LSA:Themen/Bildungsinitiative

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Antwort zu StudisOnline zu den Wahlprüfsteinen der Hochschulpolitik LSA zur Wahl LTW2011[2][3][4][5][6]

Unsere Stellungnahme dazu:

Anfang Februar hat das Portal www.studis-online.de eine Anfrage an alle im Bundestag vertretenen Parteien zur aktuellen Hochschulpolitik gestartet. Die Antworten zu den "Wahlprüfsteinen zu den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt 2011" der großen Parteien wurden zwischen dem 09.02. und dem 18.02.2011 veröffentlich. Hiermit nehmen wir Bezug auf diese Fragen, da Bildungspolitik ein Kernthema des Wahlprogramms der Piratenpartei ist. Die Piratenpartei Sachsen-Anhalt beanstandet, dass Parteien, die nicht im Bundestag vertreten sind, keine Plattform gegeben wird, um sich in diesen Themen zu positionieren, obgleich sie zu den Landtagswahlen 2011 in Sachsen-Anhalt zugelassen sind und antreten.


Fragenkatalog mit Antworten:

In Sachsen-Anhalt findet am 20. März 2011 die Landtagswahl statt. Studis Online hat aus diesem Anlass den Landesverbänden der fünf im Bundestag vertretenen Parteien jeweils zehn Fragen mit Hochschulbezug gestellt. Hier die Antworten der Piraten Sachsen-Anhalt.

1. Eine wirtschaftlich gesicherte Existenz ist ein entscheidender Faktor, um Menschen aus allen sozialen und gesellschaftlichen Schichten die Aufnahme eines Studiums zu ermöglichen. In Deutschland spielen hierbei das Unterhaltsrecht und das BAföG eine wesentliche Rolle. Wie sollten diese rechtlichen Grundlagen nach Ihrer Vorstellung weiterentwickelt werden? Könnten Sie sich vorstellen, sich über den Bundesrat dafür einzusetzen das Unterhaltsrecht z. B. in Richtung einer vom Einkommen der Eltern unabhängigen Förderung zu reformieren?

Die Piratenpartei setzt sich für Lösungen ein, die eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe individuell und bedingungslos garantieren. Dazu diskutieren wir verschiedene Modelle, am bekanntesten wohl das BGE - Bedingungsloses Grundeinkommen. Ein Grundgedanke aller diskutierten Ansätze ist, dass die vielen staatlichen Transferleistungen zusammengefasst werden.

Dies würde auch das BAföG betreffen. Damit wäre dann auch die Unabhängigkeit des Unterhalts vom Einkommen der Eltern gewährleistet. Generell darf es nicht Konsens unserer Gesellschaft werden, dass die Aufnahme und der Abschluss eines Studiums von den Einkommensverhältnissen der Eltern abhängt. Dies widerspricht dem Grundsatz gleicher Bildungschancen. Natürlich würden wir uns über den Bundesrat mit unserer Expertise und Meinung einbringen.

2. Die Bundesregierung hat die bundesweite Einführung eines "Deutschlandstipendiums" beschlossen, das den "Leistungsstärksten" pro Monat 300 Euro - je zur Hälfte finanziert durch den Bund und private Sponsoren - einbringen soll. Unterstützen Sie diesen Plan? Wie ist Ihre grundsätzliche Einstellung zu leistungsabhängigen Stipendien im Verhältnis zum BAföG?

Es gibt viele private Stipendien und auch die teilweise staatlich finanzierte Studienstiftung.

Wir verstehen Bildung darüber hinaus als individuelle Entwicklung, in der jeder seine Begabungen entfalten, seine Schwächen abbauen und neue Interessen und Fertigkeiten entwickeln kann. Neben starren Lehrplänen werden einige Formen der Leistungsbewertung dieser Forderung derzeit nicht gerecht. Daher muss man "Leistungsstärksten-Stipendien" kritisch betrachten.

Zudem ist es problematisch, wenn private Sponsoren, insbesondere aus der Wirtschaft, nur die Fachbereiche fördern, die für sie einen unmittelbaren Nutzen bzw. Gewinn darstellen.

3. Studiengebühren sind seit ihrer Einführung ein stark umstrittenes Thema. In sieben Bundesländern wurden allgemeine Studiengebühren eingeführt, zwei (Hessen und Saarland) haben sie mittlerweile wieder abgeschafft, in Nordrhein-Westfalen ist die Abschaffung geplant. Bayern dagegen hat Pläne, bei berufsbegleitenden Bachelor-Studiengängen sogar höhere Studiengebühren von zunächst bis zu 2000 Euro zuzulassen. Welche Pläne haben Sie für Sachsen-Anhalt?

