MV:Schiedsgericht 1/12 Beschluss
Aktenzeichen SGMV 1/12
Im Verfahren
NN
gegen
den Landesvorstand der Piratenpartei Mecklenburg-Vorpommern,
hat das Schiedsgericht der Piratenpartei Mecklenburg-Vorpommern durch die Schiedsrichter Stefan Kalhorn, Isabell Haug und Frank Schultz am 23. Oktober 2012 entschieden:
Der Landesvorstand der Piratenpartei Mecklenburg-Vorpommern wird durch einstweilige Anordnung verpflichtet, NN vorläufig in den Landesverband Mecklenburg-Vorpommern aufzunehmen. Dieser Beschluss verliert seine Wirksamkeit, sobald das Urteil vom 17. Oktober 2012 rechtskräftig oder durch das Bundesschiedsgericht aufgehoben wird.
Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um die Aufnahme in den Landesverband Mecklenburg-Vorpommern. Das Schiedsgericht hat den Landesvorstand der Piratenpartei Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 17. Oktober 2012 verpflichtet, NN in den Landesverband Mecklenburg-Vorpommern aufzunehmen. Der Landesvorstand teilte NN daraufhin am 19. Oktober 2012 mit, dass er das Urteil erst umsetzen werde, wenn es rechtskräftig ist.
NN hat daraufhin noch am selben Tag eine einstweilige Anordnung beantragt. Er werde aktuell in seinen Mitgliedschaftsrechten beschränkt, eine Entscheidung sei deshalb dringlich.
Der Landesvorstand der Piratenpartei Mecklenburg-Vorpommern wendet sich gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Er beabsichtige, gegen das Urteil vom 17. Oktober 2012 Berufung einzulegen, dieses Recht dürfe ihm nicht durch eine Vorwegnahme der Hauptsache abgeschnitten werden. NN habe beim Aufnahmeverfahren beim Landesvorstand X nicht angegeben, dass sein Aufnahmeantrag in Mecklenburg-Vorpommern abgelehnt worden sei. Dies sei als Täuschung zu werten. Zudem sei eine einstweilige Anordnung unverhältnismäßig. Die Mitgliedschaftsrechte beschränkten sich nicht auf die Teilnahme an einer Landesmitgliederversammlung.
Der weitere Sachverhalt ergibt sich in den Einzelheiten aus den in diesem Verfahren gewechselten E-Mails, die Grundlage der Entscheidung waren.
Begründung:
1. Der zulässige Antrag ist begründet.
Gemäß § 12 Absatz 1 der Schiedsgerichtsordnung kann das in der Hauptsache zuständige Gericht nach Eröffnung des Verfahrens auf Antrag einstweilige Anordnungen durch Beschluss in Bezug auf den Streitgegenstand treffen. Einstweilige Anordnungen sind zulässig, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder die Anordnung zur vorläufigen Regelung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 12 Absatz 2 der Schiedsgerichtsordnung). Die einstweilige Anordnung ergeht, wenn der Antragsteller einen konkreten Anspruch (a) und die besondere Eilbedürftigkeit, deretwegen ihm das Abwarten des Klageverfahrens nicht zugemutet werden kann (b), darlegt und glaubhaft macht (§ 1 Absatz 3 der Schiedsgerichtsordnung i.V.m. §§ 920 Absatz 2, 935, 936 der Zivilprozessordnung). Das ist hier geschehen.
a) Das Schiedsgericht hat schon im Urteil vom 17. Oktober 2012 festgestellt, dass NN einen Anspruch auf Aufnahme in den Landesverband Mecklenburg-Vorpommern hat. Diesen Anspruch stellt auch die Stellungnahme des Landesvorstands nicht durchgreifend in Frage. Der Landesvorstand verkennt, dass es hier nicht mehr um die Aufnahme von NN in die Piratenpartei Deutschland, sondern um den Wechsel des Landesverbands geht. § 3 Absatz 3 Satz 2 der Bundessatzung regelt, dass ein Pirat selbst bestimmt, wo er Pirat ist, wenn er mehrere Wohnsitze hat. Zu dieser Vorschrift nimmt der Landesvorstand keine Stellung. Er stellt auch nicht in Abrede, dass NN Mitglied der Piratenpartei Deutschland ist und einen Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern hat. Die Voraussetzungen für eine Aufnahme liegen vor.
b) Die vorläufige Regelung dieses Anspruchs ist auch eilbedürftig. Da der Landesvorstand das Urteil vor Eintritt der Rechtskraft nicht umsetzen will, könnte anderenfalls NN über einen längeren Zeitraum seine Mitgliedschaftsrechte im Landesverband weiterhin nicht wahrnehmen. Das betrifft insbesondere das Recht, bei der bevorstehenden Landesmitgliederversammlung am 3. November 2012 und bei der Gründungsversammlung des Kreisverbandes Y am 18. November 2012 an Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen und dort für Ämter zu kandidieren (§ 4 Absatz 1 Sätze 2 und 3 der Bundessatzung). Der endgültige Verlust dieser Mitgliedschaftsrechte - die Versammlungen sind wegen des Zeitablaufs nicht wiederholbar - ist NN nicht zuzumuten.
c) Der Beschluss trifft nur eine vorläufige Regelung, die Entscheidung im Klageverfahren ist vorrangig. Die Wirksamkeit des Beschlusses war deshalb zu begrenzen, er tritt außer Kraft, sobald das Urteil vom 17. Oktober 2012 rechtskräftig und NN endgültig in den Landesverband aufzunehmen ist oder wenn es in einem Berufungsverfahren aufgehoben wird. Die Hauptsacheentscheidung ist deshalb nicht vorweggenommen. Soweit der Landesvorstand meint, durch eine einstweilige Aufnahme von NN in den Landesverband werde das Berufungsverfahren entwertet, trifft das also nicht zu. Zudem steht das Anordnungsverfahren neben dem Klageverfahren - es hat gerade den Zweck, effektiven Rechtsschutz schon dann zu gewährleisten, wenn das Klageverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
2. Das Schiedsgerichtsverfahren ist kostenfrei. Jeder Verfahrensbeteiligter trägt seine eigenen Auslagen für die Führung des Verfahrens (§ 17 Absatz 1 der Schiedsgerichtsordnung).
3. Dieser Beschluss ist mit Zustellung wirksam. Gegen die einstweilige Anordnung kann innerhalb von 14 Tagen nach Bekanntgabe Widerspruch zum Schiedsgericht eingelegt werden (§ 12 Absatz 5 Satz 1 der Schiedsgerichtsordnung), das dann über den Bestand der einstweiligen Anordnung zu entscheiden hat.