Benutzer:JohannesX/Warum Peak Oil ein Thema für Piraten ist

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Warum Peak Oil ein Thema für Piraten ist

Ich habe mir etwas Gedanken gemacht über Beziehungen zwischen Peak Oil und den "piratigen Kernthemen". Das Ergebnis ist ein für das Medium Mailliste eigentlich zu langer Text, dessen Diskussion aber vielleicht lohnt.

Zusammenhänge, die ich sehe::

  • Niemand hat Bock auf einen angekündigten Weltuntergang. Aber: Ein schnelles und heftiges Eintreten eines Öl-Förderrückgangs würde tatsächlich die Grundlagen unserer Ökonomie schwer erschüttern, und diese Gefahr ist leider real. In Gefahr sind damit auch unsere Möglichkeiten, unsere originären Ziele und Visionen als Piraten zu verwirklichen. Wenn wir hier griechische Zustände kriegen, werden Bildung und Bürgerrechte schnell ein Sekundärthema.
  • Solche "Negativthemen" in Wahlen anzusprechen gilt als politischer Selbstmord. In einem von der Autoindustrie abhängigen Land mit Problemen wie aktuell bei Opel in Bochum müssen wir natürlich mit kräftigem Gegenwind rechnen.
In Wirklichkeit ist es aber natürlich so, dass mit jedem Tag, den die Politik danit wartet, den Tiger "Peak Oil" zu reiten, die vorhandenen Spielräume, die Zukunft positiv zu gestalten kleiner werden.
  • Ich denke ein "Metathema" der Piraten als Mit-Erben der Aufklärung sind die Folge einer Gesellschaft mit allgemeinen Zugang zum heutigen Machmittel Nummer Eins - Information. Nutzung relevanter Information führt zu Auseinandersetzung mit der Realität. Diese Auseinandersetzung benötigt gelegentlich Mut und Willen zur Wahrheit.
Wir Piraten haben auch Erfolg, weil wir als Partei Wahrheiten benennen.
  • Alle Freiheit ist nicht denkbar ohne die Fähigkeit, der Realität angemessen zu handeln. Dazu müssen wir die Realität kennen. Deswegen ist unser Grundwert Freiheit mit Transparenz verknüft.
  • Peak Oil berührt massiv unsere Forderung nach Transparenz. Das fängt damit an, dass ein Großteil der Daten, auf denen Prognosen über die Ölförderung basieren, gar nicht öffentlich sind! Tatsächlich sind selbst die Daten über die arabische Ölförderung, welche die Uppsala Global Energy Systems Group für ihre Veröffentlichungen nutzt, vorher nicht öffentlich gewesen und ein Teil steckt nach wie vor in nichtöffentlichen kommerziellen Datenbasen (*). Für eine Ressource, von deren Beständen buchstäblich die Energie- und Nahrungsmittelversorgung der Menschheit abhängt, ist das ein absolutes Unding!
  • Theoretisch können Krisen auch ein Gutes haben, dass die Karten gesellschaftlicher Machtverteilung neu gemischt werden. Nur funktioniert das nicht, wenn die Öffentlichkeit umgangen wird.
Zahlreiche Veröffentlichungen und Papiere, die auch im Positionspapier erwähnt werden, zeigen, dass das Thema längst bei Militärs, Geheimdiensten und Banken angekommen ist. Die demokratische Öffentlichkeit ist, was eine Vorbereitung angeht, weit im Rückstand.
Die drohenden Folgen und Gefahren bis hin zu weltweiter Nahrungsmittelknappheit sind in den Wirkungen nicht harmloser als diktatorische Gewaltanwendung.


(*) Beschrieben in "Peeking at Peak Oil" von Kjell Aleklett und Uppsala Global Energy Systems Group, Springer New York 2012, Kapitel 1.


  • Was ich glaube ist, dass wir für die Gestaltung einer Zukunft das Prinzip der Solidarität wiederbeleben müssen. Anders gibt es einfach zu viele Verlierer, die nicht anders können werden, als sich Veränderungen entgegen zu stemmen. Dabei denke ich zum Beispiel an all die Arbeitnehmer in der Autoindustrie.
Übrigens ist es meiner Meinung nach Solidarität, die den extrem raschen gesellschaftlichen Wandel in den 60er und 70er Jahren ermöglicht hat. Dass Solidarität notwendig zu Stagnation führt, ist ein höchst überprüfungswürdiger neoliberaler Glaubenssatz. Kein Kind entwickelt sich frei ohne Geborgenheit, Rückhalt und Vertrauen. Was zu Stagnation führt, sind Angst und Festhalten am Alten.
Für die Zukunft brauchen wir keinen bevormundenden Sozialstaat, der in Bismarck'scher Tradition eine kollektive Vaterrolle einnimmt, sondern Solidarität unter Gleichen. Dies findet einen Ausdruck im Konzept des BGE.


