Diskussion:AG Geldordnung und Finanzpolitik/ThemaSparzinsen

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Wischer 25.01.2013

Können wir diese Behautung "Natürlich verlangt der restliche Bankensektor von Bank A höhere Zinsen als er selbst an seine Kunden für deren Sparguthaben bezahlt." mit einem aktuellen Zahlenbeispiel unterlegen? Also Vergleich EURIBOR vs Tagesgeld/Festgeld. Wobei selbst dabei auffällt, dass es auch heute Banken gibt, auf die diese Behauptung nicht zurifft, weil sie nur einen Bruchteil an Zinsen bezahlen (z.B. 0,3% p.a.). Die Behauptung müsste deswegen vielleicht ein bisschen verallgemeinert bzw. eingeschränkt werden. Dazu kommt dann sicherlich noch das Argument, dass die Interbankenzinsen für die Bank A steigen, je mehr Kredite sie verlangt und die Behauptung stützt.

Die Argumentation, dass die Nichtbanken ihre Guthaben zu ausländischen Banken überweisen, wenn es dort höhere Zinsen gibt,ist nur ein nicht haltbares Theoriegebäude. Schon heute hätte Jeder die Möglichkeit sein Geld in Hochzinsländern anzulegen, was aber aus verschiedenen Gründen nicht passiert. Die absolute Aussage dazu sollte also auch abgeändert werden.

Was in der Betrachtung ausgeblendet wurde, sind die Möglichkeiten, dass NB auch ohne Zinsen Sichtguthabenkonten bei einer Bank führen, weil sie z.B. gar kein Geld für Festgelder o.ä. haben, was bei Betrachtung auf die Vermögensverteilung als nicht so unrealistisch erscheint. Oder aber, dass die NB mit ihrer Bank stark verbunden sind, oder aus ethischen-moralischen Gründen nicht zur Zockerbank mit Zinsen wechseln wollen. Diese Argumentation und die Möglichkeit für Bank A ihre Zahlungsverpflichtungen bei Abgängen zu kostenoptimalen Anteilen mit Interbankenkrediten und Zentralbankkrediten zu bedienen, könnte doch dazu führen, dass sich die Einstellung von Guthabenzinsen durchaus lohnt?

Wie sieht es mit anderen Argumenten aus, warum Banken an Nichtbanken Zinsen bezahlen? Mir würden da folgende, zusätzliche Dinge einfallen, die wir vielleicht noch diskutieren sollten:

- altes Geschäftsmodell, „weil wir es immer so gemacht haben“

- zur Generierung von Neukunden und zur Kundenbindung für weitere Geschäfte (mein erstes Konto als Kind war ein Sparkonto ;) )

- die langfriste Geldbindung, in Form von Sparen, führt zu erhöhten Kreditbedarfen und sind somit Teil des Geschäftsmodells der Banken

- nach der goldenen Bankregel sind langfristige Kundenanlagen notwendig, aber auch aus Sicherheitsgründen (Bankrun, bzw. Gefahr von zu viel Guthabenabfluss in kürzester Zeit) ist es sinnvoll Guthaben auch längerfristig zu binden


Ich denke, es wird immer deutlicher, dass es eher strategische Gründe sind, die die Banken bewegen Zinsen für Spareinlagen von Privatkunden zu zahlen als technische Notwendigkeiten der Kreditvergabe:

Stabilität

Privatkunden hetzen halt nicht jedem Zehntel Prozent hinterher, sondern halten ihre Konten langfristig bei einer Bank

Kundenbindung

Oft nehmen die Kunden Kredite bei der Bank auf, die sie kennen, weil sie dort Einlagen haben

Niedrige Zinsen

Viele Privatkunden geben sich auch mit Zinssätzen nahe oder sogar unter der Inflationsrate zufrieden

Keine Unterstützung der Konkurrenz

Wenn eine Bank schon Zinsen zur Refinanzierung zahlen muss, dann doch lieber an Dritte als an die Konkurrenz

Gegenseitiges Wasserabgraben

Wenn ich der Konkurrenz Kunden abziehe, bringe ich sie wiederum in Refinanzierungszwang

Nachfolgender Text stammt von Alexander Praetorius:

„Makroökonomisch betrachtet ist es ein Schwachsinn Zinsen auf Guthaben zu zahlen, so wie das für jedes Gefangenendilemma bzw. jedes NASH Gleichgewicht gilt.

Denn alle anderen Geschäftsbanken tun das in gleicher Weise, so dass im Schnitt weder nennenswerte Mittelzuflüsse noch Mittelabflüsse entstehen, das heisst niemand mehr oder weniger Zentralbankgeld leihen muss, aber alle nun die Sparzinsen als Kosten am Bein haben.

Solange aber Geschäftsbanken Angst haben, bzw. es ein Konkurrenzdenken gibt, bzw. rein technisch formuliert: Solange keine Transparenz über das Verhalten der anderen Geschäftsbanken hergestellt ist und allen die Vorteilhaftigkeit kooperativen Verhaltens klar vermittelt wird, solange kann das Gefangenendilemma auch nicht aufgelöst werden.

Aus dem kurzsichtigen Gedanken via Sparzinsangebot Nettomittelzuflüsse generieren zu können um weniger Erträge aus pensionierten Assets an die ZB zu verlieren, welcher NICHT berücksichtigt, dass wenn andere Geschäftsbanken genauso handeln, unterm Strich aufgrund KEINER Mittelzuflüsse und Abflüsse NUR die Sparzinsen als Kosten übrigbleiben, folgt die Nachvollziehbarkeit des aus der Makroperspektive scheinbar irrationalen Sparinzinsangebots.

