ratingagenturen abhängig. Die bei uns geltende Schuldenbremse ändert an diesen Problemen nichts, sondern schließt nur das weitere Anwachsen des Schuldenbergs aus, einmal ganz davon abgesehen, dass Sie, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, die Schuldenbremse auch ständig umgehen, indem Sie Sondervermögen beschließen und ÖPP-Vorhaben durchführen, die nicht darauf angerechnet werden. Wir PIRATEN begrüßen das Anliegen der CDU, jetzt gemeinsam Ziele und Wege für einen Abbau der Altschulden zu definieren. Den Antrag der Koalitionsfraktionen kann ich demgegenüber nicht gutheißen. Denn Sie wollen die Verantwortung für die Altschuldentilgung zunächst einmal allein auf den Bund abwälzen (Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP]) und auf Landesebene erst tätig werden, wenn ein Fonds eingerichtet ist. Dabei ist es noch offen, ob das überhaupt jemals zustande kommen wird. Wir als Land müssen im Rahmen unserer Möglichkeiten auch selbst schrittweise die Altschuldentilgung aus eigenen Mitteln angehen. Beide Anträge könnte man auch dahin gehend kombinieren, dass wir sagen, wir wollen gleichzeitig einen Landesprozess zur schrittweisen Altschuldentilgung einleiten und auf Bundesebene für einen Tilgungsfonds eintreten. Das schließt sich gar nicht aus. Das ist auch schon gesagt worden. Infolgedessen schlage ich auch vor, die beiden Anträge in den Ausschuss zu überweisen und dort zu versuchen, zu einer gemeinsamen Formulierung zu kommen. Beim Thema Altschuldenfonds hat es das letzte Mal schon funktioniert. Wir können das auch diesmal schaffen. (Beifall PIRATEN, Dr. Axel Bernstein [CDU] und Peter Lehnert [CDU])

Sondervermögen

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2012/18-014_12-12.pdf

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir ein Sondervotum in dieser Debatte. Auch ich erkenne sehr wohl den Sanierungsstau an den Hochschulen an und auch den Nachholbedarf bei der Kinderbetreuung - gar keine Frage. Wie Sie diese Probleme aber lösen wollen, das kann nicht meine Zustimmung finden, nämlich über den Weg eines Sondervermögens. Mit Sondervermögen umgehen wir die Verschuldungsbremse, auf die wir uns alle geeinigt haben. Wir verschärfen damit die ohnehin schon erdrückende Zinslast, die unsere Spielräume auf die Dauer immer weiter einschränkt. Es geht deswegen nicht darum, Herr Kollege Andresen, dass wir jeden Euro, den wir haben, ausgeben würden, sondern es geht darum, dass wir Euros ausgeben, die wir nicht haben. Ich habe wegen der Umgehung der Verschuldensbremse auch verfassungsrechtliche Bedenken, was diesen Weg des Sondervermögens angeht. Wir bilden aber auch Schattenhaushalte, wie das Torge Schmidt schon gesagt hat, was der Transparenz widerspricht. Außerdem entsteht dem Land dadurch ein Zinsschaden, indem wir hohe Guthaben in Fonds aufbauen, während wir dafür hohe Zinsen an die Banken bezahlen. Ich bin deswegen der Überzeugung, dass wir andere Wege finden müssen, um den unstreitig bestehenden Sanierungsstau zu beheben. Die Frau Bildungsministerin hat bereits verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, die uns zur Verfügung stehen. Stichwort: Kooperationsverbot, aber auch - selbst wenn es der FDP-Fraktion neu ist - die EU-Mittel, die sehr wohl auch den Bildungsbereich abdecken. Auch der Haushalt 2013 wäre eine Möglichkeit gewesen, zum Beispiel indem man den schon eingeschlagenen Personalabbaupfad auch weitergegangen wäre. Deswegen kritisiere ich, dass Sie aus offensichtlich wahltaktischen Motiven heraus wegen der anstehenden Kommunalwahlen und der Bundestagswahl das wieder vor sich herschieben und wir deswegen danach umso schneller den Personalabbau werden betreiben müssen. Das halte ich den Beschäftigten gegenüber für nicht verantwortlich. Genauso bass erstaunt bin ich allerdings in dieser Debatte darüber, dass die CDU tatsächlich eine noch höhere Verschuldung fordert. Das ist eine sehr kuriose Debatte, muss ich sagen. Der Weg des Son-Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 14. Sitzung - Donnerstag, 13. Dezember 2012 1007 (Dr. Patrick Breyer) dervermögens jedenfalls ist für mich nicht akzeptabel. verlangen würde, die viel schwieriger umzusetzen wären. Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Andresen? Herr Abgeordneter, es gibt den Wunsch nach einer weiteren Zwischenbemerkung des Kollegen Koch. Lassen Sie diese zu? Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Gern. Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Ja, gern. Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Herr Andresen, Sie haben das Wort. Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kollege Breyer, verstehe ich Sie richtig, dass Sie sagen wollen, weil es beim Personalabbau ja vor allem um den Abbau von 300 Lehrerstellen geht, würden Sie, um das Sondervermögen in der Höhe gegenfinanzieren zu können, stattdessen an der Kürzung der 300 Lehrerstellen durch die ehemalige schwarz-gelbe Landesregierung festhalten wollen? Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Dann hat jetzt Herr Koch das Wort. Tobias Koch [CDU]: Herr Dr. Breyer, ist Ihnen aufgefallen, dass in unserem Gesetzentwurf vorgesehen ist, dass die Haushaltspläne des Sondervermögens dem Landtag vorzulegen und vom Landtag zu beschließen sind, dass also nach unserem Entwurf gerade kein Schattenhaushalt eingerichtet werden würde, der der Zustimmung des Landtags entzogen wäre? Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Nein, das verstehen Sie nicht richtig. Mir ist bekannt, dass die Koalition den Bildungsbereich vom Personalabbaupfad ausnehmen will. Deswegen soll er anders eingeschlagen werden. Es geht nur um die Frage, wann man damit beginnt, und um die Kritik daran, dass man nicht im nächsten Jahr damit beginnt. Mir ist aufgefallen, dass auch nach Ihrem Entwurf gegen den Grundsatz der Periodizität des Haushalts verstoßen würde. Deswegen lehne ich das ab.

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2013/18-029_05-13.pdf

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute mittlerweile über zwei Gesetzentwürfe, die zum Ziel haben, Mittel aus dem Sonderprogramm PROFI, die nicht in Anspruch genommen werden, für den Straßenbau umzuwidmen. Es geht einmal um einen Gesetzentwurf der Fraktion der CDU, der sich allerdings nicht auf den Bereich der Landesstraßen beschränkt, sondern auch zur Folge hätte, dass die Beschränkung der Mittelverwendung auf die energetische Gebäudesanierung aufgegeben und die Gebäudesanierung insgesamt erfasst würde. Ich denke, das ist nicht beabsichtigt und deshalb auch in dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen so nicht vorgesehen. (Beifall Lars Harms [SSW]) In dem Gesetzentwurf wiederum stehen die rätselhaften Worte: Mittel können für den Umbau von Landesstraßen verwendet werden. Ich möchte den Herrn Verkehrsminister bitten, vielleicht nachher noch etwas dazu zu sagen, was unter dem „Umbau von Landesstraßen“ zu verstehen ist. (Zuruf Lars Harms [SSW]) Ich verstehe es nicht. Es bleibt jedenfalls dabei, dass es eine grundandere Mittelverwendung ist, ob man Mittel für eine energetische Sanierung einsetzt, die sich wieder rentieren soll, wo also alles wieder in den Landeshaushalt zurückfließen soll, oder ob man Straßen baut, wo erst einmal nichts in den Landeshaushalt zurückfließt. Das heißt, das ist ein grundanderer Ansatz. Unbestritten ist sicherlich der Sanierungsbedarf der Landesstraßen. Wir wissen alle, dass ein Viertel der Straßen - selbst nach den Maßstäben des Landes - sanierungsbedürftig sind. Wenn man die Maßstäbe des Bundes anlegen würde, wären gar die Hälfte unserer Landesstraßen sanierungsbedürftig, das heißt, 1.800 km Straßen in Schleswig-Holstein. In Anbetracht dieser Herausforderung muss man in der Tat sehen, dass diese Sondermaßnahmen allesamt Flickwerk sind. Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern auch ehrlich sagen, dass die Landesmittel bei Weitem nicht ausreichen werden, um wirklich alle Reparaturmaßnahmen auch auf absehbare Zeit durchführen zu können. Wir haben nicht genug Mittel, um das gesamte LandesstraßennetzSchleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 29. Sitzung - Freitag, 31. Mai 2013 2345 (Dr. Patrick Breyer) überhaupt erhalten zu können. Ich glaube, das muss man ehrlich sagen, und man muss auch mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammen ehrliche Prioritäten setzen. Im Moment wird sehr intransparent darüber entschieden, welche Maßnahmen wann in Angriff genommen werden. Ich glaube, das muss transparenter und mit den Bürgerinnen und Bürgern ehrlicher diskutiert werden. Richtigerweise ist schon gesagt worden, gar neue Straßen dazuzubauen, wo wir schon die bestehenden nicht unterhalten können, ist völliger Unsinn. (Beifall PIRATEN, Lars Winter [SPD] und Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Da uns die rechtlichen Regelungen aber dazu zwingen, weil sie zwischen Mitteln für den Neubau und für die Unterhaltung unterscheiden, müssen wir auch auf bundesgesetzlicher Ebene, Herr Minister, darüber reden, ob nicht diese Zweckbindung für den Neubau aufgehoben werden kann, damit die Mittel sinnvollerweise auch für die Unterhaltung der bestehenden Straßen verwendet werden können. (Beifall PIRATEN, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) In der Rede des Ministerpräsidenten am Mittwoch haben wir einiges über den Zusammenhang von Infrastruktur und Wachstum gehört. Herr Albig, es gibt aber auch einen Zusammenhang zwischen Verschuldung und Wachstum. Eine zu hohe Verschuldung wirkt sich nämlich negativ auf das Wirtschaftswachstum aus. Sondervermögen umgehen die Verschuldungsbremse - wie ich schon in der Debatte darüber gesagt habe. Deshalb können sie für die Wirtschaft auch nicht gut sein. Der richtige Weg wäre deshalb in der Tat ein Nachtragshaushalt, Herr Kollege Winter, wenn man mehr Mittel für den Straßenbau einsetzen möchte. Die Konstruktion über das Sondervermögen kann ich nicht zur Verabschiedung empfehlen. Vielleicht noch ein Wort zu Ihnen, Herr Albig. Sie haben eine mögliche Aufweichung der Schuldenbremse im Bereich von Investitionen angesprochen. Das halte ich für komplett falsch. Denn im Unterschied zu Wirtschaftsunternehmen fließen die Renditen aus Investitionen, selbst wenn es sie in gleicher Höhe gibt, nicht wieder in den Schuldenabbau zurück, sondern versickern im Landeshaushalt. Das heißt, insgesamt kommt es zu einem Verschuldungsanstieg. Deshalb ist es nicht richtig, Investitionen von der Schuldenbremse auszunehmen. Dieses Prinzip hatten wir schon einmal, und das hat zu einer riesigen Verschuldung in den letzten Jahrzehnten in Deutschland geführt. (Vereinzelter Beifall PIRATEN und Beifall Christopher Vogt [FDP]) Was wäre der richtige Weg, um den Sanierungsstau unserer Straßen effektiv anzugehen? - Ich habe es schon einmal gesagt, Herr Meyer, es muss darum gehen, den Schwerlastverkehr an den Kosten zu beteiligen, die dadurch verursacht werden, dass er unsere Straßen beschädigt. (Vereinzelter Beifall PIRATEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD) Hier brauchen wir das Verursacherprinzip. Wir brauchen schonendere Schwerlastverkehre, das betrifft die Achsverteilung, wir brauchen eine Verlagerung des Güterverkehrs auf das Wasser und auf die Schienen, um die Straßen zu entlasten. (Beifall PIRATEN, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Und wir brauchen eine Verlagerung des Individualverkehrs auf Radwege, den Fußgängerverkehr und den öffentlichen Personennahverkehr. (Beifall PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Da fordern wir PIRATEN bekanntlich, endlich einmal Modelle zu testen, um einen fahrscheinlosen Nahverkehr anzubieten, um die Attraktivität zu erhöhen und die Bürgerinnen und Bürger zu mehr Umsteigen zu bewegen. Ich glaube, das würde unsere Straßen auch entlasten. - Danke. (Beifall PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2013/18-036_09-13.pdf