  • Peak Oil ist mehrfach verknüpft mit der Zielsetzung nach einem wirklich nachhaltigem Wachstum. Einerseits können sich kurzfristige Notmaßnahmen sehr destruktiv auf die Umwelt auswirken. Neben dem Fracking gehört auch die Ausbeutung der kanadischen Ölsande und die Coal-To-Liquid Verfahren dazu, die eine desaströse Schadstoff- und CO2 Bilanz haben. Kohleverflüssigung (Coal-to-Liquid) wendet fast eine Tonne Kohle pro erzeugtem Barrel Erdöl auf. Wenn die Menschheit diesen Weg geht, war's das mit dem Weltklima. Wir dürfen nicht die Zukunft der Gegenwart opfern.


Darüber hinaus kommen wir aber mit knapperer und immer kostspieliger produzierter Energie zunehmend an einen Punkt, an dem die bisherige Wachstumsphilosophie anscheinend nicht mehr funktioniert - es gibt keinen Kuchen mehr, der immer größer wird. Der Kuchen wird in Zukunft kleiner werden und wir werden nur dann einen fundamentalen gesellschaftlichen Zusammenhalt bewahren können, wenn wir ihn gleichmäßiger verteilen.
Und: Da energetisch weit weniger Ressourcen zur Verfügung stehen werden, werden wir darüber nachdenken müssen was wichtig ist und wo unsere kollektiven Prioritäten liegen. Fernreisen und Golfplätze oder Intensivmedizin und bessere Bildung?
Würde diese Diskussion geführt, könnten wir zu einem ganz anderem und gesünderen Verständnis von Wohlstand kommen. Das hat auch zu tun mit Freiheit.


  • Ein Vorschlag, der sich in der Diskussion herauskristallisierte, ist die Einführung einer wirksamen Energiesteuer. Diese würde den Faktor Energieverteuern und den Faktor Arbeit entlasten - platt gesagt: Sie würde "Arbeitsplätze schaffen", wenn alles andere gleich bliebe. Preise für Güter würden weniger die in Gütern enthaltene Arbeit oder den aufgewandten Kredit repräsentieren, sondern fossile Energie. Alles was Energieverbrauch intelligent durch Arbeit ersetzt, würde das verfügbare Einkommen des Einzelnen steigern - ohne dass die Allgemeinheit dabei draufzahlt.
  • Die Einnahmen aus einer Energiesteuer könnten ein BGE finanzieren. Damit würde das BGE ein Mittel zur gleicheren Teilhabe an energetischen Ressourcen.
  • Energieexperten sind sich weitgehend einig, dass es mit dem Verschwinden des billigen Erdöls kein Wachstum im herkömmlichen Sinn mehr geben wird.
Ich wünschte ich würde mich irren, aber nach meinem sehr limitierten Kenntnisstand hierzu hieße das, dass eine Rückzahlung all der im Zuge der Finanzkrise gepumpten Gelder gar nicht möglich ist. Einer der Zusammenhänge zwischen Ökonomie und Erdöl ist somit, dass das Vertrauen in Kredite und damit auch jeglicher Wert unseres Kreditgeldes auf einer Einplanung stets ausweitbarer Nutzung natürlicher Ressourcen beinhaltet.
Sollen Leute, die davon Ahnung haben, bitte mehr dazu sagen...
  • Außenpolitische Folgen: Unsere massive Abhängigkeit von knapperwerdender importierter Energie ähnelt der eines Junkies von Dealern und beeinträchtigt enorm unsere Fähigkeit, eigene Interessen oder Grundrechte anderer in der Außenpolitik zu vertreten.
Wir sind beschämend abhängig von militärischen Großmächten, Diktaturen und Gewaltherrschern, und die entsprechenden Länder werden global ein steigendes Gewicht bekommen. Wer freiheitliche und demokratische Werte in Außenbeziehungen vertreten möchte, kann das eigentlich nicht hinnehmen.
Abgesehen davon ist Deutschland auch nicht in der Position, sich Energieressourcen durch geopolitische und militärische Machtausübung zu sichern. Eine solche Strategie ist nicht nur unethisch, sondern auch nicht besonders klug. EIN Afghanistan und dessen verheerende moralische, gesellschaftliche und auch außenpolitische Kosten sollte reichen, das zu erkennen. Für mich ist definitiv jeder für solche Ziele traumatisierte oder verletzte Mensch einer zuviel.