Bundesparteitag 2011.2/Antragsportal/PA320
<- Zurück zum Antragsportal
Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2011.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich
Wende dich bei Fragen und (als Antragsteller) Änderungswünschen an ein Mitglied der Antragskommission. |
Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag. |
Antragsübersicht | |
---|---|
Antragsnummer | PA320 |
Einreichungsdatum | |
Antragsteller |
Hippocampus |
Mitantragsteller |
|
Antragstyp | Wahlprogramm |
Antragsgruppe | Bauen und Verkehr„Bauen und Verkehr“ befindet sich nicht in der Liste (Arbeit und Soziales, Außenpolitik, Bildung und Forschung, Demokratie, Europa, Familie und Gesellschaft, Freiheit und Grundrechte, Internet und Netzpolitik, Gesundheit, Innen- und Rechtspolitik, ...) zulässiger Werte für das Attribut „AntragsgruppePÄA“. |
Zusammenfassung des Antrags | |
Schlagworte | |
Datum der letzten Änderung | 07.08.2012 |
Status des Antrags | |
Abstimmungsergebnis |
- |
AntragstitelFeste Fehmarnbeltquerung ad acta legen - Verkehrsprojekt mit katastrophaler Auswirkung auf Bund und Länder stoppen AntragstextDer Bundesparteitag möge beschließen: Die PIRATENPARTEI spricht sich gegen den Bau der Festen Fehmarnbeltquerung (FFBQ) zwischen der Ostseeinsel Fehmarn auf deutscher und Lolland auf dänischer Seite sowie der damit auf deutscher Seite einhergehenden sog. „Hinterlandanbindung“ aus. Die PIRATENPARTEI wird darauf hinwirken, dass von Artikel 22 Abs. 1 a.E. des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über eine Feste Fehmarnbeltquerung vom 3. September 2008 Gebrauch gemacht wird. AntragsbegründungAuf dem Landesparteitag der Piratenpartei Schleswig-Holstein am 09. Oktober 2011 ist der o.g. Antrag mit deutlicher Mehrheit angenommen worden. Da das Bauprojekt der Festen Fehmarnbeltquerung massiv in den Bundeshaushalt eingreift und der Staatsvertrag eine Angelegenheit des Bundes ist, sollte sich auch die Piratenpartei auf Bundesebene aufgrund gewichtiger Argumente (s.o.) gegen den Bau der Festen Fehmarnbeltquerung aussprechen. Seit 1992 findet eine Planung des Baus einer festen Verbindung zwischen der deutschen Ostseeinsel Fehmarn sowie der dänischen Insel Lolland statt. Bei einer groß angelegten Umfrage einer Bürgerinitiative, die sich gegen den Bau der Festen Fehmarnbeltquerung einsetzt, sprachen sich im Jahr 2002 80% der Fehmaraner gegen die Querung aus. Im Oktober 2005 stimmt die Stadtrat von Fehmarn mit klarer Mehrheit gegen das Projekt. Im März 2008 verabschiedet die Stadtvertretung Fehmarns einstimmig einen Forderungskatalog. Er wurde von der Landesregierung weitestgehend abgelehnt. Derzeit kann der sog. „Fehmarnbelt“ durch eine 24-stündige Fährverbindung überquert werden. Aufgrund dieser Fährverbindungen sind bei der Scandlines Reederei ca. 650 Menschen beschäftigt. Scandlines stellt damit den größten Arbeitgeber auf Fehmarn dar. Es gibt gegen die Feste Fehmarnbeltquerung zahlreiche Bürgerinitiativen auf dem Festland sowie auf Fehmarn selbst, die gegen das Projekt sind und sie haben sich zu einer Allianz zusammengeschlossen. In den Ostseebädern an der Lübecker Bucht gibt es massive Proteste, weil befürchtet wird, dass in einem hohen Maße Güterzüge durch die Urlaubsregion rattern könnten. In einem Raumordnungsverfahren werden Alternativtrassen abgewogen, die jedoch erhebliche Mehrkosten verursachen werden. Dem für den Bau erforderliche Staatsvertrag stimmte der Bundestag am 18. Juni 2009 kurz vor Mitternacht zu, obwohl es zuvor massive Proteste der Einwohner Schleswig-Holsteins, insbesondere der Einwohner der von der Streckenführung besonders betroffenen Gemeinden gegeben hatte und die Bürger um eine Verschiebung der Abstimmung baten, um die Pro- und Kontra-Argumente noch einmal gegeneinander nüchtern abzuwägen. Wie entsprechenden Filmaufnahmen von der nächtlichen