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„Politik 2.0“ und „Neues Betriebssystem“ sind Schlagworte aus der Zeit unserer ersten Erfolge. Es muss andere Wege geben als diejenigen, die uns und so viele andere in Resignation und Verdrossenheit getrieben haben. Eine andere Politik ist die Hoffnung, die uns in diese Partei gebracht hat. In diesem Kapitel wird dargestellt, was wir ändern wollen, um einer „Politik 2.0“ näher zu kommen.
Wir wollen den Schlagworten Inhalt geben!
Zukunft!?
Wie stellen wir uns die politische Teilhabe der Zukunft vor?
Wir wollen eine Regierung, die nicht in kleinen Runden erarbeitete politische Richtungen vorgibt, sondern Entscheidungen des Parlaments und der ganzen Bevölkerung umsetzt, egal wie die Mehrheiten hinter diesen Entscheidungen sich zusammensetzen. Wir wollen eine Regierung, die das Vertrauen möglichst aller Fraktionen und möglichst großer Teile der Bevölkerung genießt, das Tagesgeschäft zu führen.
Wir wollen ein Parlament, dessen Diskussions-Prozesse offen und nachvollziehbar sind. Wir wollen ein Parlament, das über Fraktions-Grenzen hinweg die beste Lösung aus allen eingebrachten Alternativen erarbeitet. Wir wollen ein Parlament mit Abgeordneten, die in erster Linie ihren Wählern und den Versprechen, für die sie gewählt wurden, und erst in zweiter Linie ihrer Partei verpflichtet sind.
Wir wollen Volksentscheide bei allen Fragen mit besonderer Tragweite. Diese sollen sowohl aus der Bevölkerung selbst als auch aus dem Parlament initiiert werden können, insbesondere auch in Fällen, in denen sich im Parlament keine klaren Mehrheiten in einer wichtigen Frage finden. Wir wollen Volksentscheide, in denen die Bevölkerung nicht das kleinere Übel wählt, sondern alle guten Alternativen aus Parlament und Bevölkerung in die Auswahl kommen können.
Wir wollen Parteien, in denen ausgehend von einem jeweils gemeinsamen Werte-Fundament langfristige politische Visionen erarbeitet werden, die von den Fraktionen in die Parlamente getragen und konkretisiert werden. Wir wollen Parteien, die Impulse aus ihren Zielgruppen in der Bevölkerung aufnehmen, in denen die Teilhabe an der Gestaltung der tatsächlichen Politik für Alle möglich gemacht wird.
Wir wollen Nicht-Regierungs-Organisationen, Bürger-Initiativen, Interessen-, Fach- und Sozial-Verbände und andere Lobby-Organisationen, die offen ihre Forderungen stellen und begründen und die klar sagen, woher sie die Mittel für ihre Arbeit nehmen. Wir wollen Parteien und Fraktionen, die diese Forderungen offen aufnehmen und ebenso offen und ehrlich zu ihnen Stellung beziehen.
Wir wollen Öffentlichkeit und Medien, die die Vielfalt in Gesellschaft und Politik wahrnehmen, ihre Auswüchse fundiert kritisieren und ihre Chancen wohlwollend diskutieren.
Hindernisse
Welche Hindernisse treten beim Versuch, eine solche andere Politik zu etablieren, auch jetzt schon bei uns und bei anderen, auf?
Breite Partizipation macht vielfältige, oft auch inkompatible Vorstellungen und Meinungen sichtbar. Gerade wir als Partei, die sehr heterogene Gruppen an Menschen anzieht, die manchmal nur die Hoffnung eint, dass eine andere Politik möglich ist, haben Erfahrung mit erbitterten Diskussionen und Enttäuschungen, wenn klar wird, dass die eigene Sichtweise nicht die einzig vernünftig vertretbare, am Ende gar die in der Abstimmung unterlegene ist. Solche Enttäuschungen, auch der direkten Demokratie, lassen sich mildern, wenn alle Beteiligten Zugang zu allen relevanten Informationen haben und in einer sachlichen öffentlichen Debatte auf Grundlage dieser Informationen die Vor- und Nachteile aller Alternativen betrachtet und Lösungen entwickelt werden, die die Nachteile so gut wie möglich und sinnvoll ausgleichen.
