LiquidFeedback/Themendiskussion/2484

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Zur Anregung "Zugang zu öffentlich-rechtlichen Medien": Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist qua Gesetz zur Staatsferne und inhaltlichen Vielfalt im Sinne eines die Grundversorgung umfassenden Programmangebots verpflichtet. Er wird also allein aus diesem Grund über den Inhalt von Volksbegehren und Volksentscheiden ausführlich berichten. Dass dies nicht einseitig geschehen wird, soviel Vertrauen dürfen wir in ARD, ZDF und die Landesrundfunkanstalten setzen.

Einen weitergehenden "Anspruch" der Initiative auf Selbstdarstellung, der z.B. wie bei Wahlwerbespots erlaubt, nur die eigene Sichtweise in den Vordergrund zu rücken und damit das journalistische Erfordernis der Ausgewogenheit zu verlassen, darf man kritisch sehen. So zeigt das Negativbeispiel Kalifornien, dass Fernsehspots die Kosten für Kampagnen enorm in die Höhe treiben. Deshalb spielen dort finanzstarke Unternehmen eine unrühmliche Rolle bei der direkten Demokratie. Die Schweiz macht es besser und hat bisher auf Fernsehspots vor Volksentscheiden verzichtet. Man könnte natürlich Sender (auch private) wie bei Bundestagswahlen verpflichten, ein bestimmtes Kontingent an mehrminütigem Sendeplatz kostenlos zur Verfügung zu stellen. Dann bliebe aber die Frage, was solche Spots eigentlich bringen. Sie schaffen Aufmerksamkeit, tragen aber wenig zu einer sachlichen Auseinandersetzung bei.

Das Ziel, die öffentliche Diskussion über verschiedene Sichtweisen zum Inhalt von Volksbegehren und -entscheiden zu fördern, erscheint durch die erwähnte Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Medien bereits erreicht zu sein. Darüber hinaus wird sie durch Maßnahmen wie die Versendung der Abstimmungsbroschüre (die auch Platz für die Eigendarstellung der Initiative lässt) zusätzlich erfüllt. --Jay Kay 18:17, 17. Aug. 2012 (CEST)


Zur Anregung "Obligatorisches Referendum auch bei Entscheidungen in eigener Sache":

Es ist wichtig, dass die genannten Bereiche per Volksentscheid geregelt werden können. Denn die Mitglieder des Bundestagses bzw. ihre Parteien werden nie unbefangen oder uneigennützig über Diäten etc. entscheiden können. Der Entwurf sieht die Möglichkeit vor, entweder eine neue Initiative aus der Mitte der Bürger hierzu zu starten oder aber im Wege des Fakultativen Referendums aktiv zu werden. Dass es auch eine obligatorische Volksabstimmung geben muss (also immer, wenn das Parlament ein entsprechendes Gesetz beschließt, egal wie unumstritten es ist), halte ich für zu weitgehend.

Allein die Möglichkeit, dass die Bürger z.B. über die Parteienfinanzierung abstimmen könnten, würde bereits präventiv wirken und stark kontroverse Gesetzesänderungen seitens der Abgeordneten verhindern. Denn keine Regierungsmehrheit hätte an einer satten Niederlage beim Volksentscheid Interesse. Und versuchte sie es doch, wären die nötigen Unterschriften für ein Volksbegehren, das ein Fakultatives Referendum herbeiführen will, per Internet etc. sicher schnell gesammelt. Dann können die Bürger immer noch entscheiden, ob die Argumente sie überzeugen. --Jay Kay 17:23, 19. Aug. 2012 (CEST)

Zur Anregung "Quorum für demokratische Legitimation":

Die Anregung beinhaltet bezogen auf die Beteiligung der letzten Bundestagswahl ein Zustimmungsquorum von 35 Prozent aller Wahlberechtigten bei einfachen Gesetzen und ein Zustimmungsquorum von ca. 47 Prozent aller Wahlberechtigten bei Grundgesetzänderungen. Das heißt eine Volksabstimmung wäre nur gültig, wenn ca. 21 Mio. Menschen (einfache Gsetze) oder ca. 28 Mio. Menschen (Grundgesetzänderungen) zustimmen.

Diese Anregung beantsprucht eine höhere demokratische Legimation, bewirkt aber voraussichtlich das Gegenteil. Zustimmungsquoren dieser Höhe werden in der Regel nicht erreicht. Bei einer Volksabstimmung können dann 75,9 Prozent für eine Verfassungsänderungen stimmen, sie ist aber dann ungültig, da "nur" 29,6 Prozent aller Stimmberechtigten dafür gestimmt haben (so in Hamburg am 14.10.2007). Letztlich setzt sich dann die Position durch, für die 24,1 Prozent der Abstimmenden gestimmt haben. Damit setzt sich aber eine Minderheit gegen eine Mehrheit der Abstimmenden durch.