Verehrter Herr Präsident! Verehrter Herr Kollege Dr. Stegner! Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Sie die Haushaltsdebatte für beendet erklärt haben. (Heiterkeit und Beifall PIRATEN, CDU und FDP - Christopher Vogt [FDP]: Von Profalla lernt er siegen!) Offensichtlich haben Sie von Herrn Profalla etwas gelernt. Wir besprechen heute aber nicht nur den Haushaltsentwurf, sondern eben auch Gesetzentwürfe zur Ausweitung von Sondervermögen zum Hochschulbau, zur energetischen Sanierung, zu Kinderbetreuungsplätzen. Wir haben in der letzten TagungSchleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 36. Sitzung - Mittwoch, 25. September 2013 2935 (Dr. Patrick Breyer) ein Sondervermögen zur Straßensanierung beschossen. Weitere Ausweitungen sind schon angekündigt worden. Zu diesem Unwesen der Sondervermögen möchte ich etwas sagen. Sie versuchen, mit diesen Sondervermögen, mit Buchungstricks die finanziellen Spielräume des Landes zu erweitern, und das zum Schaden des Landes, weil Sie eben Schulden aufnehmen, bevor wir das Geld überhaupt brauchen. In der Staatspraxis sind Sondervermögen leider schon längst von der Ausnahme zur Regel geworden, begonnen mit dem Sonderfonds Deutsche Einheit, den der damalige Bundesfinanzminister Theo Waigel ins Leben gerufen hat. Als Rot-Grün im Bundestag in der Opposition war, haben sie das Problem auch kritisiert. Aber Sie halten es letztlich mit Mark Twain, der einmal sagte: Ich habe was gegen Millionäre, aber wenn ich die Chance hätte, einer zu werden, könnte ich für nichts garantieren. (Beifall PIRATEN, CDU und FDP) Sie kritisieren unsolide Haushaltspolitik nur aus der Opposition heraus. Ihre sogenannten Sondervermögen sind in Wahrheit nichts anderes als versteckte Schulden. Deswegen darf man sie auch nicht Sondervermögen nennen, sondern Sonderschulden. (Beifall PIRATEN) Diese Schattenhaushalte verstoßen gegen die Regeln der ordnungsgemäßen Haushaltsführung. Das sage nicht ich, sondern das hat der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums kritisiert. Die Konstruktion widerspreche dem Geist, der zur Einführung der Schuldenbremse geführt habe. Es fragt sich sogar, ob sie nicht auch sogar dem Wortlaut der Verfassung widerspricht. Das nordrhein-westfälische Verfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum dortigen Landeshaushalt gesagt, es bestehe ein grundsätzliches Verbot kreditfinanzierter Rücklagenbildung. Es hat mehrere Ermächtigungen für verfassungswidrig erklärt, weil kein entsprechender Bedarf im maßgeblichen Haushaltsjahr bestanden hat. Es hat einen Grundsatz aufgestellt, wonach eine Kreditaufnahme im Regelfall dem Wirtschaftlichkeitsgebot widerspricht, wenn ihr kein entsprechender Ausgabebedarf gegenübersteht. Es hat auch ausgeführt: „Allein das Bestreben, in künftigen Haushaltsjahren einen größeren finanziellen Gestaltungsspielraum für andere politische Ziele zu gewinnen, bietet keine verfassungsrechtlich tragfähige Rechtfertigung für eine unwirtschaftliche kreditfinanzierte Rücklagenbildung.“ Vizepräsident Bernd Heinemann: Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Ende. Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Das ist genau das, was Sie hier machen. Deswegen haben wir PIRATEN zu Recht verhindert, dass diese Sondervermögen im Schnellverfahren durchgepeitscht worden sind. Wir wollen, dass die Übereinstimmung mit der Verfassung sorgfältig geprüft wird, und wir brauchen einen Stopp für neue Sonderschulden. (Beifall PIRATEN)

Rederecht Landesrechnungshof

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für ein so ernstes und wichtiges Thema haben wir heute leider viele unsachliche und - wie ich meine - hanebüchene Bemerkungen in der Debatte gehört. Wer will behaupten, dass wir dem Parlament die Aufgabe abnehmen wollen, die Entscheidungen selbst zu treffen, indem wir dem Präsidenten des Landesrechnungshofs ein Rederecht geben? Wer will behaupten, dass wir ihn in eine politische Auseinandersetzung hineinziehen wollen, wo er doch schon im Ausschuss ein Rederecht hat, ohne in solche Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden? Wer will verkennen, dass der Landesrechnungshof sich schon jetzt vielfach äußert - auch in Bemerkungen, zum Beispiel schriftlich -, ohne in eine politische Auseinandersetzung hineingezogen zu werden? Warum soll es nicht möglich sein, dieselben Worte, die in Ausschüssen oder in Berichten geäußert werden, auch im Plenum vorzubringen? Vizepräsident Bernd Heinemann: Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki? Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Immer gern! Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Breyer, die Debatte haben Sie wahrscheinlich verfolgt oder auch nicht. Ich möchte eine Frage an Sie stellen: Haben Sie, bevor Sie den Antrag gestellt haben, mit dem Rechnungshof in Schleswig-Holstein gesprochen und eruiert, ob er das überhaupt will, was Sie hier fordern? - Verehrter Herr Kollege Kubicki, Ihre Frage zeigt mir, dass jedenfalls Sie das nicht getan haben.1078 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 15. Sitzung - Freitag, 14. Dezember 2012 (Dr. Patrick Breyer) (Beifall PIRATEN) Im Unterschied zu Ihnen haben wir es gemacht. Wir haben dieses Gespräch übrigens auch öffentlich übertragen, wie wir das mit vielen unserer Gespräche machen. Da können Sie gern nachhören, dass dieser Antrag vom Präsidenten des Landesrechnungshofs ausdrücklich befürwortet wird. Deshalb halte ich es auch für eine unglaubliche Äußerung vonseiten des Kollegen Arp, dass er das als Quatsch betitelt, was wir wollen, was vonseiten des Landesrechnunghofpräsidenten als sinnvoll erachtet wird, was in Brandenburg gemacht wird, was jetzt auch in Baden-Württemberg angefangen wird. Wir reden schon jetzt in Plenardebatten teilweise über Berichte des Landesrechnungshofs. Das ist doch auch schon eine Frage des Anstandes, dass man nicht über Leute redet, ohne sie selbst zu Wort kommen zu lassen. Ich finde, wir sollten hier einen Einstieg wagen und ernsthaft darüber nachdenken, wie wir den wichtigen Hinweisen des Landesrechnungshofs mehr Gewicht geben können, (Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]) gerade vor dem Hintergrund unserer finanziellen Lage in diesem Land. Was ich mir überhaupt nicht gefallen lasse, ist der Vorwurf von allen Seiten, dass wir uns nicht mit den Problemen der Bürger beschäftigen würden. (Beifall PIRATEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine Sorge der Bürger, welche Überschuldung wir hier in diesem Land haben. Damit müssen wir uns beschäftigen! (Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Bürger warten doch nicht auf das Rederecht des Landesrechnungshofs!) Dafür setzt sich auch der Landesrechnungshof ein. Dafür müssen wir uns auch im Plenum einen Raum schaffen. Ich nehme sehr gern die Kompromissanregungen des Kollegen Lars Harms auf, dass man darüber nachdenken könnte, zumindest den Bericht vorstellen zu lassen. Das wäre sicherlich ein Einstieg. Deswegen beantrage ich gern, dass wir den Antrag in den Ausschuss überweisen, dort näher beraten und überlegen, welche Anregungen aus welchen Bundesländern man aufgreifen könnte. Das wäre sicherlich eine sinnvolle Lösung. Zuletzt möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, der am Rand der Debatte gefallen ist, lieber Kollege Arp. Was das Verfahren der Wahl des nächsten Landesrechnunghofpräsidenten angeht, kann ich für uns PIRATEN nur ausdrücklich fordern, dass wir eine transparente und offene Ausschreibung machen. Wir wollen nicht, dass dieses Hinterzimmerverfahren, dass zwei große Fraktionen sich jemand ausgucken und auskungeln, Anwendung findet. Das beschädigt das Amt des Landesrechnunghofpräsidenten und nicht ein transparentes Ausschreibungsverfahren, wie es wirklich sinnvoll und angebracht wäre. - Danke. (Beifall PIRATEN)

