NRW:Wahlprogramm 2012/Lektorat/Buergerbeteiligung und Demokratie, Open-Government

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Bürgerbeteiligung und Direkte Demokratie

Jeder Bürger und jede Bürgerin hat ein Recht, sich in die Politik einzubringen. Die PIRATEN@@NRW stehen für eine Politik, bei der jeder mitmachen kann. Die PIRATEN@@NRW setzen sich dafür ein, das Landes- und Kommunalwahlrecht zu modernisieren, damit die einzelne Bürgermeinung und -stimme wieder mehr Gewicht bekommt.

Die PIRATEN@@NRW streben an, dass im repräsentativen demokratischen System NRW direktdemokratische Elemente wie Bürger- oder Volksentscheide vereinfacht und optimiert werden. Die Bürger sollen die Möglichkeit erhalten, über den Rhythmus der Legislaturperioden hinaus jederzeit über politische Fragen abstimmen zu können. Wir stehen für eine konsequente Umsetzung von Artikel@@20 des Grundgesetzes, der besagt, dass die Staatsgewalt „vom Volke in Wahlen und Abstimmungen“ ausgeht.

Die Prinzipien „Open Government“@@{cr} und „Open Data“@@{bz} wollen wir in den Strukturen und Verfahren von Politik und Verwaltung etablieren und so zu einem neuen Politikstil beitragen.

Wir setzen uns für eine Stärkung von Gesetzinitiativen aus der Bürgerschaft ein. Die Bürger sollen selbst ausgearbeitete Gesetzes- und Beschlussvorlagen auf Landes- und Kommunalebene zur Abstimmung bringen können.

Per Einwohnerantrag nach §@@25 der Gemeindeordnung können Bürger beantragen, dass der Rat über eine bestimmte Angelegenheit berät und entscheidet. Es müssen bis zu 8.000 Unterschriften eingereicht werden. In der Praxis wird diese Möglichkeit kaum genutzt: Aufwand und Nutzen stehen im keinen günstigen Verhältnis, auch im Vergleich zum §@@24 Bürgeranregung, zum Bürgerentscheid oder zur Möglichkeit, den direkten Zugang zu den Parteien zu wählen. Die PIRATEN@@NRW sind dafür, die Unterschriftenhürde auf ein vernünftiges Maß zu senken, um wirksame politische Partizipation zu ermöglichen.

Das Ausmaß der Beteiligungsrechte darf nicht von der aktuellen Haushaltslage abhängig sein. Gesellschaftliche Teilhabe und Verantwortung sind zu jeder Zeit ein Grundrecht aller Bürger. Deswegen muss eine stabile Finanzierung der Kommunen garantiert werden.

Das kommunale Ehrenamt stellt hohe Ansprüche, inhaltlich wie zeitlich. Um Kommunalpolitikern ein Engagement neben Beruf und Privatleben zu ermöglichen, setzen sich die PIRATEN@@NRW für die Erweiterung von Fortbildungsmöglichkeiten und flexible Arbeitszeitregelungen ein.

Wahlrecht

Gegen Sperrklauseln

Die PIRATEN@@NRW stehen gegen die Wiedereinführung einer expliziten Sperrklausel im Kommunalwahlrecht. Jegliche Art von Wahlhürde richtet sich gegen den Gedanken der Demokratie. Wir befürworten aktiv eine Pluralität von Parteien, Wählergruppen und Einzelpersonen in den gewählten Gremien. Auch kleinen Parteien und Gruppen darf der Einzug in kommunale Vertretungen nicht durch kaum überwindbare Zugangshürden erschwert werden. Das Kommunalwahlgesetz darf keine Wählerstimme abwerten. Die PIRATEN@@NRW treten zudem für eine deutliche Senkung der Sperrklausel bei den Landtagswahlen auf höchstens zwei Prozent ein.

