Initiative gemeinsames Wahlprogramm/Anträge für die Umfrage 2013/Wahlprogramm BPT - 020

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Wirtschaft und Finanzen
Nummer: 020
Antragsteller: Hetti, OrangeScarf, Atlas für die AG Steuerpolitik
Bundesparteitag: 2013.1
Zusammenfassung:
  1. piratige_Erbschaftsteuer soll die ungleiche Vermögensverteilung in der Gesellschaft reduzieren.
Schlagworte: Erbschaftsteuer, Vermögenssteuer, Gerechtigkeit, keine Ausnahmen, Transparenz
Ranking: 1
Datum der letzten Änderung: 12.03.2013
Inhalt
Titel: Reform der Erbschaftsteuer statt Vermögensteuer
Text: Präambel:
Geerbtes Vermögen entsteht meist ohne eigene Leistung und durch das Glück der Geburt im Gegensatz zu selbst erarbeitetem Vermögen.

Wir Piraten setzen uns für eine Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer ein, um das Steueraufkommen zu erhöhen und eine angemessenere Lastenverteilung zu erreichen. Hierzu möchten wir diverse Steuerschlupflöcher schließen, die es vor allem Erben von sehr großen Vermögen erlaubt, unangemessen niedrige Steuern zu zahlen. Erbschaften werden heute im Durchschnitt mit nur 2 % besteuert.

1. Wir fordern eine Gleichbehandlung aller Vermögensarten bei der Erbschaftsteuer, also dass vererbte und verschenkte Immobilien und Unternehmen genauso wie andere Vermögensgegenstände besteuert werden. Dabei wollen wir so vorgehen, dass vererbte Unternehmen nicht verkauft werden müssen, um die Erbschaftsteuer aufbringen zu können.

2. Wir wollen kleine Vermögen nicht belasten und somit Bürokratie abbauen.

3. Wir fordern das Stiftungsrecht so zu korrigieren, dass es nicht mehr genutzt werden kann, um die Erbschafts- oder Schenkungssteuer zu umgehen.

4. Wir fordern Verjährungsregelungen in der Schenkungssteuer ersatzlos zu streichen. Schenkungen sind immer als vorgezogene Erbschaft zu behandeln.

5. Wir schlagen vor, zusätzlich zu der bisher höchsten Tarifstufe für Erbschaftsteuer ab 10 Millionen Euro deutlich höhere Erbschaftsteuersätze einzuführen.

Eine zusätzliche Substanzbesteuerung über eine Vermögensteuer oder -abgabe würde einen extremen bürokratischen Aufwand bedeuten - dies sehen wir als nicht sinnvoll an. Wir sind der Meinung, dass die beabsichtigten Lenkungs- und Finanzierungsziele besser über ein einfaches und transparentes Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht erreicht werden können.

Begründung: Erbschaften und Schenkungen entsprechen weder der Verteilungsgerechtigkeit, noch der Leistungsgerechtigkeit, noch der Bedarfsgerechtigkeit, wir halten Erbschaft prinzipiel als einen Grund, der die ungleiche Vermögensverteilung in der Gesellschaft verschärft.

Für eine faire Verteilung von materiellem Wohlstand in einer Gesellschaft sind daher insbesondere sehr hohe Privatvermögen von Einzelnen in Frage zu stellen. In einer freiheitlichen Gesellschaft ist aber der Schutz des Eigentums hoch anzusetzen. Ein gesellschaftlicher Kompromiss besteht darin Vermögen erst im Todesfall hoch zu besteuern, dieses dann aber auch wirksam durchzusetzen.

Die Erbschaftsteuer eignet sich wesentlich besser zur Heranziehung großer Vermögen als eine Vermögensteuer. Das hat u.a. folgende Gründe:

Bürokratischer, kafkaesker Moloch:
Es gibt Studien, die bei der Vermögensteuer von über 50 % Erhebungskosten ausgehen. Da die Erbschaftsteuer ohnehin schon erhoben wird, bedeutet ihre Reform keine zusätzliche Bürokratie. Ein Vermögen wird im Schnitt nach 30 Jahren vererbt. Da das Bundesverfassungsgericht zurecht die Gleichbehandlung aller Vermögensgegenstände fordert, ist deren laufende Bewertung und Kontrolle notwendig. So müssen nicht nur Unternehmen und Immobilien bewertet werden, sondern auch Kunstsammlungen, Bestände an Gold, Schmuck, Edelsteinen, Orientteppich usw. Dies führt zu einer unnötigen Bürokratie, Kontrolle und Streit um den konkreten Wert. Privatpersonen müssten eine jährliche Bilanz erstellen, denn Vermögen besteht aus dem Saldo zwischen Vermögensgegenständen und Schulden. Das gilt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für Alle, die unter der Grenze zur Vermögensteuerpflicht liegen. Schließlich müssen sie das belegen. Wollen wir den gläsernen Bürger? Die Vermögensteuer wäre ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Finanzbeamte, Steuerberater, Gutachter, Gegengutachter, Rechtsanwälte und Richter. Es gibt keine Möglichkeit, die Finanzbeamten weniger wirtschaftlich einzusetzen, als jährlich die gesamte Bundesrepublik zu bewerten.

