LiquidFeedback/Themendiskussion/50

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Dieses ist die Diskussionsseite zu dem BundeLiquid der Piraten Thema#50 BGE vs Mindestlohn https://lqfb.piratenpartei.de/pp/issue/show/50.html

zum Thema "BGE macht Mindestlohn überflüssig"

Ich bin generell für Mindestlohn und auch dafür, das BGE einzuführen, so die Möglichkeit zur Einführung geschaffen werden kann. Aber das sind vom Thema und Zeithorizont her zwei völlig verschiedene Dinge:

  1. Einen Mindestlohn kann man ziemlich sofort einführen.. und er funktioniert sofort. Die Auswirkungen sind gut zu berechnen. fertig.
  2. BGE braucht einen langen Vorlauf, Modellversuche, EU-weite Überzeugungsarbeit, ...
  3. Fazit: Wenn man auf BGE statt Mindestlohn setzt, hat man IMHO die nächsten 20 Jahre erst einmal gar nichts von beiden
  4. Außerdem: Auch mit BGE ist Mindestlohn - je nach BGE-Höhe und Ausgestaltung - evtl. ein Sinnvolles Steuerinstrument, auch wenn man davon ausgehen kann, dass BGE die Löhne unattraktiver Jobs eher steigen lässt.

--Kreon 14:19, 15. Aug. 2010 (CEST)

'BGE macht Mindestlohn überflüssig' ist eine schwache Hypothese, es gibt erstmal keinen funktionalen Zusammenhang zwischen beiden, Freie Märkte sind i. d. R. nicht optimal

Ich boykottiere ja LQFB u. a. wegen eklatanter Datenschutzprobleme, möchte mich dennoch zu der Initiative als Wirtschaftswissenschaftler und Volkswirt äußern.

Die obige Initiative, die einen wie auch immer gearteten Mindestlohn mit Hinweis auf ein irgendwie geartetes BGE ablehnt, ist als Hypothese eher schwach (und in ihrer Absolutheit falsch).

Es gibt immer den Versuch von Anhängern "freier Märkte" ein BGE als eine Art Freibrief aufzufassen, das alle anderen Eingriffe des Staates oder der Gesellschaft in den "Markt" obsolet macht.

Der Initiative liegen aber ziemlich viel normative Behauptungen zugrunde, die so leider aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht falsch sind. "Freie Märkte" existieren nie ohne Rahmenbedingungen, die in der Regel der Staat oder die Gesellschaft setzt. Freie Märkte müssen nicht zu einer optimalen (aus welcher Perspektive-gesamtgeselschaftliche Wohlfahrt?) Allokation von wirtschaftlichen Ressourcen und Einkommen führen - und tun dies in der Regel auch nicht.


Diese verbreitete Überzeugung basiert auf einem sehr wirklichkeitsfremden Modellierung einer wirtschaftswissenschaftlichen Theorie, deren Annahmen in der Wirklichkeit i. d. R. nicht anzutreffen sind. Zudem werden damit bewusst sehr problematische Einkommensverteilungen von Faktoreinkommen ignoriert.

Es ist eher Teil einer politischen Ideologie, die sich dieser Theorien und deren Aussagen bemächtigt um bestimmte politische-gesellschaftliche Ziele und Interessen durchzusetzen (...übrigens zum Vorteil der Vermögenden oberen 10K. 'Individuelle Freiheit und freie Märkte'(Hedonismus und soziale Verantwortungslosigkeit) als politische Ideologie, die eine hohe Einkommens- und Vermögensdisparität und extrem ungleiche -verteilung in einer angeblich demokratischen Gesellschaft absichert. Sklaven die sich frei wähnen, aber eigentlich als verläßliche Soldaten für die Interesse ihren Herren kämpfen. Geistige Verwirrung. Freiheit ohne soziale Verantwortung wird nicht funktionieren. Extreme Einkommens- und Vermögensverteilungen sind eine Bedrohung für den Aufbau und Erhalt jeder lebendigen demokratische Bürgergesellschaft. Deutschland war vielleicht nie eine solche Demokratie "freier" (sozial-verantwortungsbewußter) Bürger. Wäre ein klassisches sehr wichtiges Piraten-Bürgerrechtsthema - interessiert nur keinen.) Weiterführende links:
SPON.ermoegensverteilung_deutschland
Vermögensverteilung in Deutschland: 1% hat knapp 50% des Kapitals!
PDF_ANALYSE Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland
Wikipedia Reichtum inDeutschland
Zahl der Millionäre auf Rekordstand
Moderner Feudalismus (Meudalismus) in Deutschland - Harald Wozniewski

(hier ist ein Einschub zu den Statistiken ... wen es nicht interessiert überspringen!!!)