Bürgermeister per Zustimmungswahl

Die PIRATEN@@NRW setzen sich für eine Wahl der Bürgermeister per Zustimmungswahl ein. Bei dieser einfachen und leicht verständlichen Methode haben die Wähler die Möglichkeit, für beliebig viele Kandidaten zu stimmen. Wählbar sind alle Kandidaten, die die dafür notwendigen Grundvoraussetzungen erfüllen. Gewählt ist der Kandidat mit den meisten Stimmen. Die Vorteile der Zustimmungswahl sind vielfältig. Der beliebteste Kandidat gewinnt die Wahl, und die strukturelle Benachteiligung von kleinen Parteien wird verringert. Konsensfindung und die Diskussionen an Sachthemen wird gefördert und mögliche Verzerrungen des Wählerwillens durch das Stichwahlsystem werden ausgeschlossen. Eine aufwendige Stichwahl entfällt.

Bürgermeisterabwahl

Die Bürger in NRW können ihre Bürgermeister und Landräte wählen und abwählen. Die Unterschriftenhürde für ein Bürgerbegehren zur Abwahl eines Bürgermeisters oder Landrats in NRW soll derjenigen bei Bürgerbegehren zu Sachfragen entsprechen. Je nach Gemeindegröße gilt hier eine Hürde von drei bis zehn Prozent aller Stimmberechtigten, in Kreisen von drei bis fünf Prozent. Auf ein Verfallsdatum für Unterschriften kann verzichtet werden, weil die Initiatoren eines Abwahlbegehrens ohnedies eine zeitnahe Einreichung von Bürgerbegehren anstreben, um einen von ihnen nicht gewünschten Zustand abzustellen.

Quoren@@{cs} sind bei Wahlen wie bei Abstimmungen überflüssig. Das demokratische Prinzip „Mehrheit entscheidet“ hat sich bewährt. Wer nicht an einem Abwahlentscheid teilnimmt, sollte nicht durch das Quorum indirekt Einfluss auf das Ergebnis haben.

Allgemeingültiges demokratisches Prinzip ist, dass die Mehrheit der an einer Abstimmung oder Wahl Teilnehmenden entscheidet. Dies sollte auch hier gelten. Anderenfalls könnte es dazu kommen, dass Bürger und Rat beziehungsweise Kreistag einen Bürgermeister oder Landrat zwar nicht mehr im Amt sehen wollen, ein Abwahlantrag trotz Mehrheit aber am Zustimmungsquorum scheitert und alle den ungeliebten Amtsinhaber weiter ertragen müssen.

Kumulieren und Panaschieren

Die PIRATEN@@NRW streben den Einsatz des Wahlsystems Kumulieren und Panaschieren bei Landtags- und Kommunalwahlen an. Bei Kommunalwahlen erhalten die Wähler so viele Stimmen wie der Gemeinderat Sitze hat. Bei Landtagswahlen haben die Bürger drei Stimmen, die sie innerhalb der Parteilisten an Kandidaten vergeben können. Es können Mandatsbewerber aller antretenden Parteien und Wählervereinigungen angekreuzt werden. Jedem Kandidaten können dabei bis zu drei Stimmen gegeben werden. Weiterhin soll es möglich sein, nur einer Partei seine Stimme zu geben. Wird die von der Partei aufgestellte Liste durch das so genannte Listenkreuz bestätigt, werden die Stimmen der Listenreihenfolge entsprechend auf die Kandidaten verteilt, bis alle Stimmen vergeben sind. Dabei kann der Wähler auch Kandidaten auf der angekreuzten Liste durchstreichen. Diese erhalten dann keine Stimme. In den meisten anderen Bundesländern ist das Kumulieren und Panaschieren bei Kommunalwahlen bereits Realität. Es ermöglicht den Bürgern, ihrer Stimme mehr Gewicht zu verleihen. Die PIRATEN@@NRW setzen sich dafür ein, dass NRW sich dieser Praxis anschließt.

Wahlalter

Das Durchschnittsalter der Wahlberechtigten steigt. Dies führt dazu, dass diejenigen, die am längsten die Auswirkungen der politischen Entscheidungen zu tragen haben, in ihren politischen Verantwortungsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Die PIRATEN@@NRW wollen die politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen fördern. Das Wahlalter bei Landtagswahlen soll auf 16@@Jahre gesenkt werden. Politisch interessierte Jugendliche sind sich der Verantwortung bewusst, die mit einer Wahl verbunden ist.

