Initiative gemeinsames Europawahlprogramm/Anträge für die Umfrage 2013/Europawahlprogramm - 045

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Bürgerrechte und Innenpolitik
Nummer: 045
Antragsteller: MCS
Bundesparteitag: 2013.2
Zusammenfassung: Privatsphäre wahren, Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung stärken
Schlagworte: Freiheit, Grundrechte, Privatsphäre, Datenschutz
Ranking: 1
Datum der letzten Änderung: 30.09.2013
Inhalt
Titel: Privatsphäre wahren, Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung stärken
Text: Die Piratenpartei Deutschland setzt sich für einen starken Datenschutz und das Prinzip der informationellen Selbstbestimmung ein. Dies umfasst nicht nur die sparsame Erhebung, zweckgebundene Verarbeitung und Nutzung sowie die eingeschränkte Weitergabe von personenbezogenen Daten, sondern ebenso die Stärkung der Rechte des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung personenbezogener Daten zu bestimmen. Im Sinne des Prinzips der Informationssicherheit muss die Vertraulichkeit bei Übertragung und Zugriff sowie die Integrität der gespeicherten Daten gewährleistet sein.

Die Piratenpartei Deutschland lehnt die verdachtsunabhängige Durchleuchtung der Bürger und den gläsernen Kunden ab. Im digitalen Zeitalter liegen immer mehr personenbezogene Informationen in elektronischer Form vor, werden automatisiert verarbeitet und verknüpft oder weitergegeben – auch über Länder und Kontinente hinweg und zwischen den öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereichen. Ohne Wissen der Betroffenen kann die wachsende Datenflut automatisiert zu Persönlichkeitsprofilen zusammengefügt und im schlimmsten Fall gegen sie verwendet werden – z. B. durch das so genannte Kreditscoring oder die Erstellung von Surf- und Bewegungsprofilen.

Damit auch in der Informationsgesellschaft die Privatsphäre gewahrt bleibt, strebt die Piratenpartei Deutschland die Umsetzung der folgenden Maßnahmen an:

Informationelle Selbstbestimmung stärken, Medienkompetenz fördern

Damit die effektive Anwendbarkeit des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung nach Artikel 1, 7 und 8 der EU Grundrechtscharta und den Äquivalenten in den Verfassungen der Mitgliedsstaaten auch in Zukunft sichergestellt ist, fordert die Piratenpartei ein europäisches Datenschutzrecht, welches die höchsten bestehenden europäischen und mitgliedsstaatlichen Schutzniveaus nicht nur bewahrt sondern ausbaut.

Der Gesetzgeber muss den Einzelnen in die Lage versetzen, sich der Möglichkeiten, Chancen und Risiken der Informationsverknüpfungen im Internet bewusst zu werden und selbstbestimmt zu entscheiden, welche Daten er frei gibt – z. B. in sozialen Netzwerkdiensten oder über Treue- bzw. Bonusprogramme. Der Bürger muss sich darauf verlassen können, dass Behörden und Unternehmen in der dem Grundrecht gebührenden Art und Weise, transparent und nachvollziehbar mit den personenbezogenen Daten umgehen und dass Verstöße und mangelnde Sorgfalt entsprechend sanktioniert werden. Der Einzelne muss einen durchsetzbaren und unentgeltlichen Anspruch auf Selbstauskunft, Korrektur, Sperrung oder Löschung der eigenen personenbezogenen Daten haben und über ungewollte Datenabflüsse aus Unternehmen und Behörden unverzüglich und lückenlos informiert werden. Um das bestehende Auskunftsrecht zu einer Mitteilungpflicht weiterzuentwickeln, fordert die Piratenpartei die Einführung eines Datenbriefes und die Verankerung desselben im Datenschutzrecht. Firmen, Behörden und Institutionen, die personenbezogene Daten verarbeiten, übermitteln oder speichern sollen dazu verpflichtet werden, die betroffenen Personen jährlich mit einem Datenbrief über die Art, den Zweck und – im Fall von Behörden und mit hoheitlichen Aufgaben beliehenen Institutionen – die rechtliche Grundlage der Speicherung zu informieren. Die Weitergabe von Daten an Dritte soll kommuniziert und begründet werden.

Um im Sinne der informationellen Selbstbestimmung eine echte Wahlfreiheit bei der Nutzung des Internets zu garantieren, müssen alle Produkte und Dienstleistungen, die für die Verarbeitung personenbezogener Daten vorgesehen oder geeignet sind, datenschutzfreundlich voreingestellt sein (Privacy-by-Default). Datenschutz soll darüber hinaus von Anfang an in die Entwicklung neuer Kommunikations- und Informationstechniken eingebaut werden (Privacy-by-Design).

Datenschutzbehörden stärken

Die Piratenpartei Deutschland setzt sich für eine Stärkung der Selbstständigkeit und der Kontroll- bzw. Sanktionsbefugnisse der Datenschutzbeauftragen auf allen Politikebenen , um gegenüber öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen die Durchsetzbarkeit der Individuellen Datenschutzrechte zu verbessern, Missbrauch von personenbezogenen Daten zu verhindern und Schutzmaßnahmen vor Verlust oder Manipulationen sicherzustellen. Zu diesem Ziel soll die völlige Unabhängigkeit der Kontrollstellen entsprechend der EU-Datenschutzrichtlinie und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) sichergestellt werden. Die Kontrollbehörden müssen entsprechend ihren Aufgaben ausgestattet werden, damit sie ihre Aufsichts- und Kontrollfunktion auch ausüben können. Für Unternehmen sowie öffentliche Stellen fordert die Piratenpartei darüber hinaus rechtlich anerkannte freiwillige Datenschutz- und Datensicherheitsprüfungen (Audits) sowie Zertifizierungen durch die unabhängigen Behörden.

