MV:Schiedsgericht 4/12 Einstweilige Anordnung

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Aktenzeichen SGMV 4/12

Einstweilige Anordnung

Im Verfahren

- Antragsteller (personenbezogene Daten aus datenschutzrechtlichen Gründen entfernt) -

gegen

Piratenpartei Deutschland, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, Kreisverband Rostock, vertreten durch den Vorstand - Antragsgegner -

hat das Schiedsgericht des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern durch die Schiedsrichter

Kristin Dahlke

Isabell Haug und

Jan-Magnus Schult

am 05.01.2013 entschieden:

Der Vorstand des Kreisverbandes Rostock der Piratenpartei Deutschland im Landesverband Mecklenburg-Vorpommern wird durch einstweilige Anordnung verpflichtet, den am 17.12.2012 gefassten Beschluss im Ordnungsmaßnahmeverfahren A gegen B (personenbezogene Daten der streitenden Parteien durch Platzhalter aus datenschutzrechtlichen Gründen ersetzt) als Verschlusssache nach § 4 II S.1 der Bundessatzung zu behandeln und dass die Stellungnahme des Antragstellers, tätig in seiner Funktion als Vertrauensperson des Gegners im Ordnungsmaßnahmeverfahren, nicht zu hören ist, aufzuheben. Dieser Beschluss verliert seine Wirksamkeit, sobald dieser durch das Bundesschiedsgericht aufgehoben wird.


Sachverhalt:

Die Parteien streiten um die Aufhebung des zur Verschlussache nach § 4 II S.1 der Bundessatzung erklärten Ordnungsmaßnahmeverfahrens A gegen B und um die Ablehnung der Anhörung der Stellungnahme der Vertrauensperson (= hiesiger Antragsteller) dem Gegner im Ordnungsmaßnahmeverfahren A gegen B. Der Antragsteller gibt an, derzeitig in seinem Grundrecht der „Redefreiheit“, resultierend aus dem Anspruch gehört zu werden, nach § 6 I S.2 Bundessatzung i.V.m. Art. 5 I S.1 Alt. 1 GG, beeinträchtigt zu sein. Dies mache einen nachvollziehbaren und transparenten Prozess in Sachen A gegen B unmöglich, so dass eine Entscheidung deshalb dringlich sei. Der Vorstand des Kreisverbandes Rostock der Piratenpartei Deutschland im Landesverband Mecklenburg-Vorpommern wendet sich gegen die Aufhebung des Ordnungsmaßnahmeverfahrens als Verschlussache und verzichtet auf die „prozessualen“ Stellungnahmen des Antragstellers mit der Begründung, es läge im Machtbereich des Antraggegners, ob er jemanden in einem Verfahren hören möchte oder nicht wohlwollend im Hinblick auf die Wahrung des „Friedens im Kreisverband“ blickend. Der Antrag wurde am 21.12.2012 gestellt.

Begründung:

1. Der zulässige Antrag ist begründet. Gemäß § 11 I der Schiedsgerichtsordnung kann das in der Hauptsache zuständige Gericht nach Eröffnung des Verfahrens auf Antrag einstweilige Anordnungen durch Beschluss in Bezug auf den Streitgegenstand treffen. Einstweilige Anordnungen sind zulässig, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder die Anordnung zur vorläufigen Regelung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 11 II der Schiedsgerichtsordnung). Die einstweilige Anordnung ergeht, wenn der Antragsteller einen konkreten Anspruch (a) und die besondere Eilbedürftigkeit, deretwegen ihm das Abwarten des Klageverfahrens nicht zugemutet werden kann (b), darlegt und glaubhaft macht (§ 1 Absatz 3 der Schiedsgerichtsordnung i.V.m. §§ 920 II, 935, 936 der Zivilprozessordnung). Das ist hier geschehen.