Ausländerwahlrecht

Die PIRATEN@@NRW engagieren sich für ein kommunales Wahlrecht für alle ausländischen Staatsbürger und staatenlose Menschen, die das erforderliche Wahlalter erreicht haben und die sich seit mindestens drei Monaten rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhalten, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Wir streben an, dass NRW sich im Bundesrat um eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes bemüht.

Das kommunale Wahlrecht ist ein wichtiges Instrument für politische Selbstbestimmung, Teilhabe und Gleichberechtigung. Zum Zusammenleben auf gleicher Augenhöhe gehört, dass auch Menschen aus Nicht-EU-Staaten, die teilweise seit Jahrzehnten in Deutschland leben, das kommunale Wahlrecht erhalten. EU-Bürger dürfen bei Kommunalwahlen wählen, wenn sie seit drei Monaten in Deutschland wohnhaft sind. Angehörigen anderer Staaten ist das Wahlrecht jedoch verwehrt, auch wenn sie seit 40@@Jahren in Deutschland wohnen. Im Gegensatz zu Landtags- und Bundestagswahlen, wo das Wahlrecht durch die Staatsangehörigkeit erlangt wird, ist die Zugehörigkeit zu einer Kommune mit den damit einhergehenden Pflichten davon unabhängig. Diesen Grundgedanken greift auch Artikel@@28@@GG auf, der explizit ein kommunales Wahlrecht für EU-Bürger ohne deutsche Staatsangehörigkeit vorsieht.

Jeder Mensch hat das Recht, an seinem Lebensmittelpunkt die städtische Politik mitzubestimmen. Wer das Gefühl hat, dass die eigene Meinung zählt, ist bereits integriert. Die bestehenden Hürden, die das veraltete Staatsangehörigkeitsrecht dem entgegensetzt, werden wir aufheben. Das kommunale Wahlrecht ist allen Menschen zu gewähren, um ihnen zu ermöglichen, aktiv an der Gestaltung ihres direkten Umfelds teilzuhaben.

Deutschland ist reich an Menschen mit vielen verschiedenen kulturellen Hintergründen. Menschen, die ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihr Engagement einer Gemeinde zur Verfügung stellen wollen. Dies kann in vielerlei Weise geschehen: Durch Teilnahme an und Initiation von Bürgerbegehren und -befragungen und auch durch Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts. Dieses Reichtums berauben wir uns derzeit selbst. Wir vergeben zudem die Chance, einen wichtigen Baustein zur Inklusionsdebatte zu liefern. Der Ausschluss dieses Personenkreises vom Wahlrecht stellt eine Diskriminierung bei der Ausübung der politischen Rechte dar. Ein Blick nach Europa: Dänemark, Schweden, Finnland, Irland und Niederlande haben bereits aktives und passives Kommunalwahlrecht für alle Ausländer.

Nur wer Mitwirkungsrechte und den Zugang zu gesellschaftlicher und politischer Teilhabe hat, kann auch Teil des Gemeinwesens werden und sich heimisch fühlen. Die mangelnde Möglichkeit der politischen Partizipation eines stetig wachsenden Anteils der Bevölkerung bildet auf Dauer ein ernstes Demokratiedefizit. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist in den nächsten Jahren mit einem weiteren Wachstum der politisch nicht repräsentierten Bevölkerung zu rechnen. In Gemeinden mit hohem Ausländeranteil entstehen so „demokratiefreie“ Zonen. Ausländerbeiräte oder -beauftragte allein können nicht den aktiven demokratischen Prozess ersetzen.

Verkürzung der Legislaturperiode auf vier Jahre

Die PIRATEN@@NRW treten für eine Senkung der Legislaturperiode auf vier Jahre ein. Durch die kürzere Wahlperiode wird den Bürgern eine häufigere Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Landtages gewährt. Zudem ist die politische Arbeit der gewählten Parteien in einem Zeitraum von vier Jahren wesentlich leichter zu erfassen und somit deutlich transparenter.

