Mein-anonymes-Ich

Aus Piratenwiki
Wechseln zu: Navigation, Suche
Tango-text-x-generic with pencil.svg Dieser Artikel ist keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern hier findet/fand eine offene Diskussion des Themas statt.

Wenn Du meinst, diese Idee erweitern zu können, tu es, aber bitte beachte die Diskussionsregeln. Ist die Idee tragfähig und mehr als eine Einzelmeinung, so kann man das Ganze auch als Entwurf kennzeichnen.

Tango-preferences-system.svg Diese Seite ist noch im Entwurfs-Stadium und wird gerade gemeinschaftlich erstellt. Beteilige Dich und beachte die Artikeldiskussionsseite.
Inhaltsverzeichnis: Aktionen
Warum wir Anonymität im Internet brauchen...

Freie Meinungsäußerung

Differenzierung zwischen Privat- und Berufsleben

Es gibt gute Gründe, eine Trennung zwischen privater Meinung und beruflichen Interessen aufrechtzuerhalten: Man denke beispielsweise an einen Polizeibeamten, der im Dienst eine gesetzeswidrige Aktion bei einem Einsatz beobachtet und sich privat kritisch über diese äußern will, nicht jedoch offiziell. Beispiele für die Notwendigkeit einer solchen Differenzierung kann es viele geben. Niemand möchte seinem Chef die eigene private Einstellung unter die Nase reiben. Der Anspruch auf eine Trennung zwischen Privat- und Berufsleben lässt sich, da wir nunmal über nur einen Namen verfügen, nicht besser als via Pseudonym verteidigen. Es ist ein Ausdruck einer freien Gesellschaft, dass Individuen ihre Identität kontextspezifisch neu definieren - dabei darf auch der Unterschied zwischen Privatsphäre und Beruf nicht ausgeklammert werden. Wir sind weit entfernt von einer (erstrebenswerten) Gesellschaft, in der Arbeit im Kern der Selbstverwirklichung dient und somit untrennbar verbunden ist mit dem, was uns Spaß macht - wer den privaten Freiraum der ArbeitnehmerInnen einschränkt, mindert den Erholungswert der Freizeit und schadet damit der gesamten Volkswirtschaft.

Kulturgut

Die Geschichte lehrt, dass viele Meilensteine des uns heute als heutigen Kulturguts bekannten Erbes auf anonym veröffentlichten Textes Schriften basieren. Texte, die mit Klarnamen nicht hätten veröffentlicht werden können. Man denke Beispielsweise an die Vorlage für J.W. von Goethes Faust (siehe hierzu u.a. Udo Vetter) oder an den 1834 anonym erschienenen "Hessichen Landboten" (siehe hierzu z.B. Eintrag zum Landboten) Es sei am Rande angemerkt, dass diese Problematik durchaus nicht zur abgeschlossenen geschichtlichen Vergangenheit gehört und auch nicht alle Spektren möglicher politischer Überzeugungen abdeckt. So können heute einige fragwürdige politische Einstellungen problemlos mit einem Klarnamen veröffentlicht werden (Stichwort Sarrazins "Kopftuchmädchen").

Whistleblowing / Aufdeckung von Missständen

Bei Ausübung ihres Berufs erfahren Menschen unter Umständen von rechtswidrigen oder unethischen Vorgängen. Sie sind aber in einem solchen Fall durch Gesetze ("Verletzung des Dienstgeheimnisses", "Geheimnisverrat") und/oder Verträge zum Schweigen verpflichtet oder auf ihren Beruf als Einkommensquelle angewiesen. Daher kommt für sie nur in Frage, anonym zu bleiben, oder zu schweigen, wenn dies nicht möglich ist. Anonymität im Internet kann helfen, Missstände ohne Gefahr von Repressionen oder strafrechtlichen Konsequenzen aufzudecken.

In vielen autoritären Staaten werden Andersdenkende und Oppositionelle streng verfolgt und bedroht. Über anonyme Kanäle können sie ähnlich wie Whistleblower auf diese Missstände aufmerksam machen und ihre Menschenrechte durch internationalen Druck einfordern. Insbesondere betrifft dies auch Journalisten im Ausland, die Kontakt zu Informationsquellen in solchen Ländern aufnehmen wollen. Wenn alle Kommunikationswege durch Überwachung und Klarnamenspflichten blockiert sind, agiert die überwachende Behörde gleichfalls als Vorzensor gegen Enthüllungen aus Staaten mit bedenklicher Menschenrechtslage, wie z.B. aus China, Saudi-Arabien oder aus dem Iran (siehe hierzu die "Rangliste der Pressefreiheit weltweit" von Reporter ohne Grenzen).