Steuerverschwendung

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2013/18-042_12-13.pdf

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute lange und ausführlich geredet und gestritten über die Finanzplanung für das nächste Jahr, aber noch sehr wenig über den Haushaltsvollzug, also über das, was tatsächlich aus unserer Planung wird.3420 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 42. Sitzung - Mittwoch, 11. Dezember 2013 (Dr. Patrick Breyer) Leider hat in den vergangenen Jahren unser Vorgehen gegen Steuerverschwendung und Haushaltsuntreue nicht Schritt gehalten mit dem Vorgehen gegen Steuerhinterziehung, was teilweise schon exzessiv und missionarisch ausfällt. Stichwort: Ankauf von gestohlenen Steuerdaten und Ähnlichem. Deswegen haben wir PIRATEN einen Antrag vorgelegt mit dem Ziel, eine Bundesratsinitiative einzuleiten, um das Vorgehen gegen Haushaltsuntreue zu verschärfen. Wir schlagen drei Punkte vor. Erstens sagen wir: Wenn ein zuständiger Beamter beziehungsweise eine zuständige Beamtin vorsätzlich gegen einen Haushaltsplan verstößt, muss dies als Haushaltsuntreue bestraft werden. Das ist deswegen wichtig, weil im Moment Strafbarkeitslücken in diesem Bereich bestehen. Es gibt zum Beispiel den Fall eines Bürgermeisters in Bayern, der Kredite in viel größerer Höhe aufgenommen hat, als eigentlich vom Gemeinderat beschlossen worden ist. Dies hat er aber kaschiert, sodass der Gemeinderat über Jahre hinweg mehr Geld ausgegeben und Schulden aufgenommen hat als er hätte aufnehmen wollen. Die Gerichte haben daraufhin entschieden, dass das nicht strafbar ist, weil der Tatbestand der Untreue nicht erfüllt war und weil der Gemeinde kein Schaden entstanden ist, da für die entsprechenden Kosten auch etwas reingekommen ist. Es kann aber nicht sein, dass ein Gemeinderat oder ein Parlament vorsätzlich an der Nase herumgeführt werden kann und dies völlig ohne Konsequenzen bleibt. Staatsanwaltschaft untersucht werden. Nur so ist gewährleistet, dass diese Fälle transparent gemacht, aufgeklärt und im Zweifelsfall auch vor einem Strafgericht verhandelt werden. Das Vertrauensverhältnis kann keinen Vorrang vor dem Vorgehen gegen strafbare Haushaltsuntreue haben. Bei den steuerlichen Prüfungen ist es schon längst so, dass angezeigt werden muss, wenn bei einer Außenprüfung ein Tatverdacht auftaucht. Das darf bei der Innenprüfung nicht anders sein. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Vorstoß gegen Steuerverschwendung und Haushaltsuntreue. - Danke.

Staatsleistungen an Kirchen

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2013/18-043_12-13.pdf

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern haben wir den Haushalt des Landes beraten. Die Beratungen waren geprägt von der Notwendigkeit einer Konsolidierung. Ein Bereich, der bislang von allen Sparmaßnahmen ausgenommen ist, sind die Staatsleistungen an die Kirchen. 12,8 Millionen € sollen im nächsten Jahr fließen; 120.000 € mehr als in diesem Jahr. Für uns PIRATEN ist es nicht hinnehmbar, dass wir mit Steuern Glaubensgemeinschaften alimentieren sollen, denen wir nicht angehören. Die Wut steigt, wenn man sieht, was die Kirche teilweise mit ihren Mitteln anfängt. Ich verweise auf den Luxus im Zusammenhang mit dem Bischofssitz von Limburg. (Lars Harms [SSW]: Protestantische Askese! - Heiterkeit) Es ist richtig, Kirchen sind in der Vergangenheit enteignet worden. Wie sie allerdings ursprünglich zu diesen Gütern gekommen waren, davon will ich heute nichts sagen. Richtig ist auch, dass ihnen in der Folge Staatsleistungen zugesagt worden sind, allerdings war man sich 1919, als man die Weimarer Reichsverfassung verhandelt hat, einig, dass die Staatsleistungen abgelöst werden sollen, weil diese Staatsleistungen mit der weltanschaulichen Neutralität des Staates nicht zu vereinbaren sind. Verfassungsrechtlich garantiert sind entsprechend nur die historischen und 1919 geschuldeten Staatsleistungen an die Kirchen. Hier in Schleswig-Holstein haben dagegen die ehemaligen Landeskirchen Eutin und Lübeck damals gar keine Rechtsansprüche gegen das Land gehabt und sind ohne Verfassungspflicht der ehemaligen Landeskirche Schleswig-Holstein gleichgestellt worden. Diese Leistungen könnten wir also sofort einstellen, wenn sie nicht vertraglich zugesagt wären. Trotzdem sind sie auf ewig festgeschrieben worden und unkündbar. Ich frage mich, ob die nach 1919 noch geschlossenen Kirchenstaatsverträge überhaupt verfassungskonform sind, weil sie der von der Verfassung gewollten Ablösung ganz klar zuwiderlaufen.Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 43. Sitzung - Donnerstag, 12. Dezember 2013 3505 (Dr. Patrick Breyer) (Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]) Durch unkündbare Kirchenstaatsverträge werden der evangelischen Nordkirche und der katholischen Kirche jährliche Zahlungen in Millionenhöhe garantiert. Die Nordkirche hat seit Abschluss des Kirchenstaatsvertrags 1957 in erheblichem Maß an Mitgliedern verloren und Personal abgebaut. Dennoch wachsen die staatlichen Zuschüsse von Jahr zu Jahr entsprechend der Entwicklung der Besoldung für Landesbeamte, obwohl diese Mittel gar nicht der Deckung von Personalkosten dienen und die Mittelerhöhungen nicht an die Kirchenbediensteten weitergegeben werden. Auf meine Anfrage hin hat sich herausgestellt, dass bei der Anpassung der Zuschüsse an die Entwicklung der Beamtenbesoldung nicht berücksichtigt wurde, dass die Arbeitszeit von Landesbeamten in der Vergangenheit ohne Lohnausgleich erhöht worden ist. Das heißt, auch insofern zahlen wir weit mehr, als eigentlich zugesagt worden war. Aus Sicht der letzten Landesregierung und auch des Landesrechnungshofs stellt sich die Frage, ob dem Land ein Festhalten an den stetig zuwachsenden Kirchenleistungen in Zeiten der Schuldenkrise überhaupt noch zumutbar ist. Die letzte Landesregierung hat deswegen damals Verhandlungen mit der Nordelbischen Kirche aufgenommen mit dem Ziel, eine Absenkung der Leistungen herbeizuführen. Diese Landesregierung dagegen bleibt bisher untätig. Ich fordere, dass die Kirchen ebenso einen Konsolidierungsbeitrag leisten müssen wie alle anderen Schleswig-Holsteiner. Außerdem muss die Landesregierung bei der Berechnung der Veränderung der Besoldung der Landesbeamten berücksichtigen, wenn deren Stundenlohn durch Arbeitszeitverlängerung faktisch gesunken ist. Und die allgemeinen Zuschüsse an Religionsgemeinschaften, die ohne rechtliche Verpflichtung und Zweckbindung geleistet werden, sollten insgesamt eingestellt werden; denn im Grundgesetz, das auf die Weimarer Reichsverfassung verweist, heißt es: „Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgemeinschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst.“ Wenn wir diesem Verfassungsauftrag nicht bald gerecht werden, werden wir demnächst das Jubiläum „100 Jahre Bruch der Verfassung“ feiern müssen. Wir müssen deswegen einen Schlussstrich unter diese Staatsleistungen ziehen. (Beifall PIRATEN) Deswegen ist das Anliegen der FDP richtig und gut gemeint, aber leider schlecht gemacht. Es ist nämlich verfassungsrechtlich zweifelhaft, ob die in der Verfassung vorgesehene Ablösung eine bloße Anrechnung der bisherigen Zahlungen erlaubt. Außerdem erscheint eine Berechnung oder Verrechnung verfrüht, weil eine Ablösung ein Bundesgesetz voraussetzt, das wir bis heute nicht haben. Der Landtag sollte deswegen zuerst den Bund auffordern, ein solches Ablösegesetz auf den Weg zu bringen. Vorher macht eine Rechnerei keinen Sinn. Wenn die Koalition dafür offen ist, würde ich gerne Überweisung der beiden Anträge in den Innen- und Rechtsausschuss beantragen, damit wir dort noch einmal darüber sprechen können. Wenn das nicht der Fall ist, kann ich auch dem Koalitionsantrag nicht zustimmen, weil dieser ein bloßes Wischiwaschi enthält. Wir dürfen die Verantwortung für diese Frage nicht einfach auf die Bundesebene oder an irgendeine Kommission abschieben, sondern müssen hier im Land handeln. Wir müssen hier die Anpassung der Staatsleistungen verändern. Wir müssen eine Konsolidierung der Leistungen verhandeln, und wir brauchen ein klares Signal an den Bund, dass wir ein Gesetz fordern, das uns die Ablösung ermöglicht. - Danke. (Beifall PIRATEN)

