NRW:Landesparteitag 2010.2/Drogenpolitik

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Dies sind die Vorschläge für den Themenbereich Drogenpolitik im Wahlprogramm der NRW-Piraten zur Landtagswahl 2010.

Um auf der LMV die vorgeschlagenen Wahlprogrammmodule möglichst schnell abstimmen zu können, sollen möglichst viele NRW-Piraten bereits im Vorfeld eine Meinung zu dem Modul in einer Doodle-Umfrage abgegeben. Dies ist keine endgültige Stimmabgabe, sondern dient nur dazu, die Abstimmungen auf der LMV sinnvoll strukturieren zu können.

Doodle Umfrage

7.1 Präambel (Variante A) - Grundlegende Absicht piratiger NRW-Drogenpoltik

Die fast ausschließlich auf Prohibition basierende internationale, nationale und landesweite Drogenpolitik ist in all ihren Absichten gescheitert. Das erklärte Ziel einer drogenfreien Gesellschaft kann erwiesenermaßen nicht erreicht werden. Trotz stetig weiter verschärfter Verfolgung steigen die Konsumentenzahlen ebenso stetig an, während diese Vorgehensweise gleichzeitig viele Probleme und hohe Kosten produziert. Dies belegen sogar Studien, Zahlen und Fakten aus Regierungskreisen und unseren Behörden. Polizei, Staatsanwaltschaften und die Gerichte ersticken in der politisch aufgezwungenen Verfolgung selbst von Gelegenheitskonsumenten, die ansonsten völlig gesetzestreue und voll integrierte Bürger sind. Gleichzeitig werden jedoch die enormen gesellschaftlichen, volkswirtschaftlichen und gesundheitlichen Schäden durch ganz legale Drogen, sowie auch eine immer weiter verbreitete alltägliche Einnahme von Pharmaprodukten 'für und gegen alles' nur sehr bedingt als Problem gesehen.

Wir, die Piraten des Landesverbands NRW, wollen endlich den nötigen Denkwechsel, eine Ent-Tabuisierung, das Durchbrechen alter Lobbystrukturen und das Ablegen versteinerter Dogmen. So soll ein sinnvolles, sachliches Herangehen an diese Thematiken ermöglicht werden.
Unsere Themen berühren an manchen Stellen auch Bundesrecht, jedoch wollen wir mittels Pilotprojekten und Versuchen auf Landesebene NRW zum Vorreiter für diese neue, sachorientierte Herangehensweise machen.

Autor AK Drogenpolitik

7.2 Präambel (Variante B) - Prohibition und deren Scheitern

1961 beschlossen die Vereinten Nationen das Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel mit dem Ziel einer drogenfreien Gesellschaft. Dem Abkommen zugrunde liegt die als „Erkenntnis“ bezeichnete Auffassung, „dass die Betäubungsmittelsucht für den Einzelnen ein Übel und für die Menschheit eine wirtschaftliche und soziale Gefahr darstellt“. Das Abkommen ist strikt auf Prohibition ausgelegt. Nicht nur das die Prohibition ihr Ziel verfehlt hat - der Drogenkonsum in Deutschland steigt seit Einführung dieser Maßnahmen - sie hat auch ganz neue Problemfelder geschaffen. So bietet z.B. der Handel mit Cannabis jedermann einen einfachen Einstieg in die organisierte Krimininalität. Auch strecken viele Dealer ihren Stoff, was zu erheblichen gesundheitlichen Schäden bishin zum Tode des Konsumenten führen kann.

Setzt man sich mit der Entstehung der Drogenpolitik und -prohibition auseinander, so wird schnell deutlich, dass hier vornehmlich wirtschaftliche Interessen im Vordergrund standen. Daher fordern wir, dass die Prohibition hinterfragt wird und alternative Konzepte für den Umgang mit Drogen, bei denen das Wohl des Menschen im Vordergrund steht, geschaffen werden. Drogenpolitik muss von Fachleuten (z.B. Medizinern, Sozialarbeitern, etc...) bestimmt werden und darf nicht dem organisierten Verbrechen, der Pharmalobby und den Strafverfolgungsbehörden überlassen werden. Mittels Pilotprojekten und Versuchen auf Landesebene soll NRW zum Vorreiter werden für eine neue, sachorientierte Herangehensweise werden.

