NRW:Landesparteitag 2013.1/Stellungnahme Rechtsabteilung

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Stellungnahme der Rechtsabteilung zur AV Pampa

Die Satzung der Piratenpartei NRW enthält keine ausdrückliche Regelung über die Einladungsfrist zu Aufstellungsversammlungen. § 6a Abs. 3 regelt nur die Einladungsfrist für ordentliche Landesparteitage mit 28 Tagen und für außerordentliche Landesparteitage mit 7 Tagen.

Diese Regelung könnte aber durch den Veweis in § 7 Abs. 2 auch auf Aufstellungsversammlungen Anwendung finden. Fraglich ist aber, ob die in dieser Verweisung vorgenommene Gleichstellung einer Aufstellungsversammlung mit einem Landesparteitag zulässig ist.

Bedenken hieran ergeben sich unter Berücksichtigung von § 21 Abs. 1 S. 2 BWahlG: "Mitgliederversammlung zur Wahl eines Wahlkreisbewerbers ist eine Versammlung der im Zeitpunkt ihres Zusammentritts im Wahlkreis zum Deutschen Bundestag wahlberechtigten Mitglieder der Partei."

Demgegenüber regelt § 4 Abs.4 der Bundessatzung (gemäß § 3 Satzung NRW verbindlich): "(4) Die Ausübung des Stimmrechts ist nur möglich, wenn der Pirat Mitglied des Gebietsverbandes ist, seinen ersten Mitgliedsbeitrag nach Eintritt geleistet hat, sowie mit seinen Mitgliedsbeiträgen nicht mehr als drei Monate im Rückstand ist. Auf Parteitagen ist die Ausübung des Stimmrechts nur möglich, wenn alle Mitgliedsbeiträge entrichtet wurden."

Diese für Landesparteitage gültige Regelung schränkt den Kreis der Stimmberechtigten aus § 21 Abs. 1 S. 2 BWahlG deutlich ein, bzw. verändert diesen. Einerseits macht sie die Ausübung des Stimmrechts von der Zahlung des Mitgliedsbeitrages bzw. dem Nichtvorliegen eines Zahlungsverzuges abhängig. Andererseits gewährt sie auch Mitglieder des Landesverbandes, die ihren Erstwohnsitz nicht in NRW haben (vgl. § 3 Abs. 2a BuSa), ein Stimmrecht, bzw. verweigert es solchen, die trotzdem Mitglieder eines anderen Landesverbandes sind.

Mitglieder des Landesverbandes, die der Landesparteitag nach § 6a Satzung NRW abbildet, sind somit nicht all jene, die § 21 Abs. 1 S. 2 BWahlG für eine Aufstellungsversammlung als "Mitgliederversammlung" definiert.

Die Regelung in § 7 Abs. 2 Satzung NRW, die eine Aufstellungsversammlung mit einem Landesparteitag gleichstellt, verstößt somit grundlegend gegen § 21 Abs. 1 S. 2 BWahlG.

Somit ermangelt es einem wirksamen Verweis auf die Fristenregelung des § 6a Abs. 3 der Satzung NRW.

Somit beinhaltet die Satzung keine wirksame Fristenregelung die Einladung betreffend, mit der Folge, dass allefalls die gesetzlichen Regelungen gelten können. § 17 S. 2 PartG widerum verweist auf die Wahlgesetze und die Satzung, die aber beide keine Regelungen zur Einladungsfrist enthalten.

Daher müsste sich eine Frist nur aus der Anforderung ergeben, dass die Einladung so rechtzeitig erfolgen muss, dass sich die Teilnehmer auf den Termin einstellen können und so die Möglichkeit haben, von ihrem Stimmrecht bei der Kandidatenaufstellung auch tatsächlich Gebrauch zu machen. Das dürfte aber bei einer Einladung, die 27 Tage vor der Aufstellungsversammlung ergeht, auf jeden Fall erfüllt sein.

Hieraus folgt, dass die AV nicht wegen Verstoßes gegen eine Einladungsfrist unwirksam oder anfechtbar wäre.

Abweichende Ansicht von Dr. Thomas Walter

Die Verweisung in § 7 der Landessatzung ist restriktiv auszulegen, zumal sie von Laien verfasst wurden. Überhöhte Anforderungen an die Artikulation des Satzungsgeberwillens sind daher auch nicht zu stellen. Nur dem expliziten Kenner wird der Unterschied zwischen einer AV und einem LPT bewusst gewesen sein. Im landläufigen Sprachgebrauch wird hingegen auch eine Landes-AV einem LPT gleichgesetzt werden. Mit dem Hinweis auf die Gültigkeit der Wahlgesetze in §7 Abs. 1 der Landessatzung wird zunächst der Wille kundgegeben, dass diese prinzipiell Vorrrang haben. Es ist nicht anzunehmen, dass der Wille bestand, zwingende gesetzliche Regelungen abzubedingen. Hinzukommt, dass die Parteimitglieder bis zur Satzungsfassung kaum Erfahrungen zu den Regularien der Wahlgesetze haben konnten.

