SH:Landtagsfraktion/Breitner-Vorratsdaten

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Die Breitner-Vorratsdaten-Affäre

Chronik

03.06.2012: Koalitionsvertrag Land SPD/Grüne/SSW

Die Herren Albig und Breitner unterzeichnen den Koalitionsvertrag, in dem es heißt:

„Die Vorratsdatenspeicherung ist ein hochproblematischer Eingriff in die Grundrechte. Deshalb werden wir uns auf Europa- und Bundesebene im Bundesrat und der Innenministerkonferenz gegen jede Form der Vorratsdatenspeicherung einsetzen.“


06.06.2012: Gespräch mit den Piraten

Im öffentlichen Gespräch mit der Piratenfraktion erklärte sich Breitner. Auszug:

Patrick Breyer: „Im Koalitionsvertrag steht Schönes drin zu Staatstrojaner und Vorratsdatenspeicherung... Wir haben es manchmal erlebt, dass Koalitionen etwas vereinbart haben, dass aber dann der Innenminister auf einmal im Bundesrat irgendwelchen Resolutionen zugestimmt hat, die ganz anders aussahen. Stehen Sie auch persönlich dahinter, was da vereinbart wurde...?“

Andreas Breitner: „Da stehe ich voll hinter. Ich habe es ja mitverhandelt, ohne dass man es mir abringen musste. Bei den Trojanern musste ich es erstmal insgesamt verstehen... Vorratsdatenspeicherung war mir deutlich vertrauter... Ich werde natürlich bundesweit wahrscheinlich der einzige Innenminister sein, der bei einer Innenministerkonferenz dagegen stimmt. Das ist mir schon klar, dass ich mich nicht enthalte, sondern dass wir das ablehnen. Und das kann ich glaube ich nicht jetzt nur, wenn ich in den Vertrag kucke und das steht da drin, sondern das verinnerliche ich auch.“

Angelika Beer: „Herr Gabriel hat sich ganz anders positioniert.“

Andreas Breitner: „Ich weiß. Das ist ja auch der Konflikt innerhalb der SPD gewesen, den wir aber am Ende zugunsten der Freiheitsrechte gelöst haben. ... Aber erstmal für den Mikrokosmos, auf den ich mich jetzt konzentriere ..., also Schleswig-Holstein, kann ich Ihnen das zusagen, und das tue ich auch aus innerer Überzeugung.“


11.06.2013: Gespräch Albig-Piraten

Torsten Albig: "Im Augenblick erwarte ich schon, dass so ein Vertrag sehr bindend ist für 5 Jahre und dass man sich darauf verlassen kann."


13.06.2013: Regierungserklärung Albig

"Meine Landesregierung wird Schleswig-Holstein zum deutschlandweiten Vorbild für eine aktive Informationsfreiheit machen. Jeder soll sich einbringen und frei äußern können, niemand soll unter Generalverdacht stehen. Auch deshalb lehnen wir eine Vorratsdatenspeicherung für unser Land ab. (Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN, SSW und vereinzelt CDU)"


21.11.2013: Landtagsbeschluss (einstimmig außer CDU)

„Vorratsdatenspeicherung stoppen!

Die Vorratsdatenspeicherung ist ein hochproblematischer Eingriff in die Grundrechte. Deshalb werden wir uns auf Europa- und Bundesebene gegen jede Form der Vorratsdatenspeicherung einsetzen.“

Redebeitrag Breitner: „Der vorliegende Antrag gibt sehr genau die Formulierung des zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und dem SSW für die Legislaturperiode vereinbarten Koalitionsvertrags wieder. Dieser Koalitionsvertrag trägt auch meine Unterschrift. Inhaltlich ist dem von mir nichts hinzuzufügen.“


27.11.2013: Koalitionsvertrag Bund CDU/CSU/SPD

„Vorratsdatenspeicherung

Wir werden die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten umsetzen.“


27.11.2013: dpa-Meldung „Breitner: Vorratsdatenspeicherung schließt Schutzlücke“

„Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) hat sich erfreut über die Einigung mit der CDU zur Vorratsdatenspeicherung geäußert. 'Wenn durch den Zugriff auf Telekommunikationsdaten künftig mehr Kinderschänder und andere Schwerkriminelle aus dem Verkehr gezogen werden können, dann hat die sogenannte Vorratsdatenspeicherung ihren Zweck erfüllt', sagte Breitner am Mittwoch. Durch deren Einsatz werde eine 'Schutzlücke geschlossen'.“


27.11.2013: Pressemitteilung der Piraten

Patrick Breyer: „Dass Innenminister Breitner (SPD) diese millionenfache Bürgerrechtsverletzung unterstützt, ist ein krasser Wortbruch und beschädigt seine Glaubwürdigkeit nachhaltig.“


27.11.2013: Pressemitteilung der Grünen

Rasmus Andresen: „Wir erwarten, dass sich unser Innenminister an den Landtagsbeschluss und den Landeskoalitionsvertrag, den er selbst mitverhandelt hat, hält. Alles andere ist inakzeptabel.“