Die Piratenpartei lehnt Bildungsgebühren jeder Art kategorisch ab. Dies ist notwendig, um jedem Menschen, unabhängig von seiner sozialen Herkunft, ein größtmögliches Maß an gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen. Mit den eingeführten Bachelor-Studiengängen geht eine Verdichtung des Lehrplans einher, der eine zusätzliche Erwerbsfähigkeit erschwert. Damit nimmt der finanzielle Druck auf Studenten nochmals erheblich zu, denn Studiengebühren von 500 € pro Semester bedeuten eine Zusatzbelastung von fast 90 € monatlich.

4. Was halten Sie von den sozialen Bewegungen, die Demokratie nicht mehr nur als System, bei dem man alle vier Jahre seine Stimme abgibt, verstehen wollen (bspw. das Bildungsstreik-Bündnis, die Proteste gegen Stuttgart 21)? Ist Ihres Erachtens mehr Mitsprache und Mitbestimmung "von unten" nötig und möglich? Sind Ihrer Auffassung nach in diesem Sinne auch an den Hochschulen Veränderungen notwendig?

Die Piratenpartei hat sich gegründet, gerade weil wir mehr Mitsprache und Mitbestimmung aller Bürger angesichts der derzeitigen Politik ganz dringend für nötig halten. Insbesondere tritt die Piratenpartei für eine umfassende Demokratisierung aller Bildungseinrichtungen ein. Das Mitspracherecht der Studierenden sollte wieder eine Selbstverständlichkeit im Hochschulalltag werden. Die Piraten etablieren hierfür in den eigenen Reihen Systeme wie z.B. LiquidFeedback zur direkten Mitbestimmung . Ziel ist es, diese Idee der Öffentlichkeit und vor allem auch den Parlamenten vorzustellen. Dieses System wird von einigen Landtags-Kandidaten auch zur Nutzung in den Parlamenten vorgesehen, nachdem es seine Praxistauglichkeit unter anderem auch bei der Erarbeitung der Programme der Piraten bewiesen hat.

5. Brandenburg hat ein Landes-Schüler-BAföG für diejenigen Schülerinnen und Schüler eingeführt, die bisher kein BAföG bekommen können (insbesondere für Schüler an gymnasialen Oberstufen, die noch bei ihren Eltern wohnen). Was halten Sie von diesem Ansatz bzw. was für Pläne verfolgen sie, um mehr Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zu einer Hochschulzugangsberechtigung zu verhelfen?

Diese Frage erlaubt eine weiterführende Antwort auf die von ihnen zuerst gestellte Frage: Trotz des staatlichen Bildungsauftrages soll und kann die Erziehung in Bildungseinrichtungen die Erziehung durch die Eltern nicht ersetzen. Zur umfassenden Bildung gehört, dass sich beide Formen der Erziehung ergänzen und fördern. Auch deshalb ist es generell wichtig, der Verarmung von Teilen der Bevölkerung entgegenzuwirken, damit Eltern diese Aufgabe leisten können.

Für uns Piraten fängt der Bildungsbereich bereits im Kindergarten an. Wir setzen uns für kostenlose Bildungs- (nicht "Betreuungs-") -Angebote ab dem dritten Lebensjahr ein.

Für Schulen fordern wir Lehrmittelfreiheit. Dies wollen wir ermöglichen, indem allgemein zugängliche Werke gefördert und geschaffen werden, die kostenfrei im Unterricht eingesetzt werden können. So wird eine individuellere Unterrichtsgestaltung, ohne rechtliche Hürden, ermöglicht. Solche Werke basieren, wie z.B. die Wikipedia, auf der Idee von Open Access und von freien Lizenzen (z.B. Creative Commons).

6. Der Anteil der staatlichen Grundmittel für die Finanzierung der Hochschulen ist von 1980 bis 2007 von 72,3 auf 50,1 Prozent gesunken, während im gleichen Zeitraum die Finanzierung über Drittmittel- und Verwaltungseinnahmen in den letzten Jahrzehnten massiv zugenommen haben. Wie stehen Sie dazu, dass die öffentliche Finanzierung der Hochschulen in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr zurückgefahren wurde?

