NRW:LiquidFeedback Themendiskussion/132
Die Initiative „Traue keinem über 25“ beinhaltet die Forderung nach einer Quote für Jugendliche auf den Listen zur Kommunalwahl in NRW 2014. Die Kehrseite der Medaille ist eine Diskriminierung Älterer. Das ist richtig.
Mit der Diskriminierung Älterer geht einher die Diskriminierung derer, die sich ein kommunalpolitisches Engagement nur in Verbindung mit der Aussicht auf ein Mandat in einem Stadtrat oder Kreistag vorstellen können. Die Älteren, die sich vorstellen können, dass ein Rathaus nicht nur ein Rathaus, sondern auch eine Schule für Nachwuchspolitiker sein könnte, werden auch diskriminiert, empfinden es aber nicht so. Für diese Leute ist es akzeptabel, dass man in den jungen Jahren zur Schule geht. Viele, die von den üblichen Parteiveranstaltungen nichts mehr wissen wollen, könnten in der Jugendförderung wieder einen Sinn sehen, sich kommunalpolitisch zu engagieren.
Die Initiative U-25 ist ein Vorschlag, um die kommunale Selbstverwaltung ein Stück weit aus dem Griff der Parteien zu befreien. Sollte dieses ein wichtiges Anliegen der Piraten seien, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit, wenn wir uns benehmen, wie die übrigen Parteien auch. Wir sollten es nicht als selbstverständlich betrachten, dass die kommunalen Mandate unter den Parteien aufgeteilt werden und das Spiel einfach mitspielen. Den realistischen Anteil an Mandaten, den wir erreichen können, sollten wir öffentlich unter Jugendlichen ausloben, z. B. in den Schulen. Dazu genügt es nicht, lediglich zu behaupten, dass bei uns jeder willkommen ist. Das behaupten die anderen Parteien auch. Es entspricht aber nicht der Wahrheit. Die Realität ist diese, dass es in den lokalen Parteiorganisationen auch um Machterhaltung geht. Jeder der neu dazu kommt, wird nicht nur als Bereicherung empfunden, sondern stellt auch eine potentielle Gefahr für die Positionen dar, die in der Gruppe bereits verteilt wurden. Ein Phänomen, unter dem der gesamte öffentliche Dienst zu leiden hat: Nicht der qualifizierteste Bewerber wird eingestellt, sondern der Bewerber, der nicht den ganzen Laden durcheinander bringt, weil er vielleicht mehr auf dem Kasten hat, als sein Vorgesetzter.
Ich habe jetzt 28 Jahre lang Kommunalpolitik gemacht und ich habe die Nase voll von Platzhirschen und ihren Seilschaften; auch wenn sie eine Augenklappe tragen sollten. Das hat nichts mit „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ zu tun. Mir geht es nicht darum mich möglichst politisch korrekt zu verhalten, sondern Verhältnisse zu ändern. Ich möchte Strukturen, die dafür sorgen, dass bei jeder Kommunalwahl aktiv nach einer neuen Fraktion gesucht wird und es trotzdem eine Kontinuität in der Politik gibt (erst lernen dann lehren).
Ich bin der Ansicht, dass sich eine Partei programmatisch ausrichten und beschließen kann, einen besonderen Weg der Jugendförderung zu beschreiten. Immerhin ist das die Personengruppe, die am längsten die Ergebnisse der heutigen Politik zu tragen hat. Die Initiative fordert eine Kampagne, einen Appell, keine Satzungsregelung. Das geht nicht. Jeder hat das Recht für einen Listenplatz zu kandidieren.
Jeder Ortsverband muss selbst entscheiden, ob er sich der U 25-Initiative anschließen will. Wenn ein Ortsverband diesen Weg gehen will, sollte er unterstützt werden und wissen, dass dieses Vorgehen den Vorstellungen der Piraten entspricht und nicht Ausdruck „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ ist. Darum geht es bei dem Antrag.
Wir sind auf die Mitarbeit aller angewiesen. Es wäre nur schön, einmal die Verhältnisse umzudrehen und die Jugendlichen nicht in irgendwelche lächerlichen Jugendparlamente zu schicken, sondern sie in die vorderste Reihe zu stellen. Das ist auch eine Form der Diskriminierung: Jugendliche in ein gesondertes „Parlament“ ohne Haushalt und Rechte zu separieren.
Es geht mir darum, dass früh gelernt wird, dass eine Einmischung möglich und gewünscht ist. Dadurch, dass wir der Jugend die Plätze in den Rathäusern überlassen, werden die übrigen Parteimitglieder von der politischen Willensbildung nicht ausgeschlossen. Es gibt genügend andere Betätigungsmöglichkeiten.
Wenn ein Rathaus ein Rathaus ist und keine Schule, warum sollen dann möglichst viele Piraten in die Rathäuser gewählt werden? Woher kommen unsere Kandidaten, die es besser machen als die anderen? Wo waren die bisher? Ich dachte, es wäre ein zentrales Anliegen der Piraten, junge Menschen, die die Welt durch die digitalen Medien gelernt haben zu sehen, in die politische Verantwortung zu bringen. Die Initiative U-25 als „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ zu bezeichnen ist schnell getan. Was wollen wir anders machen als die anderen Parteien bei der Kommunalwahl 2014 in NRW?
Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten (Albert Einstein).