Projektgruppe Finanzkrise/Stand10 9 2012
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Ergebnisse: Stellungnahme zum ESM bezüglich des 29.6. | Diskussion der Stellungnahme
Allgemeiner Vorspann
Die aktuelle Krise hat vielschichtige Ursachen. Ein Hauptproblem liegt in der gegenseitigen Beeinflussung von Finanzmarkt und Politik. Nur ein wichtiger Aspekt ist es daher, die Ursachen in der grundsätzlichen Regulierung (bzw. der Deregulierung in den vergangenen Jahrzehnten) des Finanzsektors zu untersuchen. Dennoch ist dies der erste Schritt. Aber auch die Behebung dieser Ursachen würde das aktuelle Problem nicht lösen, denn eine Änderung der Regulierung braucht erstens lange und zweitens kann sie das aktuelle Problem nicht beheben, sondern nur verhindern, dass Krisen aus den gleichen Ursachen wieder auftreten. Daher werden neben dem langfristen Ziel auch kurz- bis mittelfristig Maßnahmen benötigt, die die aktuelle Krise überwinden helfen. Außerdem sind die von der EU und der Regierung geplanten Maßnahmen genau zu untersuchen und konkrete Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.
(fg: Neben dem fehlenden Ordnungsrahmen für den Finanzsektor lassen sich die Problemfelder Staatsschuldenkrise, Bankenkrise, Euro-Währungsraumkrsie und grundsätzliche Probleme der Geldordnung unterscheiden,siehe mein pad Struktur; ich glaube man sollte hier mehr differenzieren um gute Lösungsalternativen entwickeln zu können)
(fg: hier noch mal mein Vorschlag. wir kümmern uns um die Punkte 1 und 2 meines Pads Struktur. Dies wurde im letzten Mumble eigentlich auch so abgestimmt, ohne das über das Pad Struktur selbst abgestimmt wurde)
Die Projektgruppe ESM sucht daher nach Möglichkeiten, so dass
I. der Finanzmarkt so umgestaltet wird, dass er zum langfristgen Nutzen der Bevölkerung agiert und nicht zu Lasten, sondern zu Gunsten auch gerade derjenigen, die finanziell nicht gut dastehen funktioniert und weniger Krisen verursacht.
II. die aktuelle Krise so überwunden werden kann, dass nicht die Schwächsten der Gesellschaft die Hauptanpassungslast tragen.
III. Der ESM genau analysiert wird, um konkrete Verbesserungsvorschläge, auch unterhalb des ESM-Vertrages zu erarbeiten.
Dazu wurden und werden Experten eingeladen, die aus rechtlicher, wirtschaftlicher und politischer Perspektive unterschiedliche Positionen vertreten.
(Kommentar eines Unbekannten: I. und II. stimme ich so zu. bevor wir III. angehen wuerde ich mir allerdings eine klare positionierung wuenschen und dem entsprechend weiter arbeiten. Es waere schoen, wenn wir mehrheitlich zu einer entscheidung kommen koennten ob wird den ESM grundsaetzlich ablehen oder ob wir ihn in der jetzigen situation als moegliches/notwendiges, aber "verbesserungswuerdiges" instrument ansehen. im ersten fall braeuchten wir eine umfassende begruendung fuer unsere ablehnung sowie moegliche alternativen. im zweiten fall wuerden wir an verbesserungsforderungen arbeiten. Ein "wir sind gegen den ESM aber wenn er schon kommt, dann sollte er...." ist m.E. ziemlich schwammig und nicht unbedingt die klare Stimme, die ich mir von den Piraten wuenschen wuerde.)
An allen drei Aufgaben arbeitet die Projektgruppe gleichzeitig.
Der folgende Text bezieht sich lediglich auf die III. Aufgabe, konkrete Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.
Die Verbesserungsvorschläge sind weder vollständig, noch bedeuten sie, dass die Umsetzung der Verbesserungsvorschläge ausreichen würde, um allgemeine Zustimmung in der Piratenpartei zu erhalten. Sie stellen lediglich einen Schritt zur Verbesserung dar.