1. Übrigens, bevor ihr euch aufregt, dass ich hier auch auf Informationen der LINKEN "verlinke", möchte ich darauf hinweisen, dass man die entsprechenden Fakten ja ggf nachprüfen kann. In den offiziellen Statistiken zur Einkommens- und Vermögensverteilung werden Einkommen ab einer bestimmte Höhe nicht mehr erfasst (die Gruppe der Extremeinkommensbeziehern und Extremvermögenden fällt sozusagen unter den Tisch.) Das SOEP ([http://de.wikipedia.org/wiki/Sozio-oekonomisches_Panel Sozio-ökonmmische Panel) des DIW Berlin, das für viel Einkommens- und Vermögensstatistiken in Deutschland verwandt wird, ist eine freiwillige Stichprobe, die uU gewisse methodische Probleme hat, eine extreme Einkommens- und Vermögenskonzentration in einer relativ kleinen Bevölkerungsgruppe abzubilden. Also bitte mal links-rechts-Klassenkampfrhetorik rauslassen und versuchen sich möglichst an Fakten zu orientieren. Über die Fakten macht es Sinn zu streiten, da auf ihnen jede weitere politische Positionierung und Ausrichtung beruht.
2. Man sollte die Quelle der verschiedenen Einkommens- und Vermögensstatistiken für Deutschland immer mit Vorbehalt und mit Blick auf die Datenproduzenten (Statistisches Bundesamt, Private Organisationen DIW-SOEP) eher als politisch willfährige Information mit einer bestimmten Zielrichtung interpretieren und sich die genaue Methodik der Erhebung anschauen. Der Spiegel bezieht sich z. B. [1] auf die SOEP Daten, die nicht auf einer breiten Erhebungsgrundlage und aber einer "freiwilligen Stichprobe" unter einer kleinen Anzahl von HH basiert. Bei den extremen Verteilungen ist es aber wichtig, gerade in der Gruppe der Extrem-Einkommensbezieher ("Verdienen" sie es durch eigenes produktives Wirtschaften ? wie eine Putzfrau oder ein Manager eines Maschinenbauunternehmens) und Extrem-Vermögensbesitzer viele Daten zu erfassen - wie will man sonst aus dem Durchschnitt der 80% relativ Vermögenslosen auf die extremen Vermögen der letzten 1% oder oberen 10k kommen? Vielleicht müsste man beiden oberen 10-tausend jeden 20., bei den oberen 1000 jeden 10., bei den oberen 100 jeden 5. und bei den oberen 10 (reichsten Deutschen) jeden Einzelnen befragen, um ein statistisch im obersten Bereich halbwegs repräsentative Statistik zu generieren. Wie genau werden die Daten in diesem oberen Bereich sein, wenn sich Millionäre und Milliardäre eher nicht an den SEOP Umfragen beteiligen? Mehr Millionäre in Deutschland. Die SOEP Erhebungen dienen ja auch anderen Erhebungszielen als ein detaillierten Einkommens- und Vermögensstatistik auch für Reiche und Superreiche. Der Spiegel als staatslenkendes Organ ist eh mit Vorsicht zu genießen, mit statistischen Daten kann man wunderbar Politik machen und gesellschaftliche Probleme wegzaubern (nur die richtige Statistik für den Zweck jeweils auswählen). Das DIW und die Mitarbeiter leben ja von öffentlicher Förderung und Drittmitteln, die sie einwerben. Die Mitarbeiter machen "Auftragsforschung" für den, der sie bezahlt. So wie der Spiegel und die Bildzeitung die Gesellschaft beschäftigen, so liefern privat-öffentliche Forschungseinrichtungen gewünschte wissenschaftliche Ergebnisse und Studien ab (So läuft das Spiel: Jeder muss irgendwie über die Runden kommen. Piraten sind hoffentlich nicht naiv und realtitätsfremd).
3. Also, meine Empfehlung ist immer: Die Statistiken verschiedener Quellen zu nehmen und auf die politische Ausrichtung der statistischen Quellen zu achten und dann zu extrapolieren, wo die Realität liegen könnten. Manchmal sind/liefern die Quellen politischer Außenseiter (z. B. Die LINKE) vielleicht die besseren Anhaltspunkte für ein statistische Repräsentation der Realität.
4. Übrigens wäre das ein gutes Piratenthema für einen transparenten Staat - aussagekräftige zeitnahe Statistiken, die die gesellschaftliche Wirklichkeit gerade bei Einkommen, Vermögen, Steuern, Transfers sehr detailliert abbilden. Man braucht gute volkswirtschaftliche Statistiken für eine gute Politik. Dann könnte man auch einfacher alternative Steuer- und Transfersystem (z. B. BGE) durchrechnen und bestimmte politisch festgelegte Zielparameter über die Jahre verfolgen (z. B. steigendes Realeinkommen in bestimmten Einkommensgruppen, andere Vermögens- und Einkommensverteilungen (Parameter_(Statistik)). Dabei steht natürlich Datenschutz und Informationeller Selbstbestimmung in Konflikt mit dem Streben nach einer effizienten Wirtschafts-,Sozial- und Finanzpolitik und erfordert ein differenziertes Herangehen. Aber auch heute geben fast alle Einkommensbezieher beim Finanzamt ihre Steuererklärung ab und das Sozialamt schnüffelt in den Auszügen von Hartz-IV Beziehern, vielleicht gibt es da bessere Lösungen mit weniger eingriffen in die Privatsphäre als heute, aber mehr und besserer Information für eine "faire", produktive, effiziente und gerechte Gesellschaft. Aber dieses ist ein anderes Thema ...