Dagegen wenden wir uns ganz entschieden, weil wir das für eine der Kernaufgaben des Staates halten. Private Finanzierung begrüßen wir, jedoch darf es nicht dazu führen, dass insbesondere die Wirtschaft als Geldgeber über die Lehrpläne bestimmt oder gar Hochschulen von diesen Drittmitteln abhängig werden.

7. Was halten Sie von der so genannten "Schuldenbremse", die nach Ihrem Einzug ins Grundgesetz nun aktuell auch in immer mehr Landesverfassungen aufgenommen wird? Die Bildungsgewerkschaft GEW vertritt hier sehr pointiert die Auffassung, dass diese "Bremse" vor allem zu Sozialabbau führe und daher nichts anderes als eine "Bildungsbremse" sei. Wie stehen Sie dazu?

Wir sehen es ähnlich wie die GEW, weshalb wir mit POS#016 unseres Positionspapiers zur Landtagswahl die Streichung der Schulden fordern.

Nachfolgende Generationen werden durch die aktuelle Krisen-Finanzpolitik mit einem Schulden-Erbe belastet, das, betrachtet man die Geschichte, nicht mehr abbezahlbar ist. Nur mit einem Schulden-Reset und dem Verbot oder einer strengen Restriktion für staatliche Institutionen zur Schuldenaufnahme kann der verhängnisvolle Kreislauf der zunehmenden Neuverschuldung zur Zinszahlung und Tilgung von Altschulden durchbrochen werden. Machtpolitische Strategien, Inkompetenz und andere Faktoren führen dazu, dass im aktuellen Zustand selbst die hochgelobte Schuldenbremse nicht lange aufrecht erhalten und damit wirkungsvoll werden kann. Aus diesen Gründen sehen wir auch die momentanen Überlegungen zu einem "ständigen Krisenmechanismus ab 2013" als erschreckend naiv und sozial unverantwortlich.

8. Eine vor kurzem veröffentlichte Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) hat ergeben, dass "bis 2020 bis zu einer Million mehr Studienplätze erforderlich [sind]. Unter Berücksichtigung des Hochschulpakts besteht somit ein Finanzierungsbedarf für weitere 700.000 Plätze. Dieser Bedarf an Studienplätzen ergibt sich daraus, dass bis 2020 jedes Jahr mindestens 400.000 Studienanfänger an die Hochschulen drängen." Stimmen Sie dieser Analyse zu? Wenn ja, wie wollen Sie die Vergrößerung des Studienplatzangebots realisieren?

Wir können diese Studie nicht ad hoc bewerten. Ökonomisch gesehen sind Investitionen in Bildung in Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung unserer Gesellschaft grundlegend, da nur durch den Erhalt, die Weitergabe und die Vermehrung von Wissen Fortschritt und gesellschaftlicher Wohlstand auf Dauer gesichert werden können. Wir wollen das realisieren, indem wir zu den Wahlen antreten und im Parlament für eine haushaltspolitische Einordnung der Bildung als Investition mit ausreichender Finanzierung sorgen.

Außerdem treten wir dafür ein, dass öffentlich finanzierte Forschungsergebnisse generell kostenfrei für alle zur Verfügung stehen (Open Access). Dies würde zu Einsparungen an den Hochschulen, vor allem an den Universitätsbibliotheken führen, da Lehrmaterialien auf diese Weise kostenlos verfügbar sind. Wenn Wissen und Informationen an Hochschulen generiert werden, dann geschieht dies durch Steuermittel und sollte somit sowohl der weiteren Nutzung aller Hochschulen, Schulen, Bildungseinrichtungen, Ämtern als auch der Bevölkerung unentgeltlich zur Verfügung stehen. Dieses Hin-und-Herschrieben von Geldern zwischen einzelnen staatlichen Institutionen stützt einen bürokratischen Apparat, mit dessen Einsparungen Gelder freigemacht werden können.

9. Aktuell wird der Bachelor-Abschluss für immer mehr Studierende zur Sackgasse, da es nicht genug Master-Studienplätze gibt. Wie stehen Sie zu der Umsetzung des Konzepts der Bachelor-Master-Studiengänge in Deutschland - i.d.R. sechssemesteriges Bachelor-Studium, Übergangsquoten in Höhe von ca. 30 – 70%, Neubewerbung für ein Master-Studium? Welchen Entwicklungsbedarf sehen Sie auf diesem Gebiet?

