SH:LPT2012.2/Anträge/WP007 Revision der Standortentscheidungen der Bundeswehr
Dies ist ein Antrag zur Änderung des Wahlprogramms zur Landtagswahl an den Landesparteitag 2012.2.
Der SH:LPT12.2 möge beschließen: Der LPT beschließt, dass Kapitel 17 im Wahlprogramm wie folgt ergänzt wird: 17.12 Wir fordern die transparente Revision der Standortentscheidungen der Bundeswehr in Schleswig-Holstein, sowie die Offenlegung der standortbezogenen Entscheidungsanalysen.
Die getroffenen Entscheidungen sind die Folge klassischer Hinterzimmerberatungen. In der Broschüre „Die Stationierung der Bundeswehr in Deutschland Oktober 2011“ wird die Aussage getroffen: „Sie sind das Ergebnis einer gründlichen und umfassenden Analyse, in der alle relevanten Faktoren sorgsam und umfassend gegeneinander abgewogen wurden. Die Belange der Menschen in der Bundeswehr und in den Garnisonen und Gemeinden wurden – wo immer möglich und funktional vertretbar – berücksichtigt.“ Diese sogenannten Analysen wurden nie vorgelegt. Die Entscheidungsmatrizen einzelner Standorte sind nicht öffentlich zugänglich und daher auch einer demokratischen Kontrolle entzogen. Die im Bundestag vertretenen Parteien haben dies nicht hinterfragt. Hauptanliegen der Bundeswehrreform war es, u.a. Einsparungen zu erzielen. Die getroffenen Entscheidungen können z.T. aber nur paradox wirken, da es hier zu keinerlei Einspareffekten kommt. Am Beispiel des Flottenkommandos Glücksburg und der dort untergebrachten Kommunikationsknotens der Marine soll dies verdeutlicht werden: In der Liegenschaft Flottenkommando befindet sich u.a. auch das Marinehauptquartier, sowie der zentrale Kommunikationsknoten der deutschen Marine. Von hier aus wird die Flotte geführt und die Kommunikationsanbindung aller Marineeinheiten konzentriert. Jede Information durchläuft diesen Knoten und wird in einem Lagezentrum zu einem Lagebild verdichtet. Diese Informationen sind wiederum Grundlage für weitere Entscheidungen, die in Form von Befehlen an die Einheiten verteilt wird. In diesem Kommunikationszentrum arbeiten ca. 350 Frauen und Männer im 24-Stunden-Betrieb. Untergebracht sind diese in einem mehrstöckigen unterirdischen Bunker. Diese Bauform ist natürlich ein Erbe des kalten Krieges und wäre in der heutigen Zeit (als Neubau) unvertretbar. In der neuen Struktur wird der Befehlshaber der Flotte ab dem 01.10.2012 im neuen „Marinekommando“ in Rostock (in der Hansekaserne) seinen Sitz haben. Da die Technik, die im Glücksburger Bunker untergebracht ist, nicht in einer solchen Zeit umgezogen werden kann, wird es in Rostock ein sog. Lage- und Informationszentrum geben. Dies ist in - einfachen Worten formuliert – eine (kleine) Räumlichkeit, in der über Beamer und verschiedene Rechner, die aktuelle Flottensituation in Echtzeit dargestellt wird. Die Daten und Bilder hierfür werden weiterhin in Glücksburg erstellt und über sichere Kommunikationsverbindungen transportiert. Auf dem gleichen (Rück-)Weg werden die entsprechenden Anweisungen zurückgereicht. Nun ist es aber nicht geplant, den Kommunikationsknoten auch in der Hansekaserne unterzubringen, sondern auf dem Stützpunkt „Hohe Düne“ in Warnemünde. Dort soll aus dem Nichts ein neuer Kommunikationsknoten aufgebaut werden. Es ist also von vornherein geplant, dass die Führung der Marine, stets „online“ am Kommunikationsknoten angebunden werden soll. Der Kommunikationsknoten soll also in jedem Falle quasi eine „Marine-Cloud“ werden. Jedem