Bundesrtagssitzung belegen, ist kaum ein Bundestagsabgeordneter bei der Abstimmung anwesend. Keiner der Parlamentarier, die sich für den Bau der Festen Fehmarnbeltquerung aussprachen, haben die Region vorher jemals persönlich in Augenschein genommen. So wurde beispielsweise der Verkehrsausschuss des Bundestages nach Timmendorfer Strand eingeladen, jedoch wurde die Einladung mit Desinteresse quittiert. Es kam sogar vor, dass ein Parlamentarier vermutete, dass Fehmarn eine Insel in der Nordsee sei. Mit dem Bau der Feste Fehmarnbeltquerung soll 2014 begonnen werden, der Termin wurde jedoch bereits mehrfach verschoben. Der Fertigstellungstermin im Jahre 2018 ist nach langem beharren auf diesen Zeitpunkt aufgegeben worden. Nunmehr soll die Verbindung 2020 eröffnet werden. Auch dies ist ein sehr ambitionierter Zeitplan, der nicht einzuhalten sein wird. So müssen noch Umweltverträglichkeitsprüfungen erfolgen und das erforderliche Planfeststellungsverfahren ist noch gar nicht eröffnet. Das Bundesverkehrsministerium sieht in der sog. Hinterlandanbindung das wirtschaftlichste aller Verkehrsprojekte. Bei der Hinterlandanbindung handelt es sich um die auf deutscher Seite zu erstellende Infrastruktur, damit ein Anschluss der Festen Fehmarnbeltquerung an das Straßen- und Eisenbahnsystem der Bundesrepublik erfolgen kann. Das Bundesverkehrsministerium behauptet, es kämen 6,70 Euro für jeden investierten Euro herein. Diese Rechnung bezeichnen die Querungsgegner als „Volksverdummung" und sie streben einen Faktencheck an. Deshalb haben die Gegner des Projekts ein Gegengutachten erstellen lassen. Nach diesem Gegengutachten kämen pro eingesetztem Euro nur acht Cent wieder herein. Deutschland übernimmt nach dem Staatsvertrag mit Dänemark lediglich die Kosten für den Bau der sog. Hinterlandanbindungen. Die Bundesregierung schätzt die Kosten hierfür auf 817 Millionen Euro. Hingegen geht der Bundesrechnungshof in Bonn von Kosten in Höhe von 1,7 Milliarden Euro aus. Von verschiedensten Seiten ist versucht worden, den entsprechenden Bericht des Bundesrechnungshofs geheim und unter Verschluss zu halten. In dem Staatsvertrag, der zwischen Deutschland und Dänemark geschlossen wurde, heißt es in Artikel 22 Absatz 1: „Der Vertrag kann nur im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den Vertragsstaaten geändert, ergänzt oder aufgehoben werden.“ In Artikel 22 Absatz 2 heißt es in Satz 2 und 3: „Sollten die Voraussetzungen für das Projekt oder Teile des Projekts sich deutlich anders entwickeln als angenommen und anders, als es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags bekannt ist, werden die Vertragsstaaten die Lage aufs Neue erörtern. Dies gilt unter anderem für wesentliche Kostensteigerungen im Zusammenhang mit dem Projekt.“ Die Rahmenbedingungen bzgl. des Bauprojekts FFBQ haben sich grundlegend geändert. Der EURO-Raum steht vor nie da gewesenen Herausforderungen und es besteht die nicht völlig fernliegende Gefahr, dass dieser auseinander bricht. Während noch im Jahre 2008 von den allermeisten Experten ein Staatsbankrott innerhalb der EU und des EURO-Raumes ausgeschlossen wurde, ist dieser mittlerweile bedauerlicherweise in greifbare Nähe geraten. Während möglicherweise ein Staatsbankrott Griechenlands noch verkraftbar sein könnte, ist dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Falle der Zahlungsunfähigkeit der drittgrößten Volkswirtschaft Europas, Italien, ausgeschlossen. Die Verschuldung des Bundes und insbesondere Schleswig-Holsteins nimmt immer besorgniserregende Ausmaße an. Die Infrastruktur Schleswig-Holsteins ist in sehr vielen Bereichen in einem erschreckend schlechten Zustand. Als Beispiel seien der katastrophale Straßenzustand in Lübeck genannt oder aber die dem heutigen Verkehrsaufhommen nicht mehr gerecht werdende B 76 von Eutin nach Kiel. Auch die ÖPNV-Anbindungen