Haushalt/Investitionsquote

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2014/18-076_12-14.pdf

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ein Begriff geistert heute in der Haushaltsdebatte durch viele Redebeiträge, und das ist der Begriff der Investition und der Investitionsquote. Dazu möchte ich gern etwas sagen. (Unruhe) Der Herr Ministerpräsident hat in seiner Rede ausgeführt, er würde die Investitionsquote gern steigern. Die CDU fordert in ihrem Antrag, über den wir heute abzustimmen haben, eine höhere Investitionsquote. Die FDP prangert gar - so viel zum Thema Politikstil, Herr Kollege Kubicki - eine „zukunftsvernichtende Politik“ der Landesregierung an und fordert, per Verfassung die Investitionen des Landes pro Jahr um einen Prozentpunkt zu steigern. Ich will Ihnen sagen, warum von dieser Investitionsbegriffsfixierung nichts zu halten ist und warum das der falsche Weg ist. (Beifall PIRATEN, Lars Winter [SPD] und Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]) Investitionen sind definiert als Wirtschaftsgüter, die über einen längeren Zeitraum genutzt werden können. Darunter fallen eben auch ganz andere Sachen, als wir uns darunter vorstellen, nämlich Straßen auszubessern oder Gebäude zu reparieren. Darunter fallen zum Beispiel Grundstückskäufe, der Erwerb von Beteiligungen, Wertpapierkäufe, Eigenkapitalerhöhung, die Vergabe von Darlehen, die Investitionsförderung - das heißt Subventionen - und sogar die Anschaffung von Telefonanlagen, wie sie hier heute beschlossen werden soll. Ich glaube, es liegt auf der Hand, dass all solche Investitionen an dem Sanierungsrückstand, den wir im Land durchaus haben, komplett vorbeigehen. (Dr. Heiner Garg [FDP]: Das fordert ja kein Mensch!) - Herr Kollege Dr. Garg, die Investitionsquote zu steigern, führt uns nicht voran. Es kommt darauf an, was und wie wir es machen. (Dr. Heiner Garg [FDP]: Aber Ihre Vorschläge, die führen uns voran!) Wenn wir uns allein auf die Investitionsquote fixieren würden, könnte das zum Beispiel dazu führen, dass wir Straßen neu bauen, während aber weiterhin die schon vorhandenen Straßen verrotten. Deswegen ist eine höhere Investitionsquote keineswegs automatisch eine bessere Politik. Was vor allem nicht unter den Investitionsbegriff fällt, sind etwa Ausgaben für Bildung, Ausgaben für Forschung, Lehrergehälter, Lehrer an den Hochschulen. All diese Zukunftsinvestitionen dürfen - anders als dieser technischen Abgrenzung zufolge - nicht als Konsum abgetan werden, sondern in einer wissensbasierten Gesellschaft - das ist uns PIRATEN ganz wichtig - sind die Ausgaben für Menschen, für Bildung von ganz herausragender Bedeutung und mindestens genauso wichtig wie Investitionen in Sachkapital. (Beifall PIRATEN, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) Was in wirtschaftlicher Hinsicht auch wichtig ist: Bildungsausgaben vergrößern auch das Produktionspotenzial der Unternehmen. Die Unternehmen sind zunehmend auf gut ausgebildete Arbeitnehmer angewiesen, sie sind also Voraussetzung für die Innovationsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Deswegen ist die reine Forderung nach einer höheren Investitionsquote als Zahl falsch. Richtig ist, dass es dringend nottut, in die Unterhaltung unserer Straßen und auch Gebäude auskömmlich zu investieren, sodass wir nicht von Jahr zu Jahr eine Verschlechterung des Zustandes beobachten. Richtig ist aber auch, dass wir, wenn wir diesen Unterhaltsstau angehen wollen, nicht noch zusätzlichen Unterhaltsbedarf produzieren dürfen. Deswegen ist es falsch, so viel in den Neubau von Straßen zu investieren, wenn wir nicht einmal mehr die bestehenden unterhalten können. Deswegen beantragen wir PIRATEN, den Neubau so lange auszusetzen, bis wir überhaupt erst einmal die vorhandenen Straßen instand halten können. In dem Änderungsantrag der Koalition zum Thema ist zu lesen, dass Sie sich dafür aussprechen, Investitionen mit Schulden zu finanzieren, soweit das rechtlich im Rahmen der Schuldenbremse möglich ist. Da kann ich nur sagen: Das ist der ganz falsche Weg; denn mit dieser Schuldenpolitik sind früher Investitionen bezahlt worden. Sie ist doch gerade die Ursache dafür, dass uns heute im Haushalt die Spielräume für die erforderlichen Investitionen zum Erhalt unseres Vermögens fehlen, das heißt, gerade diese schuldenfinanzierten Ausgaben engen unsere Investitionsspielräume auf Dauer ein. Nur weil wir hunderte Millionen Euro an Zinsen für Altschulden ausgeben müssen, sind doch unsere Straßen und Gebäude heute in so einem jämmerlichen Zustand. Was könnten wir nicht alles machen, wenn wir diese Schulden nicht aufgenommen hätten? Deswegen: Sie versuchen an dieser Stelle, den Brand mit Benzin zu löschen. Da machen wir nicht mit. (Beifall PIRATEN und Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Unsere Haushaltsanträge zeigen, dass das Prinzip Instandhaltung vor Neubau auch ohne zusätzliche Schulden machbar ist. Deswegen wundere ich mich auch sehr, wenn ich im Koalitionsantrag lese, dass die Spielräume auf Landesebene immer enger würden, liege daran, dass es auf Bundesebene keine Mehrheit für Steuererhöhungen gebe. Die Wahrheit ist doch, dass diese Spielräume, die Sie sich in der Vergangenheit genommen haben, überhaupt nie da gewesen sind. Sie hatten überhaupt nie die finanziellen Spielräume, so viel auszugeben, wie Sie es getan haben. Sie haben mit diesen Verschuldungshaushalten auf Kosten unserer Generation und der Zukunft gelebt, weil Sie eben nicht den Mut hatten, die Bürger auch für das bezahlen zu lassen, was Sie ausgeben, sondern weil Sie es schuldenfinanziert haben. Das ist genau der Fehler gewesen, den wir heute ausbaden müssen und den auch die zukünftigen Generationen auszubaden haben werden. Wenn ich dann in Ihrem Antrag die Forderung nach einer sozial gerechten, ökologischen Steuerreform lese, dann frage ich mich schon: Wo war denn diese sozial gerechte, ökologische Steuerreform, als Rot- Grün auf Bundesebene an der Regierung war? Besteht Ihre gerechte Steuerreform darin, dass die Einkommensteuer abgesenkt wurde, dass der Spitzensteuersatz abgesenkt worden ist, dass die Unternehmensteuer so tief (Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Jetzt erzählt aber auch Opa von früher! - Weitere Zurufe) abgesenkt wurde wie in keinem anderen EU-Land? In keinem anderen EU-Land sind die Einkommensteuereinnahmen so weit zurückgegangen wie in Deutschland unter Rot-Grün. (Lars Harms [SSW]: In Luxemburg noch weniger! - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) - Das steht im Antrag der Koalition. Versuchen Sie daher nicht, die Verantwortung für die Aufgaben, die wir hier auf Landesebene haben, abzuschieben, und vor allem bauen Sie nicht unsere Spielräume, die wir jetzt noch haben und die die nächste Generation auch dringend brauchen wird, noch weiter zu, indem Sie die Verschuldung noch weiter erhöhen. (Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]) Wir erkennen durchaus an, dass heute überhaupt nur zwei Bundesländer weniger Personal pro Einwohner beschäftigen als Schleswig-Holstein. Wir sehen auch und besonders, dass der Bildungsbereich in Schleswig-Holstein unterfinanziert ist. Wichtig ist auch, dass in den nächsten Jahren die Tilgung der Altschulden ansteht. Deswegen hält die Piratenpartei Schleswig-Holstein durchaus höhere Einnahmen des Landes für erforderlich. Wichtig sind aber die sozial gerechte Verteilung der Steuerbelastung und eine zielgerichtete Verwendung der Mehreinnahmen. Nur so können wir auch Akzeptanz der Bürger für moderate Steuererhöhungen bekommen. Da ist wichtig, dass in unserem Wahlprogramm ein Bürgerhaushalt und andere Instrumente der Bürgerbeteiligung angestrebt werden, um die Bürger mitreden zu lassen, wie wir die Einnahmen und Ausgaben unseres Landes in Zukunft gestalten wollen. Ich bin mir sicher, Bürgerinnen und Bürger würden an diversen Stellen andere Schwerpunkte setzen. Nehmen Sie allein den Punkt Investitionen und Schuldenabbau: Da hat eine Umfrage im Auftrag des NDR ergeben, dass eine deutliche Mehrheit - 61 % - der Meinung ist, dass größere finanzielle Spielräume eher zum Schuldenabbau benutzt werden sollten und nicht für Investitionen in staatliche Aufgaben. (Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]) - Das passiert nicht. Deswegen glaube ich, dass die Bürgerinnen und Bürger einen guten Beitrag zur Haushaltsaufstellung leisten können. Wir sehen auch, dass in Staaten mit einer starken direkten Demokratie der Verschuldungsgrad im Schnitt geringer ist als in anderen Staaten, etwa in Kanada oder der Schweiz. Deswegen ist es - so glaube ich - ein Riesenfehler, dass sich uns im Rahmen der Beratungen des Sonderausschusses „Verfassungsreform“ keine einzige Fraktion angeschlossen hat, einen Fehler zu bereinigen, der in der Landesverfassung verankert ist, nämlich dass von Volksentscheiden sämtliche haushaltswirksamen Entscheidungen ausgenommen sind. (Beifall PIRATEN) In Schleswig-Holstein sind Volksentscheide verboten, die Finanzfolgen haben, selbst wenn es die Finanzen des Landes stärken würde. Wenn die Bürger einen Volksentscheid machen wollten, eine Steuer zu erhöhen, ist das bei uns verboten. Das muss man sich einmal vorstellen. Wie absurd ist das denn? (Dr. Heiner Garg [FDP]: Gott sei Dank!) - Herr Kollege Dr. Garg, ich sage Ihnen doch: Dort, wo das möglich ist, ist die Verschuldung niedriger. Die Bürger würden eine verantwortungsvollere Finanzpolitik machen. (Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP]) Davon bin ich überzeugt, und dafür werden wir PIRATEN auch weiter kämpfen. (Beifall PIRATEN - Zurufe Dr. Heiner Garg [FDP] und Wolfgang Kubicki [FDP]) Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch einige Worte zu einem Thema sagen, das uns PIRATEN bei den Haushaltsberatungen ganz wichtig ist, nämlich die Verbraucherzentrale. Wir wissen alle, dass die Verbraucherberatung in Schleswig- Holstein eine ganz traurige Entwicklung hinter sich hat. In den letzten zehn Jahren sind trotz ständig steigender Ausgaben für Personalkosten und steigendem Beratungsbedarf die Mittel nie aufgestockt worden. Das Ergebnis ist, dass Anfang diesen Jahres die Öffnungszeiten der Beratungsstellen eingeschränkt werden mussten, das heißt, die Beratungsstellen hier in Schleswig-Holstein haben an zwei bis drei Tagen überhaupt nur noch stundenweise geöffnet. Das Ergebnis ist: Wir haben heute so wenig Verbraucherberatung wie noch nie in Schleswig-Holstein. Die Gutachter bescheinigen der Verbraucherzentrale, dass ihre Existenz gefährdet sei, wenn es weitergeht wie heute. Jetzt haben wir PIRATEN nicht nur in allen Haushaltsberatungen immer wieder beantragt, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und den Zuschuss zu erhöhen, sondern es ist uns auch gelungen, mit immer wiederkehrenden Anträgen tatsächlich einen Konsens darüber zu erarbeiten, dass die Verbraucherzentrale Ruhe braucht, um sich neu aufzustellen, und die Finanzierungsdefizite gedeckt werden müssen. Deswegen freue ich mich, dass Sie entsprechend unseres Antrags tatsächlich die Mittel der Verbraucherzentrale um 80.000 € erhöhen - mit dem Ziel zu verhindern, wie ich aus Ihren Reihen gehört habe, dass ein noch weiterer Personalabbau und eine noch weitere Einschränkung der Öffnungszeiten im nächsten Jahr stattfinden muss. Es ist schön, wenn Sie sich bei guten Ideen der PIRATEN so bedienen. Ich sehe im Haushaltsentwurf auch das Thema fahrradfreundliche Kommunen - auch eine Idee von uns - oder Förderung innovativer Radverkehr. (Zuruf Lars Winter [SPD]) Ich frage mich allerdings - so ist es! -: Ist durch diese 80.000 € wirklich sichergestellt, dass die Beratung in den Verbraucherzentralen so aufrechterhalten werden kann? Sie sind nämlich nicht, wie bei uns - es freut mich sehr, dass der Kollege Voß noch etwas dazu sagt -, bei der institutionellen Förderung, sondern bei den Projektmitteln eingestellt. Unbestritten ist aber doch, dass die Verbraucherberatung in der Fläche kein Projekt ist. (Beifall Uli König [PIRATEN] und Dr. Heiner Garg [FDP]) Deswegen sagt uns die Verbraucherzentrale selbst, sie bekommt Schwierigkeiten mit den Auflagen, diese Mittel nur projektbezogen für Präventionsarbeit zu verwenden, wenn sie eine Finanzierungsunterdeckung beim Personal hat. Sie warnt: Eine weitere Reduzierung der Öffnungszeiten von bisher vier auf drei Öffnungstage wäre unabdingbar, wenn es nicht gelänge, diese zusätzlichen Mittel zu generieren. Das schrittweise Sterben ginge dann weiter. Deswegen bitte ich Sie zu überdenken, ob Sie nicht unserem Haushaltsantrag zustimmen, der dasselbe Volumen hat, aber die Mittel in die institutionelle Förderung einstellt und so wirklich sicherstellt, dass die Verbraucherberatung, die in Schleswig-Holstein so wichtig ist, erhalten bleiben und gestärkt werden kann. - Vielen Dank. (Beifall PIRATEN)