Autor AK Drogenpolitik

7.3 Gewährleistung des Datenschutzes in der Drogenpolitik

Die informationelle Selbstbestimmung ist auch im Bereich der Drogenpolitik zu gewährleisten. - Besonders große Firmen und Konzerne führen immer häufiger Einstellungstests mit einer medizinischen Kontrolle auf Drogenkonsum ein. Diese Tests werden den Bewerbern - die sich hierzu schriftlich einverstanden erklären müssen - indirekt aufgezwungen, weil sie bei Verweigerung keine Chance auf die Arbeitsstelle bekommen. Interessanterweise wird in diesen Tests Alkoholmissbrauch nicht abgefragt, obwohl dieser nachweislich die weitaus größeren Probleme im Arbeitsleben produziert.

Wir, die Piraten in NRW, wenden uns strikt gegen die Praxis vieler Firmen, Drogentests zum Standard bei Einstellungsverfahren zu machen. Diese Grauzone gilt es gesetzlich zu regeln, und den Firmen diese immer weiter verbreitete Vorgehensweise zu verbieten. Hierbei soll NRW ein Vorreiter sein und damit auch bundesweit ermöglichen, das Bestreben der großen Firmen zu stoppen, ihre Mitarbeiter völlig zu durchleuchten.

- Amtsmitarbeitern mit Bürgerkontakt ist es - auch ohne jede fachliche Qualifikation - erlaubt, reine Vermutungen über einen möglichen Drogenkonsum in persönliche Akten einzutragen. Derartige Einträge werden in der Folge nicht mehr hinterfragt und können so zu enormen, ungerechtfertigten Hürden für die Betroffenen werden.

Die Praxis ungeschulter Mitarbeiter in Behörden, reine Vermutungen bezüglich eines 'Drogenkonsums' in persönliche Akten einzutragen und diese weiterzugeben, ist zu unterbinden.

- Im Rahmen von Ermittlungen des LKA kommt es immer wieder dazu, dass Leute unschuldig des Konsums/Besitzes/Verkaufs von illegalen Drogen verdächtigt werden. Eine erkennungsdienstliche Behandlung findet hierbei oft in rechtlich fragwürdigem Rahmen statt. Die so festgestellten sehr persönlichen Daten müssen nach ergebnislos gebliebenen Ermittlungen umgehend wieder gelöscht werden. Dies wird heute leider nicht so praktiziert. Betroffene sind gezwungen mittels selbst bezahltem rechtlichen Beistand eine solche Löschung durchzusetzen.

Die Piraten pochen auf Löschung personenbezogender Daten, wenn sich ein Verdacht nicht bestätigt. Eine weitere Verwendung der Daten, sowie die Weitergabe hat auf jeden Fall zu unterbleiben.

- In staatlichen Hilfsprogrammen, z.B. bei der Methadon-Substitution, müssen teilnehmende Personen zur Erlangung der Krankenkassenleistung ihren behandelnden Arzt von jeder Schweigepflicht entbinden.

Diese beispiellose und entwürdigende Vorgehensweise ist aufzuheben. Drogenkranke Menschen sind - wie alle anderen Bürger auch - als normale Patienten zu behandeln.

Autor AK Drogenpolitik

7.4 Präventionsunterricht an Schulen

Die Maßnahmen im Bereich der Drogenprävention an Schulen sind unzulänglich, und auch der Wissensstand des lehrenden Personals erweist sich oft als sehr gering. Einzelne Pilotprojekte haben jedoch gezeigt, wie wichtig und nachhaltig eine gute Prävention bereits im Grundschulalter ist. Jedweder Erstgebrauch, ob bei legalen oder illegalen Substanzen, nahm in den teilnehmenden Gruppen gegenüber den Vergleichsgruppen sehr deutlich ab. Die hier erzielten Erkenntnisse und Erfolge tragen die Kinder wie selbstverständlich auch in die weiterführenden Schulen und ihren Freudeskreis. So wird für eine Multiplikation gesorgt, die Unterricht alleine kaum leisten kann.

Die NRW-Piraten regen an, auf der Basis solcher Beispiele mit Vorbildcharakter ein landesweit flächendeckendes Informations- und Aufklärungskonzept zu entwickeln. Hierbei soll besonderes Augenmerk auf einheitliches und sachliches Lehrmaterial sowie eine vorbereitende Schulung des Lehrpersonals gelegt werden, um Bildungseinrichtungen einen kompetenten Unterricht zu ermöglichen. Auch externe Fachreferenten sollen Teil dieses Konzepts werden, um besonders in der Sekundarstufe das Wissen bei Lehrern und Schülern zu vertiefen. Grundgedanke und Ziel ist es Vorurteile gegen Wissen auszutauschen.