in Schleswig-Holstein können als Beispiel für eine nicht mehr zeitgemäße Verkehrsinfrastruktur angeführt werden. So benötigt man beispielsweise für die Strecke Oldenburg/Holstein – Heide (ca. 133 km) mit der Bahn zwischen 4 und 4,5 Stunden. Zahlreiche Schulen und Hochschulen sowie Universitäten in Schleswig-Holstein sowie anderen Bundesländern sind dringend auf Finanzmittel zur Erneuerung/Modernisierung angewiesen. Nach Angaben der GEW sollen in Schleswig-Holstein 1500 Lehrer fehlen. Wie der Bundesrats-Drucksache 15/09 zu entnehmen ist, hat das Land Schleswig-Holstein erklärt, einen Beitrag von insgesamt bis zu 60 Millionen Euro über die Laufzeit bis zur Fertigstellung der Festen Fehmarnbeltquerung für infrastrukturelle Maßnahmen bereitzustellen. Das Land Schleswig-Holstein ist in Höhe von mehr als € 27 Milliarden verschuldet und täte gut daran, keine weiteren € 60 Millionen für eine „Hinterlandanbindung“ durch die Aufnahme neuer Kredite auszugeben. Die Befürworter der FFBQ behaupten immer wieder, dass sich die Wirtschaft in Schleswig-Holstein, insbesondere im Raum Lübeck/Ostholstein, positiv durch den Bau der FFBQ entwickeln würde, ohne dies jedoch mit Argumenten zu untermauern. Hingegen heißt es in den Kieler Beiträgen zur Wirtschaftspolitik des weltweit renommierten Instituts für Weltwirtschaft Kiel in Ausgabe Nr. 1 aus dem Jahre 2008 auf S. 96 ff. : "[...] die feste Fehmarnbeltquerung aus wirtschaftsgeographischer Perspektive einen deutlich größeren Nutzen für die skandinavischen Nachbarländer verspricht als für Schleswig-Holstein. Denn über eine Fehmarnbeltbrücke werden in größerem Umfang skandinavische Im- und Exportgüter transportiert werden als schleswig-holsteinische. Denn sowohl für die schleswig-holsteinische als auch für die skandinavische Wirtschaft gilt: die strategisch wichtigen Märkte liegen nach wie vor im Südwesten, in den zentraleuropäischen Regionen der „Eurobanane“. Entsprechend können durch eine feste Fehmarnbeltquerung vor allem die Entfernungskosten skandinavischer Unternehmen sinken. Für die Verbesserung der Marktchancen schleswig-holsteinischer Unternehmen sind dagegen Projekte wie die A 20 samt Elbquerung bei Glückstadt und der Ausbau der A7 südlich Bordesholm von höherer Priorität als die Fehmarnbeltquerung. Eine Verbesserung der Infrastruktur in Richtung Skandinavien würde für Schleswig-Holstein nur in dem Ausmaß des (im Vergleich zum zentraleuropäischen Pendant geringeren) skandinavischen Marktpotenzials zu Buche schlagen. Vor diesem Hintergrund werden das dominante Interesse skandinavischer Länder an der Realisierung der festen Fehmarnbeltquerung und die Bereitschaft Dänemarks zur alleinigen Übernahme der Staatsgarantien nachvollziehbar. Da die feste Fehmarnbeltquerung somit vor allem der besseren Anbindung Skandinaviens an die wirtschaftlichen Zentren in Westeuropa dient, ist ihre Bedeutung im gesamteuropäischen Kontext zu sehen. [...] Zu erwartende Vorteile der Fehmarnbeltquerung auf deutscher Seite dürften eher Hamburg und seinem Hafen in Form einer weiteren Anbindung nach Skandinavien zufallen als dem Land Schleswig-Holstein. Dieses könnte allerdings von einer verbesserten Erreichbarkeit des östlichen Holstein (einschl. Lübecks) nicht nur von Norden, sondern – als Nebeneffekt des notwendigen Ausbaus der Zufahrtswege zur Fehmarnbeltquerung – auch von Süden und Westen profitieren. In die Gegenrechnung wären mögliche Umschlagseinbußen vor allem im Hafen Lübeck aufzunehmen, auch wenn diese eher nur zu einer vorübergehenden Abschwächung im Wachstumstrend führen dürften.