(a) Das Schiedsgericht stellt fest, dass ein Anspruch auf „Redefreiheit“ bezüglich des Ordnungsmaßnahmeverfahrens A gegen B besteht. Der Antragsteller ist die Vertrauensperson des Beklagten im oben bezeichneten Ordnungsmaßnahmeverfahren. Grundsätzlich sind den Verfahrensbeteiligten nach § 1 III der Schiedsgerichtsordnung rechtliches Gehör und ein faires Verfahren zu gewährleisten. Dazu gehört auch, dass sämtliche „entlastende“, der Verhängung einer Ordnungsmaßnahme entgegenwirkende Hinweise / Stellungnahmen zu den Vorwürfen des Klägers hinsichtlich der Person des Beklagten in einem Ordnungsmaßnahmeverfahren zu hören sind (§ 6 der Satzung des Kreisverbandes i.V.m. § 6 der Landessatzung i.V.m. § 6 I S.2 der Bundessatzung). Dies ist durch Erklärung, der Antragsteller würde wegen des Frieden im Kreisverbandes nicht gehört, nicht geschehen, da dem Antragsteller, der die Stellungnahme der beklagten Verfahrensbeteiligten übernehmen sollte in seiner Funktion als Vertrauensperson, kein Gehör geschenkt worden ist. Zum anderen kann ein Verfahren nach § 4 II S. 1 der Bundessatzung nur zur Verschlussache erklärt werden, wenn es sich dabei um Interna handelt. Um interne Angelegenheiten handelt es sich dann, wenn diese Angelegenheiten innerhalb eines bestimmten implizit mitdefinierten Bezugsystems bestehen. Das Ordnungsmaßnahmeverfahren A gegen B entzieht sich allein schon von der Tragweite der darin geführten Entscheidung bereits diesem kleinen implizit mitdefinierten Bezugsystem im Kreisverband Rostock, da die Verhängung einer Ordnungsmaßnahme nach der Regelung in der Satzung des Kreisverbandes einen Rückgriff auf die Ordnungsmaßnahmenregelung der Bundessatzung verlangt. Insofern ist der Bezugskreis des Kreisverbands Rostock überschritten, eine interne Angelegenheit nicht gegeben und die Möglichkeit zur Erklärung des anhängigen Ordnungsmaßnahmeverfahrens A gegen B als Verschlussache nach § 4 II der Bundessatzung nicht existent.

(b) Die vorläufige Regelung dieses Anspruchs ist auch eilbedürftig. Der Antragsgegner kann in seiner Funktion als Vertrauensperson nicht agieren und somit dem Gegner im Ordnungsmaßnahmeverfahren die notwendige Stellungnahme zur Entlastung seiner Person schützend zur Seite stellen, was dazu führen könnte, dass gegen den Gegner im Ordnungsmaßnahmeverfahren eine nicht zumutbare Ordnungsmaßnahme verhängt werden könnte, die eine eventuelle Beeinträchtigung seiner Amtsbesetzung nach sich ziehen würde und wegen des Zeitablaufs nicht nachträglich ausgeübt werden kann.

(c) Der Beschluss trifft nur eine vorläufige Regelung. Er tritt dann außer Kraft, wenn er durch ein Berufungsverfahren aufgehoben wird. Eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache war diesseits notwendig, um irreparablen Schäden abzuwenden, die darin bestehen, dass zum einen ein nicht nachvollziehbarer und zum anderen ein nicht transparenter Prozess geführt würde, der kein faires Verfahren als Grundlage hat, dergestalt, dass der Antragsgegner sich zunächst der Stellungnahme des Gegners im Ordnungsmaßnahmeverfahren entzieht und dann das Verfahren zur Verschlussache nach § 4 II der Bundessatzung erklärt, damit die öffentliche Meinung von diesem Ordnungsmaßnahmeverfahren, welches offensichtlich nachweislich fehlerhaft geführt wurde, keine Kenntnis nehmen kann.

2. Das Schiedsgerichtsverfahren ist kostenfrei. Jeder Verfahrensbeteiligter trägt seine eigenen Auslagen für die Führung des Verfahrens (§ 16 I der Schiedsgerichtsordnung).

3. Dieser Beschluss ist mit Zustellung wirksam. Gegen die einstweilige Anordnung kann innerhalb von 14 Tagen nach Bekanntgabe Widerspruch zum Schiedsgericht eingelegt werden (§ 11 IV S. 1 der Schiedsgerichtsordnung), das dann über den Bestand der einstweiligen Anordnung zu entscheiden hat.