Hätten sich die verantwortlichen Politiker nach dem Willen der Studierenden und auch der Professoren gerichtet, wäre die Bologna-Reform so nie eingeführt worden.

Es ist jedoch an der Zeit, nach vorn zu schauen! Wir müssen nun versuchen, die aktuelle Situation im Sinne der Grundgedanken dieser Reform zu optimieren und auf keinen Fall resignieren. Die Anzahl der Masterstudenten sollte dem ehemaliger Abschlüsse entsprechen und vergleichbare Angebote sollten gefördert und gefordert werden, sodass der Bachelor-Abschluss kein Selektionsmittel, sondern ein Sprungbrett für die Studenten bedeutet. Insbesondere bei der Umstellung hat es hier einige Defizite gegeben, die sich durchaus nachholen lassen. Hier gilt es im Wesentlichen, die Probleme jetzt aktiv in Angriff zu nehmen und auch auf internationaler Ebene aktiv zu agieren, um die Vorzüge der neuen Abschlüsse für die Studenten vom Papier in die Realität zu tragen. Sie sind ein wesentlicher Schritt auf dem Weg in ein gemeinsames Europa und ein Schritt in eine solide, grenzüberschreitende Wirtschaft. Studien zeigen, dass für Arbeitgeber hierbei oft nicht wichtig ist, welcher Abschluss im wesentlichen erlangt wurde, sondern in welcher Form Inhalte vermittelt wurden. So ist praktische Erfahrung von hoher Bedeutung. Die Umstrukturierung der Studiengänge sollte von diesen Erfahrungen profitieren und die Chancen nutzen, die teils historisch entwickelte Struktur der Studiengänge zu überdenken.

10. Viele Studienfächer sind inzwischen zulassungsbeschränkt. Studieninteressierte sind daher gezwungen, sich an einer größeren Zahl von Hochschulen zu bewerben und Bewerbungen wieder zurückzuziehen, falls doch ein Platz an einer bevorzugten Hochschulen frei wird. Nun gibt es offenbar bereits Streit um die Kostenverteilung bei der ab kommenden Wintersemester geplanten zentralen (wenn auch freiwilligen) Koordinierung durch die Stiftung für Hochschulzulassung / hochschulSTART.de. Wollen Sie sich in diese Auseinandersetzung einmischen und die Hochschulen ihres Landes zu einer einheitlichen Linie drängen bzw. durch finanzielle Zusagen des Landes eine Teilnahme aller Hochschulen des Landes ermöglichen?

Im Sinne einer optimierten Studienplatzvergabe sowie einer generellen Bildungsförderung werden wir uns dafür einsetzen, dass alle Hochschulen des Landes so finanziell ausgestattet sind, dass sie an der Koordinierung der Studienplatzvergabe durch die Stiftung für Hochschulzulassung teilnehmen können. Dabei würden wir einer unverhältnismäßigen Hochschulzulassungsbürokratie keine hohe Priorität bei finanziellen Zusagen des Landes einräumen. Es muss daher gewährleistet sein, dass die Arbeit der Stiftung mindestens den Ressourcenverbrauch bei unkoordinierter Zulassungsvergabe kompensiert. Generell können wir Zulassungsbeschränkungen von unserer Programmatik her nicht für gut heißen.

Antwort zur hallischen Studienzeitschrift "hastuzeit" zu den hochschulpolitischen Positionen zur LTW2011[7]

Unsere Stellungnahme dazu:

Am 19.02.2011 veröffentlichte die hallische Studentenzeitschrift "hastuzeit" einen Artikel zu den Positionen der Parteien bezüglich der Hochschulpolitik. Leider wurden nur die im Landtag vertretenen Parteien befragt, obwohl auch die Bildungspolitik u.a. ein Schwerpunktthema der Piratenpartei ist. Hiermit nehmen wir Bezug auf diese Fragen und hoffen, dass in Zukunft nicht nur die "großen Parteien" eine Plattform bekommen, um die Bürger über ihr Wahlprogramm aufzuklären bzw. die Möglichkeit haben, sich zu positionieren.

Fragenkatalog mit Antworten:

1. In Thüringen gibt das Land den Hoch­schu­len für 2011 deut­lich we­ni­ger Geld, als es in Ver­ein­ba­run­gen zu­ge­si­chert hat. Ein Ar­gu­ment der Lan­des­re­gie­rung wa­ren die Bun­des­mit­tel aus dem Hoch­schul­pakt 2020, die aber ei­gent­lich für zu­sätz­li­che Stu­dien­plät­ze be­stimmt sind. Wie wird es in Sachsen-Anhalt nach der Wahl aus­se­hen? Kön­nen sich die Hoch­schu­len wirk­lich auf die Ziel­ver­ein­ba­run­gen ver­lassen, oder dro­hen auch bei uns wei­te­re Kürzungen?