Bürgerentscheid

Bürgerbegehren und Bürgerentscheide wirken sich positiv auf eine aktive Teilnahme der Bürger am politischen Geschehen in ihrer Stadt aus. Die PIRATEN@@NRW streben eine Änderung der Gemeindeordnung an, die die Erfolgschancen für Bürgerbegehren entscheidend verbessert und überflüssige Hürden abbaut.

Streichung der Themenausschlüsse

Viele Bürgerbegehren werden für ungültig erklärt, weil sie sich mit bestimmten Themen befassen, die bisher laut Gemeindeordnung von Bürgerbegehren ausgeschlossen sind. Die PIRATEN@@NRW sprechen sich für eine Streichung der Themenausschlüsse aus. Die Bürger müssen die wichtigsten politischen Fragen der Stadtentwicklung mitentscheiden dürfen. Hierzu gehören Angelegenheiten, die im Rahmen von Planfeststellungsverfahren, förmlichen Verwaltungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und abfall-, immissionsschutz-, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahren zu entscheiden sind. Ebenso umfasst dies die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen, wo die Bürger gerade bei Entscheidungen über Großprojekte durch Themenausschlüsse im Zustand der Unmündigkeit gehalten werden.

Begründet wird der Ausschluss solcher Themen vom Bürgerentscheid damit, dass die Bürger ja bereits per Anhörungsverfahren an der Planung beteiligt seien und sich mit einem Bürgerentscheid selbst Konkurrenz machen und eventuell in Widerspruch zu sich selbst geraten würden. Während es in solchen Beteiligungsverfahren aber nur noch um das Wie einer Planung geht, wird in einem Bürgerentscheid grundsätzlich über das Ob einer Maßnahme entschieden.

Gegen Zustimmungsquoren

Die PIRATEN@@NRW sprechen sich gegen ein Zustimmungsquorum bei Bürgerentscheiden aus. Eine niedrige Beteiligung liegt daran, dass es um eine einzige Sachfrage geht. Zur Teilnahme an der Abstimmung ist deshalb meist nur ein Bruchteil der an einer Wahl Teilnehmenden motiviert. Dies verringert aber nicht die Legitimation des Abstimmungsergebnisses, so wird bei Wahlen eine niedrige Beteiligung zwar bedauert, das Wahlergebnis schließlich aber nicht infrage gestellt.

Das Zustimmungsquorum definiert demokratisch zustande gekommene Mehrheiten zu Minderheiten um. Untersuchungsergebnisse der Forschungsstelle für Bürgerbeteiligung und Direkte Demokratie an der Universität Marburg zeigen, dass dieses Quorum die Beteiligung bei Bürgerentscheiden im Vergleich zu Abstimmungen ohne Quorum senkt. Grund: Die Gegner eines Bürgerbegehrens setzen auf Strategien wie Ignorieren und Behinderung bei der Abstimmungsteilnahme und mobilisieren ihre Anhänger selbst nicht zur Stimmabgabe beim Bürgerentscheid.

Dies wiederum hat zur Folge, dass die Abstimmungsergebnisse im Vergleich zur Haltung der Gesamtbevölkerung zum Thema häufig zugunsten des Bürgerbegehrens verzerrt sind. Weil sich die Gegner eines Bürgerbegehrens oft berechtigte Hoffnungen machen können, dass das Bürgerbegehren das Zustimmungsquorum nicht erreicht, bleiben sie einfach zuhause und sind deshalb im Abstimmungsergebnis unterrepräsentiert.

Auch bei Ratsbürgerentscheiden muss die Zahl der Stimmen für oder gegen das Ratsbegehren zwischen zehn und 20@@Prozent aller Stimmberechtigten ausmachen, damit die Abstimmung gültig ist. Dabei sind Abstimmungshürden gerade bei referendumsartigen Abstimmungen, wie Ratsbürgerentscheide sie darstellen, unüblich. Beispielsweise gibt es bei Verfassungsreferenden in Bayern und Hessen keinerlei Zustimmungsquorum.