Konkrete Forderungen zum ESM allgemein Die Piratenpartei fordert allgemein in Bezug auf den ESM, dass
1. die in Deutschland geltenden Zustimmungsverfahren auch völkerrechtlich verbindlich gemacht werden. ((Anmerkung von Robert Arnold: Ich kann mir gut vorstellen, dass genau dies das Verfassungsgericht urteilen wird))
2. eine völkerrechtliche Klarstellung erfolgt, dass das Informationsrecht des Bundestages der Geheimhaltungspflicht des ESM vorgeht.
3. in der Satzung des ESM und den Durchführungsbestimmungen festgelegt wird, dass grundsätzlich alle für den ESM relevanten Informationen öffentlich zugänglich gemacht werden müssen. Lediglich klar definierte Informationen, die das Ziel von Finanzmaßnahmen zu konterarieren drohen, dürfen unter Geheimhaltung gestellt werden, und müssen öffentlich gemacht werden, sobald die Finanzmaßnahmen abgeschlossen sind.
Begründung:
Zu 1.: In dem ESMFinG sind umfangreiche Beteiligungsrechte des Bundestages bzw. des Haushaltsausschusses des Bundestages festgelegt (vgl. §§ 4 bis 7). Allerdings ist es theoretisch denkbar, dass der Finanzminister als deustcher Vertreter im ESM sich nicht an diese Vorschriften hält und im ESM abstimmt, ohne die Beteiligungsrechte eingehalten zu haben. Dadurch würde Deutschland völkerrechtlich gebunden, obwohl das Handeln des Finanzministers rechtswidrig war (vgl. XX). Entsprechend der Wiener Vertragsrechtkonvention kann ein Staat Vorbehalte und Erklärungen bei der Ratifizierung eines völkerrechtlichen Vertrages hinzufügen (Artikel X). Gefordert wird, dass ein entsprechender Vorbehalt hinzugefügt wird, dass Deutschland Entscheidungen des ESM nicht für sich gelten lässt, bei denen die Beteiligungsrechte des Bundestages verletzt wurden.
Zu 2.: Im ESM-Vertrag ist generelle Geheimhaltung als Prinzip festgelegt. Dem stehen umfangreiche Beteiligungs- und Informationsrechte des Bundestages entgegen. Es besteht die Gefahr, dass die im ESMFinG (in den §§ 4 bis 7) festgelegten Rechte des Bundestages ins Leere laufen, wenn nicht klar festgelegt wird, dass die Informationsrechte der Geheimhaltung im ESM vorgehen.
Zu 3.: Im ESM-Vertrag ist die Geheimhaltung nur generell geregelt. Die Details werden in der ESM-Satzung festgelegt, die erst verabschiedet werden kann, wenn der ESM in Kraft getreten ist. In der Satzung des ESM kann festgelegt werden, dass alle Informationen veröffentlicht werden müssen, es sei denn, es liegen bestimmte, klar definierte Gründe für eine vorübergehende Geheimhaltung vor. Das ESMFinG liefert dafür eine gute Vorlage. Dort ist allgemein geregelt, dass der Haushaltsaussschuss bzw. der Bundestag über alles bezüglich des ESM Auskunft verlangen kann. Lediglich in klar definierten Fällen kann die Auskunft auf ein spezielles Geheimgremium beschränkt werden.
Quellen:
- ESM-Vertrag:
- ESMFinG (Leider ist das ESMFinG nirgendwo bislang in seiner verabschiedeten Fassung offiziell abrufbar, denn in der Debatte wurden noch Änderungen beschlossen. Im Ergebnis muss jeder selbst den Entwurf des ESMFinG mit den beschlossenen Änderungen zusammenführen.)
Konkrete Forderungen bezüglich der Finanzmaßnahmen für spanische Banken
Für de konkreten Finanzmaßnahmen für spanische Banken fordert die Piratenpartei, dass die Systemrelevanz einzelner Banken bei Hilfsmaßnahmen genau geprüft, detailliert begründet und den Abgeorndeten rechtzeitig vor der Abstimmung zugänglich gemacht wird.
Begründung: In der politischen Debatte wird immer wieder mit "Sachzwang" [1] argumentiert. Der "Sachzwang" beruht auf der Systemrelevanz der Banken. Entsprechend finden sich im ESM-Vertrag die Worte: Hilfe wird nur gewährt "wenn dies zur Sicherung der Finanzmarktstabilität unumgänglich ist" (Artikel 3?, Absatz 1? ESM) bitte genaue Quelle ergänzen]. Ebenso steht ist beim EFSF im StabMechG festgelegt "...." ((passendes Zitat ergänzen)). Tatsächlich hat die spanische Nationalbank zwei Gutachten in Auftrag gegeben, die nach Auskunft der EZB die systemrelevanz belegen sollen. Tatsächlich belegen die Gutachten die Systemrelevanz nicht.