Die Frage, für wie verlässlich solche Zielvereinbarungen gehalten werden, müssen letztendlich die Wähler entscheiden.

Wenn sich die grundsätzliche Finanzpolitik des Bundes etwa in der Bewältigung der Bankenkrise, jetzt Staatsschuldenkrise, nicht ändert, drohen den staatlichen Haushalten gravierende Engpässe. Gegenteilige Versicherungen vor der Wahl sind generell nicht einklagbar.

2. In den kommenden Jah­ren wer­den zu­sätz­li­che Stu­dien­plät­ze für die dop­pel­ten Ab­i­tur­jahr­gän­ge be­nö­tigt. Da­zu ha­ben Bund und Län­der den Hoch­schul­pakt 2020 geschlossen. Nach der Ab­schaf­fung der Wehr­pflicht ist nun mit noch mehr Stu­dien­be­wer­bern zu rech­nen. Wie sol­lte das Land darauf re­agieren?

Das Land muss den Hochschulen die Mittel bereitstellen, solch eine akute Beanspruchung bewältigen zu können. Die Nichtbesetzung von Stellen wissenschaftlicher Mitarbeiter ist dabei ein Hauptproblem. Überlaufende Seminare und Lehrveranstaltungen führen zu Studienzeitverlängerung und womöglich gar einem Studienabbruch. Die Personalsituation an den Hochschulen ist teilweise desaströs und nicht wenige Stellen, die vertraglich zugeschrieben sind, werden trotzdem von den Hochschulen auf Grund mangelnder Finanzen nicht besetzt.

3. Welche Rolle spielt für Sie die ver­fas­ste Stu­die­ren­den­schaft?

Der Begriff "Studentenschaft" bezeichnet ursprünglich alle Studenten. Mit "verfasster Studierendenschaft" sind wohl in Gesetzen festgelegte studentische Gremien gemeint.

Eine Studierendenschaft, die in einer demokratisch verfassten Universität mitbestimmt, sollte nicht als Politik-Übungsveranstaltung missverstanden werden. Die geringen Wahlbeteiligungen und die Dominanz von politischen Hochschulgruppen der Parteien deuten darauf hin, dass die Studierendenschaft ihren Gremien derzeit keine große Bedeutung beimisst. Deshalb müssten studentische Gremien und die studentischen Vertreter in den allgemeinen universitären Gremien zunächst mindestens genauso entscheidende Stimme haben, wie die der Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter.

Die studentische Selbstverwaltung dagegen könnte prinzipiell auch gut ohne parlamentarische Strukturen, z.B. basisdemokratisch funktionieren. Wenn der Gesetzgeber hierzu Vorgaben macht, sollten diese den Rahmen so weit stecken, dass z.B. die Fachschaften Jura, Informatik oder Philosophie oder unterschiedliche Universitäten sich jeweils ihnen genehme Strukturen und Traditionen entwickeln können.

4. Was ist das Besondere an der Hoch­schul­po­li­tik Ih­rer Partei?

Wir sehen die Hochschulen zugleich als Vorreiter für viele gesellschaftliche Veränderungen, als auch deren Bedeutung in der Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse. Essentiell für diese Funktionen sind die freie Lehre, ohne Einmischung von Wirtschaft und Politik, eine ausreichende Finanzierung und damit eine nachhaltigen Personalpolitik, nicht nur für ökonomisch ausgerichtete Studiengänge, ein einkommensunabhängiger Zugang zu Bildung, ohne Studiengebühren, und ein für Hochschulen und andere Bildungseinrichtungen kostenfreier Zugang zu Bildung und wissenschaftlichen Publikationen durch Open Access.