Autor AK Drogenpolitik

7.5 Freigabe von Cannabis zu medizinischen Zwecken

Die Cannabispflanze enthält eine Reihe von Wirkstoffen, die ein hohes Potential zur medizinischen Nutzung haben. Von diesen Stoffen - sogenannten Cannabinoiden - gibt es circa 60 verschiedene, die alle ein unterschiedliches Wirkungsprofil aufweisen. Diese Substanzen bieten Linderung und Heilung bei vielen schwerwiegenden Leiden und gerade auch bei Krankheiten wie z.B. Krebs, HIV, Tourette, Epilepsie, Schmerztherapie, Rheuma, Arthritis oder Multiple Sklerose, für die die klassische Schulmedizin keine abschließenden Behandlungsmöglichkeiten kennt. Wärend international hier ein mehr als deutlicher Trend in diese Richtung zu verzeichnen ist - immer mehr Länder gehen diesen Weg - wird in Deutschland nach wie vor jede sachorientierte Herangehensweise verweigert.

Die NRW-Piraten fordern hier ein weitgehendes Umdenken und eine umgehende Verschiebung von medizinischem Cannabis von BtMG-Anlage I ('nicht verkehrsfähige Stoffe') in Anlage III ('verschreibungsfähige Stoffe'). Patienten, die auf die medizinische Nutzung von Cannabis angewiesen sind, soll der Zugang wie zu jeder anderen Arznei aus diesem Bereich ermöglicht werden. Außerdem werden so die Hürden, die eine zukunftsweisende Forschung in diesem Bereich verhindern, aus dem Weg geräumt.

Autor AK Drogenpolitik

7.6 Stärkung der Aufklärung von Patienten und Ärzten zu Medikamentenmissbrauch und -sucht

Der bisherige Fokus der Aufmerksamkeit der Drogen- und Suchtpolitik liegt in erster Linie im Bereich der illegalen Drogen. Zahlreiche verschreibungspflichtige Medikamente verfügen jedoch über ein ernstzunehmendes Missbrauchs- und Suchtpotential. Nach aktuellen Studien sind in Deutschland 2 Mio. Menschen dauerhaft von einer Medikamentensucht betroffen. Ein wichtiger Schritt zur Verringerung der Suchtproblematik ist daher die vermehrte Aufklärung der Patienten und im Besonderen auch der verschreibenden Ärzte. Wichtig hierbei ist die frühe Erkennung von gefährdeten und bereits abhängigen Patienten. Es ist heute gängige Praxis, Sedativa und ähnliche Medikamente mit hohem Suchtpotential auch für Kassenpatienten auf Privatrezepten zu verschreiben. Das macht eine Erfassung der Zahlen und Umsätze in diesem Bereich unmöglich und führte zu einem Graubereich mit tragischen Folgen. Sehr stark gefördert und dahingehend gesteuert wird diese Praxis besonders aus den Reihen der Pharmaindustrie, die hierbei im Zusammenspiel mit Ärzten ihre kommerziellen Interessen vertritt.

Die Krankenkassen spielen seit je her eine zentrale Rolle im Bereich des Monitorings in unserem Gesundheitssystems. Die NRW-Piraten regen daher an, eine anonymisierte Erfassung von Privatrezepten durch die Krankenkassen einzuführen, die sich ausschließlich nach einem festen Katalog suchtgefährlicher Medikamente richtet. So werden aussagekräftige Zahlen über die Umsätze bei solchen Medikamenten erst ermöglicht. Zudem kann so die durch das sogenannte 'Ärztehopping' verschleierte Mehrfachverschreibung an viele abhängige Patienten aufgedeckt werden.
Die so gewonnenen - zunächst nicht personenbezogenen - Daten (Medikament, Datum, Menge - relativ zu einer anomynen Arzt/Patienten-Kennzahl) sollen vor einer jährlichen Löschung in regelmäßigen Abständen durch ein Gremium aus Ärzten, Psychologen, Krankenkassenvertretern mit Hinsicht auf problematische Häufungen untersucht werden. Erst wenn hier entschieden wird, ob und wo dieses Gremium Handlungsbedarf sieht, werden dazu die entsprechenden Daten der verschreibenden Ärzte und der betroffenen Patienten herangezogen. Daraufhin soll eine direkte Klärung durch verschreibende Ärzte erfolgen. Ist dies nicht möglich oder wird verweigert, soll eine Beratung und in besonderen Fällen auch eine aufklärende Ermahnung folgen.
Ziel dieser gesamten Vorgehendweise ist ausschließlich das Schaffen von Problembewusstsein und eine deutliche Verringerung der Zahl der Medikamentenabhängigen. Keineswegs soll hier eine Verurteilung oder eine dauerhafte Datensammlung stattfinden, denn nur wenn hier Einsicht erzeugt werden kann ist dieser immer stärker werdenden Problematik beizukommen.
Dieses Konzept soll auf Landesebene vorbereitet und getestet werden, und so Vorbildfunktion für die Bundespolitik zu haben.
Über diese konkreten Maßnahmen hinaus soll das Land NRW mit einer allgemeinen Aufklärungskampange Vorreiter werden, um auch auf diesem Wege Problembewusstsein zu schaffen und Aufklärung zu betreiben. Zudem sollen begleitend umfangreiche Hilfs- und Präventionsprogramme initiiert, bzw. ausgeweitet werden, um bereits betroffenen oder gefährdeten Menschen Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen, den Suchtkreislauf zu durchbrechen.