Bürgerfreundliche Verfahren

Nur praktikable und bürgerfreundliche Verfahren liefern repräsentative Ergebnisse und sorgen für eine breite Akzeptanz der Abstimmungsergebnisse. Hierzu gehören ausreichende Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten. Eine schriftliche Benachrichtigung der Bürger, eine ausreichende Anzahl von Abstimmungslokalen sowie die Möglichkeit zur Briefabstimmung sollen wieder Standards für lokale Abstimmungen in den Kommunen werden. Wahlen und Abstimmungen sind wichtige Bestandteile des Grundrechts der Bürger auf politische Selbstbestimmung, denen eine entsprechende Achtung und Wertschätzung gebührt. Der Urnengang ist für viele Bürger ein wichtiges demokratisches Ritual, dass niemandem vorenthalten werden sollte. Andernfalls droht Bürgerentscheiden eine geringe öffentliche Aufmerksamkeit und damit eine niedrige Abstimmungsbeteiligung. In der Praxis zeigt sich oft, dass jemand ein Bürgerbegehren grundsätzlich unterstützen will, aber nur eine Unterschrift leisten und aus Datenschutzgründen keine weiteren persönlichen Angaben machen möchte. Die PIRATEN@@NRW schlagen vor, die Regelung bei der Sammlung von Unterstützungsunterschriften zur Wahlzulassung auch bei Bürgerbegehren anzuwenden. Durch offizielle Formblätter werden die potenziellen Unterstützer nicht verunsichert.

Obligatorische Referenden

Die PIRATEN@@NRW wollen obligatorische Referenden über die Gründung und Schließung von gemeindlichen Eigenbetrieben, die Mitgliedschaft in Zweckverbänden sowie den An- und Verkauf von Unternehmensbeteiligungen in der Gemeindeordnung verankern. Obligatorische Bürgerentscheide schaffen Transparenz, Vertrauen und Mitentscheidungsmöglichkeiten in wichtigen kommunalpolitischen Fragen.

Streit- und Sachentscheidungskultur

Bürgerinitiativen, Politik und Verwaltung sollen unabhängig voneinander über Verfahren von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid beraten. Eine Ombudsperson kann den vereinzelt konfrontativen Umgang von Gemeinden mit Bürgerbegehren entschärfen, indem eine gemeinsame politische Streit- und Sachentscheidungskultur gefördert wird. Die Erfahrungen vorangegangener Bürgerbegehren können landesweit an andere Initiativen weitergegeben und erfolgreiche Begehren im Sinne einer „best practice“-Kultur dokumentiert werden.

Volksentscheid

Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide wirken sich positiv auf die Beteiligung der Bürger am politischen Geschehen in ihrem Bundesland aus. Seit 1950 haben die Bürger in NRW die Möglichkeit, sich mit Hilfe von Volksbegehren und Volksentscheid in die Landespolitik einzubringen. Im Jahr 2002 ist die Möglichkeit zur Durchführung einer Volksinitiative hinzugekommen. Die Volksinitiative kann aktuell jedoch kaum politische Wirkung entfalten. Viele qualitativ hochwertige Volksentscheide scheitern an Formalitäten. Die PIRATEN@@NRW streben eine Änderung der Landesgesetze an. Wir wollen die Erfolgschancen für basisdemokratische Abstimmungen entscheidend verbessern und überflüssige Hürden abbauen.

Verbesserungen bei Volksinitiativen

Die PIRATEN@@NRW setzen sich für Verbesserungen bei Volksinitiativen ein. Es soll ausdrücklich erlaubt sein, Unterschriftenlisten der Initiatoren einer Volksinitiative an Interessenten zu verschicken, weiterzureichen oder im Internet zum Herunterladen bereitzustellen. Nicht nur von den Initiatoren benannte Berechtigte sollen Unterschriften sammeln dürfen. Die Volksinitiative soll zum Antrag auf die Durchführung eines Volksbegehrens gemacht werden können. Aktuell sind hierzu in NRW erneut 3.000 Unterschriften zu sammeln und diese als Zulassungsantrag zum Volksbegehren einzureichen. Zudem plädieren wir dafür, die Unterschriftenhürde bei Volksinitiativen auf 30.000 Unterschriften zu senken. Weil die Volksinitiative nur Petitionscharakter hat, ist nicht einzusehen, warum sich nicht auch hier lebende Bürger ohne deutschen Pass oder Jugendliche unter 18@@Jahren dafür eintragen können sollten. Dies würde der politischen Bildung junger Menschen und der Integration hier lebender Ausländer dienen. In Berlin und Bremen dürfen sich bereits Jugendliche ab 16@@Jahren eintragen. In Berlin können zudem auch Nichtdeutsche eine Volksinitiative unterschreiben.