Viele Entscheidungen der Politik werden als durch angebliche oder tatsächliche Sachzwänge „alternativlos“ dargestellt. Besonders oft tritt diese Phrase auf, wenn mit einer Entscheidung ganz offensichtlich massive Nachteile für eine Gruppe der Bevölkerung verbunden sind. Nachteile an sich für eine oder mehrere Gruppen mögen unvermeidbar sein, bei der Verteilung der Nachteile bestehen aber immer Alternativen. Diese sind oft konträr zur einzelnen oder gemeinsamen Ideologie der Parteien und Fraktionen – auch unserer eigenen. Die Aufgabe der Politik, die wir einfordern, die aber auch die Öffentlichkeit einfordern muss, ist, mögliche Kompromisse zur Auswahl zu stellen, die für so viele Betroffene wie möglich das bestmögliche Ergebnis erreichen.
Die konkreten Auswirkungen und vor allem Probleme staatlichen Handelns werden häufig erst durch die Umsetzung in einer komplexen Bürokratie verursacht. An sich sinnvolle Gesetze können in der Auslegung durch die Regierung und durch die Hierarchien von Behörden und einzelnen Personen zu äußerst unerwünschten Konsequenzen führen, wie immer wieder auftretende Skandale, aber auch alltägliche Erfahrungen zeigen. Um dem entgegen zu wirken, müssen Parlament und Öffentlichkeit diese Umsetzung stärker kontrollieren und gegebenenfalls der Regierung klare Aufträge geben, vom Gesetzgeber nie gewollte Auswüchse umgehend abzustellen.
Einer am Thema orientierten Zusammenarbeit über Fraktions-Grenzen hinweg steht heute oft die Fraktions-Disziplin entgegen. Die öffentliche Erwartung an klare Aussagen und Geschlossenheit ebenso wie das Angewiesen-Sein auf die Arbeitsteilung in der Fraktion und möglicherweise auch auf die Aufstellung zu den nächsten Wahlen binden die Abgeordneten aber an ihre Fraktion und ihre Partei und deren Entscheidungen, obwohl das freie Mandat von der Verfassung garantiert wird. In den seltenen Fällen, in denen die Fraktions-Disziplin für sogenannte „Gewissens-Fragen“ aufgehoben wird, zeigt sich oft, dass das gemeinsame Entwickeln möglichst ausgewogener Alternativen über alle Lager hinweg funktionieren kann.
Eine größere Unabhängigkeit der einzelnen Abgeordneten bietet Vorteile für alle Beteiligten. Die Abgeordneten müssen (und können) nicht mehr auf die Entscheidungswege ihrer Fraktion verweisen, sondern haben die Möglichkeit (und auch Pflicht), sich selbst eine Meinung zu bilden und entsprechend zu stimmen. Dies gibt der Bevölkerung und der Basis in allen Parteien einen direkteren Zugang zu den Entscheidungen, die heute tief in Partei- und Regierungs-Apparaten getroffen werden. Die Parteien und Fraktionen müssen nicht unbedingt und in jedem Bereich allumfassende Konzepte gestalten, sondern können sich darauf konzentrieren, ihre Schwerpunkte in möglichst allen Alternativen bestmöglich umzusetzen. Die Unabhängigkeit der Abgeordneten muss mittelfristig auch durch eine der vielfältig vorgeschlagenen grundsätzlichen Reformen des Wahlrechts, die den Wählenden deutlich mehr Einfluss auf die Zusammensetzung der Fraktionen geben, gefördert werden.