Bewertungsproblem:
Es gibt keinen objektiven Wert von Vermögensgegenständen. Weder von Kunst, noch von Immobilen und erst recht nicht von Unternehmen. Das zeigt sich regelmäßig in der Differenz zwischen Schätzwert und Verkaufs- oder Versteigerungserlös. Die Bewertung eines Unternehmens ist eine Wissenschaft für sich. Millionen Rechtsstreitereien um die Bewertung sind vorprogrammiert, das ist auch die Erfahrung aus der Zeit, als die Vermögenssteeur in Deutschland noch erhoben wurde.

Die Zahlen:
Jährlich werden 250 Mrd. Euro vererbt und verschenkt. Trotzdem lag die Erbschaft- und Schenkungsteuer 2011 nur bei 4,3 Mrd. Euro. Das sind keine 2 %. Das liegt nicht an den Steuersätzen, sondern an zahlreichen Schlupflöchern, die zu stopfen sind. Würden darauf im Durchschnitt 10 % bis 20 % Steuern anfallen, ergäben sich 25 Mrd. bis 50 Mrd. Euro - und damit deutlich mehr als eine Vermögensteuer bringen könnte. Die Vermögensteuer hingegen soll nach schöngerechneten Angaben ihrer Befürworter 10 Mrd. bis 20 Mrd. Euro bringen. Davon würde aber wieder ein großer Teil in die Festsetzung und Erhebung dieser Steuer fließen. Der o.g. Betrag ist zwar viel Geld, ist aber im Vergleich zu Umsatz- und Einkommensteuer gering, die jeweils rund 200 Mrd. Euro jährlich erbringen. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass gerade vermögende Personen Möglichkeiten finden werden, die Vermögensteuer zu umgehen - legal oder illegal.

Wirtschaftsfeindlich:
Die Vermögensteuer geht nicht an den Ertrag, sondern an die Substanz. Somit schwächt sie die Eigenkapitalbasis der Unternehmen, und damit deren Wettbewerbsfähigkeit und kann in Krisenzeiten verheerende Wirkungen entfalten.

europäische Situation:
Fast alle europäischen Länder, sogar Schweden als soziales Musterland, haben die Vermögensteuer abgeschafft, weil sie nicht praktikabel ist. Die Vermögensteuer würde zudem zu großen Teilen auf Mieten und Preise umgelegt. Somit werden schlussendlich gerade Geringverdiener belastet. Sie lädt in besonderer Weise zur Hinterziehung ein: Bargeld, Schmuck oder z.B. Auslandsbesitz werden einfach nicht deklariert. Wir haben genug Steuerarten und sollten diese zuerst angemessen erheben. Neue Steuern führen zu neuem Steuerwiderstand - legal und illegal. Es ist für Vermögende viel einfacher zu akzeptieren, dass ihr Besitz nach dem Tod besteuert wird als zu Lebzeiten und auch noch jährlich. Sollten auch nur wenige Vermögende ins Ausland vertrieben werden, dann fallen auch noch deren Einkommen- und Konsumsteuern weg - also ein Vielfaches der Vermögensteuer. Ein aktuelles Beispiel für die Entwicklung sehen wir in Frankreich.

Fazit:
Die Ungerechtigkeiten in diesem Land sind Armut, Niedriglöhne sowie unfreiwillige Arbeitslosigkeit (inkl. 1-Euro-Jobs, HartzIV-Aufstocker, Praktikanten). Dagegen hilft keine Vermögensteuer, sondern Mindestlöhne, mehr Arbeitsplätze und das BGE.

Wir wollen Armut verhindern, nicht Reichtum.

Piratenpad: https://steuerpolitik.piratenpad.de/16
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  1. Eine Erbschaftssteuer trifft in erster Linie die Erben kleiner und mittelständischer Unternehmen, also das Rückgrat unserer Wirtschaft. Alle Vorschläge zu den angeblich nicht die Unternehmen belastenden Erbschaftssteuern führen zu einem sinnlos hohen bürokratischen Aufwand. Eine Besteuerung von 10-20% auf ein vererbtes Unternehmen ist eine Idee ohne Realitätsbezug. Besteuert wird hier bereits versteuertes Einkommen, der Übergang zu einem Erben ist kein Einkommen. Daher kann die einzig richtige Forderung sein die Erbschaftssteuer abzuschaffen, ohne Ausnahme. TheBug 00:23, 9. Mär. 2013 (CET)
  2. Erschaftssteuer ist Vermögenssteuer! Zudem wird so eine Selbstversorgung bzw. Selbstabsicherung bürgerlicher Gemeinschaften durch vermögensbildung behindert wenn nicht gar unmöglich gemacht. Weder Vermögensteuer noch Erbschaftssteuer kann prinzipiell akzeptiert werden. Zudem sind Bewertungen von Vermögen in Geld generell willkürlich und fragwürdig, Auch sind dem machtpolitischen Marketing geschuldetete mehrheitsbildende Sonderregulierungen abzulehnen, in denen sich eine durch statistisch wie dividuelle Vermassung geschaffene Mehrheit einer Minderheit bedient. --wigbold
  3. ...