Zulassung finanzwirksamer Volksbegehren

Die PIRATEN@@NRW wollen finanzwirksame Volksbegehren zulassen. Die Bürger sollen sich im Rahmen eines Volksbegehrens an der Ausgabenpolitik beteiligen dürfen. Sie hätten dadurch die Möglichkeit, ihr Lebensumfeld bedürfnisorientiert mitzugestalten. Bislang sind Volksentscheide, die ausdrücklich Steuern, Kreditaufnahmen oder den Haushalt zum Thema haben, von vornherein unzulässig. Die meisten politischen Entscheidungen haben finanzielle Auswirkungen, die indirekt den Haushalt beeinflussen. Die PIRATEN@@NRW streben an, dass Ausgaben ab einer bestimmten Höhe verpflichtend per Volksabstimmung bestätigt werden müssen.

Unterschriftenhürden senken

Das Unterschriftenquorum beim Volksbegehren stellt sicher, dass das Interesse an der Abstimmungsfrage ausreichend breit ist und der Aufwand eines Volksentscheids sich lohnt. Mit zunehmender Größe eines Bundeslandes verringert sich aber der Anteil der Betroffenen und Interessierten in der Regel erheblich. Daher wollen wir die Unterschriftenhürde für Volksbegehren auf zwei Prozent senken.

Abstimmungshürden abschaffen

Damit ein Volksentscheid in NRW gültig ist, muss die Mehrheit der Abstimmenden mindestens 15@@Prozent aller Stimmberechtigten betragen. Das sind fast zwei Millionen der gut 13@@Millionen Stimmberechtigten. Die Beteiligung an Volksentscheiden ist meist niedriger als bei Wahlen. Daher sprechen sich die PIRATEN@@NRW gegen eine Abstimmungshürde bei Volksentscheiden aus. Bei Wahlen geht es um eine Entscheidung über die Richtung der Gesamtpolitik in der nächsten Legislaturperiode, bei einem Volksentscheid lediglich um das „Ja“ oder „Nein“ zu einer einzigen Sachfrage. Zur Abstimmungsteilnahme ist daher meist nur ein Bruchteil der an einer Wahl Teilnehmenden motiviert. Bei Volksabstimmungen über verfassungsändernde Volksbegehren bedarf es einer Zweidrittelmehrheit der Abstimmenden und einer Abstimmungsbeteiligung von mindestens 50@@Prozent aller Stimmberechtigten. Mindestens 6,6@@Millionen NRW-Bürger müssten also an einem Volksentscheid über eine Verfassungsänderung teilnehmen.

Obligatorische Volksabstimmungen zu Verfassungsänderungen

Eine Verfassung regelt die Grundlage des Zusammenlebens aller Bürger. Sie schreibt die demokratischen Rechte der Bürger fest. Deshalb sollen die Bürger bei Änderungen ihrer Bürgerrechte die letzte Entscheidung treffen dürfen. Daher treten die PIRATEN@@NRW für die Einführung obligatorischer Volksabstimmungen zu Verfassungsänderungen ein. Obligatorische Volksabstimmungen eröffnen die Möglichkeit, einen besonders sachlichen und fruchtbaren öffentlichen Diskurs zu führen, da sie nicht unbedingt einer ideologischen Richtung oder Partei zugeordnet werden. Verfassungsreferenden initiieren Lernprozesse, stärken das Verfassungsbewusstsein, fördern das Staatsbewusstsein und erfüllen die Funktion der Basiskontrolle und des Abgleichs mit den Wünschen der Bürger.

