NRW:Kreis Recklinghausen/Stammtisch/Castrop-Rauxel/Presse/2009-09-22 PPCR Stellungnahme eines Piraten zu einem Artikel der RuhrNachrichten

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Sehr geehrte Damen und Herren,

am Freitag, den 18.09.2009 hat Ihre Zeitung einen Artikel zum Auftritt der Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Castrop-Rauxel veröffentlicht. In diesem Artikel wurden die Castroper Mitglieder der Piratenpartei als ein Häuflein protestierender Piraten erwähnt, welchem von Frau von der Leyen "die Leviten" gelesen wurde.

Leider gaben sie mir (einem der protestierenden Piraten) vor der Veröffentlichung ihres Artikels keine Chance zur Begründung meines Protests. Um meinen Standpunkt gegenüber den Lesern Ihrer Zeitung zu vermitteln, möchte ich mit diesem Leserbrief zu Frau von der Leyens Ausführungen Stellung nehmen: *Der Protest am vergangenen Freitag richtete sich ausdrücklich nicht dagegen, dass Kinderpornographie im Internet bekämpft werden soll, sondern dagegen, wie die Bundesregierung dieses Vorhaben in der Praxis umzusetzen versucht.*

„Das Internet ist kein moralfreier Raum“ wurde Frau von der Leyen zitiert.

Hinter dieser Aussage stehe ich zu 100 Prozent. Das Internet ist kein rechts- oder moralfreier Raum. Zudem war das Internet auch nie ein rechts- oder moralfreier Raum und es sollte - zumindest aus meiner Sicht - auch nie ein rechts- oder moralfreier Raum werden. Alle Gesetze der “realen” Welt gelten ohne Einschränkung auch im Internet. Kinderpornographie ist ein Verbrechen und muss im Internet (ebenso wie im realen Leben) mit allen rechtstaatlichen Mitteln bekämpft werden.

Weiter wurde Frau von der Leyen mit den Worten zitiert: „Wenn sogar Italien solche Seiten sperrt, sollten wir auch in Deutschland dazu in der Lage sein“. Diese Anspielung unterstellt den Italienern eine geringere Kompetenz als den Deutschen, so dass ich mich hiermit öffentlich bei allen Italienern für die Aussage der Ministerin entschuldigen möchte. Darüber hinaus impliziert diese Aussage beim Empfänger aber auch: “Ja, es ist technisch möglich, kinderpornographisches Material im Internet zu sperren.” Nach dieser Aussage gibt es aus meiner Sicht keinen Grund, warum die Listen nicht veröffentlicht werden sollten. Die Liste könnte bei funktionierender Sperr-Technik zur Kontrolle für Jedermann öffentlich zugänglich gemacht werden, ohne dass die gesperrten Inhalte selbst zugänglich wären. Das wäre die Transparenz, die ich fordere! Frau von der Leyen sagte an anderer Stelle, dass ein Kontrollgremium die Sperrlisten stichprobenartig kontollieren würde. Ich sage: “Ein Kontrollgremium, welches nur stichprobenartig die Listen prüft, ist absolut nicht ausreichend, um eine Ausweitung der Zensurmaßnahmen auf andere Inhalte ausschließen zu können. Solange diese Ausweitung nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden kann, ist dieses Gesetz in seiner Form für mich nicht hinnehmbar."

Gerne biete ich Frau von der Leyen die Zusammenarbeit zur Überarbeitung ihres Gesetzesentwurfs an. Es geht mir ausdrücklich nicht darum, die CDU in ein schlechtes Licht zu rücken, sondern ein offensichtlich mangelhaftes Gesetz zu verbessern.

Abschließend möchte ich noch auf einen weiteren Aspekt der Veranstaltung hinweisen: Die Veranstaltung wurde im Vorfeld angekündigt als Bürdgerdiskussion mit Frau von der Leyen. Ich war sehr erfreut darüber, im Rahmen einer Bürgerdiskussion den Dialog mit Frau von der Leyen führen zu können. Rückblickend auf die Veranstaltung muss ich jedoch resümieren: Es handelte sich nicht um die angekündigte Bürgersprechstunde, sondern um einen einstündigen Monolog der Ministerin – ohne die Chance ihr Fragen stellen zu können. Auch meine sehr deutlichen Handzeichen während der Verabschiedung der Ministerin durch Philipp Mißfelder wurden ignoriert. Nicht nur ich fand kein Gehör, sondern auch den anwesenden Bürgern wurde kein Dialog angeboten.

Mit freundlichem Gruß,

Till Neuhaus