Solidaritätszuschlag

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2014/18-077_12-14.pdf

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es ist ganz interessant, in der Debatte zu beobachten, dass die FDP beim Thema Solidaritätszuschlag zu ihren Wurzeln als Steuersenkungspartei zurückfindet. Vielleicht wird demnächst auch wieder das alte Guido-Mobil ausgemottet und von Spinnweben befreit. Sie haben in Ihrem Ausgangspunkt ja durchaus ein berechtigtes Argument. Falsch ist es jedoch zu sagen: Wenn der Solidaritätszuschlag beibehalten werden würde, dann läge eine Steuererhöhung vor. Der Kollege Koch hat schon zu Recht gesagt, dass der Soli entgegen öffentlicher Beteuerungen nie befristet war. Insofern kann es sich nicht um eine Steuererhöhung handeln. (Dr. Heiner Garg [FDP]: Wenn man ihn beibehalten würde, dann ist das sehr wohl eine Steuererhöhung!) - Nein, wenn man ihn so beibehalten würde, wie er jetzt ist, wäre es keine Steuererhöhung. Richtig ist aber, Herr Kollege Dr. Garg, dass der Öffentlichkeit gegenüber über Jahre hinweg vonseiten der Bundeskanzlerin und allen regierungstragenden Fraktionen beteuert worden ist, dass es sich um eine zweckgebundene Steuererhöhung handele, um den Osten aufzubauen, in dem damals tatsächlich desolate Zustände geherrscht haben. Das müssen wir ernst nehmen und können es nicht so einfach vom Tisch wischen. Rasmus Andresen, es macht es auch nicht besser, wenn dieses öffentliche Versprechen schon im letzten Bundestagswahlkampf gebrochen worden ist, sondern das war ein Versprechen. Wenn wir es uns zur Regel machen, immer wieder solche öffentlichen Erklärungen später nicht einzuhalten, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass uns die Bürgerinnen und Bürger überhaupt nicht mehr glauben, wenn wir ihnen heute sagen, dass wir etwas zu einem bestimmten Zweck machen. Deswegen ist die Position der PIRATEN, dass man diese öffentlich verkündete Zweckbindung allenfalls dann aufheben und ändern kann, wenn man sehr gute Gründe dafür geltend machen kann, warum man ausnahmsweise nicht an dem öffentlich Verkündeten festhält. Solche sehr guten Gründe könnten aus meiner Sicht darin liegen, dass man eine Zweckbestimmung mit Blick auf die Altschuldentilgung treffen und sagen würde, dass der Zweck des Aufbau Ost zwar erledigt ist, wir aber einen genauso oder noch dringenderen Zweck ins Auge fassen, nämlich die Geißel der erdrückenden Last der Altschulden zu tilgen, die verhindert, dass wir die erforderlichen Investitionen, die zum Erhalt unseres Landes- und Bundesvermögens erforderlich sind, aufbringen können und dass wir die erforderlichen Ausgabenspielräume für Bildungsausgaben haben. Wenn man es also mit konkreter Zweckbindung mit Blick auf die Tilgung von Schulden begründen würde, würden die Bürgerinnen und Bürger das vielleicht verstehen und akzeptieren können. Aus meiner Sicht würde nicht akzeptiert, das zu sagen, was in den Anträgen der CDU steht: Wir würden das gerne machen. Aber wenn das für Altschuldentilgung nicht geht, nehmen wir das Geld gern an - Hauptsache, es fließt in die Kasse. - Das wird von den Bürgerinnen und Bürgern nicht akzeptiert, und damit zerstören Sie Vertrauen auf öffentliche Beteuerungen und Zusicherungen von uns, die hinterher nicht eingehalten werden. Wir haben in der Steuerpolitik leider zu viele gebrochene Wahlversprechen und seltsame Kompromisse gesehen. Ich erinnere an die Mehrwertsteuererhöhung 2005. Die CDU war in den Bundestagswahlkampf mit der Ankündigung gezogen, die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte erhöhen zu wollen. Das ist Ihnen teuer zu stehen gekommen. Die SPD wollte das gar nicht machen. Als Ergebnis der Koalitionsverhandlungen kam heraus, (Dr. Heiner Garg [FDP]: 3 %!) sie um drei Prozentpunkte zu erhöhen. (Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit dem Thema zu tun?) - Das hat mit dem Thema zu tun, dass Sie schon zu oft in der Vergangenheit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger enttäuscht haben. Das trägt dazu bei, dass diese uns gar nichts mehr glauben. (Beifall FDP) Das schürt Politikverdrossenheit. (Beate Raudies [SPD]: Das ist der Redebeitrag von heute Morgen!) - Das ist der Redebeitrag, der leider an dieser Stelle wieder angebracht ist, Frau Kollegin. Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Herr Abgeordneter, bevor Sie weiter fortfahren, frage ich Sie, ob Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Andresen gestatten? Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Ja. Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Herr Andresen, bitte. Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielen Dank, Herr Kollege. - Das ist mehr ein Zwischenkommentar, denn ich finde Ihre Argumentation etwas schwierig. Der Kern Ihrer Forderung ist gar nicht so weit von unserer Argumentation entfernt. Sie wollen, dass der Soli in einen Altschuldentilgungsfonds umgestaltet wird. Der Kollege Koch hat eben auch deutlich gemacht, dass das zumindest eine Position ist, mit der die CDU in diesem Land sehr gut leben kann. Gleichzeitig werfen Sie uns aber in Ihrer Rede vor, dass wir unehrlich wären, weil es grüne und sozialdemokratische Bundespolitiker - beim SSW sieht das etwas anders aus - gibt, die irgendwann einmal etwas ganz anderes - das sage ich aus meiner etwas jüngeren Perspektive - versprochen haben. Das passt doch nicht zusammen. Sie werfen uns sozusagen - ich will nicht von „Lüge“ sprechen - Wählertäuschung vor, sagen aber gleichzeitig, Sie machten das Ganze mit, hätten aber das bessere Argument. Das ist jedoch nur das Argument, das wir auch haben. Das hängt doch nicht zusammen. Entweder kritisiert man wie die FDP fundamental und fordert, dass der Soli abgeschafft werden muss, oder man wählt ein anderes Modell. Aber dann fällt die Hälfte Ihrer Kritik aus meiner Sicht weg. Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Herr Kollege Andresen, ich hatte gehofft, dass ich deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass wir sagen: Wenn Sie schon von dem wegkommen wollen, was öffentlich verkündet und versprochen worden ist, braucht man dafür sehr gute Gründe. Allgemein zu sagen, man brauche das Geld - egal wofür, auch wenn es nicht für die Altschuldentilgung gedacht ist -, halte ich nicht für sehr gute Gründe, die an dieser Stelle angeführt werden. Sie können damit zum Beispiel rechtfertigen, die Erbschaft- oder Vermögensteuer zu erhöhen und so weiter. Das kann man alles machen. Aber um den Zweck dieser konkreten zweckgebundenen Abgabe ändern zu wollen, dafür braucht man wirklich sehr gute Gründe, wenn man das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger erhalten will. Das Problem mit diesem Altschuldentilgungsfonds ist - ich verstehe das aus der Perspektive der anderen Länder -, dass diese auch nicht einsehen, dass diese Sparsamkeit bestraft wird und aus diesem Fonds zu gleichen Anteilen alle Altschulden getilgt werden. Ich verstehe, dass sie sagen: Wenn wir weniger Altschulden gemacht haben, möchten wir, dass dieser Fonds so aufgeteilt wird, dass wir etwas davon haben. Man muss auf die Bedenken der anderen Länder eingehen, wenn man zu einer Lösung kommen will. Dann wären wir durchaus mit dabei. Aber was in Ihrem Antrag steht - Hauptsache, die Mittel kommen uns irgendwie zugute -, enttäuscht Vertrauen. Zum Thema „Steuerbelastung“ möchte ich Folgendes sagen: Die aktuelle Belastung bei der Einkommensteuer und bei anderen Steuern ist krass ungerecht verteilt. Die Hauptsteuerlast unserer Gesellschaft tragen nicht diejenigen, die das meiste Vermögen und die die stärksten Schultern haben. Dieses Problem muss unabhängig vom Solidaritätszuschlag angegangen werden. Dass wir allerdings insgesamt eine übermäßige Steuerlast zu beklagen hätten, Herr Kollege Dr. Garg, davon kann wirklich keine Rede sein. Wir liegen bei der Einkommensbesteuerung etwa im Mittelfeld und bei der Vermögensbesteuerung in Teilen sogar weit hinten im internationalen Vergleich. Mit Blick auf den Zustand unserer Schulen, Universitäten und unserer Infrastruktur kann man sich das nicht länger leisten. - Danke schön. (Beifall PIRATEN)