Antwort zur Konferenz der Studierendenschaften Sachsen-Anhalts (KSSA) zu den Wahlprüfsteinen der Hochschulpolitik LSA zur Wahl LTW2011

Wahlprüfsteine der Konferenz der Studierendenschaften Sachsen-Anhalts


Studiengebühren und Studienfinanzierung

1. Finden Sie generell Studiengebühren gerechtfertigt? Wenn ja welche und warum?

Jeder Mensch hat das Recht auf freien Zugang zu Information und Bildung. Der freie Zugang ist von enormer Bedeutung für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung unserer Gesellschaft. Bildung ist eine der wichtigsten Ressourcen der deutschen Volkswirtschaft, da nur durch den Erhalt, die Weitergabe und die Vermehrung von Wissen Fortschritt und gesellschaftlicher Wohlstand auf Dauer gesichert werden können.

Gebühren auf Bildung führen immer zu einer Verknappung des Gutes Bildung und somit zu einer geringeren Zahl derer, die das Angebot wahrnehmen können. Bildung ist nicht nur ein essenzielles Grundrecht, sondern auch Notwendigkeit in jeder zukünftigen Gesellschaft. Weder ein Einzelne noch die Allgemeinheit können es sich leisten, Teile der Bevölkerung von Bildung auszuschließen. Ausgaben in Bildung sind nicht als Kosten zu betrachten, sondern als Investitionen in die Zukunft.

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, zusätzliche Gelder für öffentliche Universitäten zur Verfügung zu stellen. Wir fordern einen freien Zugang zu Bildung, von der Kindertagesstätte bis zur Hochschule!

Investitionen in Bildung sind Investitionen in die Zukunft.

2. Ist eine nachgelagerte Beteiligung der StudentInnen an den Kosten des Hochschulsystems, wie es beispielsweise in Hamburg vorgesehen ist, in Ihren Augen eine Art von Studiengebühren?

Studiengebühren bleiben Studiengebühren, auch wenn man den Zahlungszeitpunkt verlagert. Ein Studium ist keine Leistung, die man als Student erwirbt. Universitäten bilden Fachkräfte für die Gesellschaft aus, die uns allen zu gute kommen. Die Entwicklung moderner Technologien und medizinischer Wirkstoffe genau wie das moderne kulturelle Angebot sind für alle für uns eine Selbstverständlichkeit. Es gibt zahlreiche Beispiele in den Natur- und Geisteswissenschaften, die unsere Gesellschaft, so wie wir sie heute erleben, erst möglich gemacht haben.

Statt vermehrt Studenten zu belasten und damit auch den gesellschaftlichen Fortschritt zu hemmen, sollten wir die Wirkung der bereits stattfindenden Investitionen in Forschung und Wissenschaft für die Gemeinschaft verbessern. Es ist heutzutage nicht selbstverständlich, dass wissenschaftliche Arbeiten, die von unseren Steuergeldern bezahlt werden, auch den Steuerzahlern wieder zur Verfügung stehen. Gängige Praxis ist die kostenpflichtige Veröffentlichung durch nicht-öffentliche Unternehmen. Diese wiederum bieten die erhaltenen Inhalte der Gesellschaft und der Wissenschaft kostenpflichtig an.

Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass möglichst alle durch öffentlichen Stellen erzeugten oder mit Hilfe öffentlicher Förderung entstanden Inhalte der breiten Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht werden. Die Verfügbarkeit darf nicht durch Antragsverfahren, Lizenzen, Gebühren oder technische Mittel erschwert werden. Die Inhalte werden in offenen Formaten online zur Verfügung gestellt und archiviert. Weiterverbreitung sowie kommerzielle Nutzung sind ausdrücklich gestattet.

Der freie Zugang zu Bildungseinrichtungen ist im Interesse aller. Deshalb ist es Aufgabe der gesamten Gesellschaft, in Form des Staates, eine leistungsfähige und ihrem Zwecke angemessene Bildungsinfrastruktur zu finanzieren und frei zur Verfügung zu stellen.


Hochschulfinanzierung

3. Wie zufrieden sind Sie mit der Umsetzung des Hochschulpaktes in Sachsen-Anhalt, z.B. im Hinblick auf die doppelten Abiturjahrgänge?

Zu dieser Frage gibt es innerhalb des Landesverbandes der Piratenpartei keinen Konsens.

4. Halten Sie die derzeitige Finanzierung der Hochschulen in Sachsen-Anhalt für ausreichend? Sind qualitativ hochwertige Studienplätze mit dieser Finanzierung gewährleistet?

Die derzeitige finanzielle Ausstattungen der Hochschulen ist gelinde gesagt unzureichend. Gebäude verfallen zusehens, Lehrkräfte können nicht weiter beschäftigt werden, Hilfskräfte müssen von den Dozenten aus eigener Tasche bezahlt werden. Darunter leiden die Lehre und die Forschung gleichermaßen.