Wohlfahrtstheoreme

Sobald es externe Effekte, Informationsasymmetrien, Risiko/Ungewissheit oder strategische Abhängigkeiten, nicht variable substituierbare Inputfaktoren, Ungleichverteilungvon Rechten und Produktionsfaktoren (Initial Endowment) oder bestimmte beschränkte Produktionstechnologien und Marktmacht gibt, kann eine Ressourcen- und Einkommensallokation durch "freie Märkte" ineffizient und aus Sicht einer gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt suboptiomal sein und damit Staatseingriffe gerechtfertigt sein.

Der Zustand des Marktversagens ist vielleicht eher der Normalzustand. Freie Märkte sind erstmal nur ein theoretisches Konstrukt. Siehe Mikoökonomie, Marktversagen

Die Rahmenbedingungen, in denen freie Märkte operieren (z. B. Endowment von Faktoren), können von der Gesellschaft nach ihren Präferenzen gesetzt werden.

Ein Mindestlohn, der eine Ausbeutung von bestimmten Gruppen von Arbeitsanbietern "korrigiert", kann als Politikmaßnahme selbst in der wirtschaftswissenschaftlichen Theorie effizient und optimal (besser sein, als ein Zustand ohne Mindestlohn - es hängt von dem Setting ab) sein (z. B. bei hohen Investitionen/Ausbildungskosten/Sunken Cost, die die Arbeitnehmer zu tragen haben). Also mal locker zu behaupten, Mindestlöhne sind i. d. R. immer schlecht, ist sehr plump und falsch.


Ein BGE (wie es auch aussehen mag - es gibt ja keine allgemein akzeptierten Konzepte bei den Piraten) ist Teil eines sozialen Steuer- und Transfersystems.

Ein Mindestlohn ist eine Maßnahme, die in einen Allokations- und Preismechanismus (Arbeitsmarkt für den betroffenen Bereich - z. B. Mindestlohn für Friseure in Sachsen-Anhalt oder Gebäudereiniger) steuernd eingreift. Es sind erstmal zwei unterschiedliche Sachen.

Beides schließt sich weder aus noch bedingen sie sich. Einen zwangsläufigen Zusammenhang zu konstruieren ist grob verengend und falsch.