27.11.2013: Pressemitteilung des SSW

Lars Harms: „Die Bürgerinnen und Bürger müssen deshalb zu recht darauf vertrauen können, dass dieses klare Votum als Leitlinie schleswig-holsteinischer Sicherheits- und Bürgerrechtspolitik auf allen politischen Ebenen auch offiziell vertreten wird.“


27.11.2013: Pressemitteilung der CDU

Astrid Damerow: „UNSERE Rückendeckung hat Innenminister

Breitner in der Frage der Vorratsdatenspeicherung“


27.11.2013: Albig erinnert an Koalitionsvertrag

„Vielleicht hatte mein Innenminister nicht mehr ganz präsent, was unser Koalitionsvertrag sagt.“


28.11.2013: dpa-Meldung „Streit in der Landesregierung um die Vorratsdatenspeicherung“

Albig: „Zur Vorratsdatenspeicherung haben wir in Schleswig-Holstein in der Koalition klar eine andere Auffassung als der Bund. Dies werden wir auch im Bundesrat und gegenüber Berlin vertreten. Der Innenminister hat dazu seine fachliche Einschätzung geäußert, die im Gegensatz zum Koalitionsvertrag steht.“

Breitner: „Wer die Vorratsdatenspeicherung rundweg ablehnt, und damit der Polizei einen wichtigen und grundsätzlich erlaubten Ermittlungsweg zum Täter abschneidet, muss Eltern misshandelter Kinder künftig sagen, dass die Polizei zwar die Chance hätte, den Täter doch noch zu überführen, dies aber politisch nicht gewollt sei, weil man das Recht auf informationelle Selbstbestimmung für unantastbar halte. Dies sei eben der Preis der Freiheit. Eine solche Haltung nenne ich zynisch und menschenverachtend.“ Über die Vorratsdatenspeicherung wird laut Breitner „viel zu ideologisch“ diskutiert. „Schon die rechtsstaatliche Vernunft gebietet es, darauf nicht zu verzichten“.


29.11.2013: LN-Artikel "Datensammeln: Stegner versteht Breitner"

"SPD-Landeschef stellt sich bei Vorratsdatenspeicherung hinter den Innenminister, moniert nur die Wortwahl. Lob für Koalitionsvertrag."


29.11.2013: Pressemitteilung Grüne

Eka von Kalben: „Ich weise aber strikt die Diffamierung der GegnerInnen einer Vorratsdatenspeicherung zurück.“


29.11.2013: Pressemitteilung des Innenministers

„Innenminister Andreas Breitner stellt klar: Für mich gilt der Koalitionsvertrag, aber ich werbe für eine andere Position“


29.11.2013: Pressemitteilung Piraten

„Torge Schmidt zur Vorratsdatenspeicherung: Haben Sie Ihren Minister noch unter Kontrolle, Herr Albig?“


29.11.2013: Pressemitteilung FDP

Wolfgang Kubicki: „Peinlich und rechtstaatlich nicht hinnehmbar!“


29.11.2013: Pressemitteilung CDU

Astrid Damerow: „Schleswig-Holsteins SPD macht sich unglaubwürdig und handelt verantwortungslos“


30.11.2013: Breitner auf Facebook

„Selbst 1% mehr an Aufklärung bei Kinderpornographie reicht mir schon, um für die schnelle Einführung der VDS zu sein. ... Deshalb sage ich wie Oppermann und Gabriel: VDS jetzt und sofort.“


02.12.2013: Breitner lädt in LKA ein


03.12.2013: Piraten beantragen Bericht und Aktuelle Stunde


03.12.2013: Pressemitteilung der FDP

Heiner Garg: "Die FDP-Landtagsfraktion hat heute einen Antrag eingebracht, in dem Innenminister Andreas Breitner gebeten wird, das Thema ,Vor- ratsdatenspeicherung' auf die Tagesordnung der kommenden In- nenministerkonferenz (IMK) setzen zu lassen. Der Innenminister wird hierin aufgefordert, auf einen Beschluss hinzuwirken, dass die Vor- ratsdatenspeicherung auf Innenministerebene abgelehnt wird."


04.12.2013: Breitner berichtet im Innen- und Rechtsausschuss

Fragen der PIRATEN zu den Auswirkungen des verfassungswidrigen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung auf die Kriminalstatistik beantwortete Breitner nicht. Auf die Frage von Dr. Klug (FDP) nach der Auffassung der Landesregierung erklärt Breitner, seines Wissens existiere kein Kabinettsbeschluss.


05.12.2013: LN-Artikel "Grüne wollen jetzt Breitners Ressort beschneiden"

Rasmus Andresen (Grüne) fordert, die Koalition müsse überlegen, ob Grundrechtsfragen wie die Vorratsdatenspeicherung nicht bei der Justizministerin besser aufgehoben wären.


