NRW:Wahlprogramm 2012/Lektorat/Wirtschaft und Finanzen

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Wirtschaft und Finanzen

Präambel

Es ist speziell in der Wirtschaftspolitik eine verheerende Grundtendenz, dass die Regierung ihre Entscheidungen immer häufiger auf kurzfristige Aspekte richtet. Da „langfristig“ für Politiker jedoch bedeutet, auf den Termin der nächsten Wahl zu schielen, droht das Land NRW entscheidende Weichenstellungen für die Zukunft zu versäumen. Die PIRATEN@@NRW setzen sich für ein Umdenken von einer reaktiven Wirtschaftspolitik zu einer strategischen, proaktiven Steuerung des Landes in die Zukunft ein.

Die PIRATEN@@NRW setzen sich für die Schaffung der Möglichkeit des freien Zugangs zu wirtschaftlichen Ressourcen mit dem Ziel ein, dass die wirtschaftliche Teilhabe im Sinne der Mehrung des Wohls des Individuums genutzt wird, ohne dabei den sozialen Interessen der Allgemeinheit zuwider zu handeln.

Die PIRATEN@@NRW setzen sich für verantwortungsvolles nachhaltiges Wirtschaften bei gleichzeitiger Schonung von Mensch, Umwelt und Rohstoffen ein. Sie setzen sich zum Ziel, Systemrisiken zu minimieren und das freie wirtschaftliche System zu stabilisieren.

Wirtschaft und Wirtschaftspolitik

Transparenter Wirtschaftsstandort NRW

In einer globalen und damit schnelllebigen Wirtschaftswelt ist Lobbyismus und Korruption immer stärker zu einem Problem für den freien Markt und die Bürger geworden. Auch auf Landesebene sorgt die Bevorteilung einzelner Akteure und die Einflussnahme von Interessengruppen für undurchsichtige und oftmals einseitig geprägte Gesetzgebungen, Vergabeverfahren und Entscheidungsprozesse bei den politisch Verantwortlichen. Die PIRATEN@@NRW setzen sich daher für eine Eindämmung des Einflusses von Lobbyistengruppen ein.

Gesetzestexte dürfen nicht von Lobbyisten und Wirtschaftsunternehmen geschrieben werden

Die Landesregierung unterhält einen großen Apparat mit Beamten und leistungsfähigen Ministerien. Es ist nicht einzusehen, dass diese Unterstützung bei der Erstellung von Textvorlagen für Gesetzgebungsverfahren benötigen. In den letzten Jahren zeichnet sich eine zunehmende Einflussnahme auf Gesetzestexte durch Wirtschaftsunternehmen und Lobbyisten ab, die nicht zuletzt auf Bundesebene in der Affäre um die Kanzlei Linklaters ihren öffentlichen Höhepunkt feierte.

Die PIRATEN@@NRW fordern daher, die Übernahme von Gesetzesvorlagen und die unmittelbare Einflussnahme von professionellen Lobbyisten auf Gesetzgebungsverfahren unter eine strenge öffentliche Kontrolle zu stellen und teilweise Verbote zu normieren. Die Vergabe von Beratungsaufträgen an Dritte zum Zwecke einer Formulierung eines Gesetzestextes muss generell verboten werden.

Ablehnung von Subventionen

Die PIRATEN@@NRW lehnen direkte Subventionen in Form von Zahlungen oder Vergünstigungen an Unternehmen und Wirtschaftende ab, die keinen Verpflichtungscharakter in Form einer Gegenleistung entstehen lassen.

Keine Subventionierung der Zeitarbeit

Eine Subventionierung von Zeitarbeit ist abzulehnen. Arbeitsplätze mit Löhnen, die unter dem Existenzminimum liegen, werden durch aufstockende Transferleistungen subventioniert. Die Strukturen der Jobcenter stehen in ihrer Gesamtheit zur Zeit stark der Vermittlung an Vermittler zur Verfügung, also der Zeitarbeitsbranche. Arbeit muss sich selbst tragen: die direkte oder indirekte Subventionierung von Zeitarbeit ist abzulehnen, da Verhältnisse geschaffen und stabilisiert werden, die für die Einwohner unökonomisch sind und den sozialen Frieden gefährden.