5. Wie sollten Forschungsgelder Ihrer Meinung nach an Hochschulen verteilt werden?

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, zusätzliche Gelder für öffentliche Universitäten zur Verfügung zu stellen, um folgende, für eine nachhaltige und robuste Energieversorgung des Landes notwendige, Forschungsbereiche aufzubauen:

• Energiespeicher und Energiespeicherwerke

• umweltverträgliche Energieerzeugung

• robuste und energiesparende Kommunikation, Computertechnik und Robotik

• kostengünstige medizinische Diagnostik

• emmissionsarme Verkehrs- und Raumfahrttechnik

Auf keinen Fall sollten Gelder mit der Gießkanne à la Bundesexzellenzinitiative verteilt werden. Jeder Forschungs- und Bildungsstandort sollte die bestmögliche Qualität bieten können und nicht in einem, aufgrund fehlender Haushaltsrücklagen angestoßenen Wettbewerb, der Gefahr unterliegen, nicht gefördert zu werden.

Die Hochschulen sollten Forschungsgelder vornehmlich in einem Akt der Selbstverwaltung und durch interne Regularien verteilen dürfen.

6. Ist Wettbewerb um die Verteilung der öffentlichen Finanzierung für Hochschulen sinnvoll? (Insbesondere gemeint sind die Verteilung der Gelder für Neuimmatrikulierte)

Übermäßiger Wettbewerb in einer Struktur der öffentlichen Wissensbildung kann kontraproduktiv sein, wobei aber die Zahl der Neuimmatrikulierten trotzdem die öffentliche Finanzierung beeinflussen sollte. Wettbewerb sollte stets den Erwerb zusätzlicher Mittel bedeuten und nicht dazu genutzt werden, um die finanzielle Verteilung der öffentlichen Etats zu regulieren.


Hochschulstruktur

7. Welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung sowie Qualitätsentwicklung müssen in den nächsten fünf Jahren ergriffen werden?

Die Ausbildung der Lehrer ist normalerweise in die Studiengänge der Fachrichtung integriert, die ein Lehramtsstudent nach seinem Examen unterrichten soll. Lehrer mit Erfahrung weisen allerdings immer wieder darauf hin, dass eine pädagogische Qualifikation besonders wichtig ist, um im Lehralltag bestehen und letztlich seiner Berufung nachgehen zu können. Vielen angehenden Studenten ist zu Beginn ihres Studiums nicht klar, worauf sie sich einlassen, und infolgedessen sind viele mit dem Lehrerberuf letztendlich überfordert. Stattdessen sollten schon zu Beginn des Studiums Lehramtsstudenten durch Praktika fortwährend in den Schulalltag integriert werden und als Hilfslehrer den Unterricht unterstützen. Dies fördert nicht nur die Qualifikation der Lehrkräfte, sondern steigert auch die Qualität des Unterrichts.

8. Was verstehen Sie unter einer autonomen Hochschule, wie viel darf das Land noch steuern?

Die Bildungseinrichtungen sind für die dortigen Schüler und Studenten ein prägender und umfassender Bestandteil ihres Lebens. Sie sind deswegen als Lebensraum der Lernenden zu begreifen, dessen Gestaltung und Nutzung ihnen stets offen stehen muss. Eine demokratische Organisation der Bildungseinrichtungen soll den Lernenden, genau wie den anderen Interessengruppen der Bildungseinrichtungen, eine angemessene Einflussnahme ermöglichen. Auf diese Weise werden demokratische Werte vermittelt und vorgelebt, die Akzeptanz der Entscheidungen erhöht, sowie das Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Bildungseinrichtungen gestärkt.

Für die aktive Mitbestimmung sollten Hürden und Termine derart verändert werden, dass eine Partizipation ähnlich leicht möglich ist, wie beispielsweise an den anderen Verwaltungsvorgängen innerhalb der Universitäten. Hier kann man sich den Einsatz von Werkzeugen wie LiquidFeedback [1] vorstellen. Konzepte wie dieses können insbesondere die Willen der Studenten zur Teilhabe an den Entscheidungsprozess steigern und bessere Einblicke in die hochschulinternen Vorgänge ermöglichen.

[1] http://piraten-im-landtag.de/portal/was-ist-liquidfeedback


Studienstruktur

9. Sollte der Bachelorabschluss an einer Fachhochschule zur Aufnahme eines Masterstudiums an einer Universität berechtigen?