Vor diesem Hintergrund ist § 7 Abs. 2 der Landessatzung auszulegen. Ganz rudimentär wollte man damit zum Ausdruck bringen, dass eine AV vom Prinzip her wie ein regulärer LPT einzuladen und abzuhalten ist, natürlich unter Beachtung der Wahlgesetze. Daher ist dies keine Regelung, die als Verstoß gegen die Wahlgesetze anzusehen wäre, sondern nur als deren Ergänzung soweit die Wahlgesetze dies zulassen. Daher gilt hier die 28-tägige Einladungsfrist wie bei einem regulären LPT. Von einem außerordentlichen LPT mit verkürzter Ladungsfrist ist nicht auszugehen.

AV's die zur Wahl von Kandidaten einer turnusgemäßen Parlamentswahl anzusetzen sind, unterliegen keiner besonderen Eilbedürftigkeit, denn jeder kann sich auf den lange schon vorauszusehenden Wahltermin einstellen. Anders wäre es bei einer vorzeitigen Parlamentswahl, wo erst relativ kurzfristig der Wahltermin naturgemäß bekannt gegeben werden kann. Nur in solchen Fällen wäre eine Einladungsfrist von 7 Tagen anzunehmen. Im voliegenden Fall wäre es daher in jedem Fall falsch, hier von einer 7-tägigen Einladungsfrist auszugehen. Das entspräche auch nicht dem Gebot der demokratischen Gestaltung einer AV wie es die Wahlgesetze fordern. Das Parteimitglied braucht ausreichend Zeit sich auf den anzuberaumenden Termin einzustellen, was nur bei objektiv gebotener Eile auf 7 Tage verkürzt werden dürfte. Das wäre dann der Fall, wenn zwischen Auflösung des Parlamentes und Neuwahl gerade mal eine Zeitspanne von 2-3 Monaten liegt. Hier ist die Reaktionszeit des zuständigen Landesvorstandes, die Suche und Auswahl des AV-Ortes, die Organisation der Einladung, die Wahl, die anschließende Anmeldung beim Wahlleiter, die Gestaltung und Herstellung von Wahlkampfmaterialien und die gebotene Zeit zur Kommunikation im Wahlkampf zu berücksichtigen. Nur unter einem solchen von den Wahlgesetzen ausgehenden Druck, ist von der Rechtfertigung und dem Gebot einer 7-tägigen Einladungsfrist auszugehen.

Somit ist § 7 der Landesatzung eine zwar ungeschickte, aber wirksame Regelung zur weiteren Ausgestaltung einer AV. Es gilt grundsätzlich die 28-Tagesfrist, wenn es sich um eine reguläre turnusgemäße Parlamentsneuwahl handelt.

Diese Frist wurde augenscheinlich verletzt. Auch wenn dies gerade mal wegen wenigen Stunden oder Minuten der Fall wäre, ändert dies nichts an der Feststellung der Satzungswidrigkeit und damit Rechtswidrigkeit der Einladung. Fristgebote sind strikt einzuhalten aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Auf die Feststellung einer Kausalität zwischen Fristüberschreitung und damit verursachter fehlerhaften Zusammensetzung der AV kann es nicht mehr ankommen, selbst wenn man der Auffassung wäre, dass diese marginale Fristüberschreitung das Verhalten der Parteimitglieder nicht beeinflussen konnte. Man kann dies auch mit den Geboten von Verfahrensordnungen vergleichen. Rechtsmittel mit geringen Fristüberschreitungen bleiben auch dann unwirksam, selbst wenn man davon ausgehen könnte, dass diese Zeitverzögerung keinen Einfluss auf die Dispositionen von Gericht und Gegner haben konnte.

Diese Satzungsverletzung ist indes nur parteischiedsgerichtlich beachtlich und dürfte auf die Zulassung des Landeslistenvorschlages durch den Landeswahlleiter keinen Einfluss haben. Hat kein Parteimitglied innerhalb der Frist des §8 Abs. 4 SGO eine schiedsgerichtliche Entscheidung beantragt, so bleibt dieser Fehler unbeachtlich. Denn nach der Rechtsprechung und Literatur (vgl. Lenski, Rd, 27 zu §26 BWahlG; Schreiber, Rd. 23 zu § 26 BWahlG) sind vom Landeswahlleiter nur Verstöße zu prüfen, die die zwingenden Gebote des BWahlG'es verletzen. Und es ist vom Gebot der Einhaltung demokratischer Grundsätze nicht zu beanstanden, wenn faktisch nur eine 27-tägige Ladungsfrist eingehalten wurde, denn jedes Parteimitglied hatte somit immer noch genügend Zeit, sich auf die anberaumte AV einzustellen.


Somit kann als einhellige Auffassung festgehalten werden:

Im Ergebnis ist die Ladungsfrist von 27 Tagen nicht (mehr) angreifbar.


Beste Grüße Emanuel Schach Martina Pöser Bastian Krone Dr. Thomas Walter Jochen Bokor