Deshalb kann auch eine Geschäftsbank mit dieser Einsicht nicht im makroökonomisch klugen Sinne handeln. Das ist der Grund, warum man es NASH-GLEICHGEWICHT bzw. GEFANGENENDILEMMA nennt.“

Schaffung von Kreditbedarf

Wenn Geld stillgelegt wird, muss es durch neues Geld=neue Kredite ersetzt werden

  • Asynchronität
    Wenn in einem ersten Schritt ein Kredit in Höhe von X vergeben wird, entsteht dadurch auf der einen Seite eine Forderung in Höhe von X und gleichzeitig eine Verbindlichkeit in selber Höhe, bspw. in Form einer Sichteinlage (vulgo: Geld). Am Ende der Laufzeit muss diese Summe zurückgezahlt werden. Dies ist auch kein Problem, wenn sie zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung steht. Wird dieses Geld aber fest angelegt, dann kann es passieren, dass der Schuldner zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt nicht darüber verfügen kann und sich zur Bedienung seiner Schuld eines neuen Kredites bedarf. Allein aus der nicht synchronisierten Laufzeit von Anlage und Kredittilgung kann sich also ein zusätzlicher Kreditbedarf ergeben. Es ist also für die Banken sinnvoll, relativ niedrige Zinsen auf langlaufende Anlagen zu bieten, um genau diese Situation herbeizuführen, und so weitere höher verzinsliche Kredite zu vergeben.
  • Allokation
    Weiterhin kann es sein, dass das Geld, welches zur Tilgung notwendig ist, zwar zum benötigten Zeitpunkt zur Verfügung steht, allerdings nicht bei der richtigen Person. Die Kredite muss nämlich nicht "irgendwer" bedienen (bspw. der Nichtbankensektor), sondern nur die jeweilige Vertragspartei. Hat diese zum bestimmten Zeitpunkt nicht genügend Liquidität, muss sie um neues Geld bitten. Um den Kredit bedienen zu können, müssen die Kreditnehmer nämlich Einkommen erzielen; die Einkommen wiederum entsprechen aber immer den Ausgaben der anderen, diese sind umso niedriger, je mehr jene "sparen". Indem die Banken also dem Nichtbankensektor Sparangebote machen, sorgen sie systematisch dafür, dass die Ausgaben (und in gleichem Maße die Einkommen) sinken und neue Liquidität aufgenommen werden muss, um die alten Verbindlichkeiten zu bedienen.


Wie hoch der Anteil der Spareinlagen an der Refinanzierung ist, hängt EINZIG UND ALLEIN von der Geschäftspolitik der jeweiligen Bank ab.

Im europäischen Vergleich geht das von 70% der Bilanzsumme bis runter zu 25% - und auch 0% ist theoretisch denkbar, es ist halt nur riskanter. Aber die "masters of the univers" haben ja schon eindrucksvoll bewiesen, dass der konservative Bankier der Vergangenheit angehört; und da Staat und Zentralbank nun nachgewiesenermaßen als Rückversicherung zur Verfügung stehen, darf man gespannt sein, wie sich die Risikoneigung der Geschäftsbanken nach kurzer "Schamfrist" weiter entwickeln wird.

Ich denke, das "Comeback der Spareinlage" wird nur von kurzer Dauer sein.

Patrik74 09:45, 5. Feb. 2013 (CET)


Ein Abschnitt ist FAKTISCH widerlegt:

"Eine Monopolbank zahlt keine Guthabenzinsen mehr
....
Eventuell bestünde aber die Gefahr, dass Nichtbanken aus Trotz oder Frust ihre Sichtguthaben in bar abheben würden. Dann müsste die Zentralbank ausreichend Kredite geben, damit die Monopolbank nicht zahlungsunfähig wird.
...
In der Realität würde sich die Monopolbank aber in einer offenen Wirtschaft befinden. Deshalb würden die Nichtbanken ihre Guthaben zu ausländischen Banken überweisen.
...
Alle Banken zahlen keine Guthabenzinsen mehr

Falls sich alle Banken gemeinsam dazu entschließen, keine Guthabenzinsen mehr zu bezahlen, treten die gleichen Probleme wie im Szenario mit der Monopolbank auf. Auf Bilanzdarstellungen wurde deshalb an dieser Stelle verzichtet."

In Frankreich waren bis Dezember 2007 Zinsen auf Sichtguthaben gesetzlich VERBOTEN!

Es sind deshalb weder alle Franzosen mit Bargeld rumgerannt - im Gegenteil, Kartenzahlung ist dort WEIT verbreiteter als z.B. In Deutschland, wo es ja (lächerliche) Zinsen gibt, noch haben alle Franzosen ihr Geld auf ausländischen Konten zu liegen..

Das ist einfach FAKTISCH widerlegt!

Ich bitte um eine Stellungnahme, warum all dies in Frankreich nicht passierte.

In a nutshell:

  1. Bargeld ist unpraktisch und keiner will es haben, wenn man überall bargeldlos bezahlen kann (bis hinunter zum Kaugummi)
  2. Konten bei ausländischen Banken zu halten ist mit hohen Transaktionskosten verbunden
  3. In Ländern mit Zinsen auf Sichtguthaben, fallen meist auch "Verwaltungsgebühren" an, die die Zinsen (bei "normalen" Kunden) meist mehr als wett machen, so dass der Vorteil 0 ist.

Noch einmal: Das ist KEINE Theorie, das ist/war Fakt.

Patrik74 19:08, 22. Jul. 2013 (CEST)