Verantwortungsvollen Umgang mit Daten sicherstellen, Datenhandel eindämmen

Die Verwendung personenbezogener Daten für Adresshandel, Werbezwecke oder Markt- bzw. Meinungsforschung darf nur mit Einwilligung der Betroffenen möglich sein. Daher fordert die Piratenpartei die ersatzlose Abschaffung jeglicher privater Zugriffsprivilegien auf behördlich erhobene Daten. Das europäische Datenschutzrecht muss dem Rechnung tragen und einen zwingenden Einwilligungsvorbehalt beinhalten.

Verdachtsunabhängige Datenspeicherung verhindern

Die Piratenpartei Deutschland lehnt die Vorratsdatenspeicherung (VDS) von Telekommunikations-Verbindungsdaten grundsätzlich ab. Zweck und Mittel dieser Überwachungsmaßnahme stehen aus Sicht der PIRATEN nicht in einem ausgewogenen Verhältnis. Die anlasslose Speicherung ist ein weiterer Schritt in Richtung schrankenloser Telekommunikationsüberwachung und stellt die Bevölkerung unter Generalverdacht.

Das Bundesverfassungsgericht hat die deutschen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung bereits im März 2010 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. In vielen EU-Mitgliedsstaaten gab es ähnliche, teils erfolgreiche, Verfassungsklagen, etwa in Tschechien oder Rumänien. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof ist im Gange. Auch wenn das Urteil einer möglichen Neuregelung enge Grenzen setzt, lässt sich aus Sicht der Piratenpartei keine Ausgestaltung der zu Grunde liegenden EU-Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie umschreiben, die eine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und der Europäischen Grundrechtecharta sicherstellen würde. Auch eine Einführung durch die Hintertür lehnen wir ab.

Die Piratenpartei tritt daher dafür ein, die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung endgültig aufzugeben, die EU-VDS-Richtlinie ersatzlos abzuschaffen und, im Sinne des Schutzes der Privatsphäre der Bürger, bis dahin möglicherweise anfallende Strafzahlungen seitens der EU-Kommission in Kauf zu nehmen. Das Recht, die unverzügliche Löschung von Abrechnungsdaten verlangen zu können, muss wieder wirksam gelten. Das Recht auf anonyme Bezahlung im Internet und auf anonyme Kommunikation muss verteidigt werden.

Die Piratenpartei lehnt die Bestrebungen der EU zum Aufbau und zur Unterhaltung einer Fernverkehrsdatenspeicherung ab. Die verdachtsunabhängige Sammlung und Speicherung von Reisedaten sowie die Umkehr der Unschuldsvermutung sind nicht vereinbar mit unserer Vorstellung von einem freiheitlich-demokratischen Staatswesen.

Auch andere Formen der verdachtsunabhängigen Datenerfassung, wie z. B. die Hotelmeldepflicht oder das Nachfolgeprojekt des elektronischen Entgeltnachweis-Verfahrens ELENA, OMS (Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung), beurteilt die Piratenpartei kritisch. Die Piratenpartei lehnt die anlasslose Erfassung, Speicherung und den Abgleich biometrischer Daten aufgrund des hohen Missbrauchspotenzials ab. Grundsätzlich soll die Erhebung biometrischer Merkmale freiwillig erfolgen und durch unabhängige Stellen kontrolliert und bewertet werden. Der Aufbau zentraler Biometriedatenbanken für polizeiliche Zwecke oder die Versicherungswirtschaft muss unterbleiben. Ausweis- und Passdokumente müssen auch ohne biometrische Merkmale gültig sein – in- und außerhalb der EU.

Gegen Überwachungssoftware: Transparenz und Quellcode-Offenlegung

Die Piratenpartei Deutschland spricht sich deutlich gegen die Herstellung, Wartung, Betreuung und Erhaltung von Überwachungssoftware aus. Sie verurteilt den kommerziellen Handel mit Überwachungssoftware, einschließlich Dienstleistungen für Überwachungssoftware. Überwachungssoftware ist jede Software, die Dritten Zugang zu nicht-öffentlichen Daten, Kommunikationen und Aktivitäten eines Rechensystems verschaffen kann, ohne dass die eigentlichen Nutzer des Rechensystems darüber Kenntnis haben. Der Grund für diese Position ist, dass Überwachungssoftware sowohl in vielen EU-Staaten sowie weltweit eingesetzt wird, um Menschenrechte wie das Recht auf Privatsphäre auszuhebeln. Häufig werden die so erhaltenen privaten Daten genutzt, um Regimegegner zu verfolgen und sogar zu foltern, und um Bewegungen für mehr Demokratie zu bekämpfen.

Um aktiv gegen Überwachungssoftware vorzugehen, fordert die Piratenpartei eine gesetzliche Pflicht bei Herstellern und Dienstleistern von Überwachungssoftware, volle Transparenz über alle Produkte, und über alle Vertragspartner und Kunden, die Überwachungssoftware und Dienstleistungen nutzen, herzustellen. Desweiteren fordert die Piratenpartei die gesetzliche Pflicht zur Offenlegung des vollständigen Quellcodes von Überwachungssoftware. Die Offenlegung all dieser Informationen hat an die Öffentlichkeit zu geschehen, das bedeutet: nicht nur an ein parlamentarisches Kontrollgremium.

Begründung: Angepasser Datenschutz-Teile des BTW13-Programms an EU14

https://wiki.piratenpartei.de/Wahlen/Bund/2013/Wahlprogramm

Piratenpad: https://squad-zukunft_europa.piratenpad.de/datenschutz-eu14
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