Autor AK Drogenpolitik

7.7 Kennzeichnungspflicht von Medikamenten mit Sucht - bzw. Abhängigkeitspotential

Um auf die potentielle Suchtgefahr bei bestimmten Medikamten aufmerksam zu machen, müssen die Pharmahersteller in die Pflicht genommen werden. Wie schon bei Zigaretten üblich, sollten vereinheitlichte Warnhinweise auf die Medikamentenverpackungen aufgedruckt werden. Aus diesen muss hervorgehen, daß es sich bei dem Medikament um eine Arznei handelt, die ein potentielles Suchtrisiko beinhaltet. Diese Warnhinweise sollen Patienten sensibilisieren und schon im Vorfeld auf die Gefahr einer Sucht hinweisen. Der Grund: Die oft sehr versteckt in der Packungsbeilage beschriebenen Hinweise werden allzu leicht nicht wahrgenommen. Darüber hinaus könnte vom Apotheker bei der Ausgabe des Medikamentes ein Informationsblatt zum Thema "Suchtgefahren bei Medikamenten" angeboten werden, das mit weiteren Informationen ein Angebot zum Umgang mit Suchtgefahren darstellen soll und Hilfe beim Auffinden von geeigneten Stellen für Hilfesuchende bietet.

Autor AK Drogenpolitik

7.8 Missbrauch von AD(H)S-Medikamenten

Im Bereich der Medikamente auf Methylphenidat-Basis häufen sich die Berichte über steigenden Missbrauch. Dies betrifft Schulen, Universitäten, aber auch Berufszweige, die hohe Ansprüche an die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit stellen. Diese eigentlich zur Behandlung von AD(H)S gedachten Mittel werden als Leistungssteigerungsdroge missbraucht und es entwickeln sich/existieren hier bereits Schwarzmärkte. Metylphenidat ist der Partydroge 'Speed' (Methylphenitylamin) chemisch sehr verwandt und weist bei entsprechend hoher Dosierung auch vergleichbare Wirkungen auf. Neben dem vom Nutzer gewünschten Konzentrations und Fokussierungseffekt kann es hier schnell zu Wesensveränderungen, Stimmungsschwankungen, Aggressivität bis hin zu depressiven Episoden kommen. Besonders heikel ist jedoch, das viele Nutzer die Tabletten zerstoßen und dann schnupfen. Dabei erweisen sich die Trägerstoffe in den Tabletten - beispielsweise Talkum - als akut hochgefährlich. So aufgenommen können diese Füllsubstanzen schnell zu Gefäßverstopfungen ín Lunge und Hirn führen und Embolien und Schlaganfälle auslösen.

Diese Entwicklung - in den USA schon weit verbreitet - gilt es zu stoppen, denn neben der enormen gesundheitlichen Gefährdung der Nutzer ergibt sich hier auch eine starke Wettbewerbsverzerrung. Diese Reaktion von Schülern und Studierenden auf den stark gestiegenen Leistungsdruck birgt die Gefahr, Lernerfolge auch auf diesem Wege manipulierbar und abhängig vom finanziellen Hintergrund werden zu lassen. Zudem ist hier der Faktor Gruppenzwang nicht zu unterschätzen.
Die Piraten des Landesverbandes NRW wollen, dass das Land NRW eine Aufklärungskampagne in Leben ruft, die wiederum Vorbildcharakter haben soll für die Bundespolitik. Darüber hinaus sollen die Quellen derartiger Mengen eines verschreibungspflichtigen - und bei Mißbrauch auch gesundheitgefährenden - Medikaments auf dem Schwarzmarkt aufgedeckt werden. Eine denkbare Quelle hier sind die um mehrere hundert Prozent gestiegenen Verschreibungen von AD(H)S-Medikamenten in den vergangenen Jahren, wo leider häufig keine ausführliche ärztliche Diagnose mehr zugrunde gelegt wird.

Autor AK Drogenpolitik