In Berlin gab es eine Diskussion zu genau dieser Behauptung, das BGE Mindeslöhne überflüssig machen. Ich verweise mal darauf Berlin.BGE macht Mindestlohn überflüssig - Diskussion zu LF(BE)Thema Bedingungsloses Grundeinkommen vs. Mindestlohn

Für alle Liebhaber von "freien Märkten" möchte ich einen Blick auf meine Ausführungen zu dem BGE Thema #24 empfehlen. BGE und innovative "Regulierung" - Preismechanismen, neoklassische Markfundamentalismus, "freie Märkte" oder BGE und "libertäre" Piraten, Naturrecht pur, BGE-Lunchpaket,

Den Glauben an freie Märkte kann man den Menschen (Piraten) nicht nehmen. Es ist schwierig, gegen bestimmte Ideen und über Jahrzehnte den sich frei glaubenden Menschen (Piraten) eingepflanzte Ideologien anzureden.

Die Begründung der Initiative ist leider sachlich an vielen Stellen sehr fragwürdig. Eigentlich müsste man sie darum auch konsequent ablehnen. --Seahorse 15:45, 14. Sep. 2010 (CEST)

Mindestlohn sofort

Als Piratenpartei müssen wir sofort einen bundeseinheitlichen branchenübergreifenden Mindestlohn in Höhe von 9,99 € fordern da die Auswirkungen von prekären Beschäftigungsverhältnissen undemokratisch und unsozial sind. Deuterium 15:16, 19. Aug. 2010 (CEST)

Initiative: Mindestlohn

Anregung: Keinen Stundensatz festlegen; 945 Euro Netto pro Monat

ist abzulehnen, Lohnabsprachen erfolgen auf brutto Basis. Ebenso ist der Vergleich mit 40h/Woche irreführend, gesetzlich geregelt sind max. 48h/Woche. Genausogut könnte man das auch für 35h fordern.

Bedingsloses Grundeinkommen und Recht auf eine menschenwürdige Entlohnung

Nachdem man entweder nur noch Mindestlohn ablehnen kann (Wir positionieren uns nicht) oder es in Alternative zum BGE setzen kann (und deswegen ablehen soll) oder Kekse für 8,50 essen kann (Kekse für 5 DM als Spritpreis der Grünen ist ja mit 2,50 Euro fast Realität) - halte ich auch eine Betrag von 945 Euro für nicht sinnvoll.

Die Alternative fand ja keine 10 Prozent in LQFB und mag ja auch noch verbesserungswürdig sein. Natürlich könnte man dort auch Kekse für 8,50 reinschreiben, wenn jemand glaubt, dass Kekse für 8,50 ein gerechter Lohn ist. Dennoch noch mal als Kritik und Anregung hier:

<Zitat> Die Piratenpartei strebt langfristig die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) an.

Diesen erheblich weit gefasste wirtschafts- und sozialpolitischen Ansatz ersetzt die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes nicht.

Begründung

Das bedingslose Grundeinkommen ist eine staatliche Subvention, wenn das Einkommen von einem Bürger nicht selbst erwirtschaftet werden kann. Sollten Löhne von 1 Cent marktüblich werden, dann respektiert dies nicht die Würde der Betroffenen. Auch ein negativer "Lohn" wäre bei einem Bedingslosen Grundeinkommen denkbar, wo die Marktmacht einzelner dazu ausgenutzt wird, die Arbeitsstellen gegen Geld zu versteigern, welche dann von den Arbeitenden aus dem Bedingslosen Grundeinkommen bezahlt würde. Im Falle der attraktiven Praktikantenstellen innerhalb der Medienbranche soll Bezahlung für einen Praktikantenplatz ja schon vorgekommen sein - so dass diese Perspektive bei der Existenz eines Bedingungslosen Grundeinkommens durchaus vorstellbar ist. Mindestlöhne bürden weitere Regularien auf und greifen das Problem der menschlichen Existenz nicht an der Wurzel an. Sie sind aber auch nicht das kleinere Übel und die Notwendigkeit eines Mindestlohnes ist unabhängig von der Garantie eines Grundeinkommens zu sehen.


Auf dem Sockel des Bedingungslosen Grundeinkommens und einer angstfreien Gesellschaft setzen wir uns für eine Arbeitswelt ein, in der Marktgesetze herrschen können, ohne dass dadurch die Existenzgrundlage von Menschen bedroht wird. Die Piratenpartei sollte sich weiterhin dafür einsetzen, dass die menschliche Arbeitskraft nicht nur als blosser Kosten- und Marktfaktor betrachtet wird, sondern menschliche Arbeit als Wert an sich geschützt wird. </Zitat> OnnoS