Open Government@@{cr} und die Transparenz öffentlicher Organe

Open Government ist der Einsatz digitaler Informations- und Kommunikationsformen zwischen Bürgern und öffentlichen Institutionen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Open Government hat das Ziel, eine einfache, handhabbare Methode der Information, Kommunikation und Transaktion innerhalb von Institutionen, zwischen staatlichen, kommunalen und sonstigen behördlichen Institutionen, zwischen Institutionen und einzelnen Bürger und zwischen Institutionen und privatwirtschaftlichen Unternehmen bereitzustellen. Erst durch eine prozessorientierte Organisation gestaltet sich dieser Prozess von Kommunikation und Informationsaustausch in einer für alle nützlichen Weise. Der Datenschutz genießt dabei die höchste Priorität. Die PIRATEN@@NRW fordern, diesen Kulturwandel voranzutreiben und dazu Anwendungen zu entwickeln oder fertigen Anwendungen zu prüfen und den kommunalen Verwaltungen zur Verfügung zu stellen. Nach dem Motto „effizient – sicher – vernetzt“ sollen Wirtschaftlichkeitsprüfungen einzelner Systeme vorangetrieben werden.

Will der Bürger sich politisch engagieren, so werden ihm heutzutage viele Steine in den Weg gelegt, was zu Demotivation und schlussendlich zur Politikverdrossenheit führt. Bekannte Probleme sind dabei zum Beispiel:

  • Prozesse in Politik und Verwaltung sind für den Bürger zu kompliziert und nur schwer zu durchschauen. Es fehlt an der Handhabbarkeit von Bürgerseite aus.
  • Der Informationsfluss ist hauptsächlich auf die Politiker abgestimmt. Der Bürger wird kaum informiert und wenn doch, sind Informationen nur schwer auffindbar.
  • Der klassische politische Prozess ist sehr intransparent. Über Themen auf dem Laufenden zu bleiben oder überhaupt davon rechtzeitig zu erfahren, gestaltet sich sehr schwierig.
  • Die klassischen Prozesse sind nicht darauf ausgelegt, dass Bürger und Politik direkt zusammenarbeiten. Es werden meist nur Konsultationsverfahren eingesetzt.

All dies führt dazu, dass man als Bürger Entscheidungen nur schwer nachvollziehen kann und nicht das Gefühl hat, durch seine Eingaben viel erreichen zu können. Dies führt zu einer zunehmenden Demotivierung und am Ende kann daraus eine Protestkultur folgen.

Das Ziel von Open Government dagegen ist es, für einen neuen politischen Prozess zu sorgen, der von Transparenz, Information, Teilhabe und Zusammenarbeit geprägt ist. Das Ziel ist es, von einer Meckerkultur zu einer Mitmachkultur zu gelangen.

Dies bedeutet im Detail:

  • Die Willens- und Meinungsbildung der Bürger soll durch Open Government gefördert werden. Open Government bedeutet mehr Transparenz, mehr Teilhabe und mehr Zusammenarbeit zwischen Politikern, Bürgern und Verwaltung.
  • Online-Beteiligungsmöglichkeiten bieten zeitgemäße Formen demokratischer Beteiligung. Transparenz, Sicherheit und offene Schnittstellen sollen Eckpfeiler dieser Systeme sein.
  • Die PIRATEN@@NRW streben an, dass allgemeine Informationen, Entscheidungen aller Gremien und Politiker sowie Protokolle und Videoaufzeichnungen möglichst aller Gremiensitzungen kurzfristig, dauerhaft und barrierefrei für jeden zur Einsicht bereit stehen.
  • Die PIRATEN@@NRW setzen sich dafür ein, dass sich die Landesregierung verpflichtet, Beteiligungsmöglichkeiten zu verbessern und die Bürger aktiv in diesen Prozess einzubinden. Hemmungen und Bedenken der Menschen gegenüber neuen Technologien sind ernstzunehmen. Open-Government-Systeme sind Weiterentwicklungen der klassischen Verfahren, jedoch sollten Online- und Offline-Komponenten sinnvoll verbunden werden. Es dürfen durch sie keine Hürden entstehen. Niemand darf durch ihren Einsatz ausgeschlossen werden.
  • Die PIRATEN@@NRW setzen sich für die Förderung, Koordinierung und Bewerbung des Themas Open Government auf kommunaler Ebene ein.
  • Die PIRATEN@@NRW setzen sich dafür ein, die direkte Kommunikation und Diskussion zwischen Bürgern, Verwaltung und Politik zu verbessern, so dass man auf Vorschläge und Bemerkungen direktes Feedback erhält.
  • Die PIRATEN@@NRW streben an, dass Online-Petitionen auf Landesebene möglich sind und in der Verfassung verankert werden. Das Parlament darf die Fragen der Bürger und die aufgezeigten Missstände nicht unbeachtet lassen. Erfolgreiche Petitionen müssen in einer öffentlichen Sitzung im Landtag behandelt werden. Zudem soll ein Vetorecht für legislative Beschlüsse des Landtags gelten. Die PIRATEN@@NRW stehen für die Schaffung von Möglichkeiten der effektiven Einflussnahme auf politische Entscheidungen über das Internet. Alle interessierten Bürger sollen in den Diskurs und die parlamentarische Arbeit einbezogen werden.
  • Die PIRATEN@@NRW setzen sich dafür ein, dass Konzepte und Systeme zur internetbasierten Stimmabgabe bei Wahlen und Referenden evaluiert werden. Notwendiges Merkmal einer solchen Anwendung muss der uneingeschränkte und transparente Diskurs sein. Die PIRATEN@@NRW lehnen den Einsatz von Wahlmaschinen bei einer allgemeinen geheimen Wahl entschieden ab.

Die Bürger sollen die Möglichkeit haben, Dienstleistungen aller öffentlichen Organe auch über digitale Behördengänge in Anspruch zu nehmen. Entbürokratisierung und transparent dargestellte Verwaltungsprozesse müssen hierbei im Vordergrund stehen.

FLOSS@@{aa} im öffentlichen Dienst

In ausnahmslos allen Bereichen des öffentlichen Dienstes in NRW werden jedes Jahr Kosten für die Lizenzierung proprietärer Software fällig. Das betrifft die kommunalen Verwaltungen der Gemeinden, Städte und Landkreise, die beiden Landschaftsverbände und auch die Landesbehörden. Betroffen sind sowohl Serversysteme als auch Clientsoftware@@{as}. Der weitaus größte Teil betrifft Standardbürosoftware, Kommunikationssoftware und Betriebssysteme in Strukturen, die über die Jahre gewachsen sind. Aufgesetzt auf diese Software wurden in den Rechenzentren der öffentlichen Hand tausende Spezialanwendungen und Formularsysteme entwickelt. Damit ergibt sich eine Abhängigkeit von Herstellern, die mit Spezialanwendungen auf Basis proprietärer Systeme wächst. Eine Unabhängigkeit von Herstellern kann nur erreicht werden, indem schrittweise auf FLOSS migriert wird.

Anwendungssoftware und Betriebssysteme unter freier Lizenz sind in allen Qualitätsfragen unfrei lizenzierten Produkten zumindest ebenbürtig, oft sogar deutlich überlegen. Eine Migration der Verwaltungssoftware hin zu FLOSS ist aus Gründen der Unabhängigkeit von Herstellern, der Transparenz sowie aus Sicherheitsgründen –@@Stichwort Spyware@@– erstrebenswert, jedoch auch mit Kosten verbunden. Die Einhaltung offener Standards kann langfristig einen Teil wieder einsparen. Außerdem ist durch eine solche Migration eine Stimulation des Arbeitsmarktes für IT-Fachkräfte zu erwarten. Die PIRATEN@@NRW regen daher an, in einem Evaluationsprojekt Migrationsmöglichkeiten hin zu FLOSS zu untersuchen. Nationalen und internationale Partnern, die bereits eine solche Migration erfolgreich durchgeführt haben oder gerade durchführen, sollen unterstützend hinzu gezogen werden.