“ Der Präsident des Bundesrechnungshofes hat in einem internen Schreiben an das Bundesverkehr-sministerium nach Angaben des Bundestagsabgeordneten Eckhardt Rehberg (CDU) aus Mecklenburg-Vorpommern vor den Gefahren der geplanten festen Fehmarnbeltquerung für den Bundeshaushalt gewarnt. Sollte die staatseigene dänische Betreiberfima Fermern Belt A/S insolvent werden, was bei einer völlig unkalkulierbaren Entwicklung der Baukosten nicht auszuschließen ist, kann auf Deutschland Druck entstehen, notfalls finanziell in die Bresche springen zu müssen. Deutschland müsste zahlen, obwohl sich Dänemark verpflichtet hat, Baukosten von rund 4,8 Milliarden Euro über Staatsbürgschaften abzusichern. Ca. 10% des BIP Schleswig-Holsteins werden im Tourismus erwirtschaftet. Neben den Nordfriesischen Inseln zählen die Orte an der Lübecker Bucht sowie die Insel Fehmarn zu den bedeutensten Tourismusorten in Schleswig-Holstein. Aufgrund des von den Befürwortern prognostizierten erheblichen (Güter-)Verkehrs auf der Schienenstrecke, der sog. „Hinterlandanbindung“, der FFBQ käme es zu erheblichen Lärmimmissionen und so zu einem für den Tourismus irreparablen Schaden in den Seebädern an der Lübecker Bucht sowie der Insel Fehmarn. Um eine lärmverträgliche Lösung zu ermöglichen, wäre der Bau einer neuen Bahnstrecke auf der sog. „Vogelfluglinie“ parallel zur A 1 notwendig. Dies hätte zum einen erhebliche und bisher nicht kalkulierte Kosten der Erstellung der „Hinterlandanbindung“ zur Folge und zudem, dass die bisherige „Vogelfluglinie“ nicht mehr benutzt und unterhalten werden würde, so dass zahlreiche Tourismusorte an der Lübecker Bucht fortan vom Schienenverkehr abgeschnitten wären. Umweltschützer tragen ernstzunehmende Argumente vor, dass Flora und Fauna im Belt durch die Baumaßnahmen erhebliche und mitunter nicht mehr gutzumachende Schäden erfahren würden. Es ist nicht auszuschließen, dass Immobilien entlang der Schienenstrecke der FFBQ erhebliche Werteinbußen mit sich bringen werden. Aufgrund der massiven Proteste in Schleswig-Holstein, insbesondere im Landkreis Ostholstein, und unter dem Eindruck der Entwicklung der Bürgerproteste um das Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21" tagte erstmalig am 05. September 2011 das "Dialogforum Feste Fehmarnbeltquerung". An diesem Forum nehmen teil: Allianz gegen eine Feste Fehmarnbeltquerung, Deutscher Hotel- und Gaststättenverband Sektion Ostholstein, DGB Nord, Deutsche Bahn AG, Femern A/S (Betreibergesellschaft und Interessensvertretung des Königreichs Dänemark), Gemeinde Großenbrode, Gemeinde Timmendorfer Strand, Handwerkskammer Lübeck, IHK Schleswig-Holstein, Handwerkskammer Hamburg, Kreis Ostholstein, Kreisbauernverband Ostholstein, Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein, Landesnaturschutzverband Schleswig-Holstein, Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Ostsee-Holstein Tourismus e.V., Schleswig-Holsteinischer Heimatbund, Schleswig-Holsteinischer Landkreistag, Stadt Bad Schwartau, Stadt Fehmarn, Stadt Oldenburg, Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein. Es darf nicht außer Betracht gelassen werden, dass der Schleswig-Holsteinische Wirtschaftsminister und CDU-Spitzenkandidat zur Schleswig-Holsteinischen Landtagswahl 2012, Jost de Jager, im CDU-typischen Regierungsstil sagte, dass es bei dem "Dialogforum" nicht um die Frage gehe, ob das Projekt gebaut werden, also "ob", sondern nur über das "wie". Kritik des "Dialogforums" werfen die Frage auf, ob es sich hierbei nicht lediglich um ein Albi-Dialogforum handelt, um die Bevölkerung von weiteren Protesten abzuhalten und um so Fakten zu schaffen, die letztlich eine Beendigung des Bauvorhabens mit exorbitanten Kosten belasten würde. Seit September diesen Jahres hat Dänemark eine neue Regierungskoalition, so dass die Chancen nach alledem ausgelotet werden sollten das Projekt FFBQ angesichts der anstehenden sehr schwierigen und kostenintensiven Aufgaben im Zuge der Finanz- und alsbald (neuen) Wirtschaftskrise in gegenseitigem und guten nachbarschaftlichen Einvernehmen mit Dänemark ad acta zu legen. Diskussion
Konkurrenzanträge |