Arbeitnehmerschutz

Die PIRATEN@@NRW setzen sich für den Schutz der Arbeitnehmer ein. Dazu gehört nicht nur die Schaffung langfristiger und perspektivischer Arbeitsplätze sowie eine gerechte Entlohnung, sondern auch die Vermeidung menschenunwürdiger Arbeitsbedingungen und Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft auf Kosten des psychischen und physischen Wohls der Arbeitnehmer.

Regelung der öffentlich geförderten Qualifizierungsmaßnahmen

Die PIRATEN@@NRW lehnen die jetzige Form der Bezahlung von Qualifizierungsmaßnahmen des Personals von Unternehmen durch die öffentlichen Hand ab.

Künftig sollen die Fördergelder zurückgezahlt werden, wenn das Personal nach der Maßnahme nicht mindestens für zwölf@@Monate und einen Tag beschäftigt wird. Das Gehalt des so eingestellten Personals muss in diesem Fall vom Unternehmen selbst gezahlt worden sein. In den Bereichen, in denen eine solche gesetzliche Regelung bereits existent ist, setzen sich die PIRATEN@@NRW zur bedingungslosen Durchsetzung dieser Regelung ein.

Qualifizierungsmaßnahmen in NRW dürfen nur dann weiter durchgeführt werden, wenn durch die jeweilige Maßnahme ein bestimmter Mindestanteil der Qualifizierten in dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse gebracht wird. Als dauerhafte Beschäftigung gilt eine Beschäftigung von einer Mindestdauer von zwölf@@Monaten und einem Tag. Eine unabhängige Kommission aus Experten soll über den zu erreichenden Mindestanteil entscheiden.

Beseitigung von Monopolen und Oligopolen

Erklärtes Ziel der PIRATEN@@NRW ist es, Monopol- und Oligopolbildungen, die dem Gemeinwohl im Sinne der Verminderung sozialer Überschüsse schaden, vorzubeugen und solche bestehende Monopole und Oligopole durch die Schaffung transparenter Marktstrukturen aufzulösen. Durch vermehrten Wettbewerb können verbraucherfreundliche Preise realisiert und Machtstellungen, Machtmissbrauch am Markt sowie übermäßige politische Einflussnahme durch Monopolisten und Oligopolisten verhindert werden.

Die Kontrolle durch Monopolisten und Oligopolisten über Binnen-Märkte von außerhalb der europäischen Kartellrechtsgrenzen bewirkt eine politische Einflussnahmemöglichkeit, welche die PIRATEN@@NRW ablehnen. Die Kontrolle ist eine Folge globalisierter Beteiligungen mit teils nicht nachvollziehbarer Marktbündelung in der Hand weniger Konzerne. Erfasst sind insbesondere auch die Bereiche der öffentlichen Infrastruktur und Versorgung von Gemeinwohlinteressen. Zu diesen wiederum gehören neben der Sicherung von Ressourcen und Versorgungsstandards auch Wissenstransfer und Bildung.

Abschaffung Hausbankprinzip zur Erleichterung des Zugangs von nicht subventionsgleichen Fördermitteln

Die PIRATEN@@NRW setzen sich für eine Abschaffung des Hausbankprinzips zum Zwecke der verbesserten Zugänglichkeit zu Fördergeldern der NRW- sowie der KFW-Bank ein.

Finanzen

Effizienz durch Transparenz

Die PIRATEN@@NRW setzen sich für die vollständige und bedingungslose Offenlegung jedes geplanten Haushaltsentwurfs des Bundeslandes NRW inklusive der Aufschlüsselung der Einzelpositionen sowie aller Anlagen zu den Einzelplänen und aller Sondervermögen ein. Hierzu soll insbesondere eine leicht zu erreichende Internetpräsenz aufgebaut werden, die der Öffentlichkeit ohne Nutzungseinschränkungen (beispielsweise durch Registrierungszwang) zugänglich gemacht wird.