Ja, das Master/Bachelor-System wurde für diese Flexibilitäten entwickelt. Falls nötig, sollen die verantwortlichen Prüfungssauschüsse, wie bei einem anderen Hochschul- oder Studiengangwechseln üblich, fehlende, aber notwendige Leistungen beanstanden und die Möglichkeit einräumen, diese an der Universität nachholen zu lassen.


Hochschulpolitik

10. Welche Forderungen an das Bildungssystem werden sie unterstützen? (siehe auch www.kssa.info unter Veröffentlichungen)

• Masterstudienplatz für alle studieninteressierten BachelorabsolventInnen

Dieser Forderung schließen wir uns grundsätzlich an, sie ist in Bezug auf die etablierten Studiengänge in der Vergangenheit eine Selbstverständlichkeit.

• Verbesserte Anerkennung der Studienabschlüsse der Hochschulen

Als eines der wichtigen Ziele des Bologna-Prozesse, ist die Anerkennung der neuen Abschlüsse nicht nur innerhalb Deutschlands eine bedeutende Pflicht der Bildungspolitik. Wir stimmen dieser Forderung zu.

• Reduzierung der Anzahl von Pflichtveranstaltungen

Ohne die Anzahl der Veranstaltunen zu reduzieren, schließen wir uns dieser Forderungen in dem Sinne an, dass die Auswahl der Veranstaltungen weniger verschult stattfinden soll.

• Abschaffung von Anwesenheitspflichten

Anwesenheitspflichten sind unserer Ansicht nach kein geeignetes Mittel, die Qualität der Ausbildung erwachsener Menschen zu steigern. Ein Studium sollte in Eigenverantwortung geführt und die Leistung durch eine Prüfung bewertet werden. Wir unterstützen die Abschaffung von Anwesenheitspflichten.

• Schaffung von Freiräumen in beispielhafter Form von Credit-Points für eigenständige nicht-nachzuweisende Bildung, die jeder Studierende zur persönlichen Entwicklung nutzen kann

Wir schließen uns der Forderung an, die eigenständige Bildung zu fördern. Insbesondere sollen hier Fachübergreifende Studien möglich sein und die Studierenden in ihrem Interesse nicht eingeschränkt werden.

• Reduzierung der Prüfungsdichte?

Wichtig ist dabei insbesondere eine vernünftigere, koordinierte Verteilung von Prüfungsterminen innerhalb eines Semesters, sodass es nicht immer zu einer Maximalbelastung am Ende der Vorlesungszeit kommt, wenn teilweise Prüfungen in zweistelliger Zahl abgelegt werden müssen.

• Anpassung der Gewichtung grundlegender Veranstaltungen

Die Entscheidung sollte von Studiengang zu Studiengang entschieden werden, aber nicht durch eine Reform aus einer vernünftigen Verteilung in eine undurchdachte, angepasste Form gepresst werden, wie in der Vergangenheit durch die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge geschehen.

11. Wie soll die im Gegensatz zu anderen Bundesländern massive Abwanderung der "jungen Mobilen"verhindert werden?

Da die jungen Menschen hauptsächlich der Arbeit nachziehen, ist dieses Problem nur mit ausreichenden und ausreichend bezahlten Arbeitsplätzen zu lösen. Der Ausbau der Wissensstandorte und die Förderung der Ansiedlung von Unternehmen in Bezug auf vorhandene Studiengänge, kann dabei nur ein Teil der Lösung dieses Problems sein. Die Abwanderungs-Problematik kann kaum auf den Schultern der Bildungspolitik lasten.

Einzelnachweise

  1. Quellenangabe
  2. StudisOnline Stellungnahme der CDU zu den Wahlprüfsteinen der Hochschulpolitik LTW2011
  3. StudisOnline Stellungnahme der SDP zu den Wahlprüfsteinen der Hochschulpolitik LTW2011
  4. StudisOnline Stellungnahme der LINKEN zu den Wahlprüfsteinen der Hochschulpolitik LTW2011
  5. StudisOnline Stellungnahme der GRÜNEN zu den Wahlprüfsteinen der Hochschulpolitik LTW2011
  6. StudisOnline Stellungnahme der FDP zu den Wahlprüfsteinen der Hochschulpolitik LTW2011
  7. hastuzeit Stellungnahme der Parteien zu den hochschulpolitischen Positionen zur LTW2011