Umwelt

Fracking

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2012/18-013_12-12.pdf

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat, die Menschen in Segeberg, im Herzogtum Lauenburg, in Nordfriesland, in Dithmarschen, in Schleswig-Flensburg sind wirklich in Aufruhr und fürchten um ihr Grundwasser und ihren Boden, wenn das Fracking-Verfahren dort zum Einsatz käme. In der Tat, aus Niedersachsen, wo dieses Verfahren eingesetzt wird, ist bereits bekannt, dass an Förderstätten Bodenverseuchungen aufgetreten sind, die leider in der Regel geheim gehalten werden, sodass wir quasi nur die Spitze des Eisberges der Nachteile dieser Verfahren mitbekommen. Es freut mich, dass wir uns alle in der Zielrichtung einig sind, dass wir dieses Verfahren nicht einsetzen wollen und, wenn man den Antrag genau liest, dass wir auch die Aufsuchung mit dem Ziel des Einsatzes dieses Verfahrens nicht wollen. Wir wollen dies nicht nur aus Umweltschutzgründen, vielmehr - dies möchte ich an dieser Stelle sagen müssen wir es auch aus klimaschutzpolitischen Gründen schaffen, aus den fossilen Energieträgern auszusteigen und auf erneuerbare Energien umzusteigen. Da schadet alles, was diesen Umstieg verzögert. (Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW) Ich begrüße es, dass Sie, Herr Umweltminister, zusammen mit Nordrhein-Westfalen eine Bundesratsinitiative ergreifen, und freue mich auch darüber, dass Sie da einen Schwerpunkt auf Transparenz bei der Evaluierung der Risiken, die vorgenommen werden soll, gelegt haben. Nichtsdestotrotz müssen wir uns im Klaren sein: Eine rein politische Ablehnung des Verfahrens reicht nicht aus, solange die Rechtsgrundlage dafür fehlt, entsprechende Anträge auch tatsächlich ablehnen zu können. Da fehlt mir eben noch eine klare Aussage. Insbesondere würde ich Sie bitten, Herr Umweltminister, dass Sie den Unternehmen klar und öffentlich sagen, dass spätestens bei der Stufe, wo das Verfahren eingesetzt werden soll, wo die Bohrung begonnen wird, solche Anträge nicht genehmigt werden. Wir haben beim Kohlekraftwerk schon einmal gesehen, dass es Wunder tun kann, wenn man eine klare Ansage macht. Eine solche fehlt mir allerdings zum Fracking. Wenn die Unternehmen wüssten, dass sie nicht fördern können, dann würden sie auch keine Aufsuchungsanträge stellen. Deswegen ist es ganz wichtig, dass dem eine klare Absage vonseiten derjenigen erteilt wird, die für die Bewilligung der Anträge zuständig sind. (Beifall Uli König [PIRATEN]) Das Problem, dass dies bisher nicht geschehen ist, liegt im Bergrecht. Das Bergrecht ermöglicht es nämlich nicht, dass wir eine Bedarfsanalyse durchführen und prüfen, ob wir diese Rohstoffe überhaupt brauchen. Das Bergrecht stammt aus Kriegszeiten und gewährt der Förderung von Rohstoffen absoluten Vorrang vor anderen Interessen. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Aus diesem Grund haben wir über den interfraktionellen Antrag hinaus einen Änderungsantrag gestellt, der genau auf dieses Problem eingeht und für den ich um Unterstützung werbe. An dieser Stelle möchte ich die Worte von Herrn Karstens, Mitglied im Dithmarscher Kreistag für die CDU, wiedergeben, der vor zwei Wochen das veraltete Bergrecht kritisiert hat, weil dieses seinem Demokratieverständnis widerspreche. Dieser sagte: Da wird einfach ein Antrag über die Köpfe der Bürger hinweg gestellt, die in dem betroffenen Gebiet leben. - Genau darum geht es uns. Wir fordern eine Ablösung des Bergrechts durch ein Umweltgesetzbuch, in dem ein Mitentscheidungsrecht der betroffenen Kreise verankert werden soll. Dabei soll es nicht nur um Prüfungsverfahren gehen. Eine Ausbeutung kann nur im Einklang mit den betroffenen Menschen vor Ort oder gar nicht vollzogen werden. (Beifall PIRATEN) Neben diesem Mitentscheidungsrecht der Bürger wollen wir eine vollständige Information über ein-912 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 13. Sitzung - Mittwoch, 12. Dezember 2012 (Dr. Patrick Breyer) gehende Anträge und erteilte Bewilligungen. Das ist bisher überhaupt nicht gewährleistet. Nach unserer Überzeugung muss das öffentliche Informationsinteresse an Fracking Vorrang vor wirtschaftlichen Geschäftsinteressen haben. (Beifall PIRATEN, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ich würde mich deswegen freuen, wenn diese Vorschläge, die darauf abzielen, das Genehmigungsverfahren transparent zu gestalten und Fracking zuverlässig zu verhindern, Ihre Zustimmung finden würden. Hierzu habe ich bereits sehr positive Signale gehört. Deswegen bin ich gern damit einverstanden, dass wir heute zunächst einmal über den interfraktionellen Antrag abstimmen. Dadurch erledigen sich die Punkte eins bis vier unseres Antrags. Dann können wir Punkt fünf unseres Antrags, bei dem es um die Ablösung des Bergrechts geht, abtrennen und als selbstständigen Antrag dem Ausschuss überweisen. - Danke. (Beifall PIRATEN)

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2013/18-023_03-13.pdf

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister Habeck, zunächst einmal seien Sie sich sicher, dass wir PIRATEN großes Interesse daran haben, den Grundkonsens in diesem Hause von der Zielrichtung her gegen Fracking zu erhalten. Wir wollen ihn aber auch vertiefen und erweitern. Nordrhein-Westfalen hingegen sagt, dass das möglich ist. Wir fordern an dieser Stelle das Ministerium auf, sich der bürgerfreundlichen und transparenzfreundlichen Rechtsauslegung anzuschließen und Transparenz hinsichtlich dieser Anträge herzustellen, wie es einige Unternehmen sogar schon freiwillig gemacht haben. Das Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis dieser Gebiete, wo Fracking zum Einsatz zu kommen droht, überwiegt eindeutig das Geheimhaltungsinteresse der Unternehmen. Der Grund dafür, warum wir nicht eigenmächtig die uns vertraulich übergebene Karte veröffentlichen, ist ganz klar: Dann würden wir uns möglicherweise strafbar machen. Wir unterliegen den Vertraulichkeitsvorschriften der Geschäftsordnung des Landtags, wenn wir Material vertraulich erhalten. Sie unterliegen diesen Vertraulichkeitsvorschriften nicht und machen sich auch nicht strafbar, wenn Sie Informationen veröffentlichen. Das ist der Grund dafür, warum wir vom Ministerium einfordern, Transparenz zu schaffen. Sie sind verfügungsbefugt. (Zurufe) Zweitens. Wir wollen, dass ein Moratorium gestellt wird, sodass keine Bohrungen genehmigt werden, solange nicht ausgeschlossen ist, dass dabei Fracking zum Einsatz kommt und toxische Substanzen eingesetzt werden. Herr Minister, Sie haben zu Recht gesagt, dass das, was Sie in der vergangenen Woche, nachdem wir unseren Antrag einge-1744 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 23. Sitzung - Donnerstag, 21. März 2013 (Dr. Patrick Breyer) reicht haben, verkündet haben, faktisch schon ein befristetes Moratorium ist. (Christopher Vogt [FDP]: Demokratie!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor diesem Hintergrund stimmen Sie doch unserem Antrag zu! Dieser besagt, dass wir keine Genehmigungen von Fracking wollen, und zwar sowohl bei der Stufe der Aufsuchung als auch bei der Stufe der Bohrung und Genehmigung. Wir wollen genau das. Vor diesem Hintergrund können Sie dem doch wunderbar zustimmen. Ich bitte Sie darum. Vizepräsident Bernd Heinemann: Deswegen beantragen wir Abstimmung in der Sache über unseren Antrag. Der andere Antrag kann gern abgetrennt und dem Ausschuss überwiesen werden. Ich glaube, bezüglich unserer Punkte, nämlich Transparenz und klares Moratorium, ist alles gesagt. - Danke.

