Nürnberger Katalog
Stand: 29. April 2014
Inhaltsverzeichnis
Fragen an Kandidaten der Piratenpartei (Wiki-Vorlage)
Vorwort
Es ist eine wesentliche Eigenschaft der repräsentativen Demokratie, daß in regelmäßigen Abständen Personenwahlen nach allgemeinen Wahlrechtsgrundsätzen stattfinden. Neben Bundestag, Landtagen und anderen demokratischen Einrichtungen werden Kraft Gesetz auch Ämter innerhalb politischer Parteien mindestens alle zwei Jahre neu gewählt.
Bedingt durch die in der Piratenpartei bewußt sehr zugänglich gehaltenen Strukturen sehen wir uns als Mitmachpartei regelmäßig einer unübersichtlich großen Anzahl Kandidaten gegenüber. Die Listenaufstellung zur vorgezogenen Landtagswahl 2012 in Nordrhein-Westfalen und die zahlreichen Kandidaturen für Vorstandsämter am Bundesparteitag 2012 in Neumünster sind nur zwei eindrucksvolle Beispiele. In der Regel werden den Kandidaten im Internet und auf Veranstaltungen schon vorab viele Fragen gestellt, die zeigen sollen, ob jemand tatsächlich geeignet oder eher ungeeignet ist. Bislang waren Qualität und Relevanz der Fragen aber höchst schwankend. So werden nach vereinzelten Vorfällen mittlerweile regelmäßig Fragen zur Vorgeschichte in extremistischen Parteien gestellt, die zielgerichtete Ansprache auf sonstigen Extremismus wie z.B. Scientology unterbleibt jedoch genauso regelmäßig. Im Bereich Verwaltung mit der häufig nur spartanischen Kandidatenauswahl ist das Hinterfragen der generellen Vertrauenswürdigkeit einer Person, die Vollmachten für ein immer häufiger sechsstelliges Parteivermögen erhalten soll, oft die Ausnahme denn die Regel.
Der hier vorgelegte Nürnberger Katalog versucht deshalb jedem Interessierten einen Satz Standardfragen an die Hand zu geben, der sowohl das bisher bekannt gewordene Spektrum an Skandälchen, als auch denkbare weitere Szenarien abzudecken versucht. Natürlich kann ein Katalog nicht sicherstellen, daß jederzeit wahrheitsgetreu und ohne kreatives Weglassen relevanter Umstände geantwortet wird. Jedoch versperrt er Kandidaten im Nachhinein die Möglichkeit darauf zu verweisen, vor der Wahl zu einer Sache nie befragt worden sei. Auch wiegt aktiver Vertrauensbruch ungleich schwerer als passives Verschweigen und rechtfertigt beispielsweise Rücktrittsforderungen ohne weiteres Zutun schon aus sich heraus. Aufgrund der - hinsichtlich derzeitiger Umfragewerte - weiter erwartbaren Wahlergebnisse besteht seitens der Piratenpartei sogar die Verpflichtung, im Sinne ihrer Wähler ein Mindesmaß an Fürsorge dafür zu tragen, daß Personen, die extremistisches Gedankengut hegen oder aus einem anderen Grund ungeeignet sind, ein Amt oder Mandat zu bekleiden, als Trittbrettfahrer keine Chance erhalten. Genauer nachzufragen ist ein auf alle Gliederungen der Partei leicht ausweitbarer erster Schritt. Versäumen wir dies, werden das nach Wahlen andere und - dann zu unserem Schaden - für uns übernehmen.
Einsatz bei Wahlen
Fragenkatalog
1. Allgemein
Frage 1: Seit wann bist du Mitglied in der Piratenpartei und welche anderen Parteimitgliedschaften hast du oder hattest du inne?
Frage 2: Wieviel Zeit wirst du im Falle deiner Wahl pro Kalenderwoche einbringen?
Frage 3: Welche Personen haben dir für den Fall deiner Wahl fest zugesagt, daß sie dich bei deinen Aufgaben unterstützen werden?
Frage 4: Bist du mit anderen Kandidaten verwandt oder verschwägert?
Frage 5: Sind deine Personalien mindestens einmal von einem unabhängigen Verwaltungspiraten verifiziert worden?
Frage 6: Wurde gegen dich innerhalb einer politischen Partei in der Vergangenheit eine Ordnungsmaßnahme verhängt?
Frage 7: Ist gegen dich ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit eingeleitet worden?
Frage 8: Bist du überschuldet oder derzeit in einer Privatinsolvenz?
Frage 9: Hast oder hattest du bereits Verantwortung über fremdes Geld und falls ja, in welcher Größenordnung?
Frage 10: Bist du vorbestraft?
2. Bei Verwaltungsämtern
Frage 11: Welche Tätigkeiten in der Verwaltung einer Partei oder einer anderen ähnlichen Organisation hast du bereits ausgeübt?