Offenlegung der Ausgaben für Landesvorhaben und der dazugehörigen Verträge

Die Bürger sollen Vergabeverfahren und Vertragsgrundlagen sowie die Verwendung der Landesgelder nachvollziehen können. Der Staat, respektive das Land NRW, die Politik und die ausführenden Organe sind Verwalter der Steuermittel des Bürgers und nicht deren Eigentümer. Daher ist eine Einsichtnahme in Verträge des Staats aus Sicht der PIRATEN@@NRW ein grundsätzliches Recht des Bürgers. Für alle Landesministerien soll verpflichtend sein, dass Auftragsvergaben sowie durch Steuermittel geförderte Projekte und Organisationen in einer zentralen Datenbank gespeichert werden. Die entsprechenden Unterlagen können dann auf einem Online-Portal für alle Bürger einsehbar gemacht werden. So hat die Öffentlichkeit zu jedem Zeitpunkt Zugriff auf diese Informationen, wodurch Transparenz in allen Arbeitsprozessen herrscht.

Budgetierung

Die PIRATEN@@NRW fordern die Neuregulierung der Richtlinien zur Budgetierung von Land und Kommunen. Hierzu fordern sie die Einsetzung einer parteiübergreifenden Kommission aus Politikern, Bürgern und Experten, mit der Aufgabe, ein Budgetierungssystem zu entwickeln, das bei gleicher Leistung für die Menschen weniger Kosten verursacht und somit zu Einsparungen im Haushalt führt, ohne dass der Lebensstandard der Menschen in NRW sich verschlechtert.

Demokratische Teilhabe bei budgetrelevanten Investitionen

Die PIRATEN@@NRW setzen sich für Bürgerentscheide bei allen budgetrelevanten Investitionsprojekten ein. Bei den Bürgerentscheiden sollen alle Einwohner mit einbezogen werden, die von dem Investitionsprojekt lokal oder regional betroffen sind. Die Betroffenheit orientiert sich daran, in welcher kommunalen Gliederung das Investitionsprojekt Kosten verursachende Auswirkungen hat.

Zuschüsse für Unterkünfte

Die PIRATEN@@NRW setzen sich dafür ein, dass sich die durch staatliche Transferleistungen bezuschussten Kosten für Unterkünfte am lokalen Mietzins der jeweiligen Kommunen auszurichten haben. Die Ausgaben für Kosten zur Unterkunft (Wohngeld) sind in NRW von 2006 (278@@Millionen@@€) bis 2010 (416@@Millionen@€) massiv gestiegen. Mittlerweile nutzen Immobilienkonsortien die derzeitige Rechtssprechung diesbezüglich aus. Sie kaufen gezielt Wohnblöcke und vermieten diese an Empfänger von staatlichen Transferleistungen, da einerseits die Mieten sicher sind, weil sie von der öffentlichen Hand gezahlt werden und andererseits ein höherer Mietzins als bei einer realen Marktsituation erzielt werden kann. Die Immobilienkonsortien verlangen für eine Wohnung dann nicht den am Markt zu erzielenden Preis, sondern den im Regelfall höher liegenden Wohngeldzuschuss der Kommune als Mietpreis, wodurch diese Immobilienkonsortien durch die öffentliche Hand und somit aus Mitteln der Gemeinschaft subventioniert werden.

Ausstieg aus Cross-Border-Leasing und Verbot von ähnlichen Konzepten

Cross-Border-Leasing, kurz CBL@@{at}, bedeutet vereinfacht, dass Unterschiede in den Steuersystemen unterschiedlicher Staaten ausgenutzt werden. Deutsche Kommunen können so kurzfristige finanzielle Vorteile auf Kosten des amerikanischen Steuerzahlers erlangen. Hierbei bestehen neben der moralischen Fragwürdigkeit eines solchen, staatlich ausgenutzten Steuersparmodells diverse Probleme aus Sicht der Bürger. CBL-Geschäfte sind hoch komplex und überfordern daher oftmals die beteiligten Kämmerer beziehungsweise Finanzpolitiker. Die Risiken aus diesen Geschäften liegen beim deutschen Steuerzahler. Aufgrund ihrer Komplexität und der teilweise nicht öffentlich gemachten Verträge sind CBL-Geschäfte jedoch kaum von den Bürgern zu überblicken.