Informationelle Selbstbestimmung und Datenschutz

Ausufernde Überwachung zur Identitätsfeststellung

Wie viele "Peter Müller" gibt es? Um eine Person eindeutig zu identifizieren, braucht es etwas mehr als "nur" den Klarnamen. Soll am Ende etwa immer die Steuer-ID angegeben werden? Viele im Internet Aktive sind unter ihrem Pseudonym / ihren Pseudonymen auch weitaus besser identifizierbar, als unter ihrem Realnamen - letztere wären also NUR in einem Überwachungskontext für die Überwacher hilfreich und brächten weder den LeserInnen ihrer Beiträge noch den mit ihnen verbundenen "Freunden" oder "Followern" irgendeinen Vorteil. Durch Überwachung entsteht auch immer die Gefahr von "falschen Übereinstimmungen", also dass es bei häufigen Namen einen anderen Peter Müller trifft - hierdurch ist das Schadenspotential einer Klarnamenspflicht ähnlich hoch wie bei einer (wie auch immer gestalteten) Vorratsdatenspeicherung.

Kinderschutz / Jugendschutz

Kinder und Jugendliche sollten sich im Internet nicht mit ihren Klarnamen bewegen. Diese von vielen Eltern für wichtig gehaltene und ihren Kindern mühevoll beigebrachte Regel würde von einer Klarnamenforderung mit Füßen getreten. Ein weiterer Punkt: Es gibt im Internet Selbsthilfegruppen z.B. auch für Pädophile. Projekte wie das der Bundesregierung "Kein-Täter-werden.de" würden unter einer Klarnamenpflicht leiden und im Extremfall Kinderleben sogar gefährdet.

Suchtberatung und Selbsthilfegruppen

Wieviele Leute würden noch zu den Anonymen Alkoholikern gehen, wenn sie vorher ihren Namen und Adresse veröffentlichen müssten und dies ihrem Arbeitgeber melden müssten? Es gibt viele Onlinetreffen von anonymen Alkoholikern, diese könnten mit einer Klarnamenpflicht nicht mehr stattfinden. Das Gleiche gilt für alle Suchtberatungsstellen und Selbsthilfegruppen.

Sexuelle Orientierung

Oft wagen Schwule, Lesben, Transgender sowie Intersexuelle nicht, sich sofort in ihrem Umfeld zu outen. Sie suchen im Internet unter dem Schutz der Anonymität nach Gleichgesinnten, holen sich Rat und tauschen Erfahrungen aus. Dadurch fällt es vielen leichter, sich auch außerhalb des Internets auszusprechen. Diese Möglichkeit kann aus der psychischen und emotionalen Sackgasse führen und so im Extremfall einen Selbstmord verhindern.

Dienstleistungsbranche/Freiberufler

Gerade im freiberuflichen Bereich ist für global agierende Anbieter in der Dienstleistungsbranche der Schutz ihrer Personendaten von immenser Bedeutung. Durch die Möglichkeit, weltweit Zugriff auf Profile zu erhalten, hat sich in vielen Bereichen (Übersetzungsdienstleistungen, Text- und Webdesignbranche, Programmierung...) eine Betrugs- und Profildatendiebstahlsmentalität Bahn verschafft, die vielerorts zu durchaus ernsthaften Problemen führt (nachlassende Qualität durch unqualifiziertes Personal, das an Aufträgen arbeitet, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen akquiriert wurden - mit gefälschten, da gestohlenen Profildaten). Der Schutz von Personendaten vor global grassierenden Profildatenbetrügern ist für professionelle Dienstleister ein wichtiger und existenzsichernder Punkt.

