NRW:Arbeitsgruppe/Presse/PM 2010-09-20 Eine verhüllte Wahrheit
Piraten NRW mit Aktion zum geplanten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag
Mit einer außergewöhnlichen Aktion hat die Piratenpartei am Sonntag in Düsseldorf auf die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) aufmerksam gemacht. Die NRW-Piraten haben die Problematik des Vertrags auf die analoge Welt übertragen und am Sonntagnachmittag das Stadterhebungsmonument in der Düsseldorfer Innenstadt verhüllt. Das Monument zeigt unter anderem die Schlacht von Worringen, nach deren Ende Düsseldorf zur Stadt wurde. Und wie es bei Darstellungen von Schlachten so üblich ist, gehören dazu auch Totenköpfe und Waffen.
«Solche Darstellungen wären mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag möglicherweise auf Uhrzeiten nach 22 Uhr verbannt oder mit einer Altersfreigabe versehen. Unabhängig davon, ob es um Geschichte oder Kultur geht. Der JMStV schiesst weit über sein eigentliches Ziel, den Jugendschutz, hinaus», erklärte der Organisator der Aktion, Sebastian Greiner, den Sinn der Verhüllung.
Eine Reisegruppe, die das Stadterhebungsmonument just in diesem Moment besichtigen wollte, war allerdings nicht sehr angetan. Die Touristen bekamen so unmittelbar zu spüren, wie es sich anfühlt, auf Inhalte nicht zugreifen zu können. Herbeigerufene Polizeibeamte beendeten die Aktion nach kurzer Diskussion schließlich und sprachen eine Verwarnung, aber keinen Platzverweis aus.
Die Piratenpartei kritisiert die mit dem JMStV geplanten Sendezeiten für das Internet sowie die quasi verpflichtende Kennzeichnung von Inhalten. «Irgendwo auf der Welt ist es immer nach 22 Uhr. Diese geplanten Regelungen sind weltfremd und laufen schlicht ins Leere. Gleichzeitig ist es für Privatpersonen, die Inhalte anbieten und ins Netz stellen, nahezu nicht leistbar, diese korrekt zu kennzeichnen. Ihnen bleibt so eigentlich nur der Weg, ihre Inhalte als «ab 18» zu kennzeichnen.», so Sebastian Greiner weiter.
Die von den Länderparlamenten noch zu verabschiedende Neufassung des JMStV plant umfangreiche Regelungen im Bereich Jugendschutz für das Medium Internet. Anbieter von Inhalten sollen diese entweder mit einer Altersfreigabe versehen oder erst ab bestimmten Uhrzeiten im Netz zur Verfügung stellen. Eine noch zu entwickelnde Jugendschutzsoftware kann dann von den Eltern auf den PCs ihrer Kinder installiert werden. Diese Software soll jugendgefährdenden Inhalt gemäß der Altersfreigaben herausfiltern. Bei Verstößen gegen den Vertrag drohen Anbietern empfindliche Geldstrafen.
Das NRW-Parlament beriet am vergangenen Freitag das erste Mal über den JMStV. In einer anschließenden Abstimmung wurde das Thema an den Haupt- und Medienausschuss des Landtags übergeben. Nach Meinung vieler Experten ist die Neufassung nicht ausgereift, technisch nicht umsetzbar und auch aus medienpädagogischer Sicht falsch. Die Piratenpartei NRW wird dem Ausschuss in den nächsten Tagen ein Dokument mit Kritikpunkten und möglichen Alternativen übergeben.
http://wiki.piratenpartei.de/Jugendmedienschutz-Staatsvertrag/Aktuell
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MME15-43.html
Fotos (cc-by Bastian Greshake)
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