Schon der Tolerierung von Minderheits-Regierungen wird vorgeworfen zu schwach zu sein, um große Probleme lösen zu können. Einer Regierung, die über keine stabile Mehrheit verfügt, sondern die sich wechselnden am Einzelthema verhandelten Mehrheiten unterwirft, könnte in diesem Zusammenhang unterstellt werden, angesichts der vielen Herausforderungen nahezu handlungsunfähig zu sein. Das Parlament ist hier aber in der Verantwortung, der Regierung ausreichend Handlungs-Optionen für Tagesgeschäft und Außenpolitik zu geben. Dann werden themenorientierte Entscheidungen, die bei unklaren Mehrheiten und großer Bedeutung Volksabstimmungen überlassen werden, eine größere Stabilität und Berechenbarkeit haben, als es durch das Ritual, aktuell besonders umstrittene Entscheidungen nach einem Regierungs-Wechsel umgehend ins Gegenteil zu verkehren, heute überhaupt möglich ist. Die Berechenbarkeit zukünftiger politischer Entwicklungen muss außerdem dadurch erhöht werden, dass bei Gesetzen mit unklaren Auswirkungen immer und automatisch die Auswertung und Überprüfung zu bestimmten Zeitpunkten schon festgeschrieben und dann auch tatsächlich sorgfältig durchgeführt wird.
Um die diskriminierungsfreie Teilhabe aller Anderen an politischen Prozessen zu ermöglichen, kann es keine Zusammenarbeit mit Personen, ganzen Parteien und Fraktionen oder anderen Interessen-Gruppen geben, die diskriminierende Weltbilder vertreten. Diskriminierung und diskriminierenden Tendenzen muss auch und gerade in der sogenannten „Mitte der Gesellschaft“ Einhalt geboten werden durch Rechtsstaat, deutlichen Widerspruch und Aufklärung.
To Do
Wie werden unsere Bundestags-Abgeordneten und wie werden wir diese Zukunft möglich machen?
Wir als Partei werden auch weiterhin neue Wege probieren, die Mitwirkung möglichst Vieler, auch und insbesondere der jeweils Betroffenen, an der Erarbeitung von Ideen und Visionen für diese und zukünftige Fraktionen zu garantieren. Die in den anderen Kapiteln dieses Wahlprogramms zu findenden Positionen und Vorhaben sind bereits auf solchen Wegen entstanden und wir führen rege Diskussionen und probieren auch ganz praktisch immer wieder neue Formen der Mitbestimmung und -gestaltung. Wir werden die Umsetzung unserer Ideen in konkrete Verbesserungen durch Gesetze und parlamentarische Beschlüsse forcieren, indem wir diese mit unseren Bundestags-Abgeordneten gemeinsam erarbeiten.
Unsere Bundestags-Abgeordneten werden transparent und offen auf der Grundlage unserer Programme und Beschlüsse arbeiten. Sie werden Themen in Bevölkerung und Partei aufnehmen und parlamentarische Möglichkeiten und Alternativen dazu sowohl in geeigneten Medien als auch auf Veranstaltungen vor Ort zur Diskussion stellen. Umgekehrt werden sie dort auch die Arbeit des gesamten Parlaments und ihre momentanen Aufgaben darin nachvollziehbar darstellen, Rückmeldungen dazu aufnehmen und weitergehende programmatische Arbeit anregen.
Unsere Bundestags-Abgeordneten werden, gemeinsam mit der Partei, die in diesem Wahlprogramm enthaltenen Vorhaben in konkrete Parlamentsarbeit – Gesetzes- und andere Vorschläge – umsetzen. Ehrlich: Die Wahrscheinlichkeit, dass Ideen aus der Opposition unverändert angenommen werden, ist in unserem momentanen politischen System eher gering. Deswegen werden selbstverständlich sowohl die Fraktion als auch die einzelnen Abgeordneten das Gespräch mit den anderen Abgeordneten suchen, um in Einzelfragen fraktionsübergreifend Lösungen zu erreichen.
Unsere Bundestags-Abgeordneten werden eine Minderheits-Regierung, die die politische Richtung wechselnden Mehrheiten im Parlament überlässt und dabei auch die eigenen Abgeordneten keiner Fraktions-Disziplin unterwirft, unterstützen. In einer solchen Konstellation können nicht nur unsere Ideen, sondern auch gute Ideen anderer Parteien, Fraktionen und Interessen-Gruppen, erfolgreich und themenorientiert umgesetzt werden, statt Verhandlungsmasse für faule Kompromisse in Koalitionsverträgen und anderen politischen Dies-für-Das-Geschäften zu sein.
Eine andere Politik ist möglich!
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