1. Beide Gutachten untersuchen vielmehr die Frage, wie groß das Abschreibungsvolumen der spanischen Banken bei unterschiedlichen Szenarien ist. Sie untersuchen nicht, ob die Insolvenz einer Bank andere Banken oder Versicherungen ebenfalls in die Insolvenz triebt.
2. Vielmehr berechnet das Gutachten von Oliver Wymane, dass das Eigenkapital der spanischen Banken in Summe sogar im schlimmsten berechneten Szenaria ausreicht (Abschnitt 5.3, Absatz 3). Allerdings sei das Eigenkapital der Banken unterschiedlich verteilt, so dass einige Banken ohne Hilfe im schlimmsten Szenario ohne Hilfe Insolvenz anmelden müssten. Da das Eigenkapital der Banken nicht "sozialisiert" werdenkönne, müsse geholfen werden.
Quellen:
- Quelle für Sachzwang-Zitat bitte herausfinden, am besten von Wolfgang Schäuble oder Angela Merkel
- ESM-Vertrag:
- Gutachten 1 (von Roland Berger) zum Hilfebedarf der spanischen Banken im Auftrag der spanischen Nationalbank
- Gutachten 2 (von Oliver Wyman) zum Hilfebedarf der spanischen Banken im Auftrag der spanischen Nationalbank
<http://estaticos.elmundo.es/documentos/2012/06/21/wyman.pdf> mg (Ich stimme Robert Arnold zu das die Analyse der Frage nach der Systemrelevanz der spanischen Banken von großer Bedeutung für die Rettungsargumentation ist.
1.Ergänzung: http://wiki.piratenpartei.de/2012-08-08_-_Protokoll_AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=hoq2kKZkkHo
In diesem Protokoll vom 08.08.2012 wird verlinkt auf eine Podiumsdiskussion die am 18.06.2012 in der Heinrich Böll Stiftung der Grünen stattfand: Die Experten waren: Asmussen (EZB), Daniel Gros und Prof Werner, Moderator: Oliver Schick (finanzpolitischer Sprecher der Grünen). In dieser Diskussion wurde direkt auf das Problem des spanischen Bankensektors eingegangen. Und Daniel Gros Ausführungen waren sehr deutlich. Eine Gläubiger Beteiligung bei der Rettungsmaßnahmen zum Spanischen Bankensektor seien unumgänglich. Sonst drohe ein Schrecken ohne Ende in Europa, so seine Worte.
(2. Ergänzung: Hier geht es um ein Gutachten, erstellt für den Verband der deutschen Familien Unternehmen: (von Hanno Kube, Mainz):
ESM verfügt de facto über Banklizenz „Bundestag gab Euro-Rettern Blankoscheck“http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/esm-verfuegt-de-facto-ueber-banklizenz-bundestag-gab-euro-rettern-blankoscheck/7068358.html
Diese Punkte sollten uns beschäftigen: http://www.welt.de/debatte/article108947819/ESM-verstoesst-gegen-Gesetz-und-EU-Vertraege.html http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/europas-zukunft/eurorettung-wir-sollten-die-wahl-haben-duerfen-11876654.html http://www.zeit.de/2012/35/Euro-Krise-Vereinigte-Staaten-von-Europa/komplettansicht
Stand der Erarbeitung von Alternativen zum ESM in der Piratenpartei / Projektgruppe ESM
Um Alternativen entwickeln zu können, müssen im ersten Schritt die Ursachen der Krise identifiziert werden.