Frage 12: Auf welchen Ebenen und wie gut bist du in die Verwaltung der Piratenpartei Deutschland bislang vernetzt?
Frage 13: Was sind die hauptsächlichen Tätigkeitsgebiete eines Generalsekretärs und eines Schatzmeisters bei den Piraten?
Frage 14: Welche Erfahrung bringst du hinsichtlich unserer eingesetzten Software-Lösungen ein?
Frage 15: Hast Du bereits für eine Gliederung einen Rechenschaftsbericht erstellt?
Frage 16: Welche drängenden Probleme sind derzeit in der Verwaltung vorrangig zu lösen?
3. Organisationen
(Hinweis: Eine Liste relevanter Organisationen findet sich im Anhang.)
Frage 17: Bist oder warst du Mitglied einer oder mehrerer extremistischer oder extremistisch beeinflusster Organisationen?
Frage 18: Unterstützt du eine oder mehrere extremistische oder extremistisch beeinflusste Organisationen oder andere verfassungsfeindliche Bestrebungen oder hast du solche unterstützt?
Frage 19: Beschäftigst du dich oder hast du dich in der Vergangenheit privat oder beruflich mit Komissarischen Reichsregierungen, Exilregierung des Deutschen Reiches, Esoterik, Pseudowissenschaften, Scharlatanerieprodukten, Okkultismus, Satanismus, Verschwörungstheorien, Trutherbewegungen, Ufologie, Kreationismus oder Sekten beschäftigt?
4. Frühere DDR
Frage 20: Bist du für das frühere Ministerium für Staatssicherheit / für das Amt für Nationale Sicherheit der ehemaligen DDR oder für eine der Untergliederungen dieser Ämter oder ausländische Nachrichtendienste oder vergleichbare Institutionen tätig gewesen?
Frage 21: Warst du so genannter Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit / Amtes für Nationale Sicherheit der ehemaligen DDR oder ausländischer Nachrichtendienste / Institutionen bzw. hast du eine Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit einer der genannten Stellen unterschrieben?
Frage 22: Hast du vor dem 8. November 1989 eine Funktion bei der SED, bei anderen mit ihr verbundenen Parteien, in Massenorganisationen / gesellschaftlichen Organisationen der früheren DDR oder eine sonstige herausgehobene Funktion im System der ehemaligen DDR ausgeübt?
5. Scientology
Frage 23: Stehst du in geschäftlichen oder sonstigen Beziehungen (z.B. ehrenamtlicher oder angestellter Mitarbeiter, Vereinsmitglied, Inhaber eines vertraglichen Nutzungsrechts hinsichtlich der Technologie des Gründers der Scientology-Organisation, L. Ron Hubbard) zu einer Organisation, die nach deiner Kenntnis die Technologie von L. Ron Hubbard verwendet oder verbreitet oder nach diesen Methoden arbeitet? Hinweis: Unter den Begriff "Organisationen" fallen alle Organisationen, Gruppen und Einrichtungen der Scientology-Organisation, d.h. z.B. auch solche, die sich im sozialen und wirtschaftlichen Bereich oder im Bildungsbereich betätigen.
Frage 24: Unterliegst du den Weisungen einer Organisation, die Hubbards Technologie verwendet oder verbreitet?
Frage 25: Hast du in den letzten fünf Jahren teilgenommen oder nimmst du an Veranstaltungen, Kursen, Schulungen, Seminaren o.ä. bei o.g. Gruppierungen teil, die die Technologie von L. Ron Hubbard verwenden oder verbreiten oder nach diesen Methoden arbeiten, oder hast du dich hierzu bereits angemeldet?
Frage 26: Unterstützt du o.g. Gruppierungen auf andere Weise ideell oder finanziell?
Frage 27: Arbeitest du nach Methoden von L. Ron Hubbard oder wurdest du nach dieser Methode geschult?
6. Arbeitsmethodik und -Erfahrung
Frage 28: Hast Du Erfahrung in Menschenführung? Hast Du bereits Menschen angestellt, beauftragt oder entlassen?
Frage 29: Mit wem besprichst Du Dich, und wer gibt Dir Ratschläge in politischen und organisatorischen Fragen?
Frage 30: Kannst Du privates und amtsbezogenes trennen?/ Wärst Du in der Lage auch Freunden eine Ordnungsmaßnahme zu erteilen?
Frage 31: Welche Priorität hat Transparenz in deiner täglichen Arbeit? Kannst du Beispiele nennen, bei denen du im Team oder alleine Entscheidungen getroffen hast, wo man im Nachhinein erlesen kann, wie es dazu kam?
Frage 32: Welche Priorität hat die Mitwirkung von Dritten in deiner täglichen Arbeit? Wie bindest du Dritte ein oder nimmst auf deren Input Rücksicht? Kannst du uns Beispiele nennen?
Frage 33: Wie gehst du mit inhaltlich wertvollen Input um, wenn dieser von Menschen vorgetragen wurde, die du nicht magst oder denen du keine Plattform geben willst?