12.12.2013: Aktuelle Stunde des Landtags zu "Äußerungen des Innenministers zur Vorratsdatenspeicherung"

Beantragt von PIRATEN und CDU. Anschließend Abstimmung über FDP-Antrag, wonach die Landesregierung zur Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung und zur Thematisierung auf der Innenministerkonferenz aufgefordert wird.


13.12.2013: PIRATEN wollen nachfragen

Die Abgeordneten Uli König und Patrick Breyer (PIRATEN) wollen mündliche Fragen an die Landesregierung richten:

"Gibt es einen Kabinettsbeschluss und/oder eine Richtlinie des Ministerpräsidenten, wonach sich die Schleswig-Holsteinische Landesregierung gegen jede Form der Vorratsdatenspeicherung einsetzt, oder ist dies beabsichtigt?"

"Steht das öffentliche Werben und Eintreten für eine verdachtslose Vorratsdatenspeicherung durch den Innenminister nach Auffassung der Landesregierung im Einklang mit Koalitionsvertrag und der Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten?"


Fakten

  • Die Aufklärungsquote bei Internetdelikten ist auch ohne Vorratsdatenspeicherung höher (ca. 60%) als bei sonstigen Straftaten (ca. 54%).
  • Nach Inkrafttreten des verfassungswidrigen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung ist die Aufklärungsquote bei Internetdelikten gesunken. Dies beruht darauf, dass eine Vorratsdatenspeicherung Straftäter zum Einsatz von Umgehungsstrategien veranlasst (z.B. Internetcafés, offene Netzzugänge, Anonymisierungsdienste, unregistrierte Prepaidkarten, nicht-elektronische Kommunikationskanäle), so dass ihre Kommunikation selbst im Verdachtsfall nicht mehr zu überwachen ist. Eine IP-Vorratsdatenspeicherung schadet damit der Verfolgung von Straftaten und nutzt ihr nicht.

Gutachten der kriminologischen Abteilung des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht zu möglichen Schutzlücken durch den Wegfall der Vorratsdatenspeicherung

  • „Die auf Einzelfälle gegründete Argumentation weist den Einzelfall als 'typisch' aus, ohne dass dies aber empirisch belegt oder belegbar wäre.“
  • „Die Annahme eines (kausalen) Zusammenhangs zwischen dem Aufkommen an sexuellem Missbrauch von Kindern, Herstellung von Kinderpornografie und Verbreitung sowie Besitz von Kinderpornografie ist aber nicht begründet. ... Die Aufklärungsquote bei dem Delikt der Verbreitung von Kinderpornografie verändert sich seit etwa 2003 wenig (Schaubild D-15). Auch die Entwicklung der Fallzahlen zeigt keinen erkennbaren Einfluss der Speicherung von Verkehrsdaten (bzw. die Rückgriffsmöglichkeiten auf Daten, die hinter einer dynamischen IP-Adresse stehen). ... Insbesondere gibt es bislang keinen Hinweis dafür, dass durch eine umfängliche Verfolgung aller Spuren, die auf das Herunterladen von Kinderpornografie hindeuten, sexueller Missbrauch über den Zufall hinaus verhindert werden kann."
  • „Die Untersuchung der deliktsspezifischen Aufklärungsquoten für den Zeitraum 1987 bis 2010 zeigt, dass sich der Wegfall der Vorratsdatenspeicherung nicht als Ursache für Bewegungen in der Aufklärungsquote abbilden lässt. Dies erklärt sich schon aus der großen Zahl polizeilich registrierter Fälle, der gegenüber die Abfrage von Verkehrsdaten nicht ins Gewicht fallen kann. Die deliktsspezifischen Aufklärungsquoten in den Bereichen der Computerkriminalität sowie der so genannten Internetkriminalität geben ebenfalls keine Hinweise dafür her, dass durch die Phase der Vorratsdatenspeicherung Veränderungen in der Tendenz der Aufklärungsraten eingetreten wären. Betrachtet man insbesondere das Jahr 2008, in dem Vorratsdaten grundsätzlich zur Verfügung standen, so kann für keinen der hier untersuchten Deliktsbereiche eine mit der Abfrage zusammenhängende Veränderung der Aufklärungsquote im Hinblick auf das Vorjahr oder den Folgejahren 2009/2010 beobachtet werden.“
  • „Im Vergleich der Aufklärungsquoten, die in Deutschland und in der Schweiz im Jahr 2009 erzielt worden sind, lassen sich keine Hinweise darauf ableiten, dass die in der Schweiz seit etwa 10 Jahren praktizierte Vorratsdatenspeicherung zu einer systematisch höheren Aufklärung geführt hätte.“
  • „Auch nach der Beiziehung anderer Informationsquellen ergeben sich keine belastbaren Hinweise darauf, dass die Schutzmöglichkeiten durch den Wegfall der Vorratsdatenspeicherung reduziert worden wären.“