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2014/18-050_02-14.pdf

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“ - so ist es schon in Goethes Faust zu lesen. So ist es auch beim Thema Fracking. Wir in Schleswig-Holstein senden eine klare Botschaft gegen Fracking aus, weil bei der Gas- und Ölförderung mithilfe des Frackingverfahrens Risse in Gesteinsschichten gesprengt werden, die unter bestimmten Umständen giftige, radioaktive oder krebserzeugende Flüssigkeiten oder Methangas in das Grundwasser eindringen lassen können, gegebenenfalls auch erst Jahre oder Jahrzehnte später. Wir wissen um die Risiken von Erdbeben und Erdsenkungen, von Gebäudeschäden und entsprechend fallenden Grundstückswerten in den betroffenen Gebieten. Wir wollen in Schleswig-Holstein kein Fracking. Doch können wir auch daran glauben, dass diese Landesregierung es verhindern wird? Ich habe daran Zweifel, (Beifall PIRATEN) und zwar aus folgenden Gründen:Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 50. Sitzung - Freitag, 21. Februar 2014 4077 (Dr. Patrick Breyer) Erstens. Der Umweltminister, Herr Habeck, hat für die Aufsichtsbehörde über das zuständige Landesbergbauamt erklärt, nach Ablauf einer befristeten Veränderungssperre werde Fracking in SchleswigHolstein kaum noch zu verhindern sein. Zweitens. Der Ministerpräsident, Herr Albig, hat auf meine Anfrage hin mitgeteilt, dass im neuen Landesentwicklungsplan kein klares Verbot für Fracking verankert, sondern lediglich festgeschrieben werden soll, dass schädliche Umwelteinwirkungen bei der Förderung von Erdöl und Erdgas ausgeschlossen sein sollen. Drittens. Sie wollen heute einen Antrag von uns ablehnen, in dem wir die Landesregierung auffordern wollen, bis auf Weiteres keinen Anträgen auf Fracking stattzugeben. Wenn Sie das ablehnen wollen, sagen Sie damit doch gleichzeitig, dass Sie die Frage offenlassen wollen. Das lehnen wir PIRATEN ab. (Beifall PIRATEN) Um dieses Hü und Hott in Sachen Fracking zu beenden, legen wir heute einen Gesetzentwurf vor, der Fracking in Schleswig-Holstein rechtssicher und dauerhaft verhindern soll, und zwar mit folgenden Mitteln: Der erste Hebel wird ein ausdrückliches gesetzliches Verbot von Fracking sein, wenn eine Verunreinigung von Gewässern nicht auszuschließen ist. Genau dieses Risiko besteht nach allen wissenschaftlichen Gutachten. Herr Minister Habeck, wir beschränken die Regelung nicht auf toxisches Fracking, weil die Giftstoffe, die aus dem Boden herauskommen, genauso gefährlich sind wie die, die eingepresst werden. Wir beschränken die Regelung auch nicht auf bestimmte Wasserschutzgebiete, weil die unterirdischen Wasserreservoirs solche Gebietsbeschränkungen nicht beachten. Wir wollen zweitens, dass für die Entscheidung über solche Anträge die untere Wasserbehörde zuständig ist und nicht mehr das umstrittene Landesbergbauamt in Hannover. Wenn der Landrat des betroffenen Gebietes oder der Oberbürgermeister einer kreisfreien Stadt entscheidet, dann führen wir damit nicht nur neue Hebel gegen Fracking ein, sondern setzen auch ganz neue Maschinisten davor. Das macht einen Unterschied. Drittens. Vor der Entscheidung muss nach unserem Gesetzentwurf eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung, in die sich jeder Bürger einbringen kann, erfolgen. Als das in Österreich eingeführt worden ist, sind schon allein wegen des damit verbundenen Aufwands entsprechende Frackinganträge zurückgezogen worden. Viertens. Wir wollen gesetzlich klarstellen, dass Anträge auch wegen des überwiegenden öffentlichen Transparenzinteresses veröffentlicht werden dürfen, selbst wenn sie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten. Denn wir sind der Meinung, dass die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch darauf haben, zu erfahren, wenn in ihrer Heimat Öl oder Gas gefördert werden soll. Das sind unheimlich große Risiken, und wir haben ein Recht darauf, davon zu erfahren. (Beifall PIRATEN) Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit unserem Anti-Fracking-Gesetz machen wir SchleswigHolstein zum bundesweiten Vorreiter gegen Fracking. So entschieden handelt kein Land. Deswegen hoffe ich, dass wir unseren Gesetzentwurf im Ausschuss zügig behandeln können. Reine Lippenbekenntnisse gegen Fracking reichen nicht aus, um es rechtssicher zu verhindern. Deswegen schließe ich mit Worten von Goethe: „Der Worte sind genug gewechselt, Lasst mich auch endlich Taten sehen! Indes ihr Komplimente drechselt, Kann etwas Nützliches geschehen.“ Vielen Dank. (Beifall PIRATEN)


Transparenz von Lebensmittelkontrollen

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2013/18-022_03-13.pdf

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Kollege Voß, ich hoffe, Sie gestatten es auch anderen, noch zu reden, bevor wir dann zur Abstimmung kommen. (Vereinzelter Beifall) Wir diskutieren und fabulieren hier langatmig über Änderungen, die auf Bundesebene gemacht werden könnten oder die die Landesregierung in Angriff nehmen könnte, sprechen aber sehr wenig über das, was wir hier im Land selbst machen könnten. Es ist so - das ist schon angesprochen worden -, dass im Herbst vergangenen Jahres eine Regelung in Kraft getreten ist, dass Lebensmittel- oder Futtermittelverstöße, die bei Kontrollen festgestellt worden sind, wenn sie eine erhebliche Gefahr nach sich ziehen, auch veröffentlicht werden müssen. Wie wird diese Regelung seit Herbst letzten Jahres tatsächlich angewandt? - In Bayern sind zum Beispiel über 100 Verstöße, die festgestellt worden sind, veröffentlicht worden und im Internet nachlesbar. In Schleswig-Holstein ist erstens die Veröffentlichung auf die Seiten der einzelnen Kreise verstreut, sodass man sie überhaupt nicht auffinden kann, und zweitens ist bis heute kein einziger Verstoß bei uns veröffentlicht worden. (Beifall PIRATEN und vereinzelt CDU) Jetzt denke ich mir natürlich: Entweder die Kontrolleure schlampen massiv, und es werden überhaupt keine wirksamen Kontrollen durchgeführt, oder die Veröffentlichung funktioniert nicht. Ich finde, an dem Punkt, für den wirklich schon eine Rechtsgrundlage vorhanden ist, müssen wir ansetzen und erstens eine ordentliche Internetplattform zur Veröffentlichung dieser Ergebnisse der Kontrollen organisieren, die landeseinheitlich ist, und zweitens dafür sorgen, dass auf der Informationsplattform auch etwas steht, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher informiert werden, wenn wirklich gesundheitsgefährdende Lebensmittelverstöße festgestellt werden. - Danke. (Beifall PIRATEN und vereinzelt CDU)

Plastikmüll

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2014/18-074_11-14.pdf

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gehört, dass das Thema einen gewissen Überschneidungsbereich mit dem Wirtschaftsbereich hat. Deswegen möchte ich gern auf einen Punkt eingehen, der wirtschaftlich ganz bedeutsam ist, nämlich die Idee einer Umweltpartnerschaft. Was steckt eigentlich hinter diesem Vorschlag? - Es ist natürlich richtig, dass der Verbraucher in erster Linie selbst sein eigenes Verhalten verändern muss. Wir müssen also alle überlegen, wo wir auf Plastik verzichten können, weil nur das im Endeffekt wirklich zu weniger Plastik führt. Richtig ist aber auch, dass wir dazu erst einmal die Wahl haben müssen. Wenn wir jetzt nicht gerade hier in Kiel bei „Un- Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 74. Sitzung - Donnerstag, 13. November 2014 6115 (Angelika Beer) verpackt“ im Laden stehen, sondern im Supermarkt um die Ecke, dann haben wir halt häufig keine uneingeschränkte Wahlfreiheit. Es sind nun einmal das produzierende Gewerbe und der Handel, die das Plastik in Umlauf bringen. Deswegen können wir das Problem auch nur lösen, wenn die Unternehmen mitmachen. Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der CDUFraktion, hier gleich auf ein Verbot zu setzen, würde ich für verfrüht und den falschen Weg halten, weil Vorschriften niemanden dazu motivieren, kreativ zu werden und andere Lösungen zu entwickeln. Deswegen besteht die Herausforderung darin, Alternativen zu finden für all die Produkte und Anwendungen, bei denen heute Plastik verwendet wird. Deswegen ist es wichtig, ein Umfeld zu schaffen, was Motivationen freisetzt, indem man quasi auch Ideen, die zu guten Lösungen führen, belohnt. In Ideen zu investieren, lohnt sich natürlich für den Handel nur dann, wenn er sich über sein Engagement von Mitbewerbern abgrenzen kann und wenn der Mehrwert, den er anbietet, für den Kunden deutlich erkennbar ist. Deswegen brauchen wir einen Markt für eine bessere, überdurchschnittliche Umweltperformance eines Händlers, das heißt, einen Markt, der Qualitätsunterschiede auch sichtbar macht. (Beifall PIRATEN) Einen solchen Markt für Nachhaltigkeit schaffen wir am ehesten über eine Umweltpartnerschaft, die quasi vergleichbare Kriterien definiert und damit letzten Endes eine wirkliche Wahlfreiheit möglich macht. Das lohnt sich am Ende für alle, für den Verbraucher, aber auch für den Händler, der mitmacht und vielleicht Plastik in seinen Produkten - so weit das geht - vermeidet und natürlich auch für die Umwelt. Mit der Zeit können so dann viele gute Lösungen zustande kommen, die dann auch den Druck auf diejenigen erhöhen, die vielleicht noch nicht mitmachen wollen. Wie dann konkret die Kriterien für eine Umweltpartnerschaft ausgestaltet werden - Silber-, Bronze- oder Goldpartner -, darüber kann man natürlich noch im Einzelnen sprechen. Aber die Idee selbst ist ein guter und marktkonformer Ausgleich, um mit den Mechanismen des Marktes zu besseren Produkten zu kommen. Es freut mich, dass wir in diesem Punkt der Umweltpartnerschaft auch einig sind. Ich glaube, das ist ein guter Weg. Es freut mich auch, dass Sie den Vorschlag, der von uns kam - Angelika Beer hat es richtig gesagt - aufgegriffen haben. Ich glaube, wir haben gute Chancen, das zum Erfolgsmodell zu machen. (Beifall PIRATEN)

Europa

http://www.landtag.ltsh.de/export/sites/landtagsh/infothek/wahl18/plenum/plenprot/2012/18-014_12-12.pdf