der einigermaßen Einblicke in moderne IT-Systeme hat, muss klar sein, dass es für die Arbeit in der Rostocker Kaserne vollkommen egal ist, wo sich die Marine-Cloud körperlich befindet. Wie bereits erwähnt sind in Warnemünde keinerlei baulichen Voraussetzungen vorhanden, um die Marine-Cloud aufzunehmen. Sie muss also erst neu gebaut werden. Allein die Kosten für das Gebäude belaufen sich auf ca. 25 Mio €. Dazu kommen Industrieleistungen zum Aufbau einer neuen Cloud und der temporäre Weiterbetrieb der alten Cloud in einem Zeitraum von ca. 10 Jahren. Die Kosten für den Aufbau der Kommunikationstechnik dürften sich auf mind. 80 -100 Mio. € belaufen. Hinzu kommt noch der Aufwand für den Rückbau des alten Glücksburger Bunkers, der noch gar nicht abschätzbar ist. Eine Information am Rande: Der Bunker ist vier Stockwerke tief und müsste komplett ausgegraben werden. Der Aufwand die gehärteten Betonbauten zu entfernen ist derzeit gar nicht messbar. Ebenfalls nicht abschätzbar sind die Kosten für die Umzüge der Soldaten und ihrer Familien, die nach dem Bundesumzugskostengesetz durch den Bund getragen werden müssen. Die Alternative wäre es, den Glücksburger Bunker einfach in der vorhandenen Form weiterzubetreiben. Es müsste dann nur die Kaserne verkleinert werden, was aber auch kein Problem wäre, da der Bereich um den Bunker bereits extra eingefriedet ist. Dazu kommt, dass ein Gebäude für die Verwaltung ebenfalls in diesem Bereich liegt und erst vor 2 Jahren KOMPLETT renoviert wurde. Das übrige Kasernengelände könnte dann ebenfalls problemlos einer Nachnutzung zugeführt werden. Allein durch die Rücknahme dieser einzelnen Entscheidung, könnten dem Steuerzahler Summen jenseits der halben Milliarde erspart werden, ohne dass es zu Einschränkungen beim Betrieb der Marine käme. Unter dieser Prämisse und der Tatsache, dass die Marineführung ein extrem hohes Tempo bei der Neustrukturierung vorlegt – nämlich um zu verhindern, dass ein neuer Minister ab 2013 irgendwas daran ändern könnte – drängt den Eindruck auf, dass hier sachfremde Erwägungen bei der Standortentscheidung wegweisend waren. Daher gilt es alle Standortentscheidungen, zumindest für Schleswig-Holstein, sehr kritisch zu hinterfragen und Transparenz einzufordern. Nur dann kann ein solches Unterfangen, einer demokratischen und transparenten Kontrolle zugeführt werden. Dieser Antrag widerspricht nicht einer prinzipiell friedensorientierten Politik. Er negiert keinen pazifistischen Ansatz und fördert auch keinen militaristischen Gedanken, sondern er stellt eine Frage nach der Sinnhaftigkeit einer politischen Entscheidung, die uns sowohl als Schleswig-Holsteiner als auch als Steuerzahler trifft. Es kann nicht angehen, dass durch die Bank staatliche Leistungen gekürzt werden und auf dem Rücken der Ärmsten Spardiktate ausgebreitet werden, während hier – ohne Sinn und Verstand – massiv Geld vernichtet wird, ohne einen auch nur halbwegs sinnvollen Effekt. Ich möchte nochmal darauf hinweisen, dass der Umzug im oben genannten Beispiel, nicht einmal einen militärischen Zweck erfüllt. Ebenso wird es bei anderen Standortentscheidungen in SH sein, die noch zu untersuchen und zu hinterfragen sind. Langfristiges Ziel einer piratigen Politik kann es nur sein, in einer Welt ohne Armeen leben zu können. Bis es aber soweit ist, muss es auch unser Anliegen sein, das Wirken der Bundeswehr kritisch zu begleiten.
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