Die Eigentliche Problemstellung: Generelles Problem: Zitat: "(Demokratische Schuldenstaaten müssen zwei Herren dienen, deren Wünsche nicht leicht zu vereinbaren sind: den Bürgern und den „Märkten“. Staaten unter Doppelherrschaft haben Wähler, die soziale Sicherheit wollen, aber auch niedrige Steuern, und Gläubiger, die Sparsamkeit verlangen, aber auch Wachstum. Heute scheinen die Gläubiger die Oberhand zu haben. Auf welche Legitimation können sie sich berufen, wenn sie darauf bestehen, dass die Regierungen ihre Bürger zu disziplinierter Bedienung ihrer Staatsschulden verpflichten? Worauf gründet sich die Popularität der Finanztechnokraten (der Kapitalversteher), die in den am meisten verschuldeten Schuldenstaaten die Politiker alter Art (die Leuteversteher) abgelöst haben? Wird die Rede von den Tugenden der schwäbischen Hausfrau und davon, dass man nicht mehr ausgeben darf als man erarbeitet hat, in Zeiten wuchernder sozialer Ungleichheit und wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit ausreichen? Wie kann man den Mann und die Frau auf der Straße dazu bringen, auf eigene Kosten an die Gerechtigkeit des Marktes und der Märkte und an die Verheißungen der Angebotstheorie zu glauben? Auf welche kollektiven Werte und Handlungsdispositionen könnte sich eine Herrschaft der soliden Finanzen gründen?"
Spezifisch Europäisches Problem: durch die Fehlkonstruktion der Währungsunion (kein optimaler Währungsraum) und durch die Fehlentwicklungen (unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeiten) haben sich in den letzten 10 Jahren in Europa gravierende Probleme aufgetürmt. Deshalb stehen wir in Europa zeitgleich vor einem politischem und einem ökonomisches Problem! Wie gestalten wir den europäischen Währungsraum und das zukünftige politische Haus Europa. Dabei steht die derzeitige Macht und Rollenverteilung von Politik (ESM), EZB sowie der Marktakteure im Zentrum der Debatte. Wer entscheidet was, wer ist überhaupt handlungsfähig, welche Interessen werden verfolgt und was ist demokratisch legitimiert .
Diese komplexe Problemstellung macht die Erarbeitung von Maßnahmen so schwierig. Es müssen grundlegende Fragen geklärt werden. Deshalb steht am Anfang die Frage: Was wollen wir als Piraten in der Projektgruppe ESM? http://www.zeit.de/2012/35/Euro-Krise-Vereinigte-Staaten-von-Europa/komplettansicht
Arbeitsauftrag an die ESM Gruppe
1. Welche Perspektiven haben Mechanismen wie der ESM auf Dauer?
2. Kann ein Schuldenproblem überhaupt so gelöst werden?
3. Welche Alternativen Lösungen gibt es, den Schuldenschnitt auf Dauer zu verhindern?
4. Welche Konsequenzen hat der nötige Schuldenschnitt ?
5. Wie kann man das Rentensystem retten vor dem Schuldenschnitt?
6. Welche Schäden entstehen in Europa durch den Euro?
7. Ist der Euro ein Friedensstifter oder das Gegenteil?
8. Wie soll das neue Wechselkurssystem funktionieren?
9. Sollen nach dem Euro die alten Währungen wieder eingeführt werden oder sind kleiner Währungsregionen sinnvoller?
10. ESF
Die Projektgruppe hat nach meiner Meinung zusätzlich noch eine weitere Aufgabe:
Aufklärend tätig werden und die systemischen Probleme analysieren. Auch wenn es Anfang immer eine Minderheit ist, die die Veränderungsprozesse sehen. So sind es wie bei einer Lebenszykluskurve üblich, die Kritikerr/Ideengeber, frühe Adaptoren, Inovatoren, frühe Mehrheit usw.die zu einem Phasenübergang hinführen.
Thomas S. Kuhn hat es so formuliert: "Paradigmenwechsel erledigen sich zumeist biologisch".
Aus der Verhaltensökonomie lernen wir wann Systeme kippen werden (Anzahl der Multiplikatoren), auch die Komplexitätstheorie gibt uns Anhaltspunkte dazu.Wenn wir heute zurückschauen, hätte keiner von uns sich vor einigen Jahren vorstellen können, wie kritisch das ökonomische System heute in unserer Gesellschaft diskutiert wird. Die aufkärerische Arbeit ist nicht zu verwechseln mit ideologischem Denken mit einem konkreten Zukunftsentwurf, sondern eine kritisches Infragestellung des bestehenden. Das bestehende Denken hat uns in eine Krise geführt, nicht die Kritiker. Die Handlungsfähigkeit und die Vermeidung von chaotischen Prozessen gilt es dabei natürlich zu beachten.