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Die Piratenpartei sieht den dringenden Bedarf, den Datenschutz zu modernisieren. Immer wieder tauchen durch neu eingeführte Technologien Regelungslücken und Unklarheiten auf, die durch auf spezielle Fälle zugeschnittene Gesetzesänderungen, vertragliche Vereinbarungen mit Anbietern oder Gerichtsurteile geklärt werden müssen, wobei teilweise veraltete juristische Konzepte auf die Situation des 21. Jahrhunderts übertragen werden. Die Frage, in welche Richtung diese Modernisierung gehen soll, sorgt für mitunter heftige Diskussionen. Im Folgenden sollen sowohl Grundlagen für eine solche Modernisierung als auch einige konkrete Detail-Fragen geklärt werden.
Um selbstbestimmte Entscheidungen über die Preisgabe persönlicher Informationen zu ermöglichen, ist vor allem Bildung und Weiterbildung in diesem Bereich notwendig. Hierbei muss die Fähigkeit im Fokus stehen, zwischen unterschiedlichen Arten von Daten und unterschiedlichem Vertrauen zu Empfängern und Verwaltern von Daten zu unterscheiden. Der bei jedem auch nur teilweisem Veröffentlichen von Informationen mögliche Kontrollverlust über die weitere Verbreitung muss ebenfalls thematisiert, diskutiert und verstanden werden.
Entscheidungen über die Weitergabe persönlicher Informationen müssen selbstbestimmt getroffen werden können. Es darf also keinen auch nur impliziten Zwang geben, mehr als die unbedingt und objektiv notwendigen persönlichen Daten preiszugeben, um bestimmte Angebote überhaupt nutzen zu können. Leider wird die hierzu bestehende Rechtslage heute oftmals nicht eingehalten. Durch die chronische Unterbesetzung, Unterfinanzierung und fehlende Unabhängigkeit von Datenschutzbehörden, besteht an vielen Stellen ein Kontroll- und Vollzugsdefizit.
Andererseits dürfen Angebote aber auch nicht komplett verboten oder durch nicht erfüllbare Anforderungen faktisch unmöglich gemacht werden, bloß weil sie persönliche Daten optional nutzen. Grund für die persönliche Entscheidung, bestimmte Daten einem Anbieter freiwillig zur Verfügung zu stellen oder diese gar zu veröffentlichen, kann beispielsweise der Nutzen von personalisierten Inhalten, Suchergebnissen, Empfehlungen und auch personalisierter Werbung, aber auch der Wunsch sein, eventuelle gesellschaftliche oder berufliche Nachteile in Kauf zu nehmen, um langfristig eine gesellschaftliche Akzeptanz für eine Meinung oder eine Persönlichkeits-Facette zu schaffen. Die Piraten wollen die informationelle Selbstbestimmung daher fördern und allen Menschen eine informierte Entscheidung über die Preisgabe und Verwendung ihrer Daten ermöglichen.
Ein großer Anteil der praktischen Datenschutz-Probleme ist auf die leichtfertige Weitergabe von Daten durch Bekannte, Freunde oder sonstige Kontakte zurückzuführen. In diesem Bereich ist die juristische Durchsetzung schwierig, langwierig und in vielen Fällen auch einfach nicht angemessen. Um diesem Problem gerecht zu werden, muss viel mehr eine „Datenhöflichkeit“ als gesellschaftliche Norm etabliert werden, bei der Wünsche bezüglich des Umgangs mit persönlichen Informationen auch im privaten Bereich respektiert werden und, falls diese nicht bekannt sind, im Einzelfall eine Erlaubnis eingeholt wird. Dies soll nicht nur aus rechtlichen Erwägungen und einer Furcht vor einer (mehr oder weniger wahrscheinlichen) Strafe geschehen, sondern eben auch aufgrund von Regeln zum Umgang miteinander, die gesellschaftlicher Konsens sind. Dies muss einerseits durch die Bildungsangebote in diesem Bereich nahe gebracht, andererseits durch passende Kommunikations- und Einstellungsmöglichkeiten in den entsprechenden Systemen auf einfache und benutzerfreundliche Weise ermöglicht werden.
Bei der Erhebung von Daten durch staatliche Stellen sind strengere Maßstäbe anzulegen, da sich der Bürger ihr zumeist nicht durch Wechsel des Anbieters oder Verzicht auf ein Angebot entziehen kann. Hier muss strikt auf Datensparsamkeit geachtet werden. Während die Datenweitergabe zwischen Behörden ohne Wissen und Einwilligung des Bürgers zu vermeiden ist, sind für notwendige Erhebungen Verfahren zu entwickeln, mit denen der Bürger den Austausch von so wenig Daten wie unbedingt nötig autorisieren kann. Es darf nicht sein, dass Behörden die Vorlage von kompletten Bescheiden anderer Behörden verlangen, wenn nur ein Bruchteil der enthaltenen persönlichen Informationen benötigt werden.
Die Möglichkeit, Anonymisierungs-Dienste und offene Netzzugänge für Internet-Verbindungen zu nutzen und anzubieten, ist zu erhalten und zu fördern. Sie sind wichtige Angebote, die die nicht überwachte Meinungsbildung und -äußerung im Internet auch technisch weitgehend sicherstellen. Die Notwendigkeit einer solchen Möglichkeit überwiegt in diesem Fall das öffentliche Interesse an möglicher Strafverfolgung. Insbesondere sind die Betreiber solcher Infrastruktur von der Haftung für durch ihre Nutzer begangene Straftaten freizustellen und sie dürfen auch nicht zur Bereithaltung von Verbindungsdaten ihrer Nutzer verpflichtet werden. Dies gilt auch für privat betriebene Netzzugänge. Forschungsprojekte auf dem Gebiet von Anonymisierungsdiensten wollen wir stärker fördern. Wir Piraten verstehen das Recht auf Anonymität und Pseudonymität als Menschenrecht.
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