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir PIRATEN sind ja eine Bewegung, die selbst weltweit aufgestellt und vernetzt ist. Deswegen sind wir uns der Bedeutung der europäischen Einigung für den Frieden, die Freiheit, den Wohlstand und die Rechtsstaatlichkeit auf diesem Kontinent sehr bewusst. Wir erkennen an, dass diese Errungenschaften weder selbstverständlich noch garantiert sind, sondern eines ständigen aktiven Einsatzes und der Ausgestaltung durch die Menschen in Europa bedürfen. Insofern ist die Zusammenarbeit der europäischen Staaten eine historische Errungenschaft, die auch zum Vorbild weltweit geworden ist, wenn wir uns ähnliche Organisationen ansehen, die sich in Südamerika, in Asien, in den arabischen Staaten, in Afrika und anderen Regionen gebildet haben. Trotzdem sage ich auch: Die Wirklichkeit der EU muss sich an den europäischen Werten wie Menschlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit auch messen lassen und damit in Einklang stehen. Es ist fast auf den Tag genau heute vor sieben Jahren gewesen, dass das EU-Parlament der berüchtigten EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zum Beispiel zugestimmt hat. Hier wurden die Institutionen der EU richtiggehend missbraucht, muss ich sagen, um eine einzigartige Sammlung aller unserer Kontakte, Bewegungen und Internetnutzungsdaten zu erzwingen, die auf einzelstaatlicher Ebene nie durchsetzbar gewesen wäre. Dieses Verfahren nennt man Politikwäsche, und dem muss Schleswig-Holstein eine ganz klare Absage erteilen. (Beifall PIRATEN und vereinzelt FDP) Ähnlich verhält es sich mit einem weiteren neuen Plan der EU-Kommission, die jetzt auch alle unsere Flugreisen aufzeichnen will, ohne jeden Verdacht. Auch dem müssen wir entschieden entgegentreten. Es gibt Beispiele, wo das besser gelaufen ist. So sollten zeitweise zum Beispiel Internetsperren eingeführt werden oder auch einschneidende Maßnahmen zur Kontrolle des Urheberrechts im Internet durchgesetzt werden, Stichwort ACTA. Hier hat sich erfolgreich eine europäische Bürgerrechtsbewegung gebildet, die dies verhindern konnte; ein großer Erfolg für die europäische Zivilgesellschaft und auch für das Europäische Parlament. (Beifall PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Was den Umgang mit Flüchtlingen an den Außengrenzen angeht, muss ich festhalten: Frontex und auch eine mangelnde Solidarität bei der Aufnahme von Flüchtlingen innerhalb der EU stehen im Widerspruch zu europäischen Werten. (Beifall PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Europa hat eine Verantwortung nicht nur für seine Mitglieder und die inneren Grenzen, sondern eben auch an seinen Außengrenzen. Täglich sterben dort Menschen an dieser von uns mitfinanzierten Mauer, dieser Festung Europas und des Mittelmeeres. Europa muss sich den Ursachen der Migration in den Herkunftsländern stellen und dies mit derselben Energie verfolgen, die bisher in Maßnahmen wie Frontex und die Überwachung der Außengrenzen gesteckt wird. (Beifall PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deswegen muss ich festhalten: In den Augen der Menschen, die diese Einschnitte von Bürgerrechten und Menschlichkeit kritisieren, muss sich die EU den Friedensnobelpreis erst noch verdienen. Die Ursachen sind ganz klar bekannt. Wir haben eine Intransparenz von Entscheidungen zum Beispiel im Rat zu verzeichnen, wir haben eine fehlende echte Mitbestimmung der Bürger zu verzeichnen und auch eine Ferne demokratischer Legitimation der Ratsmitglieder. Wir müssen einen unzureichenden Schutz der Bürgerrechte konstatieren, weil die EU noch immer nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention beigetreten ist, weil wir noch im-Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 14. Sitzung - Donnerstag, 13. Dezember 2012 973 (Dr. Patrick Breyer) mer keine Verfassungsbeschwerde gegen grundrechtswidrige EU-Maßnahmen erheben können. Aus eigener Erfahrung kann ich hinzufügen: Die EU-Gerichte selbst wollen Transparenz ihrer Verfahren doch eher verhindern. Bei dem Versuch, meine eigenen Schriftsätze aus einem Verfahren zu veröffentlichen, hat die EU-Kommission gefordert, ich solle das doch bitte wieder aus dem Internet löschen. Also das ist keine Transparenz und Rechtsstaatlichkeit. Die Europäische Union kann in ihrer gegenwärtigen Form eine demokratische Kontrolle durch ihre Bürger nur unzureichend gewährleisten und stößt deswegen auch auf wenig Rückhalt in der Bevölkerung. Frau Ministerin, Sie haben aber zu Recht gesagt, die EU kann auf Dauer nur mit dem Vertrauen der Bürger funktionieren. Deswegen sind wir der Überzeugung, wir müssen das Vertrauen zurückgewinnen, wir müssen zum Beispiel über Volksabstimmungen über institutionelle Änderungen die Bürger wieder in Veränderungen der Strukturen einbinden. Wir müssen durch Bürgerbeteiligung den Mut haben, wirkliche Verbesserungen gegenüber den Bürgern begründen zu können und inakzeptable Verschlechterungen gerade als gute Europäer auch abzulehnen. Eines möchte ich noch einmal ganz eindeutig an die Adresse der Fraktionsvorsitzenden der Grünen sagen: Berechtigte Kritik schwächt nicht die europäische Idee, sondern macht sie überhaupt erst zukunftsfähig, weil sie die Unterstützung der Bürger erst sichert. Man darf die Sorgen von Bürgern nicht mit einem Pauschalvorwurf wie Populismus plattmachen, sondern muss sie ernst nehmen. Eine Möglichkeit zur Schaffung eines wirklich demokratischen europäischen Rechtsstaats - dabei sind wir wieder zusammen - ist die Ausarbeitung einer Verfassung. Diese muss aber durch eine direkt gewählte Versammlung ausgearbeitet werden. Anschließend muss ein Verfassungsreferendum stattfinden, bei dem wir die Bürger befragen müssen, ob sie mit dem Ergebnis einverstanden sind. Einen solchen Prozess wünschen wir PIRATEN uns ausdrücklich. Die Bürgerbeteiligung hat im Bericht der Europaministerin leider keine große Rolle gespielt. Dabei ist nächstes Jahr das europäische Jahr der Bürger. Wir würden gern klare Aussagen hören zu der Frage, welche Aktivitäten in Schleswig-Holstein dazu geplant sind, zum Bespiel im Rahmen der Europawoche im Mai 2013. Morgen werden wir einen Antrag dazu beraten, der aber erst die Fragen stellt und noch keine Antworten darauf gibt, wie wir das europäische Jahr hier ausgestalten wollen. (Zuruf Serpil Midyatli [SPD]) Ich komme auf das Thema Finanzen zu sprechen. Frau Ministerin, Sie haben richtigerweise die bevorstehenden Veränderungen bei den Fonds angesprochen, aus denen auch wir in Schleswig-Holstein Mittel bekommen. Wir müssen allerdings feststellen, dass es für die jetzt geplanten Veränderungen auch gute Gründe und Hintergründe gibt, nämlich nicht zuletzt die Schuldenkrise. Dazu will ich sagen: Solidarität in Europa bedeutet eben auch, Rücksicht auf die finanzielle Lage unserer Partner in der EU zu nehmen. Diese stehen viel schlechter da als Deutschland. Ich wünsche mir, dass Schleswig-Holstein seine eigenen Interessen auch in Relation zur Gesamtsituation setzt und in Anbetracht der veränderten Gesamtlage nicht auf einem Status Quo in diesem Bereich beharrt, zumal viele EU-Subventionen bei den Bürgern und der Zivilgesellschaft aus guten Gründen auf Kritik oder sogar auf Ablehnung stoßen. Als Stichworte nenne ich die Agrarsubventionen und den Bereich der Fischerei. Auch warne ich davor, uns als Bundesland immer abhängiger von Fördertöpfen des Bundes oder der EU zu machen. Als eigenständiges Land brauchen wir auch eine starke eigenständige Finanzierung. In den Bereichen, in denen unsere Mittel, wie dies insbesondere im Bildungsbereich erkennbar ist, ersichtlich unzureichend sind, kann eine zunehmende Projektitis keine Dauerlösung sein. Wenn einzelne Projekte durchgeführt werden, wünsche ich mir, dass das mit einer Evaluierung ihres Nutzens einhergeht. Zum Beispiel wünsche ich mir eine Auswertung der Ergebnisse der AktivRegion. Dabei sollte auch hervorgehoben werden, was am besten funktioniert hat. Ich glaube, wenn wir dieses Programm fortsetzen wollen, sollten wir auswerten, wie es bisher gelaufen ist. (Beifall PIRATEN) Frau Ministerin, besonders im Bereich der nachbarschaftlichen Zusammenarbeit mit Dänemark habe ich den ganz festen Eindruck, dass diese bei Ihnen in sehr guten Händen ist. Dabei haben Sie auch ausdrücklich unsere Unterstützung. Sie haben auch ganz konkrete Maßnahmen genannt, die angestrebt werden. Das ist sehr erfreulich. (Beifall PIRATEN, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)974 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 14. Sitzung - Donnerstag, 13. Dezember 2012 (Dr. Patrick Breyer) Europa ist natürlich mehr als Dänemark. Man muss sagen, dass die Schwerpunkte der Landesregierung bei der Europapolitik insgesamt recht wenig konkret sind. Das ist vor dem Hintergrund der inhaltlichen Ausrichtung natürlich gut begründbar. Ich wünsche mir, dass als Schwerpunkte auch die Bürgerrechte, die Weltoffenheit und die Informationsgesellschaft anerkannt und in das Zukunftsprogramm aufgenommen werden. Gerade die Informationsgesellschaft bietet doch für ein kleines Land wie Schleswig-Holstein große Chancen. Zum Beispiel ist das Unabhängige Landesdatenschutzzentrum inzwischen international anerkannt bei seiner Arbeit der Zertifizierung von Produkten. Dieses sollte in seiner Aufgabe gestärkt werden. (Beifall PIRATEN) Wir PIRATEN unterstützen ausdrücklich auch die Bemühungen, dass der Landtag eine Stelle im Hanse-Office einrichtet und dort vertreten ist. Gleichwohl möchte ich bei der Diskussion, wie sich Schleswig-Holstein in Europa einbringt, vor einer übermäßigen Verflechtung warnen. Gerade in Deutschland haben wir doch erlebt, dass der Bund im Laufe der Jahre den Ländern immer mehr Kompetenzen abgenommen und im Gegenzug den Ländern Vetorechte im Bundesrat eingeräumt hat. Genau dieses Modell - das mussten wir nach Jahrzehnten endlich erkennen - hat zu Blockaden, zu einer Handlungsunfähigkeit und dazu geführt, dass wir im Rahmen der Föderalismusreform die einzelnen Ebenen endlich wieder klarer voneinander abgegrenzt haben. Deswegen wünsche ich mir auch bei der EU eine Überprüfung, welche Bereiche wir wirklich der EU und der EU alleine überantworten wollen, dann aber ohne nationale Vetorechte von Regierungsvertretern, die - Sie haben es in Ihrer Rede gesagt - in langen Nächten oftmals schlecht begründbare Deals schließen. An dieser Stelle bin ich bei der FDP: Ein Europäisches Parlament, das kein Initiativrecht hat, bei dem sogar Entwürfe von der Kommission als genehmigt gelten, wenn sie nicht innerhalb einer gewissen Frist abgelehnt werden, das entspricht nicht unseren Vorstellungen einer Demokratie. (Beifall PIRATEN und SSW) Lassen Sie uns deswegen als Schleswig-Holstein eintreten für eine Fortentwicklung der EU hin zu einem demokratischen europäischen Rechtsstaat, der die Bürger in den Mittelpunkt seines Handelns stellt. Lassen Sie uns eintreten für ein Europa der Bürger und der Regionen. Insofern würde ich gern den drei Ks der Landesregierung - Kreativität, Kompetenz und Kooperation etwas zur Seite stellen, nämlich drei Bs, die wir gern der Landesregierung mitgeben wollen: Bürgerrechte, Bürgerbeteiligung und Bürgerentscheide. Vielen Dank. (Beifall PIRATEN)