Zustimmungsquoren führen dazu, dass Enthaltungen als Nein-Stimmen gezählt werden. Dies verleitet Opponenten einer Abstimmungsvorlage dazu, sich der öffentlichen Diskussion zu verweigern, um die Beteiligung und Zustimmung möglichst gering zu halten. Die faire öffentliche Diskussion jedoch ist eine der Stärken von Volksabstimmungen. Diese Stärke kommt in der Regel nur zur Geltung, wenn beide Seiten sich um eine Mehrheit der Abstimmenden bemühen müssen.

Bei Volksabstimmungen nehmen durchschnittlich 40 Prozent der Stimmberechtigten teil. Das sind in Deutschland ca. 24 Mio. Menschen. Die Abgeordneten des Bundestages haben bei jeder Entscheidung das Problem, das sie nicht wissen, wie die Wähler zu ihren Entscheidungen stehen. 24 Mio. Menschen repräsentieren alle Wahlberechtigte besser als 598 oder derzeit 620 Abgeordnete. --Tim Weber 14:01, 30. Aug. 2012 (CEST)

Lehnst du den konkreten Vorschlag oder jegliches Quorum bei der Abstimmung an sich ab?

An der konkreten Berechnung für das Quorum aus dem Vorschlag häng ich nicht, aber generell finde ich ein Quorum aus denen im Änderungsvorschlag genannten Gründen schon wichtig. Es ist auch bei vielen Arten von Abstimmungen üblich. Beim Bundestag müssen 50% der Abgeordneten anwesend sein, damit die Beschlussfähigkeit erreicht ist. In Vereinen gibt es häufig Regelungen zur Beschlussfähigkeit. Selbst in Liquid Feedback gibt es ein Quorum.

Wenn ich dich richtig verstehe hast du folgende Argumente gegen den Vorschlag:

- Das vorgeschlagene Quorum ist zu hoch. Bei einem solchen Quorum sind Volksabstimmungen aussichtslos.

-- Das ist ein berechtigter Einwand. Es sind sicher auch Regelungen denkbar wie man die Beteiligung erhöhen kann. Aber ich könnte auch durchaus mit einem geringeren Quorum leben. Ich mach mal zwei alternative Vorschläge: Der eine ist eine Weiterentwicklung der Anregung. Als Quorum wird die Zahl der Wählerstimmen gewählt, die nach den Ergebnissen der letzten Wahl eine entsprechende Mehrheit eines gerade Beschlussfähigen Parlaments darstellt (Wahlbeteiligung*Stimmenanteil der im Parlament vertretenen Parteien*Mindestanwesenheit für Beschlussfähigkeit*benötigte Mehrheit). Im Bezug auf die letzte Bundestagswahl bedeutet das 0,7078*0,94*0,5*nötige Mehrheit. Also ca. 16.63% für einfache Gesetze und ca 22.28% für Grundgesetzänderungen. Der andere Vorschlag ist eher pragmatisch. Du sagst im Allgemeinen nehmen ca. 40% der Stimmberechtigten teil. Dann könnte man das Zustimmungsquorum auf 20%-25% legen. Damit ist Zustimmung erreichbar, aber man muss ein gewisses Interesse bzw. Zustimmung quer durch die Gesellschaft erreichen.

- Ein anderer Kritikpunkt denn du nennst ist die Tatsache, dass bei Zustimmungsquoren "Enthaltungen als Nein-Stimmen gezählt" würden.

-- Das stimmt natürlich nur wenn das Quorum nicht erreicht wird. Das Problem wenn man ein Abstimmungsquorum statt eines Zustimmungsquorums nehmen würde ist das negative Stimmgewicht. Bei einem Gegner eines Vorschlages könnte eine Nein-Stimme die Abstimmung über ein Abstimmungsquorum lupfen und damit zu einem Ergebnis, dass dem Wählerwillen widerspricht. Das wäre natürlich kontraproduktiv.

Das Problem, dass ich beim Vorschlag ganz ohne Quorum sehe ist, dass im Extremfall 1 Million Menschen ausreicht um ein Gesetz durchzubringen und das find ich nicht ausreichend. Da fühl ich mich beim Parlament besser aufgehoben. Wo genau das Quorum liegen soll um Bürgerbeteiligung dennoch zu ermöglichen darüber können wir gerne diskutieren. Leistungssurrogat 20:38, 15. Sep. 2012 (CEST)