Der US-Kongress hat CBL-Geschäfte im Jahr 2008 verboten. Dennoch stehen diverse offene Fragen im Raum. So sind mit Fragen des Cross-Border-Leasing zusammenhängende strafrechtliche Fragen derzeit Gegenstand einer intensiven juristischen Diskussion. Insbesondere wird untersucht, ob sich die verschiedenen staatlichen und kommunalen Entscheidungsträger, die die Verantwortung für die geschlossenen Verträge tragen, wegen Untreue strafbar gemacht haben.

Die PIRATEN@@NRW fordern, intensive Ermittlungen aufzunehmen, ob die handelnden Personen allein die Interessen des Allgemeinwohls verfolgt haben, oder ob der Straftatbestand der Untreue erfüllt ist. Sollte dies der Fall sein, sind die zugrunde liegenden Verträge anzufechten. Ferner wollen sich die PIRATEN@@NRW intensiv dafür einsetzen, Ausstiegsoptionen aus den bestehenden Verträgen mit Nachdruck zu prüfen. Hierbei sollte den Kommunen und Städten ein Fachbeirat zur Verfügung stehen.

Unter dem Eindruck der Finanzkrise wurde das Konzept des CBL beendet. Die PIRATEN@@NRW sehen aber die Gefahr, dass ähnliche, modifizierte Modelle in wirtschaftlich besseren Zeiten erneut auf der Agenda der internationalen Finanzwirtschaft stehen. Wir wollen daher erreichen, dass Finanzierungsmodelle in Zukunft kritischer geprüft und Modelle, die ähnliche Risiken aufweisen, gar nicht erst zugelassen werden.

Stiftungsrecht

Die PIRATEN@@NRW fordern eine Revision des NRW-Stiftungsrechtes und die sofortige Rücknahme der Lex Bertelsmann

Die PIRATEN@@NRW fordern als Sofortmaßnahme die Streichung der §@@7, Abs.@@1, Satz@@2 und §@@12, Abs.@@5 des NRW-Stiftungsrechtes und die Aberkennung des steuerbefreienden Status der Gemeinnützigkeit der Bertelsmann Stiftung. Weitergehende Änderungen und eine umfassende Novellierung des Stiftungsrechtes bleiben davon unberührt.

Kommunalfinanzen

Ein großer Bereich der Kommunalfinanzen ist heute schon nicht mehr in der Eigenverwaltung der Kommunen. Bereiche wie Sozialleistungen müssen von den Kommunen geleistet werden, entscheiden können sie darüber aber nicht. Im kommunalen Alltag ist damit vom Gesamthaushalt einer Kommune nur ein kleiner Teil wirklich durch den Rat zu entscheiden.

Die PIRATEN@@NRW setzen sich dafür ein, die Zuständigkeit dahin zu verschieben, wo über die Zuteilung der Kommunalfinanzen entschieden wird - ins Land. Wir sehen dies nicht als Einschränkung der Selbstverwaltung der Kommunen, sondern als Arbeitserleichterung für diese und als Möglichkeit für das Land, den Überblick über die Ausgaben zu wahren.

Neues Kommunales Finanzmanagement (NKF)

Veröffentlichungsfrist

Mit der Einführung der Doppelten Buchführung in Konten (Doppik@@{au}) in die kommunale Haushaltsführung sehen die PIRATEN@@NRW einen ersten Schritt in Richtung Transparenz. Darüber hinaus fordern wir eine Veröffentlichung aller erstellten Daten spätestens ein Jahr nach Aufstellung der Jahresbilanz in einem maschinenlesbaren Format.

Transparenz

Angepasst an dieses Vorgehen wollen wir den Haushalt des Landes NRW allen Bürgern und den verantwortlichen Kämmerern in einem offenen, maschinenlesbaren Format zur Verfügung stellen. Damit wollen wir einen lückenlosen Prozess der Aufklärung, der Steuerung und auch der Verantwortung im Sinne unseres Transparenzgedankens einrichten.

Die Veröffentlichung in einem maschinenlesbaren Format bietet die Möglichkeit der automatisierten Aufbereitung der Daten zur besseren Vergleichbarkeit und Darstellung.