Krankheiten und Gesundheitsvorsorge

Wer von besonders unangenehmen Krankheiten betroffen ist, hat häufig nur das Internet als unpersönliche Informationsquelle zur Verfügung. Besonders in Internetforen, in denen man sich über Krankheiten informieren und austauschen kann, ist Anonymität ein Grundpfeiler gegenseitigen Informations- und Erfahrungsaustausches. Eine Klarnamenpflicht würde abschrecken, sich als Betroffener bloßzustellen oder einander dabei zu unterstützen, aus Erfahrungen anderer zu lernen. Es ist unangenehm, in einigen Fällen sogar konkret für die Betroffenen nachteilig, wenn Bekannte, Arbeitgeber oder Krankenkasse von Depressionen, Geschlechtskrankheiten, Medikamenteneinnahmen etc. erfahren. Durch Anonymität wird Peinlichkeit vermieden (z.B. bei psychischen Erkrankungen, Geschlechtskrankheiten, AIDS...) und Betroffene nicht einer Bloßstellung ausgeliefert. Insbesondere im Hinblick auf Bewertungssysteme von Krankenkassen ist Online-Anonymität im Gesundheitsbereich wichtiger denn je. Die einzig denkbare Alternative wäre eine diskriminierungsfreie Gesellschaft und eine Gesundheitsökonomie, die auf Solidarität setzt statt auf Marktmechanismen.


Weiteres

"Ist das alles?"

Nicht ganz. Am 7.August 2011 hatte SPIEGEL Online eine Sammlung von Originaltönen derjenigen Personen veröffentlicht, für die ihre Privatsphäre von immenser Bedeutung ist und denen das Magazin durch die Zitierung eine Möglichkeit gab, ihre eigenen Argumente zu präsentieren. Im Folgenden eine Auswahl dieser Originaltöne (Quelle ):

  • "Ich bin Lehrer an einer Highschool, Privatsphäre ist für mich äußerst wichtig."
  • "Ich fühle mich nicht sicher dabei, meinen richtigen Namen anzugeben. Ich wurde über meine Online-Präsenz aufgespürt und Kollegen haben meine Privatsphäre verletzt."
  • "Ich wurde gestalked. Ich habe eine Vergewaltigung überlebt. [...]"
  • "Ich nutze diesen Nickname seit etwa sieben Jahren, weil ich Opfer von Stalking war [...]."
  • "[Dieser Name] ist ein Pseudonym, mit dem ich mich selbst schütze. Meine Website kann recht kontrovers sein, das wurde schon einmal gegen mich verwendet."
  • "[...] Ich möchte mit meinen Ansichten nicht konservative oder religiöse Bekannte und Verwandte beleidigen. Außerdem will nicht nicht, dass die Karriere meines Mannes, der für die Regierung arbeitet, von seiner meinungsstarken Ehefrau beeinflusst wird, oder dass sich seine Mitarbeiter irgendwie unwohl fühlen wegen meiner Ansichten."
  • "Ich sorge mich um meine Privatsphäre, weil ich in der Vergangenheit gestalked wurde. Ich werde nicht für eine Seite auf Google+ meinen Namen ändern. Der Preis, den ich dafür bezahlen müsste, ist es nicht wert."
  • "Wir bekommen Morddrohungen über das Blog. [...]"
  • "Diese Identität habe ich genutzt, um meine richtige Identität zu schützen. Ich bin schwul und meine Familie lebt in einem kleinen Dorf, wenn das dort bekannt wäre, würden sie Probleme bekommen."
  • "Ich nutze ein Pseudonym, um sicherer zu sein. Als Frau bin ich auf der Hut vor Internet-Belästigungen."

Durchsetzung ist illusorisch

Wer sich der Klarnamenpflicht entziehen will, wird es weiterhin schaffen. Die radikale Durchsetzung würde die totale Überwachung des Internets voraussetzen, eine Maßnahme, die einer Diktatur würdig wäre. Der Gesetzgeber hat die Problemlage in Teilbereichen erkannt und entsprechend gesetzlich geregelt:

  • § 13 (6) TMG: "Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Teleme­dien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudo­nym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren."

Gefordert ist die Ausdehnung dieses Prinzips auf weitere Bereiche der Mediennutzung - die Einschränkung durch "soweit technisch möglich und zumutbar" erscheint auch fragwürdig. Eine verbindliche Regelung würde entsprechend gestaltete Systeme vorscheiben.

Aktionen
  • Vorschlag via piratenpad: Aufruf mit Link zu einer (unkompliziert bedienbaren) Seite, auf der Besucher ihre eigenen Argumente hinterlassen könnten.
  • Bla Bla Bla
  • Bla Bla Bla